Entscheidungsdatum
17.01.2019Norm
BBG §40Spruch
G304 2203292-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Beatrix LEHNER als Vorsitzende, sowie den Richter Ing. Mag. Franz SANDRIESSER und den fachkundigen Laienrichter Rudolf KRAVANJA als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Steiermark, vom 28.06.2018, Sozialversicherungsnummer: XXXX, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird gemäß §§ 40, 41 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) stattgegeben.
Der Gesamtgrad der Behinderung (GdB) wird mit 50% festgestellt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Am 08.03.2018 brachte die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Steiermark, (im Folgenden: belangte Behörde) einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses samt Beilagen ein.
2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.
In dem eingeholten Gutachten von Dr. XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 24.06.2018 wird aufgrund der Aktenlage unter Berücksichtigung aktenmäßiger Befunde im Wesentlichen Folgendes festgehalten:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos. Nr.
GdB %
1
Kurzdarmsyndrom nach Darminfarkt Oberer Rahmensatzwert entspricht den rezidivierenden Durchfällen und der Drangsymptomatik nach Darminfarkt nach Dünndarmresektion und Hemicolectomie, mittelschwere Beeinträchtigung des Allgemein- und Ernährungszustandes, BMI 19 (Normalgewicht)
07.04.05
40
Gesamtgrad der Behinderung 40 v.H.
Als Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung (GdB) wurde ausgeführt:
"Der Gesamtgrad der Behinderung (GdB) wird gebildet von der alleinigen Gesundheitsschädigung (GS) 1."
3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 28.06.2018 wurde der Antrag der BF auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen und festgestellt, dass der Grad der Behinderung 40 % betrage.
Begründend wurde ausgeführt, dass im Ermittlungsverfahren ein Gutachten zur Feststellung des Grades der Behinderung eingeholt worden sei und nach diesem Gutachten der Grad der Behinderung der BF 40 % betrage. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien dem beiliegenden einen Bestandteil der Begründung bildenden Gutachten vom 24.06.2018 zu entnehmen.
4. Gegen diesen Bescheid erhob die BF innerhalb offener Frist Beschwerde. Dabei wurde um Stattgebung der Beschwerde ersucht.
5. Am 13.08.2018 langte die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) ein.
6. Mit Schreiben des BVwG vom 12.10.2018, Zahl: G304 2203292-1/2Z, wurde
Dr. XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, um Erstellung eines Sachverständigengutachtens auf Grundlage der Einschätzungsverordnung ersucht.
Mit weiterem Schreiben des BVwG vom 12.10.2018, Zahl: G304 2203292-1/2Z, wurde
die BF aufgefordert, sich am 19.11.2018 um 15:30 Uhr bei Dr. XXXX zur ärztlichen Begutachtung einzufinden.
7. In dem eingeholten Gutachten von Dr. XXXX vom 19.11.2018 wird nach Begutachtung der BF am 19.11.2018 im Wesentlichen Folgendes festgehalten:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Rahmensätze:
Pos. Nr.
GdB %
GS 1
Kurzdarmsyndrom nach Darminfarkt mit stattgehabter ausgedehnter Dünndarmsegmentresektion und Hemicolectomie rechts inklusive Appendectomie (Dünndarm- als auch Dickdarmteilentfernung sowie Blinddarmentfernung 2011) und daraus herrührende Darmentleerungsstörung mit bis zu 11maliger Darmentleerung Unterer Rahmensatzwert entspricht den rezidivierenden Durchfällen und der Drangsymptomatik nach Darminfarkt mit Dünndarmresektion und Dickdarmteilentfernung mit erheblicher Beeinträchtigung des Allgemein- und Ernährungszustandes.
07.04.06
50
Gesamtgrad der Behinderung 50 v.H.
Als Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung wurde ausgeführt:
"Der Gesamtgrad der Behinderung (GdB) wird gebildet von der alleinigen Gesundheitsschädigung GS 1."
Folgende "Stellungnahme zur Einwendung" wurde abgegeben:
"Aufgrund der heutigen Untersuchung und der Beschwerden ist meines Erachtens, aufgrund des sich im Gegensatz zum Vorgutachten verschlechternd habenden Ernährungszustandes eine Anhebung auf 50 Prozent vorzuschlagen. Bezüglich der Stuhlproblematik ist unbestrittener Weise und auch dokumentiert eine Kurzdarmsymptomatik gegeben, welche die angegebenen Beschwerden medizinisch absolut plausibel macht, sodass bis zu 11 Stuhlgänge am Tag möglich sind und diese meist einen flüssigen Charakter haben. Eine entsprechende Versorgung mittels Inkontinenzprodukten ist auch objektiviert im Rahmen der Begutachtung. Seitens des Herzens besteht keinerlei relevante Einschränkung was die Belastbarkeit anlangt, ebenso von Seiten der Lunge. Seitens des Bewegungsapparates ist eine ausreichende Wegstrecke umsetzbar. Der sichere Transport ist auch gegeben."
8. Mit Verfügung des BVwG vom 27.11.2018, Zahl: G304 2203292-1/4Z, der BF zugestellt am 04.12.2018, wurde der BF das eingeholte Sachverständigengutachten seitens des BVwG übermittelt und ihr zur Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung Stellung zu nehmen.
9. In einer Stellungnahme vom 10.12.2018, eingelangt beim BVwG am 11.12.2018, gab die BF an, aufgrund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung nicht öffentliche Verkehrsmittel benützen zu können, und ersuchte sie um einen Behindertenparkausweis.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die BF ist österreichische Staatsbürgerin.
1.2. Der GdB der BF beträgt 50 v. H.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.
Die Feststellung hinsichtlich des GdB gründet sich auf das seitens des BVwG eingeholte Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 19.11.2018.
2.2. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (im Folgenden: VwGH) muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zu Grund gelegt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).
Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).
Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).
Der VwGH führte aber in diesem Zusammenhang auch aus, dass keine Verletzung des Parteiengehörs vorliegt, wenn einem Antrag auf Einholung eines zusätzlichen Gutachtens nicht stattgegeben wird (VwGH vom 25.06.1987, 87/06/0017).
2.3. Zum der BF vorgehaltenen Sachverständigengutachten brachte die BF in einer schriftlichen Stellungnahme vom 11.12.2018 vor, aufgrund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung keine öffentlichen Verkehrsmittel benützen zu können, weshalb sie um einen Behindertenparkausweis ansuche.
Obwohl im eingeholten Sachverständigengutachten vom 19.11.2018 nicht nur ein Behinderungsgrad der BF von insgesamt 50 % festgestellt, sondern unter näherer begründender Ausführung auch die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für zumutbar gehalten wurde, betrifft gegenständliches Beschwerdeverfahren nur die von der BF am 08.03.2018 beantragte Ausstellung eines Behindertenpasses.
Die Vornahme der Zusatzeintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aufgrund einer dauerhaften Mobilitätseinschränkung in den Behindertenpass wurde von der BF bei der belangten Behörde nicht beantragt.
Folglich fehlt im gegenständlichen Fall auch ein diesbezüglicher Anfechtungsgegenstand.
Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, ist das von Amts wegen eingeholte Gutachten des Amtssachverständigen Dr. XXXX mit Feststellung eines GdB von 50 % schlüssig, nachvollziehbar und weist dieses keine Widersprüche auf.
Da die BF keine Einwendung gegen den im Gutachten festgestellten Behinderungsgrad erhoben hat, wird gegenständlicher Entscheidung das eingeholte allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten vom 19.11.2018 mit darin festgestelltem von der BF in ihrer Beschwerde beantragtem GdB von 50% in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt.
Ergänzend wird auf die Möglichkeit der BF verwiesen, bei der belangten Behörde auch einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aufgrund einer dauerhaften Mobilitätseinschränkung in den Behindertenpass einzubringen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des BVwG (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - im Folgenden: BVwGG) entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des BVwG durch den Senat zu erfolgen.
Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die im § 10 Abs. 1 Z 6 des Bundesbehindertengesetzes genannte Vereinigung entsendet die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs. 2 des Bundesbehindertengesetzes anzuwenden. Für die Vertreterin oder den Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - im Folgenden: VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
3.2. Zu Spruchteil A. (Abweisung hinsichtlich des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses):
Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§1 Abs. 2 BBG)
Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderten-einstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören. (§ 40 Abs. 1 BBG)
Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985.
Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt. (§ 41 Abs. 1 BBG)
§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
(2) Der Behindertenpass ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderungen in den Voraussetzungen zu erwarten sind.
Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)
Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird. (§ 45 Abs. 2 BBG)
Wie unter Punkt 2.2. ausgeführt, wird der gegenständlichen Entscheidung das Sachverständigengutachten vom 19.11.2018, welches vom BVwG als schlüssig und nachvollziehbar gewertet wird, zugrunde gelegt, in welchem der GdB der BF mit 50 v. H. eingeschätzt wurde.
Der Beschwerde war daher spruchgemäß stattzugeben.
3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221).
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren gebe, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung aufträten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221).
Im gegenständlichen Fall wurde der GdB des BF unter Mitwirkung eines ärztlichen Sachverständigen unter Berücksichtigung der aktenmäßigen Befunde festgesetzt. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht bestrittenen Sachverständigengutachtens vom 19.11.2018, welches als schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei erachtet wird, geklärt.
3.4. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung.
Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des VwGH auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die Zulassung der Revision war gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zudem zu verneinen, weil die gegenständliche Entscheidung in Wesentlichen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, sondern von Tatsachenfragen. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:G304.2203292.1.00Zuletzt aktualisiert am
24.05.2019