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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie die Hofrätin Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Rechtssache der Revision des A N L in W, vertreten durch Mag.a Nadja Lorenz, Rechtsanwältin in 1070 Wien, Burggasse 116, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19. Februar 2019, Zl. W218 2170105- 1/11E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 29. November 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Zum Fluchtgrund führte er aus, seine Baufirma habe viele ausländische Projekte gehabt. Das letzte Projekt sei in Nangarhar gewesen. Dort sei man von den Taliban mit dem Tode bedroht worden. Deshalb habe er sein Heimatland verlassen, weil auch die allgemeine Sicherheitslage sehr schlecht sei.
2 Mit Bescheid vom 11. August 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.
3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.
4 Beweiswürdigend führte das BVwG unter anderem aus, der Revisionswerber habe keine individuelle Bedrohung glaubhaft gemacht. In der mündlichen Verhandlung habe er angegeben, dass seine Firma einen Drohbrief erhalten habe, in dem er namentlich erwähnt worden sei. Es könne nicht nachvollzogen werden, wieso er, falls er diese Drohung für lebensbedrohlich empfunden habe, seine Frau und seine Kinder in Kabul zurückgelassen habe. Sofern er konkret auf die Bedrohungssituation angesprochen worden sei, seien seine Ausführungen vage und detaillos geblieben. Der Revisionswerber sei nicht in der Lage gewesen, nachvollziehbar darzulegen, warum konkret er in den Städten Kabul, Mazar-e Sharif oder Herat einer Gefährdung durch die Taliban ausgesetzt sein sollte. Er habe selbst nie für die Polizei beziehungsweise die Regierung gearbeitet, sondern sei lediglich als Subunternehmer tätig und für die Inneneinrichtung von Gebäuden zuständig gewesen. Er habe keine militärische Position innegehabt und es handle sich beim Revisionswerber um keine politisch exponierte Person. Es sei nicht davon auszugehen, dass seitens der Taliban ein besonderes Interesse am Revisionswerber bestehe.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG (nur) im Rahmen der dafür in der Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Dem Erfordernis der gesonderten Darstellung der Gründe für die Zulässigkeit der Revision nach § 28 Abs. 3 VwGG wird nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung Genüge getan. Enthält eine Revision die Ausführungen zu ihrer Begründetheit wortident auch als Ausführungen zur Zulässigkeit der Revision, wird damit dem Erfordernis der gesonderten Darlegung von in § 28 Abs. 3 VwGG geforderten Gründen, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird, nicht entsprochen. Daran vermag auch der Umstand, dass in den Ausführungen zu den Revisionsgründen der sonst wortidenten Wiedergabe des Textes der Zulässigkeitsbegründung für sich inhaltsleere Behauptungen der Rechtswidrigkeit des Erkenntnisses hinzugefügt werden, nichts zu ändern (vgl. VwGH 5.4.2018, Ra 2018/19/0154, mwN).
9 Ausgehend davon erweist sich die vorliegende Revision, deren Begründung zur Zulässigkeit sich nahezu wortident in den Revisionsgründen findet, als nicht gesetzmäßig ausgeführt.
10 Weiters wird in der Revision zur Begründung ihrer Zulässigkeit vorgebracht, die angefochtene Entscheidung sei nicht nachvollziehbar, weil keine Feststellungen getroffen worden seien, die mit der erforderlichen Klarheit erkennen lassen würden, welche Teile des Vorbringens das BVwG für glaubwürdig erachte und welche nicht. Die Argumentation des BVwG lasse vermuten, dass es die vorgebrachte Tätigkeit des Revisionswerbers in seinem mit drei weiteren Geschäftspartnern betriebenen Bauunternehmen, das mit den internationalen und afghanischen Streitkräften kooperiert habe, nicht in Zweifel ziehe. Ausgehend davon finde sich im angefochtenen Erkenntnis keine ausreichende Auseinandersetzung mit der Frage, ob die (ehemalige) Tätigkeit für die internationalen und afghanischen Streitkräfte dem Revisionswerber ein besonderes Risikoprofil nach den UNHCR-Richtlinien vom 30. August 2018 verleihen würde, das seine Gefährdung bei seiner Rückkehr nach Afghanistan auch in Bezug auf eine drohende Art. 2 und Art. 3 EMRK-Verletzung erhöhe.
11 Soweit sich die Revision gegen die Beweiswürdigung des BVwG richtet, ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. VwGH 31.1.2019, Ra 2019/20/0028, mwN). Dass die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre, ist nicht ersichtlich, zumal das BVwG dem Fluchtvorbringen nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung in einer nicht als unschlüssig anzusehenden Beweiswürdigung die Glaubwürdigkeit absprach.
12 Dass der Revisionswerber aufgrund seiner ehemaligen Tätigkeit als Ingenieur selbst im Fall einer Rückkehr nach Kabul oder bei der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative in Herat oder Mazar-e Sharif tatsächlich ein erhöhtes Risikoprofil aufweise, sodass es wahrscheinlich wäre, dass der Revisionswerber einer Verfolgung durch die Taliban ausgesetzt wäre, legt die Revision mit dem Hinweis auf die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30. August 2018 nicht nachvollziehbar dar.
13 Insoweit der Revisionswerber die Verletzung des Parteiengehörs sowie Ermittlungs- und Begründungsmängel geltend macht, ist darauf hinzuweisen, dass es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ausreicht, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, sondern auch deren Relevanz in konkreter Weise darzulegen ist (vgl. etwa VwGH 4.3.2019, Ra 2018/14/0055, mwN). Diesem Erfordernis entspricht die Revision nicht.
14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 15. April 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019200143.L00Im RIS seit
18.06.2019Zuletzt aktualisiert am
18.06.2019