TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/17 G304 2183318-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.01.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

17.01.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

G304 2183318-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Beatrix LEHNER als Vorsitzende sowie der Richter Ing. Mag. Franz SANDRIESSER und der fachkundige Laienrichter Rudolf KRAVANJA als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, vertreten durch RA Mag. Gottfried TAZOL, gegen den am 02.10.2017 unbefristet ausgestellten Behindertenpass des Sozialministeriumservice, Landesstelle Kärnten, betreffend Gesamtgrad der Behinderung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 41 Abs. 1 Bundesbehindertengesetz (BBG) abgewiesen.

Der Gesamtgrad der Behinderung (GdB) wird mit 60% festgestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Am 21.07.2017 brachte der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Kärnten, (im Folgenden: belangte Behörde) einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses samt Beilagen ein.

2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.

In dem eingeholten Gutachten von Dr. XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 21.09.2017 wird aufgrund der am 19.09.2017 durchgeführten Begutachtung des BF im Wesentlichen Folgendes festgehalten:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Endoprothese im Bereich der Brustaorta der Aortenbifurkation bei Aneurysma und Zustand nach Ruptur des Bauchaortenaneurysm Längerstreckiger prothetischer Ersatz der Brust- und Bauchaorta nach aneurysmatischer Ausweitung und Zustand nach Einriss im Bauchbereich. Gutes postinterventionelles Ergebnis, gute hämodynamische Situation. Oberer Rahmensatz aufgrund der Mehrfachprothesen

05.03.02

40

2

Chronisch obstruktive Atemwegserkrankung Klinische Zeichen einer chronisch obstruktiven Atemwegserkrankung mit Belastungsatemnot mittleren Grades Unterer Rahmensatz, mit adäquater Therapie Symptomatik besserungsfähig

06.06.02

30

3

Hypertonie Gut behandelbarer arterieller Bluthochdruck, vorgegebener RSW

05.01.01

10

Gesamtgrad der Behinderung 50 v.H.

 

 

 

Begründend für den Gesamtgrad der Behinderung (GdB) wurde ausgeführt:

"Führend ist GS 1, GS 2 steigert aufgrund der ungünstigen Zusammenwirkung um 1 Stufe."

3. Daraufhin wurde dem BF am 02.10.2017 der verfahrensgegenständliche Behindertenpass ausgestellt.

4. Der BF erhob dagegen innerhalb offener Frist Beschwerde, brachte vor, mit dem festgestellten Behinderungsgrad von 50 v.H. nicht einverstanden zu sein, und ersuchte um Feststellung eines Behinderungsgrades von insgesamt mindestens 70%.

5. Am 17.01.2018 langten der gegenständliche Verwaltungsakt und die Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) ein.

6. Mit Schreiben des BVwG vom 09.02.2018, Zahl: G304 2183318-1/2Z, wurde

Dr. XXXX, Facharzt für Innere Medizin, um Erstellung eines Sachverständigengutachtens auf Grundlage der Einschätzungsverordnung ersucht.

Mit weiterem Schreiben des BVwG vom 09.02.2018, Zahl: G304 2183318-1/2Z, wurde

der rechtlich vertretene BF aufgefordert, sich am 09.04.2018 um 13:15 Uhr bei Dr. XXXX zur ärztlichen Begutachtung einzufinden.

7. In dem eingeholten Gutachten von Dr. XXXX vom 18.04.2018 wurde nach Begutachtung des BF festgehalten:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Zustand nach Implantation einer Endoprothese im Bereich des Bauchraumes - Aortenbifurkationsbereich, bei Ruptur eines Bauchaortenaneurysmas mit gutem Funktionsergebnis sowie Zustand nach Sanierung eines Pseudoaneuysmas der Aorta ascendens mittels Implantation einer Endoprothese mit gutem Funktionsergebnis Rahmensatzbegründung: Beim Antragsteller besteht ein Zustand nach Endoprothesenimplantation im Bereich der Bauchaorta bzw. der Aorta ascendens. Es liegt ein gutes Funktionsergebnis bei Zustand nach Intervention vor, wobei erwähnenswert ist, dass das Bauchaneurysma akut geplatzt ist. An der unteren Extremität ergeben sich keine höhergradigen Durchblutungsstörungen. Eine höhergradige Claudicatio-Symptomatik ist aus interner Sicht nicht gegeben. Die Doppleruntersuchung ist hier unauffällig. Im Bereich der Aorta ascendens finden s ich ebenfalls regelrechte Verhältnisse.

