TE Vwgh Beschluss 2019/4/4 Ra 2019/01/0052

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.04.2019
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und den Hofrat Dr. Kleiser sowie die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, über die Revision der S P in G, vertreten durch Mag. Hermann Stenitzer-Preininger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Raubergasse 27/I, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 4. Dezember 2018, Zl. LVwG 70.16-1244/2018-7, betreffend Staatsbürgerschaft (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Steiermärkische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark (LVwG) vom 4. Dezember 2018 wurde der Antrag der Revisionswerberin, einer Staatsangehörigen der Dominikanischen Republik, auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10a Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) im Instanzenzug abgewiesen. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG gegen dieses Erkenntnis erklärte das LVwG für nicht zulässig.

2 Begründend führte das LVwG hierzu zusammengefasst aus, die 1968 geborene Revisionswerberin sei im Alter von 35 Jahren als Analphabetin nach Österreich gekommen und habe am 5. September 2017 einen Antrag auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gestellt. In den Jahren 2015 und 2016 habe sie einen Vorbereitungskurs für Basisbildung und einen Basisbildungskurs für Lesen und Schreiben absolviert. Im Dezember 2015 habe sie laut der dortigen Dokumentation das Alphabet gekannt und große Lern-Fortschritte gemacht, laut der Einschätzung des dortigen Ausbildners werde sie jedoch nie "im Niveau A2 schreiben und lesen" können, "zumal sie Vollzeit arbeite und kaum strukturierte und formale Lernerfahrung gemacht habe".

3 Im Verfahren der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht (Behörde) habe die medizinische Amtssachverständige nach Untersuchung der Revisionswerberin und unter Berücksichtigung einer beigebrachten Teilnahmebestätigung und von beigebrachten Arztbriefen ein amtsärztliches Gutachten erstellt, in welchem sie zusammengefasst zu dem Ergebnis gelangt sei, dass die Revisionswerberin aufgrund ihres psychischen und physischen Gesundheitszustandes zur Absolvierung des Deutschkurses auf dem Niveau B1 geeignet erscheine.

4 In der vor dem LVwG durchgeführten mündlichen Verhandlung sei die medizinische Amtssachverständige ausführlich zu dem von ihr erstatteten Gutachten befragt worden. Dieses sei für das LVwG schlüssig und nachvollziehbar und decke sich mit der Wahrnehmung der Person der Revisionswerberin in der Verhandlung. Auch dort habe sich diese als "durchaus wache, intelligente und resolute Person" dargestellt, "die aber das Thema Deutschprüfung schlichtweg ablehnte mit dem Argument sie könne es nicht". Der Bescheid der Behörde (mit welchem der Antrag der Revisionswerberin auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10a StbG abgewiesen worden war) sei daher zu bestätigen gewesen.

5 Gegen das Erkenntnis vom 4. Dezember 2018 richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die dem Verwaltungsgerichtshof vom LVwG samt den Akten des Verfahrens vorgelegt wurde.

6 Die Revision ist nicht zulässig:

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10 Die vorliegende Revision bringt zur Frage ihrer Zulässigkeit zusammengefasst vor, die angefochtene Entscheidung weiche "von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes" ab. Die Frage der Ermittlung der materiellen Wahrheit sei "der Grundsatz der Verfahrensbestimmung im Verwaltungsverfahren" und dürfe "nicht unrichtig gelöst werden". Es sei eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, "ob ein Amtssachverständigengutachten zum Nachweis eines psychischen oder physischen dauerhaften Gesundheitszustandes die Erbring zum Nachweis der Absolvierung eines Deutschkurses auf dem Niveau B1 durch den Fremden beigebracht werden" müsse "oder von der Behörde amtswegig einzuholen" sei. Bei der beigezogenen medizinischen Amtssachverständigen handle es sich nicht um eine Amtssachverständige aus dem Fach der Psychiatrie, weshalb auch eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliege.

11 Dazu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass mit dem pauschalen Vorbringen, die angefochtene Entscheidung weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung schon deshalb nicht aufgeworfen wird, weil im Zulässigkeitsvorbringen nicht konkret angegeben wird, von welcher höchstgerichtlichen Rechtsprechung und inwiefern das angefochtene Erkenntnis von dieser abweichen soll (z.B. VwGH 22.11.2017, Ra 2014/06/0038, mwN).

12 Im Übrigen zielt die Revision in ihren Zulässigkeitsgründen auf Rechtsfragen des Verfahrensrechtes, und zwar im Zusammenhang mit der Frage der Vollständigkeit der Sachverhaltsermittlung durch das LVwG, ab.

13 Rechtsfragen des Verfahrensrechtes sind jedoch nur dann von grundsätzlicher Bedeutung, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen bzw. wenn die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtsicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. für viele z. B. VwGH 25.10.2018, Ra 2017/07/0136, mwN), wobei auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang darzutun ist, das heißt, dass dieser abstrakt geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für den Revisionswerber günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu führen (z.B. VwGH 20.11.2018, Ra 2018/05/0261, mwN). Die allgemeinen Ausführungen in der Zulässigkeitsbegründung der Revision zeigen Derartiges nicht auf.

14 Hinzu kommt, dass die Beurteilung der Notwendigkeit weiterer Beweisaufnahmen nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes regelmäßig einzelfallbezogen dem Verwaltungsgericht obliegt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG läge auch diesbezüglich nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (z.B. VwGH 30.5.2017, Ra 2017/07/0039, mwN).

Für den Revisionsfall ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass § 10a Abs. 2 Z 3 StbG zur Frage der Nichterbringbarkeit von Nachweisen gemäß § 10a Abs. 1 leg.cit. auf die Beurteilung durch ein amtsärztliches Gutachten abstellt und im vorliegenden Verfahren das Gutachten einer amtsärztlichen Amtssachverständigen eingeholt wurde. Aus welchem Grund im vorliegenden Einzelfall eine krasse Fehlbeurteilung durch das LVwG gegeben sein sollte, legt die Revision in ihren Zulässigkeitsgründen nicht dar.

15 Soweit mit dem Zulässigkeitsvorbringen der Revision weiters Fragen der Beweiswürdigung angesprochen werden, ist festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung läge nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. für viele z.B. VwGH 25.9.2018, Ra 2018/01/0364, mwN, vgl. weiters VwGH 25.4.2017, Ra 2016/01/0075, mwN). Eine derart krasse Fehlbeurteilung des LVwG zeigt das Zulässigkeitsvorbringen der Revision nicht ansatzweise auf.

16 In der Revision werden demnach insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

17 Auf die fehlende Ausführung eines Revisionspunktes in der Revision war bei diesem Ergebnis nicht mehr näher einzugehen (vgl. zB. VwGH 20.11.2018, Ra 2018/12/0045, mwN).

Wien, am 4. April 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019010052.L00

Im RIS seit

05.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

05.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten