TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/28 W114 2187816-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.01.2019
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Entscheidungsdatum

28.01.2019

Norm

AsylG 2005 §11
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs2
AsylG 2005 §3 Abs3 Z1
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W114 2187816-1/14E

schriftliche Ausfertigung des am 22.01.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses:

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Bernhard DITZ über die Beschwerde von XXXX, geb. am XXXX, Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch die XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark vom 23.01.2018, Zl. 1098957902-151983633/BMI-BFA_STM_RD, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13.06.2018 und am 22.01.2019, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs.1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. XXXX, geb. am XXXX, (im Weiteren: Beschwerdeführer oder BF), ein afghanischer Staatsbürger, Angehöriger der Volksgruppe der Hazara und nach eigenen Angaben bereits damals Christ, stellte am 13.12.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

I.2. Im Rahmen der ebenfalls am 13.12.2015 vor der Polizeiinspektion Strass im Zillertal erfolgten Erstbefragung gab der Beschwerdeführer an, am XXXX in der Provinz Ghazni in Afghanistan geboren zu sein. Er sei verheiratet und (damals) Vater von drei minderjährigen Kindern. Seine Ehefrau und seine Kinder würden sich bei ihm befinden. Afghanistan habe er verlassen, da er in Lebensgefahr gewesen sei und vom IS bedroht worden wäre.

I.3. Mit Schreiben vom 26.12.2015 erteilten der BF und dessen Ehefrau eine Vertretungsvollmacht für XXXX von Diakonie, einem Hilfsverein der Baptistengemeinde Österreichs. Diese Vollmacht umfasst auch eine Zustellung von Schriftstücken.

I.4. Der Beschwerdeführer legte in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 17.10.2017 einen Befund der Ambulanz des Landeskrankenhauses / Universitätskinikums Graz vom 29.03.2016 vor, in welchem bescheinigt wird, dass der BF an einer Optikusatrophie leide und auf dem linken Auge blind sei. Das Sehen an diesem Auge könne nicht wiederhergestellt werden.

Bei der Einvernahme führte der Beschwerdeführer aus, dass er in Ghazni geboren sei. Im Alter von sieben Jahren habe er mit seiner Familie Afghanistan verlassen und sei in den Iran ausgewandert. Im Iran habe er geheiratet und seine beiden ältesten Kinder wären dort zur Welt gekommen. Ca. im Jahr 2005 sei er aus dem Iran ausgewiesen worden und nach Afghanistan abgeschoben worden. Dort habe er bis ca. 2013 gelebt. Danach sei er wieder in den Iran ausgereist, von wo er mit seiner Familie letztlich im Jahr 2015 weiter nach Österreich gereist wäre. Er habe niemals eine Schule besucht. Sein Vater sei bereits verstorben. Wo sich seine Mutter, sein Bruder und seine Schwester, die zwischenzeitig verheiratet sei, befinden würden, sei ihm nicht bekannt. Im Iran habe er als Elektroinstallateur gearbeitet, während er in Afghanistan als Straßenverkäufer Zwiebel verkauft habe.

In Afghanistan sei er von Leuten, die vermutlich Taliban gewesen wären, entführt worden, weil seine Entführer der Meinung gewesen wären, dass er als Rückkehrer aus dem Iran über ein angespartes Vermögen verfüge. Dabei sei er auch am Auge verletzt worden, was dazu geführt habe, dass er seither auf diesem Auge erblindet sei. Seine Frau habe seinen Entführern bis auf 15.000.-- Afghani das gesamte Familienvermögen ausgehändigt. Zudem sei der Beschwerdeführer auch aufgefordert worden, dass seine Söhne die Koranschule besuchen sollten. Unmittelbar nach diesem Vorfall hätte er mit seiner Familie Afghanistan verlassen und sei wieder in den Iran zurückgekehrt. Da seine Kinder dort keine Schule hätten besuchen können, und sie der Auffassung gewesen wären, dass sie im Iran keine gute Zukunft hätten, wären sie schließlich im Jahr 2015 nach Österreich gekommen. Zudem habe er in Griechenland Bekanntschaft mit dem Christentum gemacht und sich entschlossen Christ zu werden. In Österreich angekommen, habe er über Vermittlung eines Freundes sehr rasch mit XXXX von der Kirche der Baptisten Kontakt aufgenommen, sodass er auf diesem Weg unter Anleitung durch XXXX Christ geworden wäre.

I.5. Mit Bescheid des BFA, Regionaldirektion Steiermark vom 23.01.2018, Zl. 1098957902-151983633/BMI-BFA_STM_RD, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Weiters wurde ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

Begründend wurde zu Spruchpunkt I. ausgeführt, dass nicht habe festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer sein Heimatland aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen habe. Das BFA vermochte auch nicht zu erkennen, dass der BF aus innerster Überzeugung einen Glaubenswechsel durchgeführt habe und zum Christentum konvertiert sei. Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan keiner asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt sei. Zu Spruchpunkt II. wurde dargelegt, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr in sein Herkunftsland keiner Gefährdung ausgesetzt sein würde. Falls ihm eine Rückkehr in seine Heimatprovinz Ghazni nicht möglich sei, stünden ihm mit Kabul, Mazar-i Sharif, Jalalabad und Herat Orte für eine Rückkehr nach Afghanistan zur Verfügung. Dort könnten sich Personen, selbst wenn sie auf einem Auge irreversibel erblindet wären (und für die Versorgung einer Ehefrau und von vier minderjährigen Kind ohne Unterstützung eines familiären oder sozialen Netzes verantwortlich wären) ansiedeln und - allenfalls mit Hilfe dort ansässiger staatlicher, nichtstaatlicher oder internationaler Hilfseinrichtungen, insbesondere solcher für Rückkehrer aus dem Ausland - niederlassen und ein menschengerechtes Leben führen, ohne in eine besorgniserregende bzw. existenzbedrohliche Situation zu geraten.

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 29.01.2018 zugestellt.

I.6. Mit Schriftsatz vom 24.02.2018 erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch XXXX Beschwerde.

Nach Wiederholung der bereits vorgetragenen Fluchtgeschichte verwies der Beschwerdeführer auf die Tatsache, dass er im Zuge der Auseinandersetzung in Afghanistan auf einem Auge erblindet sei und dass er und seine Frau vier minderjährige Kinder hätte. Er habe als gläubiger Moslem Afghanistan mit seiner Familie aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen, wobei ihnen von keinem Glaubensbruder geholfen worden wäre. Erstmals habe er in Griechenland unentgeltliche Hilfe durch dort befindliche Christen erhalten, was ihn sehr beeindruckt und nachdenklich gemacht habe. In Griechenland habe er auch Unterstützung durch einen afghanischen Landsmann, der bereits damals zum Christentum konvertiert war, und der Baptistengemeinde angehörte, erfahren. Dieser habe letztlich den Kontakt zur Baptistengemeinde hergestellt, sodass er in dieser Gemeinschaft eine neue Heimat gefunden habe. Tatsächlich sei er jedoch erst in Österreich Christ geworden, wobei er derzeit noch nicht getauft wäre. Er wolle jedoch bereits jetzt seine positiven Erfahrungen mit dem Christentum und die Frohbotschaft von Jesus Christen auch an andere weitergeben. Der Beschwerdeführer sei vom BFA nur ungenügend hinsichtlich seiner inneren Einstellung und Hingabe zum Christentum befragt worden, sodass er vor dem BFA keine Möglichkeit gehabt habe, darzulegen, dass er tatsächlich Christ geworden sei. Dieses Christentum sei Teil seiner Identität geworden. Er wolle überall dieses Christentum ausleben und ausüben. Er würde die Frohbotschaft Jesu Christi auch in Afghanistan weitergeben wollen und damit in eine ernsthafte Gefahr geraten. Bei einer allfälligen Rückkehr nach Afghanistan würde er aus religiösen Gründen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zumindest verfolgt, wenn nicht gar getötet werden, zumal er als ein vom moslemischen Glauben Abgefallener damit massiv gegen die in Afghanistan geltende staatliche Rechtsordnung der Scharia verstoßen habe. Darüber hinaus gehöre er auch der Volksgruppe der Hazara an und würde auch deswegen in Afghanistan einer Verfolgung ausgesetzt sein. Er und seine Familie würden auch in Afghanistan weder über ein familiäres oder soziales Netz verfügen, die ihn bei einer Rückkehr nach Afghanistan unterstützen könnten. Er habe in Afghanistan für sich und seine aus sechs Personen bestehende Familie keinerlei Zugang zu Wohnraum und andere überlebensnotwendige Ressourcen. Zudem verfüge er über keinerlei Schulbildung, sei auf einem Auge blind und daher gefährdet, auch bei der Arbeitssuche - die gewaltige Arbeitslosigkeit in Afghanistan berücksichtigend - benachteiligt zu werden, sodass er und seine Familie mit Sicherheit in eine existenzbedrohliche Lage geraten würde.

I.7. Die Beschwerde und die Unterlagen des Verwaltungsverfahrens wurden dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) am 02.03.2018 zur Entscheidung vorgelegt.

I.8. Mit Schreiben vom 26.02.2018 teilte das BFA dem BVwG mit, dass auf eine Teilnahme an einer mündlichen Beschwerdeverhandlung verzichtet werde.

I.9. Am 13.06.2018 wurde durch das BVwG eine erste öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durchgeführt, an der der Beschwerdeführer und sein bevollmächtigter Rechtsvertreter teilnahmen, der auch als Mitglied des Vorstandes der Baptistengemeinde in Graz zeugenschaftlich einvernommen wurde.

Im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung wurde der Beschwerdeführer im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Dari u. a. zu seiner Identität und Herkunft, zu den persönlichen Lebensumständen und zu seinen Fluchtgründen befragt.

In dieser Verhandlung führte XXXX aus, dass er davon ausgehe, dass der Beschwerdeführer bereits Christ sei.

In einer schriftlichen Stellungnahme der Baptistengemeinde Graz, die als "Integrationsunterlage" vorgelegt wurde, wurde Herr XXXX als Mitglied der Kirchenleitung der Baptistengemeine Graz als Zeuge dazu angeboten, dass der BF bereits Christ sei und deswegen nicht nach Afghanistan zurückkehren könne.

I.10. In einer schriftlichen Stellungnahme vom 20.08.2018 führte der Beschwerdeführer aus, dass aus der Rechtsprechung der Höchstgerichte zur Beurteilung einer bestehenden Glaubensüberzeugung hervorgehe, dass eine Gesamtbetrachtungsweise anzustellen sei, welche nur dazu führen könnte, dass man im Zuge einer Entscheidung zur Auffassung gelangen müsse, dass der Beschwerdeführer bereits Christ sei und unter Berücksichtigung des Weltverfolgungsindexes bei zum Christentum konvertierten Moslems bei einer Rückkehr nach Afghanistan davon auszugehen sei, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer asylrelevanten Verfolgung aufgrund seines Religionsbekenntnisses ausgesetzt sei.

I.11. Am 22.01.2019 fand im BVwG eine weitere mündliche Verhandlung statt, in welcher der Beschwerdeführer nicht nur mit ausgezeichnetem Bibelwissen zu beeindruckte, sondern auch eine derart überzeugende Einstellung zum Christentum und eine Bereitschaft, sich für seinen Glauben auch einzusetzen und evangelisierend tätig zu werden, darlegte. Der Beschwerdeführer vermochte darüber hinaus auch glaubhaft zu machen, dass er bei einer Rückkehr nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit von einer Verfolgung wegen seiner religiösen Ausrichtung bedroht wäre und nicht ausgeschlossen werden kann, dass er im Zuge solcher Verfolgungsgefahren sogar getötet werden könnte.

