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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
BFA-VG 2014 §21 Abs7Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie den Hofrat Mag. Nedwed und die Hofrätin MMag. Ginthör als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision des S Y, vertreten durch Mag. Martin Sauseng, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Jakominiplatz 16, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Dezember 2018, Zl. L509 2208719- 1/4E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein iranischer Staatsbürger, stellte am 23. Februar 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er insbesondere damit begründete, dass ihm im Iran aufgrund seiner Konversion zum Christentum Verfolgung drohe. Zum Beleg der behaupteten Verfolgungsgefahr legte der Revisionswerber unter anderem eine angeblich vom Strafgericht der Provinz Teheran stammende Vorladung seiner Person vom November 2015 unter dem Vorwurf (u.a.) der Konversion vor, die in persischer Sprache verfasst war und vom behördlich beigezogenen Dolmetscher in die deutsche Sprache übersetzt wurde.
2 Mit Bescheid vom 27. September 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diesen Antrag zur Gänze ab (Spruchpunkte I. und II.), erteilte keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 Asylgesetz 2005 (Spruchpunkt III.), sprach gemäß § 13 Abs. 2 Z 1 Asylgesetz 2005 aus, dass der Revisionswerber sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet am 2. März 2017 verloren habe (Spruchpunkt IV.), erließ eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt V.), stellte die Zulässigkeit der Abschiebung in den Iran fest (Spruchpunkt VI.), erließ ein auf die Dauer von vier Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VII.) und erkannte der Beschwerde die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VIII.).
3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG), welches das Fluchtvorbringen für nicht glaubhaft erachtete, mit dem angefochtenen Erkenntnis (unter Festlegung einer dreijährigen Befristung des Einreiseverbotes) hinsichtlich der Spruchpunkte I. bis VII. des Bescheides des BFA als unbegründet ab. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das BVwG für nicht zulässig.
4 Der Revisionswerber erhob Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 13. März 2019, E 194/2019-8, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG ablehnte.
5 In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zur Zulässigkeit geltend gemacht, es sei das Recht des Revisionswerbers auf Parteiengehör verletzt worden, weil ihm weder das BFA noch in weiterer Folge das BVwG die Übersetzung einer von ihm vorgelegten Urkunde zur Kenntnis gebracht hätten. Es liege im Hinblick darauf auch eine Verletzung des Überraschungsverbotes vor. Zudem sei der Urkunde ohne fachmännische Beurteilung die Beweiskraft abgesprochen worden. Dabei sei das Gericht, das keine eigenständige Beweiswürdigung vorgenommen habe, lediglich den Ausführungen des Dolmetschers gefolgt. Im Übrigen beruft sich die Zulässigkeitsbegründung auf eine Verletzung der Verhandlungspflicht gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG.
Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Soweit in der Zulässigkeitsbegründung ein Verstoß gegen das Parteiengehör und das Überraschungsverbot geltend gemacht wird, ist darauf hinzuweisen, dass die Schlussfolgerungen, die sich aus (der Übersetzung) der vom Revisionswerber vorgelegten Urkunde (der Vorladung eines iranischen Gerichts) für die auch vom BVwG übernommene Beweiswürdigung ergaben, bereits im Bescheid vom 27. September 2018 dargelegt wurden. Danach seien - auf das Wesentliche zusammengefasst - erhebliche Zweifel an der Echtheit dieses Beweismittels aufgetaucht. Der Revisionswerber hatte in seiner Beschwerde Gelegenheit, diesen behördlichen Erwägungen entgegenzutreten, wovon er insbesondere in Bezug auf die in Rede stehende Urkunde keinen Gebrauch machte. Eine Verletzung des Parteiengehörs sowie des Überraschungsverbotes betreffend die in Rede stehende Urkunde ist somit im verwaltungsgerichtlichen Verfahren schon unter diesem Gesichtspunkt nicht ersichtlich (siehe dazu VwGH 20.12.2017, Ra 2017/03/0069). Im Übrigen wird nicht einmal in der Revision dargelegt, dass die behördlich veranlasste Übersetzung der Urkunde unrichtig wäre.
10 Im Übrigen verkennt der Revisionswerber, dass das BVwG (ebenso wenig wie das BFA) der vorgelegten Urkunde nicht pauschal die Beweiskraft abgesprochen hat, sondern sich mit dem Beweismittel fallspezifisch sowie mit den sonstigen Angaben des Revisionswerbers zu der behaupteten Konversion und den diesbezüglich im Bescheid vom 27. September 2018 dargelegten Ungereimtheiten auseinandergesetzt hat. Im Übrigen ist der Verwaltungsgerichtshof - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen (vgl. VwGH 30.5.2018, Ra 2018/18/0228). Dass die Beweiswürdigung des BVwG unvertretbar wäre, vermag die Zulässigkeitsbegründung nicht aufzuzeigen.
11 Schließlich ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum auch hier maßgeblichen § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-VG ein Absehen von der mündlichen Verhandlung dann gerechtfertigt, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das BVwG die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (vgl. aus der jüngeren Rechtsprechung VwGH 12.03.2019, Ra 2018/18/0285; grundlegend VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, 0018).
12 Dass fallbezogen die Voraussetzungen für das Absehen von der mündlichen Verhandlung nicht vorgelegen wären, ist im Lichte der Zulässigkeitsbegründung nicht ersichtlich. Vorliegend wurde der entscheidungswesentliche Sachverhalt vom BFA in einem umfassenden Ermittlungsverfahren unter Offenlegung seiner beweiswürdigenden Überlegungen festgestellt, der Revisionswerber trat in der Beschwerde der Beweiswürdigung des BFA nicht substantiiert entgegen, das BVwG schloss sich der Beweiswürdigung des BFA in ihren tragenden Gründen an und die behördlichen Feststellungen wiesen bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit auf.
13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 11. April 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019180028.L00Im RIS seit
25.06.2019Zuletzt aktualisiert am
25.06.2019