TE Vwgh Beschluss 2019/4/4 Ra 2018/11/0249

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Veröffentlicht am 04.04.2019
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §38
AVG §57 Abs1
VwGG §42 Abs3
VwGVG 2014 §8 Abs2 Z1

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):Ra 2019/11/0001 B 04.04.2019Ra 2019/11/0005 B 04.04.2019

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und die Hofräte Dr. Schick und Dr. Grünstäudl als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision des Vereins S in E, vertreten durch die Lansky, Ganzger & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Biberstraße 5, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 12. November 2018, Zl. LVwG-AV-1132/001-2018, betreffend Zurückweisung einer Säumnisbeschwerde (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Vorgeschichte:

Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Ra 2018/11/0225 bis 0227, verwiesen, dem, bezogen auf den nunmehrigen Revisionswerber, zusammengefasst Folgendes zugrunde lag:

Mit Mandatsbescheid der belangten Behörde vom 7. März 2018 wurde gemäß § 57 Abs. 1 AVG iVm § 53 Abs. 4 NÖ Kinder- und Jugendhilfegesetz (NÖ KJHG) einerseits festgestellt, dass die Eignung des Revisionswerbers zum Betrieb von Wohngemeinschaften nicht mehr vorliege, da dessen Leistungserbringung nicht mehr dem Kindeswohl entspreche, und andererseits die mit früheren Bescheiden ausgesprochene Eignungsfeststellung des Revisionswerbers mit sofortiger Wirkung widerrufen.

In der Begründung wurde aufgrund des Berichtes einer Sonderkommission das Vorliegen näher präzisierter, als gravierend eingestufter Missstände in den Einrichtungen des Revisionswerbers festgestellt. Zu den Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 AVG wurde ausgeführt, es liege Gefahr in Verzug vor, weil bei einer weiteren Leistungserbringung durch den Revisionswerber eine akute Gefährdung des Kindeswohles nicht auszuschließen sei. Daher habe eine gegen diesen Mandatsbescheid eingebrachte Vorstellung gemäß § 57 Abs. 2 AVG keine aufschiebende Wirkung.

Das Verfahren über die dagegen (mit Schriftsatz vom 20. März 2018, eingelangt am 26. März 2018) erhobene Vorstellung wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 3. Mai 2018 gemäß § 38 AVG ausgesetzt. Begründend wurde ausgeführt, dass die genannte Sonderkommission ihren Endbericht sowie eine Sachverhaltsdarstellung an die zuständigen Staatsanwaltschaften übermittelt habe, bei welchen nach Geschäftszahlen näher bezeichnete Strafverfahren gegen den Obmann des Revisionswerbers anhängig seien. Diese im Strafverfahren als Hauptfrage zu klärende Frage stelle im gegenständlichen Verwaltungsverfahren eine präjudizielle Vorfrage dar, sodass dieses Verfahren im Sinne der Verfahrensökonomie bis zum rechtskräftigen Abschluss des anhängigen strafgerichtlichen Verfahrens ausgesetzt werde.

Gegen diesen Aussetzungsbescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde, welcher mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 30. August 2018 unter gleichzeitiger Aufhebung des Aussetzungsbescheides Folge gegeben wurde. Mit dem eingangs zitierten Erkenntnis vom heutigen Tag hob der Verwaltungsgerichtshof das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 30. August 2018 wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit auf.

2 Vorliegende Revision:

Mit Beschluss vom 12. November 2018 wies das Verwaltungsgericht die mit 1. Oktober 2018 datierte Säumnisbeschwerde des Revisionswerbers gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG als unzulässig zurück. Gleichzeitig wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

Begründet wurde diese Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die sechsmonatige Entscheidungsfrist der belangten Behörde gemäß § 73 AVG durch die Aufhebung des Aussetzungsbescheides mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 30. August 2018 neu zu laufen begonnen habe (Verweis auf die zu § 27 VwGG ergangene Judikatur, VwGH 30.4.1992, 92/10/0082, und VwGH 7.10.1983, 83/17/0189, die auf den gegenständlichen Fall übertragbar sei) und daher bei Einlangen der Säumnisbeschwerde die Entscheidungsfrist der belangten Behörde noch nicht abgelaufen sei.

3 Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

In dieser (und einem ergänzenden Schriftsatz) wird zur Zulässigkeit ausgeführt, das Verwaltungsgericht sei in Abweichung von näher bezeichneter Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes unzutreffend davon ausgegangen, dass durch die Aufhebung des Bescheides betreffend Aussetzung gemäß § 38 AVG mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 30. August 2018 die Entscheidungsfrist der belangten Behörde unterbrochen worden sei und die Frist mit der Erlassung dieses Erkenntnisses neu zu laufen begonnen habe.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Diesem Erfordernis wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. VwGH 25.3.2014, Ra 2014/04/0001, und 18.2.2015, Ra 2015/08/0008).

7 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

8 Mit dem zitierten Erkenntnis vom heutigen Tag, Ra 2018/11/0225 bis 0227, wurde das obgenannte, den Aussetzungsbescheid aufhebende Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 30. August 2018 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Zwar ist damit das den angefochtenen Beschluss tragende Argument des Verwaltungsgerichts (Neubeginn der Entscheidungsfrist mit Erlassung des Erkenntnisses vom 30. August 2018) weggefallen. Ob die diesbezügliche Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts zutreffend ist (diese Frage wird in der Revision als grundsätzlich bezeichnet, weil das Verwaltungsgericht bei seiner Beurteilung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei bzw. eine diesbezügliche Rechtsprechung fehle), ist aber für das Schicksal der vorliegenden Revision nicht von Bedeutung:

9 Die gemäß § 42 Abs. 3 VwGG mit rückwirkender Kraft ausgestattete Gestaltungswirkung des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa VwGH 5.10.2017, Ra 2017/21/0161) bedeutet, dass das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 30. August 2018 im Nachhinein so zu betrachten ist, als wäre es von Anfang an nicht erlassen worden. Dies hat zur Folge, dass der Bescheid der belangten Behörde vom 3. Mai 2018 betreffend die Aussetzung des Ermittlungsverfahrens seit seiner Erlassung dem Rechtsbestand angehört. Das Verfahren über die genannte Vorstellung des Revisionswerbers ist somit seit der Erlassung dieses Bescheides bis zum rechtskräftigen Abschluss des erwähnten Strafverfahrens ausgesetzt.

10 Da die Zeit, während der das Verfahren ausgesetzt ist, gemäß § 8 Abs. 2 Z 1 VwGVG nicht in die (hier: sechsmonatige) Entscheidungsfrist einzurechnen ist, liegt, wie vom Verwaltungsgericht jedenfalls im Ergebnis zutreffend angenommen wurde, die vom Revisionswerber behauptete Säumnis der belangten Behörde nicht vor.

11 Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 4. April 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018110249.L00

Im RIS seit

16.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

16.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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