Infolge der Glaubhaftmachung der ihm drohenden Verfolgung aus religiösen Gründen bei der neuerlichen Einvernahme des BF in der mündlichen Verhandlung am 22.01.2019 wurde von einer zeugenschaftlichen Einvernahme weiterer anwesender Personen seiner baptistischen Kirchengemeinschaft bzw. aus seinem Familien- und Bekanntenumfeld verzichtet und ihm im Zuge eines mündlich verkündeten Erkenntnis der Status eines Asylberechtigten bezüglich seines Herkunftsstaates Afghanistan zuerkannt und die Rechtsmittelbelehrung erteilt. Der Beschwerdeführer gab bereits nach der mündlichen Verkündung einen Rechtsmittelverzicht ab.

Dem BFA, welches zur mündlichen Verhandlung vor dem BVwG keinen Vertreter entsandt hatte und sich damit nicht selbst einen persönlichen Eindruck verschafft hat, wurde das Verhandlungsprotokoll samt ausführlich begründetem mündlich verkündeten Erkenntnis unmittelbar nach Ende der mündlichen Verhandlung noch am 22.01.2019 zum Parteiengehör übermittelt.

I.12. In einem Schreiben vom 23.01.2019 hat das BFA gemäß § 29 Abs. 2a VwGVG am 24.01.2019 um eine Ausfertigung des Erkenntnisses ersucht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zum Beschwerdeführer:

Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsbürger. Er ist verheiratet und hat vier minderjährige Kinder. Seine Ehefrau und seine Kinder befinden sich mit ihm in Österreich. Am 13.12.2015 stellte der BF einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Bei seiner Ausreise aus Afghanistan war der Beschwerdeführer aufgrund seiner familiären Herkunft schiitischer Moslem. Auf seiner Reise nach Österreich halfen ihm Christen.

Sofort nach seiner Einreise nach Österreich wurde er von der Baptistengemeinde in Österreich betreut. In Österreich konvertierte der Beschwerdeführer zum Christentum, schloss sich einer baptistischen Gemeinde in der Steiermark an, beteiligte bzw. beteiligt sich aktiv in dieser Gemeinde und bereitete bzw. bereitet sich auf die Taufe vor. Der Beschwerdeführer ist bislang noch nicht getauft.

Der Beschwerdeführer verfügt über ein religiös-christliches Wissen, das weit über dem Wissen eines durchschnittlichen, den Sonntagsgottesdienst nicht besuchenden Taufscheinchristen anzusiedeln ist. Seine Einstellung und Ausdrucksweise in religiösen Angelegenheiten entspricht jenem eines gläubigen Christen, was der Beschwerdeführer eindrucksvoll insbesondere in der mündlichen Verhandlung am 22.01.2019 vor dem BVwG nachgewiesen und glaubhaft gemacht hat. Auch sein Betreuer XXXX, der gleichzeitig sein Vertreter im Beschwerdeverfahren ist und ebenfalls der Baptistengemeinde in der Steiermark angehört sowie XXXX als Mitglied der Kirchleitung der Baptistengemeinde in der Steiermark, und aufgrund seiner Sprachkenntnisse maßgeblich bei der Unterweisung des BF bereits seit mehreren Jahren tätig, haben in einem Gespräch mit dem vorsitzenden Richter am 22.01.2019 übereinstimmend ausgeführt, dass sie jedenfalls davon überzeugt wären, dass der BF das christliche Gedankengut derart verinnerlicht habe und dieses Bestandteil seiner Identität geworden sei, dass er jedenfalls al Christ zu bezeichnen wäre.

Der BF beteiligt sich nach eigenen Aussagen und den Angaben des einvernommenen Zeugen XXXX mit Engagement über einen langen Zeitraum aktiv am Leben der Baptistengemeinde in der Steiermark, was auch deutlich nach außen erkennbar in Erscheinung tritt bzw. auch in der Vergangenheit in Erscheinung trat. Der Beschwerdeführer wurde wegen seiner Glaubensüberzeugung von moslemischen Landsleuten beschimpft und angepöbelt.

Der BF wäre in Afghanistan als Apostat, sowohl von staatlicher als auch von privater Seite einer asylrelevanten Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention ausgesetzt. Der Abfall vom Islam wird in Afghanistan als Akt der Abtrünnigkeit und Verbrechen gegen den Islam gesehen und gilt als schwerer Verstoß gegen das Werteverständnis der afghanischen Gesellschaft.

Wegen seines Abfalls vom muslimischen Glauben und des Scharia-widrigen Verhaltens drohen dem BF daher grundlegende Beeinträchtigungen seiner Menschenrechte, wenn nicht sogar die Ermordung durch radikalislamische Personen, wobei der afghanische Staat nicht willens, zumindest aber nicht fähig ist, den BF insoweit vor den drohenden Repressionen, verursacht durch die Ausübung seines christlichen Glaubens zu schützen. Allenfalls würde der BF bei einer Rückkehr nach Afghanistan auch vom afghanischen Staat selbst wegen seiner Apostasie asylrelevant verfolgt werden.

Es liegen keine Gründe vor, nach denen der BF von der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten auszuschließen ist oder nach denen ein Ausschluss des BF hinsichtlich der Asylgewährung zu erfolgen hat. Solche Gründe sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Der BF ist strafrechtlich unbescholten.

Eine Möglichkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative steht dem BF nicht zur Verfügung.

1.2. Religionsfreiheit in Afghanistan:

Etwa 99.7% der Bevölkerung sind Muslime, davon sind 84.7-89.7% Sunniten (CIA 21.11.2016; vgl. USCIRF 4.2016). Schätzungen zufolge, sind etwa 10-19% der Bevölkerung Schiiten (AA 9.2016; vgl. auch: CIA 21.10.2016). Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften wie z.B. Sikhs, Hindus, Bahai und Christen machen zusammen nicht mehr als 1% der Bevölkerung aus. Offiziell lebt noch ein Jude in Afghanistan (AA 9.2016).

Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Religionsfreiheit ist in der afghanischen Verfassung verankert, dies gilt allerdings ausdrücklich nur für Anhänger/innen anderer Religionen als dem Islam. Die von Afghanistan ratifizierten internationalen Verträge und Konventionen wie auch die nationalen Gesetze sind allesamt im Lichte des generellen Islamvorbehalts (Art. 3 der Verfassung) zu verstehen (AA 9.2016; vgl. auch: Max Planck Institut 27.01.2004). Die Glaubensfreiheit, die auch die freie Religionsauswahl beinhaltet, gilt in Afghanistan daher für Muslime nicht. Darüber hinaus ist die Abkehr vom Islam (Apostasie) nach Scharia-Recht auch strafbewehrt (AA 09.11.2016).