05.03.02

40

2

Chronisch obstruktive Atemwegserkrankung. Rahmensatzbegründung: Der Antragsteller nimmt hinsichtlich dieser Grunderkrankung keine medikamentöse Therapie ein. Er neigt jedoch zu akuten Exazerbationen. Aufgrund der klinischen Relevanz, kommt der untere Rahmensatz zur Anwendung.

06.06.02

30

3

Aorteninsuffizienz. Rahmensatzbegründung: Beim Antragsteller besteht eine Aorteninsuffizienz, die echocardiographisch gut dargestellt werden kann mit Jet bis Mitte des Vorhofes. Die Flussgeschwindigkeiten sind mit 2,5m grenzwertig, daher kommt der mittlere Rahmensatz zur Anwendung.

05.07.02

30

Gesamtgrad der Behinderung 60 v.H.

 

 

 

Begründend für den Gesamtgrad der Behinderung (GdB) wurde ausgeführt:

"Die Gesamtinvalidität aus interner Sicht ergibt sich mit 60%, weil die führende Gesundheitsschädigung unter Punkt 1 durch die Gesundheitsschädigung unter Punkt 2 und 3, um jeweils eine Stufe gesteigert wird.

Begründung: Ungünstige Wechselwirkung hinsichtlich Hämodynamik bzw. Belastbarkeit."

Als "Schlüssige Begründung bei Veränderung bzw. abweichender Beurteilung hinsichtlich des bereits durch die belangte Behörde in Auftrag gegebenen Gutachtens" wurde ausgeführt:

"Es liegt insoferne eine Änderung gegenüber dem Gutachten des Bundessozialamtes vor, dass die Aorteninsuffizienz erst verifiziert wurde, weshalb diese noch nicht in die Beurteilung mit eingeflossen ist. Die übrigen Positionspunkte zeigen keine Diskrepanz zur Beurteilung vom Bundessozialamt.

Ein zusätzliches orthopädisches Gutachten ist aufgrund der massiven Veränderungen von Seiten des Bewegungsapparates noch erforderlich, insbesondere wegen der bestehenden Symptomatik einer Claudicatio-spinalis."

8. Mit Schreiben des BVwG vom 29.06.2018, Zahl: G304 2183318-1/4Z, wurde

Dr. XXXX, Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie, um Erstellung eines Sachverständigengutachtens auf Grundlage der Einschätzungsverordnung ersucht.

Mit weiterem Schreiben des BVwG vom 29.06.2018, Zahl: G304 2183318-1/4Z, wurde

der rechtlich vertretene BF aufgefordert, sich am 08.08.2018 um 17:00 Uhr bei Dr. XXXX zur ärztlichen Begutachtung einzufinden.

9. In dem eingeholten Gutachten von Dr. XXXX vom 13.08.2018 wurde nach Begutachtung des BF am 08.08.2018 festgehalten:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Funktionseinschränkung der Hals- und Lendenwirbelsäule und der rechten Schulter Analog unterer Rahmensatzwert, entsprechend der Funktionseinschränkung der Hals- und Lendenwirbelsäule bei geringer skoliotischer Fehlhaltung der Brust- und Lendenwirbelsäule und Funktionseinschränkung der rechten Schulter. Radiologische Befunde liegen nicht vor. Gegenüber dem Vorgutachten Dr. XXXX vom 19.09.2017 zeigt sich eine Funktionsverschlechterung der Halswirbelsäule und der rechten Schulter. Ein Funktionsvergleich der Lendenwirbelsäule kann auf Grund der fehlenden Gradangaben nicht durchgeführt werden. Eine Wurzelreizungssymptomatik an den oberen und unteren Extremitäten besteht derzeit nicht. Aus rein orthopädischer Sicht kann eine kurze Wegstrecke (300-400m) ohne Unterbrechung zurückgelegt werden. Neurologische Ausfallserscheinungen liegen zum Untersuchungszeitpunkt nicht vor, ausgeprägte Einschränkungen der Gelenke an den unteren Extremitäten bestehen ebenfalls nicht.

02.02.02

30

Gesamtgrad der Behinderung 30 v.H.

 

 

 

10. Mit Schreiben des BVwG

vom 21.09.2018, Zahl: G304 2183318-1/7Z, wurde

Dr. XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, ersucht, ein Sachverständigengutachten aufgrund der Aktenlage zu erstellen und dieses dem BVwG binnen sechs Wochen ab Zustellung dieser Verfügung zu übermitteln.

11. In dem eingeholten Gutachten von Dr. XXXX vom 28.10.2018 wurde nach Begutachtung des BF festgehalten:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Zustand nach Implantation einer Endurant-Bifurkationsprothese bei infrarenalem Aortenneurysma mit Typ B Dissektion (Operation 19.8.2015), sowie Zustand nach Sanierung eines thorakalen Pseudoaneurysmas mittels Endurant-Endoprothese (Operation 14.10.2016) Oberer Rahmenwert, gutes Funktionsergebnis, keine höhergadigen Durchblutungsstörungen an den unteren Extremitäten, keine höhergradige Claudicatio-Symptomatik ist aus interner Sicht nicht gegeben.

05.03.02

40

2

Chronisch obstruktive Atemwegserkrankung (seit Jahren) Unterer Rahmenwert, keine medikamentöse Therapie, jedoch Neigung zu Exazerbationen

06.06.02

30

3

Aorteninsuffizienz (Diagnose 04/2018) Unterer Rahmenwert, bei klinisch eindeutigem Echobefund (übernommen aus dem rezenten Gutachten von Herrn Dr. XXXX)

05.07.02

30

4

Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule und Lendenwirbelsäule und der rechten Schulter (Funktionsverschlechterung seit 08/2018) Unterer Rahmenwert entsprechend den im rezenten orthopädischen Facharztgutachten von DR. XXXX erhobenen Funktionseinschränkung, keine neurologischen Ausfallserscheinungen

02.02.02

30

5

Arterielle Hypertonie Vorgegebener Rahmenwert bei Monotherapie mit Enac

05.01.01

10

Gesamtgrad der Behinderung 60 v.H.

 

 

 

Begründend für den Gesamtgrad der Behinderung (GdB) wurde ausgeführt:

"Es führt die Gesundheitsschädigung 1, weil sie die schwerwiegendste ist. Wie schon im internistischen Sachverständigengutachten festgestellt, steigern der Punkt 2 und 3 um jeweils eine Stufe, wegen ungünstiger Wechselwirkung hinsichtlich Hämodynamik bzw. Belastbarkeit. Die Position 4 steigert nicht weiter, da keine hochgradige Wechselwirkung zwischen der führenden Gesundheitsschädigung vorliegt. Die Position 5 steigert wegen der Geringfügigkeit ihrer Ausprägung auch nicht weiter. Die oben angeführten Gesundheitsschädigungen stellen einen Dauerzustand dar, eine wesentliche Besserung ist nicht zu erwarten."

Als "Schlüssige Begründung bei Veränderung bzw. abweichender Beurteilung hinsichtlich des bereits durch die belangte Behörde in Auftrag gegebenen Gutachtens" wurde ausgeführt:

"Die im allgemeinmedizinischen Gutachten von 2017 berücksicthigte arterielle Hypertonie wird vollständigkeitshalber wieder gelistet, hat aber wegen der Geringfügigkeit ihrer Ausprägung keine Auswirkung auf den Gesamtgrad der Behinderung."

12. Mit Verfügung des BVwG vom 10.12.2018, Zl. G304 2183318-1/9Z, dem rechtlichen Vertreter des BF zugestellt am 12.12.2018, wurden dem BF die eingeholten Sachverständigengutachten seitens des BVwG übermittelt und wurde ihm zur Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung dieser Verfügung zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung zu nehmen.

13. Eine Stellungnahme ist bis dato nicht beim BVwG eingelangt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF ist österreichischer Staatsangehöriger und verfügt über eine aufrechte Wohnsitzmeldung im Bundesgebiet.

1.2. Der GdB beträgt 60 v. H.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und zum Wohnsitz des BF ergaben sich aus dem diesbezüglichen Inhalt gegenständlichen Verwaltungsaktes.

Die Feststellung hinsichtlich des GdB gründet sich auf das seitens des BVwG eingeholte aktenmäßige Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 28.10.2018, das die davor eingeholten Sachverständigengutachten aus den Bereichen der Inneren Medizin und der Orthopädie und sämtliche aktenmäßige Befunde mitberücksichtigte.

2.2. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (im Folgenden: VwGH) muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zu Grund gelegt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).

Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).

Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).

Der VwGH führte aber in diesem Zusammenhang auch aus, dass keine Verletzung des Parteiengehörs vorliegt, wenn einem Antrag auf Einholung eines zusätzlichen Gutachtens nicht stattgegeben wird (VwGH vom 25.06.1987, 87/06/0017).

Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, ist das von Amts wegen eingeholte Gutachten der Amtssachverständigen Dr. XXXX schlüssig, nachvollziehbar und weist dieses keine Widersprüche auf.

Der BF gab zur ihm vorgehaltenen gutachterlichen Einschätzung seines Grades der Behinderung mit 60 % keine Stellungnahme ab.

Das Sachverständigengutachten wird daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die im § 10 Abs. 1 Z 6 des Bundesbehindertengesetzes genannte Vereinigung entsendet die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs. 2 des Bundesbehindertengesetzes anzuwenden. Für die Vertreterin oder den Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.2. Zu Spruchteil A):

In der gegenständlichen Rechtssache sind die Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG), BGBl. I Nr. 283/1990, in der geltenden Fassung, anzuwenden.

Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten (§1 Abs. 2 BBG).

Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit gemäß § 42 Abs. 1 BBG zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Der Behindertenpass ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderungen in den Voraussetzungen zu erwarten ist (§ 42 Abs. 2 BBG).

Gemäß § 45 BBG Abs. 1 sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs. 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu (§ 45 Abs. 2 BBG).

Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderten-einstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören

(§ 40 Abs. 1 BBG).

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt. (§ 41 Abs. 1 BBG)

Das vom BVwG eingeholte allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten, das die davor eingeholten Sachverständigengutachten aus den Bereichen der Orthopädie und der Inneren Medizin mitberücksichtigte, blieb vom BF unbestritten.

Der vom BF beantragten Änderung des GdB von 50 % aus dem Behindertenpass auf zumindest 70% wurde im eingeholten allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachten vom 28.10.2018, das das internistische Gutachten vom 18.04.2018 und das orthopädische Gutachten vom 13.08.2018 mitberücksichtigte, nicht Folge gegeben. Mangels eingelangter Einwendung dagegen war der gegenständlichen Entscheidung ein festgestellter GdB von 60 v.H. zugrunde zu legen und spruchgemäß zu entscheiden.

3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221).

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren gebe, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung aufträten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221).

Im gegenständlichen Fall wurde der GdB des BF unter Mitwirkung eines ärztlichen Sachverständigen nach Begutachtung des BF unter Berücksichtigung der aktenmäßigen Befunde festgesetzt. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht bestrittenen Sachverständigengutachtens vom 28.10.2018, welches als schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei erachtet wird, geklärt.

3.4. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sonst hervorgekommen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zudem nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, sondern von Tatsachenfragen. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G304.2183318.1.00

Zuletzt aktualisiert am

24.05.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten