TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/10 L515 2194229-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.10.2018
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Entscheidungsdatum

10.10.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
NAG §11
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

L515 2194229-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA der Republik Aserbaidschan, vertreten durch RA Mag. Dr. MAUHART Andreas, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.03.2018, Zahl XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über

das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, §§ 3, 8 Abs. 1, § 57 AsylG 2005, BGBl. I 100/2005 idgF, § 10 AsylG iVm § 9 BFA-VG BGBl I Nr. 87/2012 idgF und §§ 46, 52 Abs. 2, 55 FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang

I.1.1. Die beschwerdeführende Partei (in weiterer Folge als "bP" bezeichnet), ist ein weiblicher Staatsangehöriger der Republik Aserbaidschan und brachte nach rechtswidriger Einreise bei der belangten Behörde ("bB") 27.9.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

I.1.2. Nach der Stellung des Antrages auf internationalen Schutz wurde seitens der bB eine VIS-Anfrage veranlasst, welche ergab, dass die bP am 10.7.2017 die Ausstellung italienischen eines Schengenvisums C beantragte, welches ihr am 11.7.2017 für die Gültigkeitsdauer vom 14.7.2017 - 8.8.2017 ausgestellt wurde. Hierbei legte sie einen am 30.1.2017 ausgestellten Reisepass vor. Als Reisegrund gab sie "Tourismus" an.

I.2.3. Die bB führte in weiterer Folge mit der Republik Italien Konsultationen iSd Dublin III VO, welche jedoch nicht die Zuständigkeit Italiens für die Prüfung des gegenständlichen Antrages ergaben.

Ihren Antrag begründete Sie wie folgt (Auszugsweise Wiedergabe der Feststellungen aus dem angefochtenen Bescheid):

"...

Im Rahmen der Erstbefragung am 27.09.2017 gaben Sie Folgendes an:

Ihre Muttersprache sei Aserbaidschanisch, Sie seien konfessionslos. Sie hätten die Grundschule elf Jahre lang in Naxcavan besucht.

In Ihrem Herkunftsland Aserbaidschan würden sich noch Ihr Vater, Ihre Mutter, zwei Brüder und zwei Schwestern aufhalten.

In Österreich würde sich ihr Ehemann XXXX , geboren XXXX , XXXX aufhalten. Ihr Mann hätte Sie in Linz zur Polizei gebracht.

Sie hätten, in ihrer Heimat Aserbaidschan, im Dorf XXXX , an der gleichen Adresse wie ihre Eltern gewohnt.

Den Entschluss zur Ausreise hätten Sie am 03.09.2017 gefasst, und wären ebenfalls am 03.09.2017, mit einem Bus aus Aserbaidschan ausgereist. Ihr Reisdokument, wäre Ihnen vom Schlepper abgenommen worden.

Sie wären mit dem Bus in die Türkei gefahren und hätten bei Ihrer Freundin " XXXX " (Familienname unbekannt) in Istanbul gelebt. XXXX hätte den Schlepper organisiert, der Sie dann in der Folge mit einem LKW bis nach Österreich, Linz gebracht hätte.

Sie seien "mitten in der Nacht" aus dem LKW ausgestiegen und wären mit einem Taxi in die Kremplstraße 3 gebracht worden.

Die Reise habe 7.000,- aserbaidschanische Dollar gekostet.

Befragt nach Ihren Fluchtgründen gaben Sie an:

"Die Eltern haben mich nicht in die Wohnung hineingelassen, weil ich von meinem Ehemann getrennt bin. Ich möchte einfach nur zu meinem Ehemann."

Auf die Frage, was Sie bei einer Rückkehr in ihre Heimat befürchteten, gaben Sie an:

"Ich hätte kein Zuhause. Meine Eltern würden mich nicht empfangen. Es würde immer schlimmer sein. Es kann sein, dass mich meine Brüder umbringen."

Befragt nach konkreten Hinweisen, dass Ihnen bei Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohe, Sie im Falle Ihrer Rückkehr in Ihr Heimatland mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen hätten, gaben Sie an:

"Nein. Es weiß nur meine Schwester XXXX geboren, dass ich in Österreich bin."

Am 29.01.2018 wurde mit Ihnen eine Einvernahme zu ihrem Asylbegehren durchgeführt. Die mit Ihnen aufgenommene Niederschrift wird im Folgenden zur Gänze wiedergegeben.

...

F: Fühlen Sie sich körperlich und geistig in der Lage, die Einvernahme durchzuführen?

A: Ja, ich bin gesund und kann der Einvernahme folgen. Vor einigen Tagen habe ich eine Blutzuckeruntersuchung gemacht und da war der Blutzuckerwert erhöht.

...

F: Sind Sie krank, pflegebedürftig oder ansonsten von jemandem abhängig?

A: Vor einigen Tagen habe ich eine Blutzuckeruntersuchung gemacht und da war der Blutzuckerwert erhöht. Ich leide auch an Hepatitis-B. Ich muss noch zu einer Untersuchung.

...

LA: Sind Sie verheiratet?

A: Ja.

LA: Wann und wo haben Sie geheiratet?

A: In Aserbaidschan in XXXX , es war der 16.09.2016, da haben wir die traditionelle Feier gehabt und am 21.09.2016 haben wir die standesamtliche Trauung gehabt. Da haben wir vor dem Standesamt in XXXX geheiratet.

...

F: Sie wurden zu diesem Antrag auf int. Schutz bereits am 27.09.2017 durch PI XXXX erstbefragt. Entsprechen die dabei von Ihnen gemachten Angaben der Wahrheit bzw. möchten Sie dazu noch Korrekturen oder Ergänzungen anführen?

A: Es stimmt alles. Ich möchte Nichts ändern. Ich habe damals Aserbaidschanische Dollar angegeben, es gibt aber keine aserbaidschanische Dollar, jedenfalls wurde es so protokolliert. Richtig sind US-Dollar.

F: Verfügen Sie über Dokumente, die Ihre Identität bestätigen?

A: Nein.

F: Hatten sie jemals weitere oder andere Dokumente?

A: Nein.

F: Gab es bei Passausstellung oder Verlängerung der Gültigkeit Probleme in Ihrer Heimat?

A: Nein.

F: Wo wurde ihr Pass ausgestellt?

A: In Aserbaidschan in der Stadt XXXX . Es war nach unserer Heirat also im Jahr 2016.

F: Wo befindet sich dieser Pass nun?

A: Er befindet sich beim Schlepper... er hat ihn mir nicht zurückgegeben, obwohl er es zuerst versprochen hat.

Aufforderung: Sie werden aufgefordert, die soeben von Ihnen genannten Dokumente bzw. Beweise unverzüglich im Original dieser Behörde vorzulegen. Legen Sie auch das Kuvert vor, in welchem Sie diese Dokumente erhalten haben.

A: Ja, ist gut.

F: Haben sie jemals um ein Visum angesucht?

A: Nein.

F: Haben sie jemals eine falsche Identität benutzt?

A: Nein.

F: Mit welchen Dokumenten reisten Sie aus?

A: Ich habe in der Türkei meinen Reisepass dem Schlepper übergeben und dann bin ich illegal ausgereist.

F: Wer hat ihre Reise organisiert?

A: Das war eine Freundin namens XXXX , das ist eine Freundin, die ich in Aserbaidschan kennengelernt habe, sie hat mir den Schlepper organisiert. Sie wohnt schon seit langer Zeit , 5-6 Jahren in Istranbul.

F: Was bezahlten Sie für die Reise?

A: 7.000,- US Dollar.

F: Durch welche Länder, Städte, Orte oder Straßen reisten Sie nach Österreich?

A: Ich weiß es nicht.

LA: Warum sind Sie nach Österreich gekommen?

A: Mein Mann lebt in Österreich, ich wollte zu meinem Mann.

LA: Seit wann lebt ihr Mann in Österreich?

A: er lebt seit 14 Jahren in Österreich.

LA: Sie haben angegeben, dass Sie im September 2016 in Aserbaidschan geheiratet haben... war Ihr Mann anwesend?

A: Ja, er war in Aserbaidschan... AW lacht...Auf Nachfrage: mein Mann hat mich im Jahr 2003 in Aserbaidschan gesehen und hat sich in mich verliebt... dann ist nichts passiert... er hat dann irgendwann Aserbaidschan verlassen... ich weiß es nicht wann genau... 2016 kam er dann wieder nach Aserbaidschan auf Urlaub... ich habe in der Nähe seiner Eltern gearbeitet, ...wir sind auch entfernt verwandt... Auf

Nachfrage: wir sind väterlicherseits weit verwandt.... Wir sind Cousin und Cousine... Er hat nachgefragt, ob ich ledig bin und sagte ihm, dass ich ledig bin.

Auf Nachfrage: Ich weiß nicht wen er gefragt hat... er hat es jedenfalls herausgefunden.

LA: Ihr jetziger Mann hat also nach dreizehn Jahren Trennung, anlässlich eines Heimatbesuchs beschlossen, Sie zu heiraten und Sie haben zugestimmt?

A: Ja.

LA: Wann haben Sie Ihre Heimat verlassen?

A: Im September, am 03.September 2017 habe ich Aserbaidschan mittels Autobus in Richtung Türkei verlassen.

LA: Was geschah zwischen Ihrer standesamtlichen Eheschließung am 21.09.2016 und Ihrer Ausreise am 03.09.2017? Wo war Ihr Mann in dieser Zeit?

A:AW überlegt... etwa 10 bis 15 Tage nach unserer Heirat ist mein Mann nach Österreich zurückgekehrt. Nach der Hochzeit bin ich zu meinen Schwiegereltern gezogen.

Auf Nachfrage: Ich habe bei meinen Schwiegereltern von 16.09.2016 bis zu meiner Ausreise im Jahr 2017 gelebt.

Auf Nachfrage, wann Ihr Mann wieder nach Österreich gezogen ist?

A: Circa zehn bis 15 Tage nach der Hochzeit. Auf Nachfrage: Mein Mann arbeitet in Österreich... er ist bei der Sicherheitsfirma XXXX

angestellt. Er arbeitete auch hier in XXXX ... es ändert sich immer.

F: Beschreiben Sie mir genau wann und wie die Reise organisiert wurde und wie die Reise verlaufen ist.

A: Ich bin mit dem Autobus nach Istanbul gereist... ich habe meinen Reisepass mitgeführt... in Istanbul habe ich meine Freundin XXXX getroffen und habe bei ihr gelebt. Ich habe bei XXXX vom 04.09.2017

bis zu meiner Ausreise aus der Türkei ... ich weiß nicht mehr wann

ich aus der Türkei ausgereist bin.

Auf Nachfrage: Wie lange sie sich -in Tagen ausgedrückt- in Istanbul aufgehalten haben

A: Circa 20 Tage.

F: Sind sie erstmals im Ausland?

A: Ja.

LA: Beschreiben Sie Ihre Resie von Istanbul nach Österreich.

A: Ich war auf der Ladefläche des LKW versteckt, bin so aus der Türkei ausgereist... ich habe nichts gesehen....

Auf Nachfrage: Ich weiß nicht über welche Länder wir gefahren sind.

Auf Nachfrage: ich war zwei bis drei Tage unterwegs...

Auf Nachfrage nach Stopps: ich bin nie aus dem LKW ausgestiegen, erst in Österreich bin ich wieder ausgestiegen.

LA: Wo sind Sie ausgestiegen?

A: Es war dunkel ich wusste nicht wo es war.

F: Wurden Sie bei der Ausreise kontrolliert?

A: Nein. Ich hatte ja nicht einmal mehr meinen Pass. ... der

Schlepper hatte meinen Pass.

Auf Nachfrage: Der Schlepper war zugleich der Fahrer.

F: Gab es bei der Ausreise bzw. Ausreisekontrolle Probleme?

A: Ich wurde nicht kontrolliert.

F: Beschreiben Sie bitte ihre Lebensverhältnisse in der Heimat.

A: Ich bin ausgebildet Krankenschwester, ich habe gearbeitet, ich habe auch als Friseurin gearbeitet. Ich habe bis zur Hochzeit bei meinen Eltern gewohnt und nach der Hochzeit bei meinen Schwiegereltern gelebt.

F: Seit wann halten Sie sich in Österreich auf?

A: Ich bin nun seit 25.09.2017 (Anmerkung: AW liest von der Mitschrift des Dolmetschers ab)

F: Wann hatten sie zuletzt Kontakt zum Heimatland?

A: Vor zwei bis drei Tagen habe ich mit meiner älteren Schwester telefoniert.

LA: Wie oft haben Sie Kontakt in Ihre Heimat?

A: AW überlegt.... Alle zwei bis drei Wochen einmal.

F: Haben Sie Familienmitglieder in der Heimat ? Nennen Sie jeweils Name, Wohnort, Familienstand, Beruf, Kinder.

A: Mein Vater: ..

Meine Mutter: ...

Meine 2 Brüder: ...

Meine zwei Schwestern: ...

F: Haben Sie in Österreich, im Bereich der EU, in Norwegen oder in Island Verwandte, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung besteht?

A: Nur mein Mann ist in Österreich.

F: Haben Sie in Österreich Familienmitglieder ?

A: Nur mein Mann ist in Österreich.

F: Haben Sie ansonsten Bezug zu Österreich ?

A: Nein.

Aufforderung: Führen Sie alle Gründe und Vorfälle an, welche Sie zum Verlassen Ihres Heimatlandes veranlasst haben! Sie werden darauf hingewiesen, dass falsche Angaben die Glaubwürdigkeit Ihres Vorbringens beeinträchtigen können. Sollten Sie zu irgendeinem Zeitpunkt vor österreichischen Behörden falsche Angaben gemacht haben oder sollte es zu sonstigen Ungereimtheiten gekommen sein, so werden Sie aufgefordert, dies jetzt bekannt zu geben.

Soweit Sie auf Ereignisse Bezug nehmen, werden Sie auch aufgefordert, den Ort und die Zeit zu nennen, wann diese stattfanden und die Personen zu benennen, die daran beteiligt waren.

F: Warum verließen Sie Ihr Heimatland? Erzählen Sie unter Anführung von Fakten, Daten und Ihnen wichtig scheinenden Ereignissen.

A: Ich bin geflüchtet, weil ich mit meinen Mann verheiratet bin und nicht getrennt von ihm leben will. Meine Brüder haben mich unter Druck gesetzt.

LA: Wie sah dieser Druck aus?

A: Sie haben mich mit dem Tod bedroht und sagten: "Du musst mit deinem Mann leben".

Ich habe bei meinen Schwiegereltern gewohnt. Wir lebten in einer Zweizimmer Wohnung...

Meine Schwiegereltern haben mich geschlagen, weil ich mich fortschrittlich anziehe. Sie sind sehr konservativ und haben mich aus der Wohnung geschmissen... Ich bin dann zu meinen Eltern gezogen. Meine Brüder haben mich geschlagen...

Auf Nachfrage: Meine Eltern haben meine Brüder unterstützt... sie sind auch sehr konservativ.

Ich habe mich gerne modern angezogen und schön frisiert.

A: Als wir geheiratet haben, sagte mein Mann, dass er mich nach Österreich holen wird und alle Papiere erledigen würde... aber das

hat mir dann zu lange gedauert. ... dann habe ich so lange warten

müssen...

LA: Was ist dann passiert?

A: Meine ganze Familie, meine Schwiegereltern, mein Schwager, meine Schwägerin... sie haben sich in mein Leben eingemischt.

LA: Was ist dann passiert?

A: Ein paar Mal hat mein Schwiegervater, mich geschlagen.

LA: Haben Sie dieses Ereignis bei der Polizei angezeigt?

A: Nein.

LA: Warum nicht?

A: Unsere Tradition erlaubt das nicht... außerdem habe ich bei denen gewohnt.

LA: Sie sind also nicht zur Polizei gegangen, weil Sie bei ihrem Schwiegervater lebten?

A: Ja... nein... meine Schwiegermutter hat mich geschlagen. Mein Schwiegervater ist bereits tot.

LA: Hat es konkrete Verfolgungshandlungen gegen Sie gegeben?

A: Alle waren gegen mich... meine Brüder, meine Schwiegermutter....

LA: Was ist dann passiert?

A: Ich habe mich entschieden zu flüchten, um zu meinem Mann zu kommen...

LA: Wann sind Sie tatsächlich geflohen?

A: Es war der dritte September 2017.

LA: Inwiefern waren Sie Frau XXXX von der von Ihnen angesprochenen Situation bereits persönlich betroffen?

A: Ich habe mich sehr schlecht gefühlt... ich hatte Angst, weil meine Brüder angedroht haben mich zu töten.

LA: Haben Sie diese Vorkommnisse bei einer Polizeistation gemeldet, oder die Staatsanwaltschaft informiert?

A: Ich konnte nicht gehen, wir haben die Tradition die dagegen spricht.... Ich habe mich geschämt zur Polizei zu gehen.

LA: Warum sagen Sie zuerst, dass Sie fortschrittlich angezogen und einen modischen Haarschnitt hatten. Jetzt beziehen Sie sich auf die Traditionen, die Ihnen verunmöglichen würden zur Polizei zu gehen.

A: Ich hatte keinen Bleibeort und keine Unterstützung.

Auf Nachfrage: Auch wenn ich mich fortschrittlich ankleide... wo hätte ich hingehen sollen... keiner hat mich unterstützt.

LA: Sie waren berufstätig und hätten sich selbst erhalten können.

A: Ja. ... Ich hätte keine eigene Wohnung mieten können und

ausziehen, denn dann hätten sie mich als Prostituierte abgestempelt...

LA: Wusste Ihr Mann, dass Sie solche Probleme haben würden?

A: Mein Mann war eh bemüht, mich nach Österreich zu bringen, aber die Bürokratie hat das nicht zugelassen.... Er hat mit seiner Mutter auch am Telefon gestritten.

LA: Warum haben Sie nicht bei der Staatsanwaltschaft oder Gericht um Hilfe angesucht?

A: Ich habe nicht daran gedacht.

LA: Haben Sie bei irgendwelchen NGO¿s vorgesprochen?

A: Nein, ich habe nicht daran gedacht. Ich kenne solche Organisationen nicht.

LA: Was hat Sie konkret zur Flucht veranlasst?

A: Meine Brüder haben mich bedroht... sie sagten, dass mein Platz bei meinem Mann wäre, dass ich Schande über die Familie bringe...

ich würde Schande über die Familie bringen. ... daher bin ich

geflohen.

F: Wann war dieses fluchtauslösende Ereignis?

A: Das war ein paar Tage vor meiner Ausreise.

LA: Wann war das genau, mit dem Tod bedroht zu werden ist kein gewöhnliches Ereignis.

A: Das war zwei Tage vor der Ausreise.

LA: Wann haben Sie die Heimat dann tatsächlich verlassen?

A: Am 3.9.2017

LA: Wo haben Sie während dieser Zeit, bis zum Verlassen der Heimat am 03.09.2017 gelebt?

A: Wie?.... Bei meiner Schwester.

Auf Nachfrage: Ich war bei meiner Schwester XXXX .

LA: Wovon haben Sie gelebt?

A: Ich war wie ein Gast, bei denen zu Hause... ich musste nichts zahlen.

LA: Wann war Ihr letzter Arbeitstag?

A: Bis vier Tage vor meiner Ausreise habe ich als Friseurin gearbeitet.

LA: Wo haben Sie die letzte Nacht vor dem Verlassen des Heimatlandes verbracht?

A: Bei meiner Schwester.

F: Haben Sie Dokumente oder Beweismittel zu ihren Fluchtgründen bzw. Problemen ?

A: Nein.

F: Haben Sie alle Fluchtgründe genannt?

A: Ja.

F: Hatten Sie ausreichend Zeit ihr Vorbringen darzulegen?

A: Ja.

F: Hatten Sie wegen Ihrer Religion in Ihrem Herkunftsstaat je Probleme?

A: Nein.

F: Hatten Sie in Ihrem Herkunftsstaat wegen Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit Probleme?

A: Nein.

F: Waren Sie politisch aktiv, oder Parteimitglied?

A: Nein, nie.

F: Waren sie jemals in Haft, bzw. gibt es einen Haftbefehl?

A: Nein.

F: Gab es jemals ein Strafverfahren gegen Sie? Wenn ja, wann und warum?

A: Nein.

F: Hatten Sie je Probleme mit der Polizei oder Behörden, Institutionen, Organisationen, Privatpersonen, Ihres Heimatlandes? Ausgenommen das nunmehr Gesagte!

A: Nein.

F: Hätten sie im Falle der Rückkehr die Todesstrafe oder unmenschliche Behandlung zu befürchten?

A: Keine Todesstrafe... aber ich habe Angst, dass meine Brüder mich töten.

F: Sind Sie damit einverstanden, dass seitens des BFA erforderlichenfalls Erhebungen zum SV in Ihrem Heimatland durchgeführt werden?

A: Ja.

F: Stimmen Sie einer allfälligen Länderrecherche Ihres Herkunftsstaates zu?

A: Ja, kein Problem.

LA: Sie werden über die Möglichkeit informiert, dass Sie Einsicht in die Quellen der Berichte zu Aserbaidschan nehmen können, aus welchen sich das Amtswissen des BFA zur dortigen Lage ableitet.

F: Möchten Sie Einsicht nehmen?

A: Nein, ich habe daran kein Interesse.

F: Leben Sie mit jemandem in Österreich zusammen, wenn ja mit wem und bitte beschreiben Sie dieses Verhältnis?

A: Mit meinem Mann.

F: Haben Sie oder Ihre Familienangehörigen jemals zuvor einen Antrag auf int. Schutz gestellt?

A: Nein.

F: Möchten Sie ansonsten etwas angeben was ihnen wichtig erscheint?

A: Ich möchte ganz höflich darum bitten, dass ich hier in Österreich bleiben kann...

F: Hatten sie ausreichend Zeit ihre Vorbringen darzulegen bzw. Probleme zu schildern?

A: Ja.

F: Sind Sie je von einer gerichtlichen Untersuchung als Zeuge oder Opfer in Österreich betroffen gewesen?

A: Nein.

F: Sind Sie je von einem zivil- oder strafrechtlichen Gerichtsverfahren oder einer (einstweiligen) gerichtlichen Verfügung in Österreich betroffen gewesen?

A: Nein.

F: Haben Sie in Österreich Kurse besucht, sind Sie Mitglied in einem Verein oder sind Sie ehrenamtlich tätig?

A: Ich besuche einen Deutschkurs. Auf Nachfrage: Ich besuche seit drei Monaten einen Deutschkurs... ich habe kein Zertifikat...

Folgende Frage wird auf Deutsch gestellt:

LA: Was machen Sie den ganzen Tag?

A: Aw versteht die Frage nicht.

Mit Dolmetscher: schlafen, kochen, liegen, bügeln und ferndehen.

LA: Haben Sie einen Deutschkurs absolviert?

A: Aw versteht die Frage nicht.

Mit Dolmetscher: Ja, ich besuche gerade einen Deutschkurs.

F. Wollen Sie an der Art der Einvernahme irgendetwas beanstanden.

Sie werden ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, dass Ihnen Beanstandungen nicht zum Nachteil gereichen, Sie werden vielmehr darauf hingewiesen, dass nachträgliche Beanstandungen der freien Beweiswürdigung unterliegen und eventuell als Schutzbehauptung qualifiziert werden.

A: Nein.

..."

I.2. Der Antrag der bP auf internationalen Schutz wurde folglich mit im Spruch genannten Bescheide der belangten Behörde gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt. Gem. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Aserbaidschan nicht zugesprochen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurden gegen die bP Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Aserbaidschan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 und 3 FPG wurde eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise bestimmt.

I.3. Die bB qualifizierte das Vorbringen der bP zu den Gründen des Verlassens des Herkunftsstaates -mit Ausnahme dem Bestreben in Österreich mit ihrem nunmehrigen Gatten leben zu wollen- bzw. die von der bP beschriebenen Rückkehrhindernisse als nicht glaubhaft und führte hierzu unter teilweise Vermengung von Elementen der Beweiswürdigung und rechtlicher Beurteilung Folgendes aus:

"Betreffend die Feststellungen zu den Gründen für das Verlassen Ihres Herkunftsstaats:

Dabei steht die Vernehmung des Asylwerbers als wichtigstes Beweismittel zur Verfügung. Die erkennende Behörde kann einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkennen, wenn der Asylwerber gleichbleibende, substantiierte Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und mit den Tatsachen oder allgemeinen Erfahrungen übereinstimmen.

Es entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wenn Gründe, die zum Verlassen des Heimatlandes beziehungsweise Herkunftsstaates geführt haben, im Allgemeinen als nicht glaubwürdig angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens - niederschriftlichen Einvernahmen - unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen oder mit tatsächlichen Verhältnissen bzw. Ereignissen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 6.3.1996, 95/20/0650).

In Ihrer Erstbefragung gaben Sie an, bei Ihren Eltern gelebt zu haben, jedoch nicht mehr in die Wohnung gelassen worden zu sein.

In der Einvernahme vor dem BFA führten Sie dann aus, nach der Hochzeit bei Ihren Schwiegereltern gelebt zu haben. Sie führten dann an, dass ihr Schwiegervater Sie ein paar Mal geschlagen habe. Auf Nachfrage änderten Sie dann ihre Angabe insoweit, als dieser Schwiegervater bereits verstorben ist, stattdessen hätte Sie Ihre Schwiegermutter geschlagen.

Nach diesen Vorkommnissen wären Sie dann wieder bei Ihren Eltern wohnhaft gewesen.

Sie führten an, dass Sie gerne einen modernen Haarschnitt und modische, moderne Kleidung getragen hätten. Gleichzeitig erklären Sie Ihr "Nicht-Zur-Polizei-oder-Staatsanwaltschaft-Gehen" mit der Tradition, die das verbieten würde.

Ihr Vorbringen ist insoweit unglaubwürdig und wird Ihrem Vorbringen kein Glauben geschenkt, als Sie innerhalb kürzester Zeit Ihr Vorbringen ändern bzw. einander wiedersprechende Angaben machen.

Zentrales Element Ihres Fluchtgrundes ist, sowohl in Ihrer Erstbefragung als auch in Ihrer Einvernahme vor dem BFA, der Wunsch bei Ihrem Mann zu leben. Diesen Wunsch versuchen Sie mit einer angeblichen Bedrohung durch Ihre Familienangehörigen, bzw. Schwiegereltern -wobei Sie Ihren Schwiegervater später durch ihre Schwiegermutter ersetzen- zu unterstreichen.

Ihr diesbezügliches Vorbringen war völlig emotionslos und auch die angebliche Bedrohung mit dem Tod, durch Ihre Brüder, wurde ebenso emotionslos und nicht durch Beweise untermauert und ohne zeitliche und örtliche Verankerung vorgetragen.

Bei der Polizei wären Sie nicht gewesen, weil ihnen dies die Tradition verboten hätte, was Ihrem nunmehr -in der Einvernahme vom 29.01.2018- behaupteten Lebensstil widerspricht.

Sie geben an modern orientiert zu sein, schützen dann aber Traditionen vor, welche es ihnen verboten hätten, bei der Polizei oder Gericht Anzeige zu erstatten.

So hätten Sie, nach keinem Übergriff und keiner Bedrohung Ihrer Familienangehörigen, die Behörde informiert.

Sie konnten auch keinerlei Beweise zu Ihren behaupteten Fluchtgründen vorlegen.

Aus vagen und unpräzisen Angaben zum Sachverhalt kann zwar nicht in jedem Fall auf die Unglaubwürdigkeit des Asylwerbers geschlossen werden. Völlig vage und unpräzise Angaben können jedoch als weiteres Indiz für die mangelnde Glaubwürdigkeit des Asylantragstellers herangezogen werden (Erkenntnis des VwGH vom 17.12.1997, Zahl 96/01/1085).

Im konkreten Fall vermochten sie den Voraussetzungen für die Qualifizierung eines Erlebnisberichtes nicht entsprechen. Vor dem Hintergrund dieser Prämissen und insbesondere durch den persönlichen Eindruck den sie bei der Einvernahme hinterließen, ist die von ihnen vor der Asylbehörde präsentierte "Fluchtgeschichte" tatsächlich als zu "blass", wenig realistisch und nicht nachvollziehbar und daher in Folge - unter Berücksichtigung der aktuellen Länderfeststellung - als keinesfalls glaubhaft zu qualifizieren.

Sie vermochten den Anforderungen für die Glaubwürdigkeit ihres weiteren Vorbringens aus den nachfolgenden Gründen nicht zu entsprechen:

Sie haben bei Ihrer Asylantragstellung am 27.September 2017, zum Fluchtgrund befragt angegeben: "Die Eltern haben mich nicht in die Wohnung hineingelassen, weil ich von meinem Ehemann getrennt bin. Ich möchte einfach zu meinem Ehemann."

Auf die Frage, was Sie bei einer Rückkehr in Ihre Heimat zu befürchten hätten, gaben Sie an: "Ich hätte kein Zuhause. Meine Eltern würden mich nicht empfangen. Es würde immer schlimmer sein. Es kann sein, dass mich meine Brüder umbringen."

Befragt nach konkreten Hinweisen, dass Ihnen bei Ihrer Rückkehr unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohe oder Sie mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen hätten, gaben Sie an: "Nein. Es weiß nur meine Schwester XXXX geboren, dass ich in Österreich bin.".

In der Einvernahme vor dem BFA Erstaufnahmestelle West gaben Sie zusammengefasst an, dass, Sie aus dem Wunsch bei ihrem Ehemann leben zu können nach Österreich gekommen zu sein. Ihre Verwandtschaft habe es Ihnen übelgenommen, von Ihrem Mann getrennt zu leben. Sie wären von Ihrer Schwiegermutter bzw. Schwiegervater geschlagen worden und Ihre Brüder hätten Sie mit dem Tod bedroht.

Befragt, ob Sie bezüglich dieser Vorfälle mit einer Polizeistation, einer NGO oder der Staatsanwaltschaft gesprochen hätten, gaben Sie an: "Ich konnte nicht gehen, wir haben die Tradition, die dagegen spricht... Ich habe mich geschämt zur Polizei zu gehen"

Zu Ihren Angaben ist festzuhalten, dass folgende Widersprüche vorliegen:

Sie geben einerseits an, gerne modern angezogen und schön frisiert gewesen zu sein, führten dann aber gleich an, aus Gründen der Tradition nicht bei der Polizei, Staatsanwaltschaft oder Gericht gewesen zu sein. Dies ist umso verwunderlicher, als Sie selbst, nach erlebter körperlicher Gewalt und Morddrohungen, nicht mit dieser -nicht näher definierten- Tradition hätten brechen können.

Auch erscheint es bemerkenswert, dass Ihr Ehemann, der Sie nach 13 Jahren der Trennung, anlässlich eines Heimaturlaubes kurz entschlossen heiratet, Sie kurz nach Ihrer Heirat in der Heimat zurücklässt und wieder zurück nach Österreich reist.

Sie geben einmal an, dass Sie Ihr Schwiegervater Sie geschlagen habe, dann ändern Sie Ihr Vorbringen und geben Ihre Schwiegermutter als Aggressor an, weil Ihr Schwiegervater gestorben sei.

Ihnen wird somit kein Glauben geschenkt, weil

-

eine ausschließliche vermutete Verfolgung nicht nachvollziehbar erscheint und Sie bis auf die angebliche Verfolgung durch ihre Brüder, welche Ihnen nach dem Leben trachten könnten, und den behaupteten Schlägen ihrer Schwiegereltern keine präziseren Angaben machen konnten.

-

Sie trotz dieser behaupteten Probleme mit den genannten Personen nicht bei der Polizei, Gericht oder Staatsanwaltschaft waren. Sie gaben auch an, bis vier Tage vor der Ausreise als Friseurin gearbeitet zu haben. Vielmehr wäre es bei Ihrer angegebenen Angst wahrscheinlich, dass Sie, die um Ihr Leben fürchtet, unmittelbar nach derartigen Angriffen die Flucht ergreifen oder die Polizei informieren würde.

-

Sie machten in ihrer Einvernahme widersprüchliche Angaben. Einmal beschreiben Sie sich als jemand, der gerne chic angezogen und modisch frisiert ist, behaupten dann aber aus Gründen der Tradition keine Anzeige bei der Polizei gemacht zu haben.

Aus all diesen Gründen ist es höchst unwahrscheinlich und unlogisch, dass Sie tatsächlich Verfolgung zu befürchten hätten und wird Ihren Angaben kein Glauben geschenkt.

Sie gaben an mittels Schlepper nach Österreich gekommen zu sein und dafür 7.000,- US$ bezahlt zu haben.

Nicht unerwähnt bleibt, dass Ihr Ehemann Sie zur Eheschließung am 21.09.2016 in Aserbaidschan besuchte, Sie jedoch bereits 10 bis 15 Tage nach Ihrer Eheschließung, wieder in Richtung Österreich verlassen hat und angegeben habe, Sie nach Österreich zu holen.

Es war Ihnen auch problemlos möglich, in Ihrer Heimat, nach Ihrer Eheschließung, einen Reisepass zu erhalten. Diesen Reisepass haben Sie jedoch beim Schlepper zurückgelassen.

Darin ist der Versuch der Verschleierung, von relevanten Tatsachen gemäß der Dublin-III Verordnung, zu sehen.

Auch dieser Umstand lässt ihre persönliche Glaubwürdigkeit erheblich erschüttern. Hier wird angemerkt, dass dieses Vorbringen die Glaubwürdigkeit der Begründung Ihres Asylantrages ebenfalls erheblich beeinträchtigen, da die Tatsache, dass Sie selbst bei Sachverhaltselementen, welche nur mittelbar mit Ihren behaupteten Fluchtgründen im Zusammenhang stehen, offenbar konstruierten, es wahrscheinlich ist, dass dies von Ihnen bei der Schilderung ihrer Fluchtgründe ebenfalls der Fall ist. Würde nämlich ein stimmiger, widerspruchsfreier, einer Gesamtbetrachtung standhaltender Sachverhalt vorliegen, so bestünde kein Anlass zu gegenteiligen Annahme, dass Sie diesen nicht durchgehend wahrheitsgemäß geschildert hätten.

Sie haben mit ihrem Vorbringen jedoch keinerlei politisch, ethnisch, religiös, oder geschlechtsspezifisch begründete staatliche oder staatlich geduldete Verfolgung glaubhaft gemacht, somit kann dieses Vorbringen zu keiner Asylgewährung führen.

Zusammenfassend vertritt das Bundesamt die Ansicht, dass Sie lediglich als Arbeits- oder Wohlstandsemigrant zu sehen sind und Sie dies nun durch Ihr Vorbringen im Rahmen eines Asylverfahrens zu verdecken suchen, um sich so unter diesem Rechtstitel ein Aufenthaltsrecht für einen europäischen Staat zu verschaffen, keinesfalls aber um Verfolgungsschutz zu erlangen.

All diesen Gründen zufolge lässt sich nicht feststellen, dass Sie in Aserbaidschan einer individuellen Verfolgung maßgeblicher Intensität aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung durch die staatlichen Organe ausgesetzt waren oder im Fall Ihrer Rückkehr ausgesetzt werden.

Die Einsichtnahme in die Länderinformationsblätter wurde von Ihnen abgelehnt.

In Ihrem Fall konnte seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl keine individuelle Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung, festgestellt werden.

Gegen die Glaubhaftigkeit Ihres Vorbringens spricht des Weiteren der Umstand, dass Sie sich illegal nach Europa begeben haben und vor Ihrer Einreise nach Österreich in keinem anderen Land einen Asylantrag gestellt haben. Es ist kein nachvollziehbarer Grund erkennbar, weshalb Sie nicht sofort in einem der bis nach Österreich durchreisten Länder um Asyl angesucht haben, außer jener, dass Sie sich bewusst das Land ausgesucht haben, in welchem Sie sich bessere Umstände erhofft haben. Hätten Sie tatsächlich eine Verfolgung aus dem von Ihnen genannten Gründen befürchtet, so hätten Sie wohl ehestmöglich einen Asylantrag gestellt. Sie mussten auf Ihrer Reise nach Österreich durch mehrere als sicher geltenden Staaten reisen und es wäre Ihnen möglich und zumutbar gewesen schon dort um Schutz anzusuchen.