Die Religionsfreiheit hat sich seit 2001 verbessert, wird aber noch immer durch Gewalt und Drangsale gegen religiöse Minderheiten und reformierte Muslime behindert. Blasphemie und Abtrünnigkeit werden als Kapitalverbrechen angesehen. Nichtmuslimische Religionen sind erlaubt, doch wird stark versucht, deren Missionierungsbestrebungen zu behindern (FH 27.01.2016).

Nichtmuslimische Minderheiten, wie Sikh, Hindu und Christen, sind sozialer Diskriminierung und Belästigung ausgesetzt, und in manchen Fällen, sogar Gewalt. Dieses Vorgehen ist jedoch nicht systematisch (USDOS 10.08.2016). Dennoch bekleiden Mitglieder dieser Gemeinschaften vereinzelt Ämter auf höchster Ebene (CSR 08.11.2016). Im Mai 2014 bekleidete ein Hindu den Posten des afghanischen Botschafters in Kanada (RFERL 15.05.2014). Davor war Sham Lal Bathija als hochrangiger Wirtschaftsberater von Karzai tätig (The New Indian Express 16.05.2012).

Laut Verfassung soll der Staat einen einheitlichen Bildungsplan einrichten und umsetzen, der auf den Bestimmungen des Islams basiert; auch sollen religiöse Kurse auf Grundlage der islamischen Strömungen innerhalb des Landes entwickelt werden. Der nationale Bildungsplan enthält Inhalte, die für Schulen entwickelt wurden, in denen die Mehrheiten entweder schiitisch oder sunnitisch sind; ebenso konzentrieren sich die Schulbücher auf gewaltfreie islamische Bestimmungen und Prinzipien. Der Bildungsplan beinhaltet Islamkurse, nicht aber Kurse für andere Religionen. Für Nicht-Muslime ist es nicht erforderlich den Islam an öffentlichen Schulen zu lernen (USDOS 10.08.2016).

Nicht-muslimische religiöse Minderheiten werden durch das geltende Recht diskriminiert. So gilt die sunnitische-hanafitische Rechtsprechung für alle afghanischen Bürgerinnen und Bürger, unabhängig von ihrer Religion (AA 9.2016). Für die religiöse Minderheit der Schiiten gilt in Personenstandsfragen das schiitische Recht (USDOS 10.08.2016).

Militante Gruppen haben sich unter anderem als Teil eines größeren zivilen Konfliktes gegen Moschen und Gelehrte gerichtet. Konservative soziale Einstellungen, Intoleranz und das Unvermögen oder die Widerwilligkeit von Polizeibeamten individuelle Freiheiten zu verteidigen bedeuten, dass jene, die religiöse und soziale Normen brechen, anfällig für Misshandlung sind (FH 27.01.2016).

Blasphemie - welche anti-islamische Schriften oder Ansprachen beinhaltet, ist ein Kapitalverbrechen im Rahmen der gerichtlichen Interpretation des islamischen Rechtes. Ähnlich wie bei Apostasie, gibt das Gericht Blasphemisten drei Tage um ihr Vorhaben zu widerrufen oder sie sind dem Tod ausgesetzt (CRS 08.11.2016).

Ein Muslim darf eine nicht-muslimische Frau heiraten, aber die Frau muss konvertieren, sofern sie nicht Anhängerin der zwei anderen abrahamitischen Religionen, Christentum und Judentum, ist. Einer Muslima ist nicht erlaubt einen nicht-muslimischen Mann zu heiraten. Ehen zwischen zwei Nicht-Muslimen sind legal, solange das Paar nicht öffentlich ihren nicht-muslimischen Glauben deklariert (USDOS 10.08.2016).

1.3. Konversionen zum Christentum in Afghanistan:

Afghanische Christen sind in den meisten Fällen vom Islam zum Christentum konvertiert (AA 9.2016). Ihre Zahl kann nicht verlässlich angegeben werden, da Konvertiten sich in der Regel nicht öffentlich bekennen (AA 02.03.2015; vgl. auch: USDOS.10.08.2016).

Nichtmuslim/innen, z.B. Sikhs, Hindus und Christen, sind Belästigungen ausgesetzt und in manchen Fällen sogar Gewalt. Nachdem Religion und Ethnie stark miteinander verbunden sind, ist es schwierig die vielen Vorfälle nur als Vorfälle wegen religiöser Identität zu kategorisieren (USDOS 10.08.2016).

Die gesellschaftliche Einstellung gegenüber konvertierten Christen ist ablehnend. Zu einer Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis, die speziell Christen diskriminiert, kommt es in Afghanistan in der Regel schon deshalb nicht, weil sich Christen nicht offen zu ihrem Glauben bekennen (AA 9.2016). Konversion wird als Akt der Abtrünnigkeit und Verbrechen gegen den Islam gesehen, der mit dem Tod bestraft werden könnte (AA 9.2016; vgl. USDOS 10.08.2016) - sofern die Konversion nicht widerrufen wird (USDOS 10.08.2016). Keiner wurde bisher aufgrund von Konversion durch den afghanischen Staat hingerichtet (AA 9.2016).

Die Christen verlautbarten, dass die öffentliche Meinung gegenüber Missionierung feindlich ist. Es gibt keine öffentlichen Kirchen (CRS 08.11.2016). Für christliche Afghan/innen gibt es keine Möglichkeit der Religionsausübung außerhalb des häuslichen Rahmens. Zu Gottesdiensten, die in Privathäusern von internationalen NGOs abgehalten werden, erscheinen sie meist nicht oder werden aus Sicherheitsgründen nicht eingeladen. Christliche Gottesdienste für die internationale Gemeinschaft finden u.a. in verschiedenen Botschaften sowie auf dem Gelände der internationalen Truppen statt (AA 9.2016). Einem Bericht einer kanadischen christlichen Organisation zufolge, wächst die Zahl der Hauskirchen in Afghanistan. In diesem Bericht wird angedeutet, dass einige Mitglieder des Parlaments selbst das Christentum angenommen und an christlichen Gottesdiensten teilgenommen haben (The Voice of the Martyrs Canada 05.04.2012).

