TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/25 W200 2117788-2

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Veröffentlicht am 25.01.2019
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Entscheidungsdatum

25.01.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W200 2117787-2/7E

W200 2117788-2/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch Richterin Mag. SCHERZ als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX , beide StA. Afghanistan, vertreten durch Verein ZEIGE, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.07.2017 (ad 1.) und 27.07.2017 (ad. 2), Zlen. 831601509-2431229 (ad. 1) und 831601607-2431237 (ad 2.), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 17.12.2018, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerden werden gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 55, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG, und §§ 52, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Erstbeschwerdeführer (BF1), ein Staatsangehöriger Afghanistans, gehört der paschtunischen Volksgruppe an und ist muslimischen Bekenntnisses, reiste gemeinsam mit seinem Sohn, dem Zweitbeschwerdeführer (BF2) am 03. November 2013 in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag für beide einen Antrag auf internationalen Schutz.

Zu seinen Familienangehörigen führte der BF1 im Rahmen der Erstbefragung aus, dass seine ca. 35-jährige Ehefrau mit zwei Söhnen (4 und 6 Jahre) und seiner 14-jährigen Tochter in Afghanistan leben würden. Sein älterer Sohn sei mit ihm nach Österreich gereist. Als letzten Wohnsitz gab er an: XXXX , Baghrami, Kabul, Afghanistan. Zum Fluchtgrund führte er aus, dass sein Sohn XXXX , der mit ihm nach Österreich gereist war, vor ca. einem Jahr auf dem Schulweg nach Hause von den Taliban auf der Straße angesprochen worden sei. Er sollte ein Paket irgendwo hinlegen. Er vermute, dass es sich um eine Bombe gehandelt haben dürfte. Sein Sohn hätte dies abgelehnt und sei nach Hause gekommen. Die Taliban hätten daraufhin mehrmals zu Hause angerufen und ihm aufgetragen, dass XXXX für sie arbeiten solle. Er und seine Familie würden dafür Geld erhalten. Er hätte dies entschieden abgelehnt und sei deshalb mehrmals telefonisch mit dem Umbringen bedroht worden. Sein Sohn hätte sich seither zu Hause versteckt gehalten und ca. acht Monate lang die Schule nicht besucht. Sein Sohn sei der eigentliche Fluchtgrund. Aus diesem Grund hätte er sich entschlossen, mit ihm gemeinsam Afghanistan zu verlassen. Da er selbst zu wenig gehabt hätte, seien seine Frau und die anderen drei Kinder zu Hause geblieben. Befragt, warum er hinsichtlich seiner Reise durch die EU-Staaten falsche Angaben gemacht hätte, antwortete er, dass er nach anfänglichem Zögern die Wahrheit gesagt hätte, nachdem man ihm den EURO-DAC Treffer zur Kenntnis gebracht hätte.

Im Rahmen der Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge: BFA) am 10.09.2015 gab der BF1 an, bisher die Wahrheit gesagt zu haben. Er hätte als Hilfsarbeiter auf Baustellen gearbeitet - Fliesen gelegt. Nebenbei hätte er auch Felder bewirtschaftet. Diese seien noch immer in seinem Besitz. Er wisse nicht, wer sie jetzt bewirtschafte. Beweismittel könne er keine vorlegen. Er hätte nie die Schule besucht und könne nur sehr wenig lesen und schreiben.

Zum Fluchtgrund führte er aus, dass die Taliban mit seinem Sohn (dem BF2) gesprochen und diesem ein Geldangebot gemacht hätten, damit er für sie arbeite. Er hätte Sachen, nämlich Bomben- und Selbstmordattentäterwesten, für sie transportieren sollen. Sein Sohn hätte zu ihnen gesagt, dass er das erst mit seinem Vater besprechen müsse. Dann hätte er es ihm erzählt und er hätte ihm gesagt, dass er mit dieser Person reden wolle. Die Taliban hätten ihn nicht treffen wollen, sondern seine Telefonnummer haben wollen, hätten diese bekommen und ihn gegen Abend angerufen. Sie hätten gesagt, dass sie wollten, dass sein Sohn für sie und den Islam arbeite. Wenn er in dem Dorf weiterleben wolle, sei er verpflichtet, mit ihnen zu kooperieren. Das Gespräch sei kurz gewesen und sie hätten es abgebrochen. Am folgenden Tag hätten sie ihn zur gleichen Zeit noch einmal angerufen und gefragt, wie er sich entschieden hätte. Er hätte verstanden, dass das sehr ernst gemeint sei und hätte Angst bekommen. Er hätte den BF2 nicht mehr in die Schule geschickt, das Dorf verlassen und die ganze Familie nach Nordafghanistan mitgenommen. Er hätte auch die Telefonnummer gewechselt. Nach ca. einem Monat sei er wieder ins Dorf zurückgekehrt, wo ihm gesagt worden sei, dass sie ihn gesucht hätten. Er hätte verstanden, dass die Sache ernst sei und hätte das Land verlassen. Seine Frau hätte ihn überzeugt, dass als Erster er mit dem BF2 weggehen solle, da sie beide am meisten in Gefahr seien und sie selbst als Frau nicht so bedroht sei. Dann hätte er seine schwangere Frau zurücklassen müssen und sei in den Iran gegangen. Im August 2013 hätte er Kabul verlassen. Zu seinem Aufenthalt in Bulgarien gab er an, dass sie schlecht behandelt worden seien - nicht einmal Kriegsverbrecher würden so schlecht behandelt. Im Fall einer Rückkehr nach Kabul seien die Taliban noch stärker geworden und würden ihn töten und sein Sohn müsse für diese kämpfen.

Der am Tag der Einvernahme fünfzehnjährige, somit minderjährige, BF2 führte am 27.08.2015 ohne Anwesenheit seines gesetzlichen Vertreters, gewillkürten Vertreters oder eines Rechtsberaters aus, fünf Jahre die Grundschule in Baghrami besucht zu haben - manchmal mit dem Fahrrad, manchmal sei er die 40 Minuten zu Fuß gegangen. Er sei Paschtune, Muslime und Sunnit. Zuletzt hätte er in Parwan für drei Monate bei seinen Großeltern gelebt. Diese würden immer noch dort leben. Befragt, warum er in Österreich einen Asylantrag gestellt hätte, antwortete er: "Mein Vater weiß es!". Auf die Wiederholung der Frage führte er aus "ich war klein". Auf nochmalige Wiederholung der Frage gab er an, dass er eines Tages nach Hause hätte gehen wollen, dann seien zwei Taliban zu ihm gekommen. Er hätte für sie arbeiten sollen. Das hätte er seinem Vater erzählt und die Taliban hätten die Nummer von seinem Vater verlangt. Diese hätten den Vater kontaktiert: Jener sei damit nicht einverstanden gewesen, dass er für die Taliban arbeite. Sie seien nach Nordafghanistan geflüchtet und drei Monate dort gewesen. Dies sei der Grund für das Verlassen Afghanistans.

Mit Bescheiden vom 16.09.2015 wurden die Anträge auf internationalen Schutz des BF1 und BF2 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und beiden ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen beide eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Beweiswürdigend wurde auf die in sich widersprüchlichen Aussagen und auch die gegenseitig widersprüchlichen Aussagen hingewiesen.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und begründeten diese im Wesentlichen mit der Rechtswdrigkeit der Bescheide.

Mit Beschluss des BVwG vom 18.05.2016, Zlen. W200 2117787-1/3E und W200 2117788-1/3E, hob das BVwG die bekämpften Bescheide auf und verwies die Angelegenheit zur Erlassung neuer Bescheide an das BFA zurück. Begründet wurde die Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der minderjährige BF2 in Abwesenheit seines gesetzlichen Vertreters (BF1) und auch seines gewillkürten Vertreters einvernommen wurde, weshalb das Ermittlungsverfahren grob mangelhaft und die Erlassung eines neuen Bescheides unvermeidlich war.

In weiterer Folge wurde der BF1 am 20.07.2017 neuerlich vom BFA befragt. Darin bestätigte er im Wesentlichen seine bisherigen Angaben und erklärte, dass sich seit den letzten Einvernahmen keine neuen Tatsachen in Bezug auf seine Fluchtgründe ergeben hätten.

Der - zu diesem Zeitpunkt noch immer minderjährige - BF2 wurde in Anwesenheit seines Rechtsvertreters und des BF1 ebenfalls am 20.07.2017 neuerlich vom BFA befragt. Dabei bestätigte er im Wesentlichen, dass seine bisherigen Angaben der Wahrheit entsprechen würden. Befragt zum Fluchtgrund gab er an, dass er eines Tages auf dem Nachhauseweg von der Schule von zwei Taliban angesprochen worden sei. Sie hätten ihn nach seinem Namen gefragt und angefangen, über den Islam zu reden. Am Tag danach sei dasselbe passiert. Zusätzlich hätten sie von ihm verlangt, dass er mit ihnen kooperieren solle. Die Taliban hätten gewollt, dass er mitgehe. Sie hätten ihm zuerst beibringen wollen, wie er ein Selbstmordattentat verübe. Sie hätten gesagt, dass seine Familie Geld dafür bekommen könne. Er hätte mitmachen wollen. Er hätte aber zuerst mit seinem Vater gesprochen, der ihn gefragt hätte, wer diese Leute seien. Sein Vater hätte zuerst mit ihnen reden wollen. Sie hätten seinen Vater aber nicht treffen wollen, sondern nur seine Nummer haben wollen. Sodann hätten sie seinen Vater kontaktiert. Dieser hätte nicht verstanden, worum es geht. Seinem Vater sei gesagt worden, dass wenn er weiter in diesem Dorf bleiben wolle, sein Sohn sich den Taliban anschließen müsse. Nach zwei Tagen hätten sie wieder angerufen und erneut mit seinem Vater gesprochen. Sie hätten wissen wollen, wie er sich entschieden habe. Beim dritten Mal hätten sie nur kurz gesprochen. Nach dem zweiten Telefonat hätte sein Vater abgelehnt, woraufhin sie in den Norden gegangen seien.