Durch das Unterlassen kann mitunter auch geschlossen werden, dass Sie andere Motive als jene der Schutzsuche haben, nämlich dass Sie Aserbaidschan nicht aufgrund von gravierenden, persönlichen Problemen verlassen haben, sondern aufgrund des Wunsches nach einem besseren Leben.

Andere Umstände brachten Sie nicht vor und ergaben sich auch nicht.

Betreffend die Feststellungen zu Ihrer Situation im Fall Ihrer

Rückkehr:

Bezüglich Ihrer Befürchtungen im Falle Ihrer Rückkehr nach

Aserbaidschan befragt, führten Sie am 27.09.2017 folgendes an: "Ich hätte kein Zuhause. Meine Eltern würden mich nicht empfangen. Es würde immer schlimmer werden."

Befragt ob es konkrete Hinweise gäbe, dass Ihnen bei Rückkehr unmenschliche Behandlung unmenschliche Strafe, oder Todesstrafe drohe gaben Sie an: "Nein. Es weiß nur meine Schwester XXXX geboren, dass ich in Österreich bin".

Im Zuge der Einvernahme vor dem BFA Erstaufnahmestelle West am 29.01.2018 gaben Sie auf diesbezügliche Fragestellung an: "Keine Todesstrafe...aber ich habe Angst, dass meine Brüder mich töten".

Sie machten auch in diesem Fall keine konkreten, nachprüfbaren Angaben.

Wie oben ausgeführt, konnte eine Gefährdung hinsichtlich asylrelevanter Umstände nicht erkannt werden, sodass auch im Falle einer Rückkehr eine diesbezügliche Gefährdung nicht als gegeben anzusehen war.

Die Feststellungen zu Ihrer Situation im Fall der Rückkehr ergeben sich aus Ihren eigenen Angaben in Ihrem Asylverfahren in Verbindung mit den Länderberichten.

Konkrete glaubwürdige Anhaltspunkte oder Hinweise für persönliche oder staatliche Verfolgungshandlungen konnten Ihrem Vorbringen nicht entnommen werden.

Im vorliegenden Fall wird darauf hingewiesen, dass Sie im Falle Ihrer Rückkehr nach Aserbaidschan nicht um Ihr Leben fürchten müssen. Werden die Länderfeststellungen zur Ihrem Heimatland betrachtet, liegen keine Informationen über eine gezielte Verfolgung von abgewiesenen Asylwerbern vor.

Den Länderfeststellungen zu Aserbaidschan Sie sind nicht substanziell entgegengetreten.

Sie zeigten keinerlei Interesse an den Informationsblättern der Staatendokumentation. Diese stammen aus verschiedenen verlässlichen, aktuellen und unbedenklichen Quellen, deren Inhalt schlüssig und widerspruchsfrei ist. Im Ergebnis konnten Sie sohin keinen Sachverhalt glaubhaft dartun, auf Grund dessen die erkennende Behörde Zweifel an den vorliegenden Informationen, welche auf verschiedenen und objektiven Quellen basieren, hegen müsste.

Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände konnte aber nicht festgestellt werden, dass Sie im Falle Ihrer Rückkehr nach Aserbaidschan dort einer realen Gefahr des Todes, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Bestrafung oder Behandlung oder der Gefahr der Folter ausgesetzt sind bzw. Ihr Leben auf sonstige Weise gefährdet wäre.

Laut Ihren eigenen Angaben in der Einvernahme vor dem BFA Erstaufnahmestelle West sind Sie grundsätzlich gesund, Sie leiden unter Hepatitis-B und erwarten ein Kind.

Bezüglich etwaiger weiteren medizinischer Behandlungen in Aserbaidschan wird auf die aktuellen Länderfeststellungen hingewiesen.

Ansonsten gaben Sie am 29.01.2018 an, dass Sie an keiner schwerwiegenden Erkrankung leiden. Anderes ergab sich auch nicht aus dem Ermittlungsverfahren. In Ermangelung eines anderen Ermittlungsergebnisses hatte das Bundesamt davon auszugehen, dass keine Erkrankung vorliegt, welche ein Rückkehrhindernis darstellen würde.

Es ist hier ausdrücklich anzuführen, dass Sie auch vor Ihrer Ausreise in der Lage waren, Ihre primären Bedürfnisse zu befriedigen. Sie haben in Ihrer Heimet bei Ihren Eltern bzw. Schwiegereltern gewohnt und als Krankenschwester und Friseurin gearbeitet.

Selbst wenn Sie auch nach Ihrer Rückkehr in Ihren Herkunftsstaat für den Wiedereinstieg in das dortige Leben einige Startschwierigkeiten erwarten sollten, entsteht kein Rückkehrhindernis. Ziel des Refoulmentschutzes ist es nämlich nicht, Menschen vor unangenehmen Lebenssituationen zu beschützen, sondern allein einen Schutz vor Lebenssituationen, die von den im § 50 FPG aufgezählten Normen erfasst werden würden, zu gewähren. Ihr Vorbringen bzw. Ihre Situation ist jedoch nicht in diese Normen zu subsumieren.

Es sind keine Berichte bekannt, wonach in Aserbaidschan abgeschobene oder freiwillig zurückgekehrte Asylbewerber wegen der Stellung eines Asylantrags im Ausland behelligt worden wären.

In Gesamtbetrachtung muss hier von Seiten des Bundesamtes demnach davon ausgegangen werden, dass keine Hinderungsgründe einer Rückkehr gegeben sind und auch keine Gründe vorliegen, welche zur Gewährung von subsidiärem Schutz führen könnten. Daher war Ihr Antrag auf int. Schutz auch in diesem Punkt abzuweisen."

Weiters ging die bB davon aus, dass die bP in Aserbaidschan über eine Existenzgrundlage verfügt.

Die bB nahm weiters ein Familienleben mit ihrem Gatten an, ging jedoch davon aus, dass ein Eingriff nicht rechtswidrig ist.

I.4. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Aserbaidschan traf die belangte Behörde ausführliche und schlüssige, jedoch auch überschießende Feststellungen, zumal sie sich über erhebliche Teile auf Sacherhalte beziehen, die von der bP nicht einmal angedeutet wurde. Deren Aktualität kann gerade noch angenommen werden. Aus diesen wird wie folgt zitiert (Gliederung, Hervorhebungen und Streichungen nicht mit dem Original übereinstimmend):

...