Einige Konversionsfälle von Christen haben zu harten Strafen geführt und dadurch internationale Aufmerksamkeit erlangt (CRS 08.11.2016). Die im Libanon geborenen Rula Ghani, Ehefrau von Staatspräsident Ashraf Ghanis, entstammt einer christlich-maronitischen Familie (NPR 19.02.2015; vgl. BBC 15.10.2014).

Auszug ACCORD-Anfragebeantwortung zu christlichen Konvertiten vom 01.06.2017:

Thomas Ruttig vom Afghanistan Analysts Network (AAN) bemerkte in einem Expertengespräch vom Mai 2016 (veröffentlicht im Juni 2016), dass Christen als religiöse Gruppe in der afghanischen Verfassung "(wohl bewusst) nicht genannt" würden, während Sikhs und Hindus in der Verfassung genannt würden und die gleichen Rechte hinsichtlich der Religionsausübung zuerkannt bekämen wie Muslime schiitischer Konfession. Da es jedoch niemanden gebe, der in der Lage sei, die Verfassung umzusetzen, könne "die Verfassung einen Christen wohl auch dann nicht schützen, wenn die Verfassung die Religionsausübung von Christen garantieren würde und sich ein Christ auf die Verfassung berufen könnte". (ACCORD, Juni 2016, S. 10).

Ruttig geht im Expertengespräch vom Mai 2016 (veröffentlicht im Juni 2016) wie folgt auf die Lage von christlichen Konvertiten ein:

"Die Gleichberechtigung gilt nicht für die zunehmende Zahl von Christen, bei denen es sich ausschließlich um Konvertiten (oft durch evangelikale Gruppen; aber auch bewusste Abwendungen vom Islam unter Gebildeten) und nicht um autochthone Gruppen handelt. Als ehemalige Muslime gelten sie als Abtrünnige, worauf nach der Scharia (siehe Rechtssysteme) die Todesstrafe stehen kann. Ihre Zahl ist nicht bekannt. Es gibt heute eine ganze Reihe von Afghanen, die zum Christentum übergetreten sind. Sie tun alle sehr wohl daran, ihren Glaubensübertritt nicht (weitestgehend nicht einmal gegenüber der eigenen Familie) bekanntzugeben. Es handelt sich zum Teil um Angehörige stark unterprivilegierter Gruppen (Straßenkinder, sehr arme Familien), die über humanitäre Ausreichungen konvertiert worden sind und ich habe auch Leute von denen getroffen, die oft nur geringe Kenntnisse über das Christentum haben. Aber es gibt auch sehr bewusste Entscheidungen unter gebildeten Afghanen, die sich bewusst vom Islam abwenden und Christen werden. Mir sind persönlich Fälle von drei oder vier Leuten bekannt (aber es gibt natürlich viel mehr!), deren Konversion bekannt geworden ist, die dann aus Afghanistan gerettet und ausgeflogen werden mussten. Konversion ist einfach nicht vorgesehen, deswegen stehen diese Christen unter starkem Verfolgungsdruck." (ACCORD, Juni 2016, S. 8-9):

"Afghanen, die einer Konversion beschuldigt werden, stehen völlig im Regen. Es gibt niemanden, der ihnen helfen kann. Falls die Sache vor ein staatliches Gericht kommt (was unwahrscheinlich ist), dann sehen sich die Richter ideologisch derart gezwungen, nach der Scharia zu urteilen, dass der Fall nur schlecht für den Betroffenen ausgehen kann." (ACCORD, Juni 2016, S. 10)."

UNHCR schreibt Folgendes über gesellschaftliche Haltungen gegenüber Christen sowie über das Vorgehen der Taliban gegen (vermeintlich) christliche ausländische Hilfsorganisationen:

"Die gesellschaftliche Einstellung gegenüber Christen ist Berichten zufolge weiterhin offen feindlich. Christen werden gezwungen, ihren Glauben zu verheimlichen. In Afghanistan existieren keine öffentlichen Kirchen mehr und Christen beten allein oder in kleinen Versammlungen in Privathäusern. Im Jahr 2013 riefen vier Parlamentsmitglieder Berichten zufolge zur Hinrichtung von Personen auf, die zum Christentum konvertiert sind. Die Taliban haben Berichten zufolge ausländische Hilfsorganisationen und ihre Gebäude auf der Grundlage angegriffen, dass diese Zentren des christlichen Glaubens seien." (UNHCR, 19.04.2016, S. 58-59)."

Die staatliche United States Commission on International Religious Freedom (USCIRF) schreibt im April 2017, dass nichtmuslimische religiöse Gemeinschaften weiterhin von gesellschaftlicher Diskriminierung, Schikanierung und mitunter auch Gewalt betroffen seien. Es würden unter anderem Berichte über Schikanen gegen vom Islam konvertierte Personen vorliegen. Mitglieder nichtmuslimischer Gemeinschaften hätten berichtet, dass allgemein vorherrschende Unsicherheit und Mangel an wirtschaftlichen Möglichkeiten sie dazu bewegt hätten, das Land zu verlassen (USCIRF, 26. April 2017).

Das USDOS bemerkt, dass Christen aus Angst vor staatlichen Repressalien weiterhin Situationen aus dem Weg gehen würden, die geeignet wären, bei der Regierung den Eindruck zu erwecken, sie würden versuchen, ihre Religion zu verbreiten. Weiters hätten Christen angegeben, dass die öffentliche Meinung gegenüber christlichen Konvertiten und der Idee der christlichen Missionierung feindselig sei. Mitglieder der kleinen christlichen Gemeinde, von denen viele im Ausland zum Christentum konvertiert seien, würden aus Angst vor Diskriminierung oder Verfolgung weiterhin alleine oder in kleinen Gruppen in Privathäusern Gottesdienst halten. Es gebe weiterhin keine öffentlichen christlichen Kirchen in Afghanistan. Für nichtafghanische Staatsangehörige unterschiedlicher Glaubensrichtungen gebe es Gebetsstätten innerhalb von Militäreinrichtungen der Koalitionstruppen sowie in Botschaften in Kabul (USDOS, 10.08.2016, Section 2).