Mit nunmehr verfahrensgegenständlichen Bescheiden vom 28.07.2017 (ad BF1) und 27.07.2017 (ad BF2) wurden die Anträge auf internationalen Schutz des BF1 und BF2 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) abgewiesen und beiden ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen beide eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Beweiswürdigend wurde im Wesentlichen auf die in sich widersprüchlichen Aussagen und auch die gegenseitig widersprüchlichen Aussagen hingewiesen. Zudem legte der BF1 einen fachpsychiatrischen Befund vom 31.08.2017 vor.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 17.12.2018 zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Dari eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher die Beschwerdeführer in Anwesenheit ihres Rechtsvertreters neuerlich zu ihren Fluchtgründen befragt wurden. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wurde ordnungsgemäß zu dieser öffentlichen mündlichen Verhandlung geladen, ein Vertreter des Bundesamtes nahm entschuldigt nicht an der Verhandlung teil. Hierbei bestätigten die Beschwerdeführer im Wesentlichen die Richtigkeit ihres bisherigen Vorbringens und legten Teilnahme- und Kursbestätigungen sowie Schulbesuchsbestätigungen und einen Arbeitsvorvertrag für den BF1 vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person:

Der Erstbeschwerdeführer (BF1) ist der Vater des Zweitbeschwerdeführers (BF2). Die beschwerdeführenden Parteien tragen die im Spruch angeführten Namen, sind Staatsangehörige Afghanistans, gehören der Volksgruppe der Paschtunen an, sind sunnitische Moslems, sprechen Dari und Pashtu als Muttersprache und reisten illegal in das Bundesgebiet ein. Die Beschwerdeführer waren zuletzt in der Provinz Kabul, Distrikt Bagrami, wohnhaft, wo sie gemeinsam im Familienverband mit ihrer Kernfamilie zusammenlebten. Die Ehefrau des BF1 und seine Tochter sowie drei weitere Söhne leben nunmehr in Pakistan. Die Beschwerdeführer haben regelmäßig Kontakt zu ihnen.

Es kann nicht festgestellt werden, ob die Beschwerdeführer noch weitere Verwandte in Afghanistan haben bzw. ob sie noch Kontakt zu diesen haben.

Der BF1 war fünf Jahre lang in der Grundschule in Afghanistan. Er hat in Afghanistan auf der Baustelle gearbeitet sowie als Landwirt seine eigenen Grundstücke bewirtschaftet und verfügt über dementsprechende Berufserfahrung. Er ist Diabetiker - sein gesundheitlicher Zustand ist jedoch unter Medikamenteneinnahme durchwegs stabil. Eine entsprechende Behandlung ist auch in Mazar-e Sharif oder Herat möglich. Festgestellt wird überdies, dass auch seine psychische Verfassung durchwegs stabil ist.

Der volljährige BF2 hat ebenfalls fünf Jahre lang die Grundschule in Afghanistan besucht. Er verfügt über keine Berufserfahrung und hat keine gesundheitlichen Einschränkungen.

Die Beschwerdeführer waren in Afghanistan keiner konkreten individuellen Verfolgung ausgesetzt und wurden von ihnen asylrelevante Gründe für das Verlassen ihres Heimatstaates nicht glaubhaft dargetan. Es ist nicht glaubhaft, dass den Beschwerdeführern in Afghanistan aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung Verfolgung droht.

Es wird festgestellt, dass die Beschwerdeführer keinen Kontakt mit den Taliban gehabt haben und der BF2 nicht im Auftrag der Taliban Anschläge verüben hätte sollen.

Im Falle einer Verbringung der Beschwerdeführer in ihren Herkunftsstaat droht diesen kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (in der Folge EMRK), oder der Prot. Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention.

Den Beschwerdeführern steht eine zumutbare innerstaatliche Flucht- bzw. Schutzalternative in den Städten Mazar-e Sharif und Herat zur Verfügung. Sowohl der BF1, der vor seiner Ausreise für den Lebensunterhalt seiner Familie gesorgt hat, als auch der BF2 sind jung, gesund, arbeitsfähig und haben eine Schulbildung genossen. Der BF1 hat überdies Berufserfahrung durch seine Tätigkeiten als Baustellenarbeiter und Landwirt.

Die Beschwerdeführer halten sich nachweislich seit November 2013 in Österreich auf. Im Bundesgebiet verfügen sie über keine Familienangehörige und haben keine sonstigen intensiven sozialen Kontakte.

Der BF1 verfügt über sehr beschränkte Deutschkenntnisse, die auch für eine Kommmunikation auf einfachem Niveau nicht ausreichen. Er hat zwei Alphabetisierungskurse im November 2017, einen Integrationskurs des bfi im Ausmaß von 15 Wochenstunden von Dezember 2017 bis März 2018 und einen StartWie-Charta Workshop im November 2017 absolviert. Er hat jedoch keine Deutschprüfung positiv abgeschlossen. Er hat einen Arbeitsvorvertrag für die Tätigkeit als Pizzakoch-Helfer/Verkäufer vom 12.12.2018 vorgelegt.

Der BF2 verfügt über gute Deutschkenntnisse, die für eine Konversation ausreichen. Der BF2 nimmt an einem Integrationskurs des bfi im Dezember teil, der bis Februar 2019 dauert. Er hat im Schuljahr 2014/15 die Neue Mittelschule besucht, diese jedoch ohne Abschluss abgebrochen. Er hat keine anderen Ausbildungen begonnen. Er hat eine serbische Freundin, die in Österreich lebt. Festgehalten wird, dass die Beziehung im Wissen des unsicheren Aufenthalts eingegangen wurde. Der Beschwerdeführer wohnt weder mit seiner Freundin zusammen, noch ist er mit ihr verlobt und gibt es auch keinen Hochzeitstermin. Es bestehen keine wechselseitigen Sorgeverpflichtungen. Die Ausweisung bildet keinen unzulässigen Eingriff in das Recht des Beschwerdeführers auf Schutz des Familienlebens. Der BF2 hat keine weiteren Integrationsunterlagen vorgelegt.

Die Beschwerdeführer leben von der Grundversorgung und sind nicht selbsterhaltungsfähig. Sie sind strafgerichtlich unbescholten.

Zu Afghanistan:

Neuste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 29.10.2018, Parlamentswahlen und UNAMA-Update zu zivilen Opfern (relevant für Abschnitt Sicherheitslage und Politische Lage)

Am 20. und am 21.10.2018 fand in Afghanistan die Wahl für das Unterhaus (Wolesi Jirga, Anm.) in 32 der 34 Provinzen statt (AAN 21.10.2018b; vgl. LS 21.10.2018). In der Provinz Ghazni wurde die Parlamentswahl verschoben, voraussichtlich auf den 20.4.2019, wenn u. a. auch die Präsidentschafts- und Distriktwahlen stattfinden sollen (siehe hierzu KI der Staatendokumentation vom 19.10.2018). In der Provinz Kandahar fand die Wahl am 27.10.2018 mit Ausnahme der Distrikte Nesh und Maruf statt (AAN 26.10.2018; vgl. CNN 27.10.2018). Grund für die Verzögerung war die Ermordung u.a. des lokalen Polizeichefs General Abdul Raziq am 18.10.2018 (AJ 19.10.2018; vgl. LS 21.10.2018). Während der Wahl in der Provinz Kandahar wurden keine sicherheitsrelevanten Vorfälle gemeldet (CNN 27.10.2018). Die Wahl, die für den 20.10.2018 geplant war, wurde um einen Tag verlängert, weil die Wähler aus sicherheits- und technischen Gründen in zahlreichen Provinzen nicht wählen konnten:

Lange Wartezeiten vor den Wahllokalen sowie verspätete Öffnungszeiten, Mangel an Wahlunterlagen, Probleme bei der biometrischen Verifizierung der Wähler, sicherheitsrelevante Vorfälle usw. waren die Hauptprobleme während der beiden Wahltage (AAN 20.10.2018; vgl. AAN 21.10.2018a). Von den ca. neun Milionen Afghanen und Afghaninnen, die sich für die Wahl registriert hatten, wählten laut Schätzungen der Independent Election Commission (IEC) zwischen drei und vier Milionen (CNN 27.10.2018; vgl. RN 21.10.2018, AAN 21.10.2018b). In den Städten und Gebieten, die als sicherer gelten, war der Wahlandrang höher als in den ländlichen Gegenden, in denen die Taliban Einfluss ausüben (AAN 20.10.2018; vgl. RN 21.10.2018, AAN 21.10.2018a).

Während der beiden Wahltage fanden Quellen zufolge landesweit ca. 200 sicherheitsrelevante Vorfälle statt und ca. 170 Zivilsten kamen während des ersten Wahltages ums Leben bzw. wurden verwundet: In Kabul wurden 15 Tote, in Baghlan 12, in Nangarhar 11 und in Kunduz 3 Tote verzeichnet. Auch Mitglieder der afghanischen Sicherheitskräfte befanden sich unter den Opfern (vgl. AAN 21.10.2018a, RN 21.10.2018, AFP 20.10.2018).

Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte zwischen 1.1.2018 und 30.9.2018 im Zusammenhang mit den Parlamentswahlen insgesamt 366 zivile Opfer (126 Tote und 240 Verletzte) (UNAMA 10.10.2018).

Anmerkung: Weiterführende Informationen über den Wahlprozess in Afghanistan können der KI der Staatendokumentation vom 19.10.2018 entnommen werden.

Zivile Opfer

Insgesamt wurden im selben Berichtszeitraum 8.050 zivile Opfer (2.798 Tote und 5.252 Verletzte) verzeichnet. Die meisten zivilen Opfer wurden durch Selbstmord- und Nicht-Selbstmord-IED [Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen, Anm.] regierungsfeindlicher Gruppierungen verursacht. Zusammenstöße am Boden, gezielte Tötungen, Luftangriffe und explosive Kampfmittelrückstände waren weitere Ursachen für zivile Opfer (UNAMA 10.10.2018).

Zivilisten in den Provinzen Nangarhar, Kabul, Helmand, Ghazni und Faryab waren am stärksten betroffen. In Nangarhar wurde bis 30.9.2018 die höchste Zahl an zivilen Opfern (1.494) registriert:

davon 554 Tote und 940 Verletzte (UNAMA 10.10.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen verursachten 65% der zivilen Opfer (5.243): davon 1.743 Tote und 3.500 Verletze. 35% der Opfer wurden den Taliban, 25% dem Islamic State Khorasan Province (ISKP) und 5% unidentifizierten regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben (darunter 1% selbsternannten Mitgliedern des ISKP) (UNAMA 10.10.2018). Regierungfreundliche Gruppierungen waren für

1.753 (761 Tote und 992 Verletzte) zivile Opfer verantwortlich: 16% wurden durch die afghanischen, 5% durch die internationalen Sicherheitskräfte und 1% durch regierungfreundliche bewaffnete Gruppierungen verursacht (UNAMA 10.10.2018).

Quellen:

-

AAN - Afghanistan Analysts Network (26.10.2018): Before Election

Day Three: Looking at Kandahar's upcoming vote, https://www.afghanistan-analysts.org/before-election-day-threelooking-at-kandahars-upcoming-vote/, Zugriff 29.10.2018

-

AAN - Afghanistan Analysts Network (21.10.2018a): Election Day One (Evening Update): Voter determination and technical shambles, https://www.afghanistan-analysts.org/election-day-oneevening-update-voter-determination-and-technical-shambles/ Zugriff 22.10.2018

-

AAN - Afghanistan Analysts Network (21.10.2018b): Election Day Two: A triumph of administrative chaos, https://www.afghanistan-analysts.org/election-day-two-a-triumph-of-administrative-chaos/, Zugriff 22.10.2018

-

AAN - Afghanistan Analysts Network (20.10.2018): Election Day One:

A rural-urban divide emerging,

https://www.afghanistan-analysts.org/election-day-one-a-rural-urban-divide-emerging/, Zugriff 22.10.2018

-

AFP - Agence France Presse (20.10.2018): Nearly 170 casualties as violence rocks chaotic Afghan elections, https://www.afp.com/en/news/15/nearly-170-casualties-violence-rocks-chaoticafghan-elections-doc-1a599v9, Zugriff 22.10.2018

-

AJ - Al Jazeera (19.10.2018): Afghanistan: Kandahar elections delayed by a week after killings, https://www.aljazeera.com/news/2018/10/afghan-election-polls-kandahar-delayed-week-181019082632025.html Zugriff 22.10.2018

-

CNN - Cable News Network (27.10.2018): Kandahar goes to the polls in Afghan parliamentary vote delayed by violence, https://edition.cnn.com/2018/10/27/asia/afghan-elections-kandahar-intl/index.html, Zugriff 29.10.2018

-

LS - La Stampa (21.10.2018): Ancora sangue sul secondo giorno di voto in Afghanistan,

http://www.lastampa.it/2018/10/21/esteri/ancora-sangue-sul-secondo-giorno-di-voto-inafghanistan-quhK2AP00HBuCKGBEHU8TN/pagina.html, Zugriff 22.10.2018

-

RN - Rainews (21.10.2018): Chiusi I seggi in Afghanistan, 4 milioni al voto nonostante gli attacchi dei Talebani, http://www.rainews.it/dl/rainews/articoli/Chiusi-i-seggi-in-Afghanistan-4-milioni-alvoto-nonostante-gli-attacchi-52f120d0-cda8-4c1c-b469-363549cb767c.html, Zugriff 22.10.2018

-

UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (10.10.2018),

https://unama.unmissions.org/sites/default/files/unama_protection_of_civilians_in_armed_conflict_3rd_quarter_report_2018_10_oct.pdf, Zugriff 25.10.2018

KI vom 19.10.2018, Aktualisierung: Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2018 (relevant für Abschnitt Sicherheitslage)

Allgemeine Sicherheitslage und sicherheitsrelevante Vorfälle

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt volatil (UNGASC 10.9.2018). Am 19.8.2018 kündigte der afghanische Präsident Ashraf Ghani einen dreimonatigen Waffenstillstand mit den Taliban vom 20.8.2018 bis 19.11.2018 an, der von diesen jedoch nicht angenommen wurde (UNGASC 10.9.2018; vgl. Tolonews 19.8.2018, TG 19.8.2018, AJ 19.8.2018). Die Vereinten Nationen (UN) registrierten im Berichtszeitraum (15.5.2018 - 15.8.2018) 5.800 sicherheitsrelevante Vorfälle, was einen Rückgang von 10% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres bedeutet. Bewaffnete Zusammenstöße gingen um 14% zurück, machten aber weiterhin den Großteil der sicherheitsrelevanten Vorfälle (61%) aus. Selbstmordanschläge nahmen um 38% zu, Luftangriffe durch die afghanische Luftwaffe (AAF) sowie internationale Kräfte stiegen um 46%. Die am stärksten betroffenen Regionen waren der Süden, der Osten und der Süd-Osten, wo insgesamt 67% der Vorfälle stattfanden. Es gibt weiterhin Bedenken bezüglich sich verschlechternder Sicherheitsbedingungen im Norden des Landes:

Eine große Zahl von Kampfhandlungen am Boden wurde in den Provinzen Balkh, Faryab und Jawzjan registriert, und Vorfälle entlang der Ring Road beeinträchtigten die Bewegungsfreiheit zwischen den Hauptstädten der drei Provinzen (UNGASC 10.9.2018).

Zum ersten Mal seit 2016 wurden wieder Provinzhauptädte von den Taliban angegriffen: Farah- Stadt im Mai, Ghazni-Stadt im August und Sar-e Pul im September (UNGASC 10.9.2018; vgl. Kapitel 1., KI 11.9.2018, SIGAR 30.7.2018, UNGASC 6.6.2018). Bei den Angriffen kam es zu heftigen Kämpfen, aber die afghanischen Sicherheitskräfte konnten u.a. durch Unterstützung der internationalen Kräfte die Oberhand gewinnen (UNGASC 10.9.2018; vgl. UNGASC 6.6.2018, GT 12.9.2018). Auch verübten die Taliban Angriffe in den Provinzen Baghlan, Logar und Zabul (UNGASC 10.9.2018). Im Laufe verschiedener Kampfoperationen wurden sowohl Taliban- als auch ISKP-Kämpfer (ISKP, Islamic State Khorasan Province, Anm.) getötet (SIGAR 30.7.2018).

Sowohl die Aufständischen als auch die afghanischen Sicherheitskräfte verzeichneten hohe Verluste, wobei die Zahl der Opfer auf Seite der ANDSF im August und September 2018 deutlich gestiegen ist (Tolonews 23.9.2018; vgl. NYT 21.9.2018, ANSA 13.8.2018, CBS 14.8.2018). Trotzdem gab es bei der Kontrolle des Territoriums durch Regierung oder Taliban keine signifikante Veränderung (UNGASC 10.9.2018; vgl. UNGASC 6.6.2018). Die Regierung kontrollierte - laut Angaben der Resolute Support (RS) Mission - mit Stand 15.5.2018 56,3% der Distrikte, was einen leichten Rückgang gegenüber dem Vergleichszeitraum 2017 (57%) bedeutet. 30% der Distrikte waren umkämpft und 14% befanden sich unter Einfluss oder Kontrolle von Aufständischen. Ca. 67% der Bevölkerung lebten in Gebieten, die sich unter Regierungskontrolle oder -einfluss befanden, 12% in Gegenden unter Einfluss bzw. Kontrolle der Aufständischen und 23% lebten in umkämpften Gebieten (SIGAR 30.7.2018).

Der Islamische Staat - Provinz Khorasan (ISKP) ist weiterhin in den Provinzen Nangarhar, Kunar und Jawzjan aktiv (USGASC 6.6.2018; vgl. UNGASC 10.9.2018). Auch war die terroristische Gruppierung im August und im September für öffentlichkeitswirksame Angriffe auf die schiitische Glaubensgemeinschaft in Kabul und Paktia verantwortlich (UNGASC 10.9.2018; vgl. KI vom 11.9.2018, KI vom 22.8.2018). Anfang August besiegten die Taliban den in den Distrikten Qush Tepa und Darzab (Provinz Jawzjan) aktiven "selbsternannten" ISKP (dessen Verbindung mit dem ISKP in Nangarhar nicht bewiesen sein soll) und wurden zur dominanten Macht in diesen beiden Distrikten (AAN 4.8.2018; vgl. UNGASC 10.9.2018).

Global Incident Map zufolge wurden im Berichtszeitraum (1.5.2018 - 30.9.2018) 1.969 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

Zivile Opfer

Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im Berichtszeitraum (1.1.2018 - 30.6.2018) 5.122 zivile Opfer (1.692 Tote und 3.430 Verletzte), ein Rückgang von 3% gegenüber dem Vorjahreswert. 45% der zivilen Opfer wurden durch IED [Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen, aber auch Selbstmordanschläge, Anm.] regierungsfeindlicher Gruppierungen verursacht. Zusammenstöße am Boden, gezielte Tötungen, Luftangriffe und explosive Kampfmittelrückstände waren weitere Ursachen für zivile Opfer. Zivilisten in den Provinzen Kabul, Nangarhar, Faryab, Helmand und Kandahar waren am stärksten betroffen. Wobei die Zahl der durch Zusammenstöße am Boden verursachten zivilen Opfer um 18% und die Zahl der gezielten Tötungen deutlich zurückging. Jedoch ist die Opferzahl bei komplexen und Selbstmordangriffen durch regierungsfeindliche Gruppierungen gestiegen (um 22% verglichen mit 2017), wobei 52% der Opfer dem ISKP, 40% den Taliban und der Rest anderen regierungsfeindlichen Gruppierungen zuzuschreiben ist (UNAMA 15.7.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen waren im UNAMA-Berichtszeitraum (1.1.2018 - 30.6.2018) für 3.413 (1.127 Tote und 2.286 Verletzte) zivile Opfer verantwortlich (67%): 42% der Opfer wurden den Taliban, 18% dem IS und 7% undefinierten regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben. Im Vergleich mit dem ersten Halbjahr 2017 stieg die Anzahl ziviler Opfer von gezielten Angriffen auf Zivilisten um 28%, was hauptsächlich auf Angriffe auf die öffentliche Verwaltung und Vorfälle mit Bezug auf die Wahlen zurückzuführen ist (UNAMA 15.7.2018).

Ungefähr 1.047 (20%) der verzeichneten zivilen Opfer wurden regierungsfreundlichen Gruppierungen zugeschrieben: 17% wurden von den afghanischen Sicherheitskräften, 2% durch die internationalen Streitkräfte und 1% von regierungsfreundlichen bewaffneten Gruppierungen verursacht. Gegenüber 2017 sank die den regierungstreuen Gruppen zugerechnete Zahl ziviler Opfer von Zusammenstößen am Boden um 21%. Gleichzeitig kam es jedoch zu einem Anstieg der Opfer von Luftangriffen um 52% (Kunduz, Kapisa und Maidan Wardak) (UNAMA 15.7.2018; vgl. UNAMA 25.9.2018a, UNAMA 25.9.2018b).

Auch wurden von UNAMA zivile Opfer durch Fahndungsaktionen, hauptsächlich durch die Spezialkräfte des National Directorate of Security (NDS) und regierungsfreundliche bewaffnete Gruppierungen wie die Khost Protection Force (KPF) verzeichnet (UNAMA 15.7.2018).