Politische Lage

Aserbaidschan ist ein säkularer Staat mit einer muslimischen Bevölkerungsmehrheit. Die Verfassung von 1995 etablierte ein Präsidialsystem, das dem Präsidenten weitreichende Vollmachten einräumt. Mit Referendum vom 18.03.2009 wurde die Begrenzung der Wiederwahl des Präsidenten aufgehoben. Der Präsident ernennt und entlässt den Ministerpräsidenten und die Minister, die allein ihm verantwortlich sind. Er ist dem Parlament gegenüber nicht verantwortlich, kann jedoch wegen schwerer Amtsvergehen auf Initiative des Verfassungsgerichts vom Parlament entlassen werden. Er kann Rechtsverordnungen erlassen und das Parlament auflösen. Der Präsident besitzt das Vorschlagsrecht für die Ernennung von Richtern des Verfassungsgerichts, des Obersten Gerichtshofs und des Appellationsgerichts durch das Parlament und ernennt die übrigen Richter. Mit Referendum vom 26.09.2016 wurde die Amtszeit des Präsidenten von 5 auf 7 Jahre verlängert und dessen Position noch weiter gestärkt. Es wurde u.a. die Einführung der Ämter des 1. Vizepräsidenten und weiterer Vizepräsidenten beschlossen. Die Präsidentschaftswahl am 09.10.2013 hat Amtsinhaber Ilham Aliyev erneut klar mit 84,5% der Stimmen gewonnen. Der Kandidat des Oppositionsbündnisses 'Nationaler Rat der Demokratischen Kräfte', Jamil Hasanli, kam auf 5,5%. Die übrigen acht Kandidaten erhielten zwischen 0,6 und 2,4% der Stimmen. Die internationalen Wahlbeobachtungsmissionen des Büros für Demokratische Institutionen und Menschenrechte (ODIHR) und der Parlamentarischen Versammlung der OSZE kritisierten in ihrem Bericht, dass durch systematische Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit keine Wettbewerbsgleichheit zwischen den Kandidaten gegeben war. Am Wahltag seien ernsthafte Unregelmäßigkeiten in allen Phasen des Wahlprozesses beobachtet worden, insbesondere bei der Auszählung der Stimmen. Positiv vermerkt der Bericht die Teilnahme von Kandidaten der Opposition, die gute technische Organisation und den friedlichen Verlauf der Wahl sowie die hohe Wahlbeteiligung (offiziell 72,3%). Aserbaidschan ist ein Zentralstaat. Die Verwaltungschefs der 66 Provinzen (Rayons) werden vom Präsidenten eingesetzt, ebenso die Kommunalverwaltungen. 1999 wurden Kommunalwahlen eingeführt, bei denen die Gemeinderäte gewählt werden. Die letzten Kommunalwahlen fanden am 23.12.2014 statt. Die Exklave Nachitschewan hat den Status einer Autonomen Republik mit eigener Verfassung und eigenem Parlament (AA 10.2016a).

Die Nationalversammlung (Milli Mejlis) ist ein Einkammerparlament mit 125 Abgeordneten, die nach absolutem Mehrheitswahlrecht für fünf Jahre gewählt werden. Der Einfluss des Parlaments auf die Politikgestaltung ist gering. Nach den letzten Parlamentswahlen am 01.11.2015 verfügt die regierende Partei 'Neues Aserbaidschan' (YAP) mit 72 Sitzen über die Mehrheit der Sitze im Parlament. Die restlichen Sitze verteilen unter sich die unabhängigen Abgeordneten sowie Vertreter von Kleinstparteien. Regierungskritische Opposition ist im Parlament nicht vertreten. Das Verfassungsgericht, das am 04.07.1998 gegründet wurde, besteht aus neun Richtern. Es besteht die Möglichkeit der Individualklage. Neben dem Parlament haben auch der Präsident, das Oberste Gericht, die Staatsanwaltschaft und das Parlament der Autonomen Republik Nakhitschewan Gesetzesinitiativrecht. Der Staatshaushalt wird dem Parlament vom Staatspräsidenten zur Zustimmung vorgelegt (AA 10.2016a).

Aserbaidschan ist eine Präsidialrepublik. Staatspräsident Ilham Aliyev, der seinem Vater Heydar Aliyev nachgefolgt ist, dominiert das politische Leben. Die Nationalversammlung (Milli Mejlis) wirkt an der Gesetzgebung mit, spielt aber eine nachgeordnete Rolle. Aserbaidschan ist ein Transformationsland. Obwohl es seit Januar 2001 Mitglied im Europa- rat ist und sich ausdrücklich zu einer Integration in die euro-atlantischen Strukturen bekennt, ist das sowjetische Erbe noch spürbar. Der Staatspräsident und die Regierung, an der auch einige Oligarchen beteiligt sind, können sich auf die "Loyalität" der Gerichte und Sicherheitsstrukturen verlassen. Artikel 7 Abs. 3 der Verfassung enthält den Grundsatz der Gewaltenteilung, wonach die Nationalversammlung "Milli Mejlis" die gesetzgebende Gewalt, der Staatspräsident die vollziehende Gewalt und die Gerichte die rechtsprechende Gewalt ausüben. Der Staatspräsident hat nicht das Recht, die für fünf Jahre gewählte Nationalversammlung aufzulösen. Diese kann aber auf Vorschlag des Verfassungsgerichtes ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Staatspräsidenten einleiten. Der Staatspräsident dominiert das politische Leben. Er wird direkt für eine Amtsperiode von fünf Jahren gewählt und kann seit einer am 18.03.2009 durch Referendum angenommenen Verfassungsänderung unbegrenzt oft wiedergewählt werden. Er ernennt und entlässt mit Zustimmung der Nationalversammlung den Ministerpräsidenten; ohne Beteiligung der Nationalversammlung ernennt und entlässt er die Minister sowie die Gouverneure und Vize-Gouverneure der regionalen Verwaltungsbezirke (Rayons). Die Präsidentschaftswahl am 09.10.2013 war nach Einschätzung von ODIHR (Office for Democratic Institutions and Human Rig

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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