Der Deutschlandfunk, ein öffentlich-rechtlicher Radiosender mit Sitz in Köln, zitiert im Februar 2017 den deutschen reformierten Theologen und Religionswissenschaftler Thomas Schirrmacher mit folgender Aussage, die sich auf Übertritte afghanischer Asylwerber zum Christentum bezieht:

"Für viele Muslime ist die Sache hoch gefährlich, weil im Islam eine Strafe auf Apostasie und Blasphemie steht. Und sie können dann so oder so nicht mehr in ihre Länder zurück. Im Regelfall wird aber auch die Familie sie verstoßen. In Afghanistan gibt es - ja man kann schon sagen - ein Kampf auf Leben und Tod zwischen dem offiziellen Islam und allen abweichenden Formen und der zweitgrößten Religion im Land, dem Christentum." (Deutschlandfunk, 13.02.2017).

Die Evangelische Allianz in Deutschland (EAD) beschreibt die Lage von Christen wie folgt:

"Gemeinden leben fast ausschließlich als Untergrundkirche, und es gab nur eine leichte Verbesserung seit dem Sturz der Taliban. Gläubige aus dem Ausland, die stark zugenommen haben, können nur sehr vorsichtig ihren Glauben bezeugen. Die Zahl der afghanischen Gläubigen wächst, ebenso die Mittel, die zur Verfügung stehen, um ihnen zu helfen. [ ] Werden spirituellen Aktivitäten unter den Gläubigen entdeckt, wird auf dem muslimischem Hintergrund in den Medien intensiv darüber berichtet und versichert, hart durchzugreifen bis hin zur Todesstrafe." (EAD, 09.06.2015).

1.4. Zum Glaubensabfall und zu den daraus sich ergebenden Konsequenzen bei einer Rückkehr nach Afghanistan:

Im Strafgesetzbuch gibt es keine Definition für Apostasie. Laut der sunnitisch-hanafitischen Rechtsprechung gilt Enthauptung als angemessene Strafe für Männer, für Frauen lebenslange Haft, sofern sie die Apostasie nicht bereuen. Ein Richter kann eine mindere Strafe verhängen, wenn Zweifel an der Apostasie bestehen. Zu Verfolgung von Apostasie und Blasphemie existieren keine Berichte - dennoch hatten Individuen, die vom Islam konvertierten, Angst vor Konsequenzen. Christen berichteten, dass sie aus Furcht vor Vergeltung, Situationen vermieden, in denen es gegenüber der Regierung so aussehe, als ob sie missionieren würden (USDOS 10.08.2016).

Der Ausdruck Apostasie bezeichnet in der Theologie die Abwendung von einer Religionszugehörigkeit (beispielsweise Kirchenaustritt oder Übertritt zu einem anderen Bekenntnis, Konversion).

Apostasie, im Islam Ridda oder Irtidad genannt, bezeichnet den "Abfall vom Islam". Der Abtrünnige selbst wird Murtadd genannt. Auf Grundlage von Hadithen und Idschma? ist die Apostasie islamrechtlich mit der Todesstrafe zu ahnden, obwohl der Koran selbst keine Strafe im Diesseits vorsieht (William Heffening: Murtadd. In: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Brill, Leiden. Bd. 7, S. 635). In Ländern, deren staatliche Rechtsordnung sich an der Scharia orientiert, die aber keine islamischen Gerichtshöfe mehr haben, kann der bekundete "Abfall vom islamischen Glauben" zivilrechtliche (Erbrecht, Eherecht) und strafrechtliche Konsequenzen haben.

In der Hadithliteratur ist der Befehl zur Tötung desjenigen, der seine Religion wechselt, in mehreren Überlieferungen verzeichnet (Frank Griffel: Apostasie und Toleranz Im Islam. Brill, 2000. S. 51-66). Nach der allgemein gültigen islamischen Rechtsauffassung wird der Abfall vom Islam mit dem Tode bestraft. Die älteste Rechtsquelle, die die Todesstrafe bei Apostasie legitimiert, ist, wie oben dargestellt, nicht im Koran, sondern in der zweitwichtigsten Quelle der Jurisprudenz, im Hadith und in dem damit verbundenen Konsens der Rechtsgelehrten nachweisbar. Der Prophetenspruch: "wer seine Religion wechselt, dem schlagt den Kopf ab" erscheint in der kodifizierten Rechtsliteratur erstmals im des medinensischen Gelehrten Malik ibn Anas mit einem zunächst unvollständigem Isnad als Rechtsdirektive Mohammeds (al-, Kitab al-Aq?iya, Kapitel 18. Band 2, S. 736 (Hrsg. Mu?ammad Fu?ad ?Abd al-Baqi. Kairo, o. J.; Ignaz Goldziher: Muhammedanische Studien, Band 2, S. 215-217).

Bei der Umsetzung der im islamischen Recht vorgeschriebenen Todesstrafe bei Religionswechsel eines Muslims hatte auch ein weiterer und in der Rechtslehre nicht unumstrittener Aspekt Bedeutung: die Frage der Reue und Umkehr des Apostaten, die schon im Koran, wie oben erwähnt, als Rettung vor Gottes Strafe im Jenseits betont wird. Beim Tatbestand der Apostasie gebietet die Rechtslehre zunächst die "Aufforderung zur Reue" (istitaba), die in der überlieferten Rechtspraxis allerdings unterschiedlich angewandt wurde. In der Entwicklung der innermuslimischen Jurisdiktion hat sich die Aufforderung des Apostaten zur Reue in allen Rechtsschulen in den Rechtskategorien zwischen pflichtmäßig und wünschenswert etabliert.

Jene Länder, deren Rechtsordnung dem islamischen Recht folgend die Todesstrafe für Apostasie vorsehen, sind der folgenden Ablichtung zu entnehmen. Darunter befindet sich auch Afghanistan:

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Selbst in Fällen, in denen der Abfall vom Islam keine strafrechtlichen Konsequenzen hat, drohen in einigen islamischen Ländern zivilrechtliche Folgen, die dort mit dem klassischen islamischen Recht begründet werden. Strafen können sein:

* die Ehe zwischen dem Apostaten und dem muslimischen Ehepartner wird aufgelöst

* die gemeinsamen Kinder bleiben Muslime und sind vom muslimischen Elternteil zu erziehen,

* erbrechtliche Ansprüche eines Apostaten/einer Apostatin sind islamrechtlich erloschen,

* das Vermögen des Apostaten wird vom Staat eingezogen.

Im Sudan, Jemen und Iran sowie in Saudi-Arabien, Katar, Pakistan, Afghanistan, Somalia und in Mauretanien kann Abfall vom Islam noch heute mit dem Tode bestraft werden, und es werden vereinzelt auch Hinrichtungen durchgeführt.

In Afghanistan drohte im Jahre 2006 Abdul Rahman wegen Konversion zum Christentum die Todesstrafe, nachdem sein Vater sein Bekenntnis zum Christentum der Polizei gemeldet hatte und eine Bibel bei ihm entdeckt worden war. Das Verfahren wurde nach internationaler Intervention - laut offiziellen Angaben wegen Verfahrensmängeln - vor der Prozesseröffnung eingestellt. Abdul Rahman wurde für geisteskrank erklärt und bekam in Italien Asyl.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Angaben vor dem BFA, in der Beschwerde und in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, seiner Herkunft und seiner Volksgruppenzugehörigkeit beruhen auf den diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers.

Die Angaben des Beschwerdeführers zu seiner Herkunftsprovinz in Afghanistan, zu seiner Ausreise aus Afghanistan, sowie zu seinen Familienangehörigen sind chronologisch stringent und vor dem Hintergrund der bestehenden sozio-ökonomischen Strukturen in Afghanistan plausibel. Die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang getätigten Angaben waren gleichbleibend und widerspruchsfrei und sind daher als glaubhaft zu beurteilen.

Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister.

2.2. Zu den Feststellungen zur Hinwendung zum Christentum:

Die Feststellungen hinsichtlich der Hinwendung des Beschwerdeführers zum Christentum stützen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Ausführungen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung, die durch die Einvernahme des Zeugen XXXX bestätigt wurde

Der Beschwerdeführer hat über einen Zeitraum von mehr als drei Jahren aktiv und intensiv am religiösen Leben in einer Baptistengemeinde in der Steiermark teilgenommen, an Sonntagen den Gottesdienst in der Baptistengemeinde in Graz sowie einen Taufvorbereitungskurs sowie auch eine katholische Kirche in seinem Heimatdorf, um dort zu beten, besucht.

Wenn er mit seiner Familie nicht regelmäßig jeden Sonntag den Gottesdienst in der baptistischen Gemeinde in Graz besucht, liegt daran, dass die Strecke zwischen seinem Heimatort und dem Versammlungsort in Graz ca. 50 km beträgt. Er verfügt über kein eigenes Fahrzeug und ist darauf angewiesen, dass er mitgenommen wird oder entgeltliche Beförderungsmittel in Anspruch nimmt. Die Fahrkosten für eine sechsköpfige Familie sind angesichts des Umstandes, dass nur begrenzte Finanzmittel zur Verfügung stehen, nur sehr eingeschränkt leistbar.

Der Beschwerdeführer vermochte in der mündlichen Verhandlung an ihn gestellte religiöse Fragen überzeugend und in eindrucksvoller Art und Weise, getragen von Grundsätzen der christlichen Glaubenslehre zu beantworten. Er verfügt über ein umfassendes Wissen bezüglich des christlichen Glaubens. Aus den Aussagen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung lässt sich ableiten, dass er sich während seines Aufenthalts in Österreich aus freier persönlicher Überzeugung, faktisch und für Dritte wahrnehmbar zum christlichen Glauben hingewendet hat und die Konversion nicht bloß zum Schein erfolgt soll, und dass der Beschwerdeführer ein fortgesetztes Interesse und einen Willen zur Ausübung des christlichen Glaubens hat.

Der Beschwerdeführer konnte in der mündlichen Verhandlung ein inhaltliches Grundwissen vom christlichen Glauben darlegen, das eine vorhergehende tiefe Auseinandersetzung mit diesem voraussetzt. Ein solches Wissen erachtet das erkennende Gericht als starkes Indiz für einen aus innerer Überzeugung vollzogenen Religionswechsel. Der Beschwerdeführer hat sich auch nicht auf die Wiedergabe von leicht verfügbarem Faktenwissen beschränkt, sondern sich glaubhaft darauf berufen, dass der christliche Glaube für sein Leben eine tragende Bedeutung hat. Daher ist aus den dargelegten plausiblen Gründen in gesamthafter Betrachtung davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer aus freier persönlicher Überzeugung und von Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit getragen zum christlichen Glauben hingewendet hat und dass der Beschwerdeführer auch bei einer Rückkehr nach Afghanistan beabsichtigen würde, die von ihm gewählte Religion auszuüben und auch evangelisierend tätig zu werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Allgemeines und Verfahrensrecht:

Gemäß § 6 BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG 2005) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 24/2017, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in den dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (siehe insbesondere § 1 BFA-VG, BGBl. I 87/2012 idF BGBl. I Nr. 25/2016).

Gemäß § 3 BFA-G, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 70/2015, obliegt dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Vollziehung des BFA-VG (Z 1), die Vollziehung des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100 (Z 2), die Vollziehung des 7., 8. und 11. Hauptstückes des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100 (Z 3) und die Vollziehung des Grundversorgungsgesetzes - Bund 2005, BGBl. I Nr. 100 (Z 4).

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A):

3.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist).

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention definierten Verfolgung im Herkunftsstaat die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde.

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. etwa VwGH 10.11.2015, Ra 2015/19/0185, mwN).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden Verfolgung nur dann Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten. Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines erörtert - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteiles aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (vgl. VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191, mwN).

Gemäß § 3 Abs. 3 Z 1 und § 11 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Asylantrag abzuweisen, wenn dem Asylwerber in einem Teil seines Herkunftsstaates vom Staat oder von sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihm der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann ("innerstaatliche Fluchtalternative"). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann (vgl. zur Rechtslage vor dem AsylG 2005 z.B. VwGH 15.03.2001, 99/20/0036; 15.03.2001, 99/20/0134, wonach Asylsuchende nicht des Schutzes durch Asyl bedürfen, wenn sie in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen). Damit ist - wie der Verwaltungsgerichtshof zur Genfer Flüchtlingskonvention judiziert - nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen - mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates - im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwGH 09.11.2004, 2003/01/0534). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "inländischen Flucht- oder Schutzalternative" (VwGH 09.11.2004, 2003/01/0534) innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal wirtschaftliche Benachteiligungen auch dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 08.11.2007, 2006/19/0341, mwN).

Die Verfolgung kann gemäß § 3 Abs. 2 AsylG 2005 auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe). Einem Fremden, der einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) stellt, wird in der Regel nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Fremde nach Verlassen seines Herkunftsstaates selbst geschaffen hat, es sei denn, es handelt sich um in Österreich erlaubte Aktivitäten, die nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind.

Ein in der Praxis häufiges Beispiel für sogenannte subjektive Nachfluchtgründe ist die im Zufluchtsstaat erfolgende Konversion zum Christentum insbesondere bei Asylwerbern aus islamischen Staaten. Auch wenn in einem solchen Fall der Nachweis einer (religiösen) Überzeugung, die bereits im Heimatstaat bestanden hat, nicht erbracht werden kann, drohen dem Antragsteller bei seiner Rückkehr in den Heimatstaat gegebenenfalls Sanktionen, die von ihrer Intensität und ihrem Grund her an sich asylrelevant sind. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt in diesen Fällen nicht darauf ab, ob die entsprechende Überzeugung bereits im Heimatland bestanden hat (VwGH 17.09.2008, 2008/23/0675). Vielmehr ist maßgeblich, ob der Asylwerber bei weiterer Ausführung seines behaupteten inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsse, aus diesem Grund mit einer die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktion belegt zu werden (vgl. dazu VwGH 30.06.2005, 2003/20/0544, mwN). Bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion kommt es auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung an, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln ist (VwGH 17.09.2008, 2008/23/0675; 14.11.2007, 2004/20/0485, sowie VfGH 12.12.2013, U 2272/2012).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist der Begriff der "Glaubhaftmachung" im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd ZPO zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der Beschwerdeführer die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Diesen trifft die Obliegenheit zu einer erhöhten Mitwirkung, dh er hat zu diesem Zweck initiativ alles vorzubringen, was für seine Behauptung spricht (Hengstschläger/Leeb, AVG, § 45, Rz 3, mit Judikaturhinweisen). Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der "hierzu geeigneten Beweismittel", insbesondere des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 19.03.1997, 95/01/0466). Die Frage, ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt der freien Beweiswürdigung der Behörde/des Gerichtes (VwGH 27.05.1998, 97/13/0051).

Es ist dem Beschwerdeführer gelungen, drohende Verfolgung glaubhaft zu machen:

Aus den Feststellungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer als Konvertit Verfolgung durch afghanische Behörden, aber auch durch Privatpersonen fürchten muss, wenn sein Abfall vom Islam und seine Hinwendung zum Christentum bekannt werden würden. Es ist auch nicht auszuschließen, dass dieser Umstand bereits in Afghanistan bekannt ist, zumal der Beschwerdeführer aktiv am religiösen Leben seiner Gemeinde teilnimmt und in seinem Verwandten- und Bekanntenkreis auch missionierend tätig ist. Gemäß den Länderfeststellungen haben Konvertiten in Afghanistan mit sozialer Ausgrenzung und Gewalt (insbesondere) durch Familien- und Gemeinschaftsangehörige und durch die Taliban sowie mit strafrechtlicher Verfolgung bis hin zur Todesstrafe zu rechnen. In der gegenständlichen Angelegenheit ist der Beschwerdeführer daher mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit von Verfolgungshandlungen betroffen. Diese Verfolgung, die der Beschwerdeführer zu befürchten hat, wurzelt in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe, nämlich in seiner Religion. Sie ist auch nicht etwa auf einen bestimmten Landesteil beschränkt, da ihm die Entdeckung als Christ überall droht. Eine inländische Fluchtalternative kommt daher für den Beschwerdeführer nicht in Frage.

Nach den Feststellungen zu Afghanistan kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass dem Beschwerdeführer ausreichender staatlicher Schutz zuteil werden würde, weil die Verfolgung auch von staatlichen Stellen ausgehen kann und die afghanischen Behörden in verfahrensgegenständlichen Angelegenheit daher jedenfalls nicht als schutzwillig anzusehen sind.

Zusammenfassend ergibt sich, dass sich der Beschwerdeführer aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Religion außerhalb Afghanistans aufhält und im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in seinen Herkunftsstaat zurückzukehren.

Da auch keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt, war dem Beschwerdeführer gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 war die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Aufgrund der Zuerkennung von Asyl (Spruchpunkt I.) sind die Spruchpunkte II., III., IV., V. und VI des angefochtenen Bescheides gegenstandslos geworden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal der vorliegende Fall vor allem im Bereich der Tatsachenfragen anzusiedeln ist. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar. Die in Bezug auf einen Antrag auf internationalen Schutz vom Bundesverwaltungsgericht im Einzelfall vorzunehmende Beweiswürdigung ist - soweit diese nicht unvertretbar ist - nicht revisibel (z.B. VwGH 19.04.2016, Ra 2015/01/0002, mwN).

Schlagworte

Asylgewährung, asylrechtlich relevante Verfolgung, Asylverfahren,
Christentum, erhebliche Intensität, Gegenstandslosigkeit,
Glaubhaftmachung, Glaub
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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