Dennoch unternahm die afghanische Regierung weiterhin Anstrengungen zur Reduzierung der Zahl ziviler Opfer, was hauptsächlich während Bodenoperationen einen diesbezüglichen Rückgang zur Folge hatte. Die Regierung verfolgt eine "nationale Politik für zivile Schadensminimierung und - prävention" und das Protokol V der "Konvention über bestimmte konventionelle Waffen in Bezug auf explosive Kriegsmunitionsrückstände", welche am 9.2.2018 in Kraft getreten ist. Bei Bodenoperationen regierungfeindlicher Gruppierungen (hauptsächlich Taliban) wurde ein Rückgang der zivilen Opfer um 23% im Vergleich zu 2017 verzeichnet. So sank etwa die Zahl der zivilen Opfer der hauptsächlich von den Taliban eingesetzten Druckplatten-IEDs um 43% (UNAMA 15.7.2018).

Wahlen

Zwischen 14.04.2018 und 27.7.2018 fand die Wählerregistrierung für die Parlaments- sowie Distriktwahlen statt. Offiziellen Angaben zufolge haben sich im genannten Zeitraum 9,5 Millionen Wähler registriert, davon 34% Frauen (UNGASC 10.9.2018). Die Registrierung der Kandidaten für die Parlaments- sowie Distriktwahlen endete am 12.6.2018 bzw. 14.6.2018 und die Kandidatenliste für die Parlamentswahlen wurde am 2.7.2018 veröffentlicht (UNGASC 10.9.2018). Am 25.9.2018 wurde vom Sprecher der Independent Electoral Commission (IEC) verkündet, dass die landesweiten Distriktwahlen sowie die Parlamentswahlen in der Provinz Ghazni am 20.10.2018 nicht stattfinden werden (im Rest des Landes hingegen schon). Begründet wurde dies mit der niedrigen Anzahl registrierter Kandidaten für die Distriktwahlen (nur in 40 von 387 Distrikten wurden Kandidaten gestellt) sowie mit der "ernst zu nehmenden Sicherheitslage und anderen Problematiken". Damit wurden beide Wahlen (Distriktwahlen landesweit und Parlamentswahlen in Ghazni) de facto für 2018 abgesagt. Obwohl noch nicht feststeht, wann diese nachgeholt werden sollen, ist der 20.4.2019, an dem u.a. die Präsidentschafts- sowie Provinzwahlen stattfinden sollen, als neuer Termin wahrscheinlich (AAN 26.9.2018). Die Registrierung der Kandidaten für die Präsidentschaftswahl ist für den Zeitraum 11.11.2018 - 25.11.2018 vorgesehen; die vorläufige Kandidatenliste soll am 10.12.2018 bereitstehen, während die endgültige Aufstellung am 16.1.2019 veröffentlicht werden soll (AAN 9.10.2018). Ohne die Provinz Ghazni sank die Zahl der registrierten Wähler mit Stand Oktober 2018 auf ungefähr 8.8 Milionen (AAN 9.10.2018; vgl. IEC o. D.). Die Verkündung der ersten Wahlergebnisse für die Parlamentswahlen (ohne Provinz Ghazni) ist für den 10.11.2018 vorgesehen, während das Endergebnis voraussichtlich am 20.12.2018 veröffentlicht werden soll (AAN 9.10.2018).

Im April und Oktober 2018 erklärten die Taliban in zwei Stellungnahmen, dass sie die Wahl boykottieren würden (AAN 9.10.2018). Angriffe auf mit der Ausstellung von Tazkiras sowie mit der Wahlregistrierung betraute Behörden wurden berichtet. Sowohl am Wahlprozess beteiligtes Personal als auch Kandidaten und deren Unterstützer wurden von regierungsfeindlichen Gruppierungen angegriffen. Zwischen 1.1.2018 und 30.6.2018 wurden 341 zivile Opfer (117 Tote und 224 Verletzte) mit Bezug auf die Wahlen verzeichet, wobei mehr als 250 dieser Opfer den Anschlägen Ende April und Anfang Mai in Kabul und Khost zuzuschreiben sind. Auch wurden während des Wahlregistrierungsprozesses vermehrt Schulen, in denen Zentren zur Wahlregistrierung eingerichtet worden waren, angegriffen (39 Angriffe zwischen April und Juni 2018), was negative Auswirkungen auf die Bildungsmöglichkeiten von Kindern hatte (UNAMA 15.7.2018). Seit dem Beginn der Wählerregistrierung Mitte April 2018 wurden neun Kandidaten ermordet (AAN 9.10.2018).

Von den insgesamt 7.366 Wahllokalen werden aus Sicherheitsgründen letztendlich am Tag der Wahl 5.100 geöffnet sein (AAN 9.10.2018; vgl. UNAMA 17.9.2018, Tolonews 29.9.2018). Diese sollen während der fünf Tage vor der Wahl von 54.776 Mitgliedern der Afghan National Security Forces (ANSF) bewacht werden; 9.540 weitere stehen als Reserven zur Verfügung (Tolonews 29.9.2018; vgl. AAN 9.10.2018).

Quellen:

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AAN - Afghanistan Analysts Network (26.9.2018): Afghanistan Election Conundrum (14): District council and Ghazni parliamentary elections quietly dropped,

https://www.afghanistan-analysts.org/afghanistan-election-conundrum-14district-counciland-ghazni-parliamentary-elections-quietly-dropped/, Zugriff 2.10.2018

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AAN - Afghanistan Analysts Network (4.8.2018): Qari Hekmat's Islan Overrun: Taleban defeat 'ISKP' in Jawzjan, https://www.afghanistan-analysts.org/qari-hekmats-islandoverrun-taleban-defeat-iskp-in-jawzjan/, Zugriff 31.8.2018

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https://www.aljazeera.com/news/2018/08/afghanistan-ghani-declares-eid-ceasefire-taliban- 180819143135061.html, Zugriff 31.8.2018

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ANSA - Agenzia Nationale Stampa Associata (13.8.2018):

Afghanistan: a Ghazni 120 morti, http://www.ansa.it/sito/notizie/mondo/asia/2018/08/13/afghanistan-a-ghazni-120- morti_695579f5-407b-4e4f-8814-afcd60397435.html, Zugriff 31.8.2018

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BFA Staatendokumentation (15.10.2018a): kartografische Darstellung der sicherheitsrelevanten Vorfälle Mai-September 2018, liegt im Archiv der

Staatendokumentation vor

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BFA Staatendokumentation (15.10.2018b): grafische Darstellung der sicherheitsrelevanten Vorfälle Q2 und Q3, liegt im Archiv der Staatendokumentation vor

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https://www.cbsnews.com/news/afghanistan-base-overrun-taliban-faryab-afghan-troopskilled-ghazni-fight/, Zugriff 31.8.2018

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UNAMA - UN Assistance Mission in Afghanistan (17.9.2018): Briefing to the United Nations Security Council by the Secretary-General's Special Representative for Afghanistan, Mr. Tadamichi Yamamoto, https://unama.unmissions.org/sites/default/files/17_september_2018_srsg_briefing_security_council_english.pdf, Zugriff 19.10.2018

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UNAMA - UN Assistance Mission in Afghanistan (15.7.2018): Midyear Update on the Protection of Civilians in Armed Conflict: 1 January to 30 June 2018,

https://unama.unmissions.org/sites/default/files/unama_poc_midyear_update_2018_15_july_english.pdf, Zugriff 31.8.2018

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UNGASC - General Assembly Security Council (10.9.2018): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, Report of the Secretary General https://unama.unmissions.org/sites/default/files/sg_report_on_afghanistan_12_sept.pdf

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UNGASC - General Assembly Security Council (6.6.2018): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, Report of the Secretary General https://unama.unmissions.org/sites/default/files/sg_report_on_afghanistan_6_june.pdf, Zugriff 31.8.2018

KI vom 11.9.2018, Angriffe des Islamischen Staates (IS/ISKP) in Kabul, Anschläge in Nangarhar und Aktivitäten der Taliban in den Provinzen Sar-i Pul und Jawzjan (relevant für Abschnitt Sicherheitslage)

Anschläge in Nangarhar 11.9.2018

Am 11.9.2018 kamen nach einem Selbstmordanschlag während einer Demostration im Distrikt Mohamad Dara der Provinz Nangarhar mindestens acht Menschen ums Leben und weitere 35 wurden verletzt (Tolonews 11.9.2018; vgl. TWP 11.9.2018, RFE/RL 11.9.2018). Kurz zuvor wurde am Vormittag des 11.9.2018 ein Anschlag mit zwei Bomben vor der Mädchenschule "Malika Omaira" in Jalalabad verübt, bei dem ein Schüler einer nahegelegenen Jungenschule ums Leben kam und weitere vier Schüler verletzt wurden, statt (RFE/RL 11.9.2018; AFP 11.9.2018). Davor gab es vor der Mädchenschule "Biba Hawa" im naheligenden Distrikt Behsud eine weitere Explosion, die keine Opfer forderte, weil die Schülerinnen noch nicht zum Unterricht erschienen waren (AFP 11.9.2018).

Weder die Taliban noch der IS/ISKP bekannten sich zu den Anschlägen, obwohl beide Gruppierungen in der Provinz Nangarhar aktiv sind (AFP 11.9.2018; vgl. RFE/RL 11.9.2018, TWP 11.9.2018).

Kämpfe in den Provinzen Sar-e Pul und Jawzjan 11.9.2018

Am Montag, dem 10.9.2018, eroberten die Taliban die Hauptstadt des Kham Aab Distrikts in der Provinz Jawzjan nachdem es zu schweren Zusammenstößen zwischen den Taliban und den afghanischen Sicherheitskräften gekommen war (Tolonews 10.9.2018a; Tolonews 10.9.2018b). Sowohl die afghanischen Streitkräfte als auch die Taliban erlitten Verluste (Khaama Press 10.9.2018a).

Am Sonntag, dem 9.9.2018, starteten die Taliban eine Offensive zur Eroberung der Hauptstadt der Provinz Sar-i Pul, wo nach wie vor u.a. mit Einsatz der Luftwaffe gekämpft wird (Tolonews 10.9.2018b; vgl. FAZ 10.9.2018). Quellen zufolge haben die Taliban das Gebiet Balghali im Zentrum der Provinzhauptstadt eingenommen und unter ihre Kontrolle gebracht (FAZ 10.9.2018). Sar-i-Pul-Stadt gehört zu den zehn Provinzhauptstädten, die Quellen zufolge das höchste Risiko tragen, von den Taliban eingenommen zu werden. Dazu zählen auch Farah-Stadt, Faizabad in Badakhshan, Ghazni-Stadt, Tarinkot in Uruzgan, Kunduz-Stadt, Maimana in Faryab und Pul-i-Khumri in Baghlan (LWJ 10.9.2018; vgl. LWJ 30.8.2018). Weiteren Quellen zufolge sind auch die Städte Lashkar Gar in Helmand und Gardez in Paktia von einer Kontrollübernahme durch die Taliban bedroht (LWJ 10.9.2018).

IS-Angriff währen

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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