TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/30 W182 2179820-1

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Veröffentlicht am 30.01.2019
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Entscheidungsdatum

30.01.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W182 2179820-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. PFEILER über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Volksrepublik China, vertreten durch Goga GIORGADZE, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.11.2017, Zl. 1092820300/151482642/BMI-BFA WIEN, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird nach § 28 Abs. 2

Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBI. I. Nr 33/2013 idgF, gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, und §§ 52, 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz

(B-VG), BGBl. I Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) ist Staatsangehörige der Volksrepublik China, gehört der Volksgruppe der Han an, ist konfessionslos, reiste am 17.09.2015 ins Bundesgebiet ein und stellte am 18.09.2015 unter Vortäuschung der an zweiter Stelle im Spruch genannten Alias-Identität einen Antrag auf internationalen Schutz.

In einer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 30.10.2015 gab die BF zu ihren Fluchtgründen befragt im Wesentlichen an, dass sie bei einer Freundin ca. 1 Million RMB angelegt habe, da ihr Zinsen in der Höhe von 40% versprochen worden seien. Für die Million habe sie sich bei Privatleuten 800.000,- RMB ausgeborgt. Bis dato habe sie aber nur 60.000,- RMB an Zinsen erhalten, weshalb sie mit dem Geld keine Rückzahlungen tilgen habe können und Probleme mit ihren Gläubigern bekommen habe. Sie habe im September 2015 das Herkunftsland verlassen, um weiteren Problemen mit den Gläubigern zu entgehen. Bei einer Rückkehr ins Herkunftsland befürchte sie Probleme mit den Gläubigern zu bekommen. Probleme mit den chinesischen Behörden habe sie nicht.

In einem Schreiben der Rechtsvertretung der BF wurde unter Beilage von entsprechenden Befunden darauf hingewiesen, dass sie in der Gallenblase ein 2,6 cm großes Konkrement aufweise, wobei ein Operationstermin für Ende September/Anfang Oktober 2017 vorgesehen sei.

In einer Einvernahme beim Bundesamt am 04.09.2017 brachte die BF zu ihren Fluchtgründen im Wesentlichen vor, dass sie und ihr Vater sich von einer namentlich genannten Person 800.000,- RMB ausgeborgt haben. Als sie das Geld nicht zurückzahlen habe können, seien sie von Leuten dieses Mannes verfolgt worden. Ihr Vater sei bei einem Konflikt mit den "Gangstern", die bei ihnen zu Hause verlangt hätten, die Schulden zurückzuzahlen, verstorben. Er sei an einer Gehirnblutung verstorben. Auf die Frage, wozu sie das Geld benötigt habe, erklärte die BF: "Wir haben gemeinsam ein Bergwerk aufgebaut."

Danach befragt, wie viele Mitarbeiter sie gehabt hätten, gab die BF an: "Keine Ahnung.". Danach befragt, was sie abgebaut hätten, erklärte die BF: "Das weiß ich nicht. Ich war nicht dort." Danach befragt, wie die Bedrohung ausgesehen habe, gab die BF an: "Sie bedrängten unsere Familie, schlugen und beschimpften uns." Auf Nachfragen gab die BF an, dass sie mehrmals von diesen Leuten geschlagen worden sei. Nach Vorhalt, dass sie vage und unkonkrete Angaben mache, wurde sie aufgefordert, detailliert und konkret zu erzählen, wie sie bedroht worden sei. Die BF brachte daraufhin vor:

"Sie kommen mit 4 - 5 Personen. Die haben unsere Möbel zerschlagen und unser TV-Gerät mitgenommen. Wenn die mich sehen, schlagen sie mich." Nachgefragt, gab die BF an, dass sie den Vorfall bei der Polizei angezeigt habe und nachdem sie die Polizei verständigt habe, die Leute weggegangen seien. Auf die Frage, ob dies alles sei, was sie zu ihren höchstpersönlichen Flucht- und Ausreisegründe sagen könne, gab sie an: "Ja. Das ist alles. Mehr weiß ich nicht." Die Frage, ob sie in China an einem anderen Ort bzw. in einer anderen Stadt leben könne, verneinte sie. Nach den Gründen nachgefragt, gab sie an, dass sie es schon versucht habe, in ihrem Alter aber keine Stelle mehr finde. Bei einer Rückkehr fürchte sie sich vor den Gläubigern.

Laut eigenen Angaben habe sie neun Jahre lang die Schule in China besucht. Sie habe nach der Schule nur zweitweise ein paar Tage als Arbeiterin gearbeitet. Sie habe von 1993 bis 2013 mit ihrem Mann, und nach ihrer Scheidung bei ihren Eltern gewohnt, die sie finanziert hätten. Ihr Vater sei 2015 eines natürlichen Todes verstorben. Ihre Mutter sei Pensionistin und habe früher in einer Baufirma gearbeitet. Ihre Eltern hätten keine Besitztümer. Die BF sei gesund, habe jedoch Gallensteine. Ein Operationstermin bestehe nicht. In Österreich arbeite die BF als Prostituierte. Dies mache sie freiwillig. Sie sei in Österreich weder in einer Lebensgemeinschaft noch einer eheähnlichen Beziehung. Sie beherrsche die chinesische Sprache in Wort und Schrift. Deutsch spreche sie nicht. Sie habe zwar einen Deutschkurs besucht, habe die Sprache aber nicht lernen können. Sie sei auch in keinen Vereinen oder in einer anderen Organisation aktiv.

Die BF konnte keine Personaldokumente vorlegen.

1.2. Mit dem nunmehr angefochtenen oben angeführten Bescheid des Bundesamtes wurde der Antrag auf internationalen Schutz der BF gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat VR China (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG 2005 wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass die Abschiebung der BF gemäß § 46 FPG nach China zulässig sei (Spruchpunkt V.). Unter Spruchpunkt VI. wurde der BF für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 - 3 FPG eine Frist von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt.

Seitens des Bundesamtes wurde u.a. festgestellt, dass die Identität der BF nicht feststehe, sie chinesische Staatsangehörige und Han-Chinesin ohne Glaubensbekenntnis sei. Sie sei geschieden. Sie leide an keiner lebensbedrohlichen Krankheit und stehe unter sanitätspolizeilicher Kontrolle (Prostitutionsgewerbe). Sie sei unbescholten. Sie habe in China zeitweise Gelegenheitsjobs gemacht. Bezüglich ihres Fluchtvorbringens habe sie widersprüchliche Angaben gemacht und habe aus rein wirtschaftlichen Gründen das Herkunftsland verlassen. Sie sei arbeitsfähig. In einer Gesamtschau sei davon auszugehen, dass die BF bei einer Rückkehr ins Herkunftsland nicht in eine Notlage entsprechend Art. 2 oder 3 EMRK gelange. Sie sei illegal im September 2015 nach Österreich eingereist, verfüge über keine Sprachkenntnisse in Deutsch und führe kein Familienleben in Österreich.

Zur Situation im Herkunftsland wurde im bekämpften Bescheid wie folgt festgestellt:

"[...]

Politische Lage

Die Volksrepublik China ist mit geschätzt 1.367 Milliarden Einwohnern (Stand Juli 2015) der bevölkerungsreichste Staat der Welt, bei einer Fläche von 9.596.960 km² (CIA 11.8.2015).

Sie ist in 22 Provinzen, die fünf Autonomen Regionen der nationalen Minderheiten Tibet, Xinjiang, Innere Mongolei, Ningxia und Guangxi, sowie vier regierungsunmittelbare Städte (Peking, Shanghai, Tianjin, Chongqing) und zwei Sonderverwaltungsregionen (Hongkong, Macau) unterteilt. Nach dem Grundsatz "Ein Land, zwei Systeme", der der chinesisch-britischen "Gemeinsamen Erklärung" von 1984 über den Souveränitätsübergang zugrunde liegt, kann Hongkong für 50 Jahre sein bisheriges Gesellschaftssystem aufrecht erhalten und einen hohen Grad an Autonomie genießen. Nach einem ähnlichen Abkommen wurde Macau am 20. Dezember 1999 von Portugal an die Volksrepublik China zurückgegeben. Die Lösung der Taiwanfrage durch friedliche Wiedervereinigung bleibt eines der Hauptziele chinesischer Politik (AA 4.2015a).

Gemäß ihrer Verfassung ist die Volksrepublik China ein "sozialistischer Staat unter der demokratischen Diktatur des Volkes, der von der Arbeiterklasse geführt wird und auf dem Bündnis der Arbeiter und Bauern beruht" (AA 4.2015a). Die Volksrepublik China ist ein autoritärer Staat, in dem die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) verfassungsmäßig die höchste Autorität ist. Beinahe alle hohen Positionen in der Regierung sowie im Sicherheitsapparat werden von Mitgliedern der KPCh inne gehalten (USDOS 25.6.2015). Die KPCh ist somit entscheidender Machtträger. Nach dem Parteistatut wählt der alle fünf Jahre zusammentretende Parteitag das Zentralkomitee (376 Mitglieder), das wiederum das Politbüro (25 Mitglieder) wählt. Ranghöchstes Parteiorgan und engster Führungskern ist der zurzeit siebenköpfige "Ständige Ausschuss" des Politbüros. Dieser gibt die Leitlinien der Politik vor. Die Personalvorschläge für alle diese Gremien werden zuvor im Konsens der Parteiführung erarbeitet (AA 4.2015a, vgl. USDOS 25.6.2015).

An der Spitze der Volksrepublik China steht der Staatspräsident, der gleichzeitig Generalsekretär der KP Chinas und Vorsitzender der Zentralen Militärkommission ist und somit alle entscheidenden Machtpositionen auf sich vereinigt. Der Ministerpräsident leitet den Staatsrat, die eigentliche Regierung. Der Staatsrat fungiert als Exekutive und höchstes Organ der staatlichen Verwaltung. Alle Mitglieder der Exekutive sind gleichzeitig führende Mitglieder der streng hierarchisch gegliederten Parteiführung (Ständiger Ausschuss, Politbüro, Zentralkomitee), wo die eigentliche Strategiebildung und Entscheidungsfindung erfolgt (AA 4.2015a).

Der 3.000 Mitglieder zählende Nationale Volkskongress (NVK) wird durch subnationale Kongresse für fünf Jahre gewählt. Er wählt formell den Staatspräsidenten für fünf Jahre und bestätigt den Premierminister, der vom Präsidenten nominiert wird (FH 28.1.2015a). Der NVK ist formal das höchste Organ der Staatsmacht (AA 4.2015a). Der NVK ist jedoch vor allem eine symbolische Einrichtung. Nur der Ständige Ausschuss trifft sich regelmäßig, der NVK kommt einmal pro Jahr für zwei Wochen zusammen, um die vorgeschlagene Gesetzgebung anzunehmen (FH 28.1.2015a). Eine parlamentarische oder sonstige organisierte Opposition gibt es nicht. Die in der sogenannten Politischen Konsultativkonferenz organisierten acht "demokratischen Parteien" sind unter Führung der KP Chinas zusammengeschlossen; das Gremium hat lediglich eine beratende Funktion (AA 4.2015a). Beim 18. Kongress der KPCh im November 2012 wurde, nach einem Jahrzehnt, ein Führungswechsel vollzogen (AI 23.5.2013). Für die nächsten fünf Jahre wurden ein neues Zentralkomitee, Politbüro und ein neuer Ständiger Ausschuss bestimmt. Xi Jinping wurde zum Generalsekretär der KPCh und zum Leiter der Zentralen Militärkommission gekürt. Mit dem 12. Nationalen Volkskongress im März 2013 gilt dieser Führungswechsel als abgeschlossen. Seitdem ist Xi Jinping auch Präsident Chinas (AA 4.2015a, vgl. FH 28.1.2015a). Er hält damit die drei einflussreichsten Positionen (USDOS 27.2.2014). Die neue Staatsführung soll zehn Jahre im Amt bleiben, wenngleich die Amtszeit offiziell zunächst fünf Jahre beträgt, mit der Möglichkeit zur Verlängerung durch eine zweite, ebenfalls fünfjährige, Amtsperiode (Die Zeit 14.3.2013). Vorrangige Ziele der Regierung sind weitere Entwicklung Chinas und Wahrung der politischen und sozialen Stabilität durch Machterhalt der KPCh. Politische Stabilität gilt als Grundvoraussetzung für wirtschaftliche Reformen. Äußere (u.a. nachlassende Exportkonjunktur) und innere (u.a. alternde Gesellschaft, Umweltschäden, Wohlfahrtsgefälle) Faktoren machen weitere Reformen besonders dringlich (AA 4.2015a).

Die Rolle der Partei in allen Bereichen der Gesellschaft soll gestärkt werden. Gleichzeitig laufen Kampagnen zur inneren Reformierung und Stärkung der Partei. Prioritäten sind Kampf gegen die Korruption und Verschwendung, Abbau des zunehmenden Wohlstandsgefälles, Schaffung nachhaltigeren Wachstums, verstärkte Förderung der Landbevölkerung, Ausbau des Bildungs- und des Gesundheitswesens, Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und insbesondere Umweltschutz und Nahrungsmittelsicherheit. Urbanisierung ist und bleibt Wachstumsmotor, bringt aber gleichzeitig neue soziale Anforderungen und Problemlagen mit sich. Erste Ansätze für die zukünftige Lösung dieser grundlegenden sozialen und ökologischen Entwicklungsprobleme sind sichtbar geworden, haben deren Dimension aber zugleich deutlich aufgezeigt (AA 4.2015a).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (4.2015a): China - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/China/Innenpolitik_node.html#doc334570bodyText5

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AI - Amnesty International (23.5.2013): Amnesty International Annual Report 2013 - China,

http://www.refworld.org/docid/519f51a96b.html

-

CIA The World Factbook (11.8.2015):

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/ch.html

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FH - Freedom House (28.1.2015a): Freedom in the World 2015 - China, http://www.ecoi.net/local_link/295269/430276_de.html

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USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Reports on Human Rights Practices 2014 - China (includes Tibet, Hong Kong, and Macau), http://www.ecoi.net/local_link/306284/443559_de.html

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Die Zeit (14.3.2013): Xi Jinping ist Chinas neuer Staatschef, www.zeit.de/politik/ausland/2013-03/chinapraesident-xi-jinping

Frauen

Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern ist seit 1949 erklärtes politisches Ziel der Regierung. In der Verfassung ist festgelegt, dass Frauen in allen Bereichen des Lebens die gleichen Rechte wie Männer genießen. Allerdings gibt es noch immer wenige Frauen in gehobenen Positionen, so auch in der Politik (AA 15.10.2014). Die Regierung gibt keine Einschränkungen bei der Teilhabe von Frauen und Minderheiten im politischen Prozess vor, jedoch halten Frauen nur wenige Positionen von signifikantem Einfluss in der KPCh oder der Regierungsstruktur. Die Regierung ermutigt Frauen in den Dorfkomitees zu wählen und sich zur Wahl aufstellen zu lassen, jedoch sind nur wenige der gewählten Mitglieder Frauen. Das Wahlgesetz sieht Quoten für Frauen vor. Es gibt Gesetze zum Schutz von Frauen, dennoch kommt es zu Diskriminierung von Frauen (USDOS 25.6.2015).

In der patriarchalisch veranlagten chinesischen Gesellschaft sind Frauen vor allem in ländlichen Gebieten benachteiligt (AA 15.10.2014). Häusliche Gewalt ist weiterhin ein großes Problem (USDOS 25.6.2015). Ein starker rechtlicher Mechanismus zum Schutz von Frauen gegen häusliche Gewalt ist somit nicht vorhanden. Sowohl das Ehegesetz als auch das Gesetz zum Schutz von Rechten und Interessen von Frauen beinhalten Bestimmungen, die direkt häusliche Gewalt verbieten, jedoch meinen einige Experten diese wären zu allgemein gehalten, versagen darin, häusliche Gewalt zu definieren und sind schwierig umzusetzen. Aufgrund des Standards, dass alle Zweifel ausgeschlossen werden müssen, kann ein Richter ohne Geständnis nicht gegen den Gewalttäter entscheiden. Berichten zufolge kommt in einem Viertel der Familien häusliche Gewalt vor, mehr als 85% der Opfer sind Frauen. Die Regierung unterstützt Unterkünfte für Opfer häuslicher Gewalt, und einige Gerichte begannen, Opfer zu schützen. Hilfe erreicht jedoch nicht immer die Opfer und Sicherheitskräfte ignorieren häusliche Gewalt oft. Die All China Women's Federation berichtete im Jahr 2013 von 70.000 Beschwerden jährlich. Laut der letzten verfügbaren Statistik aus dem Jahr 2008 gab es landesweit 12.000 spezielle Kabinen bei der Polizei für Anzeigen von häuslicher Gewalt, 400 Schutzhäuser für Gewaltopfer und 350 medizinische Untersuchungszentren für Frauen, die Anzeige erstatten (USDOS 25.6.2015).

Im November 2014 veröffentlichte die Regierung das Gesetz gegen häusliche Gewalt, das zwar einen Schritt in die richtige Richtung darstellt, aber hinter internationalen Standards und bewährten Verfahrensweisen zurückbleibt (HRW 29.1.2015).

Zwangsprostitution und Menschenhandel werden strafrechtlich verfolgt. Es gibt glaubhafte Berichte, dass lokale Behörden an Einrichtungen, in denen Prostitution ausgeübt wird, beteiligt sind. Prostitution ist zwar keine Straftat, aber ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung, der mit Administrativhaft geahndet wird (AA 15.10.2014).

Nach dem Gesetz über den Schutz und die Rechte von Frauen ist sexuelle Belästigung von Frauen strafbar. Das Gesetz ist jedoch sehr vage formuliert, entsprechende Regelungen im Strafgesetz fehlen (AA 15.10.2014). Vergewaltigung ist verboten, die Strafen reichen von drei Jahren Haft bis zur Todesstrafe. Offizielle Statistiken zu Vergewaltigung sind nicht verfügbar (USDOS 25.6.2015).

Frauen sind von der Durchsetzung der Familienplanungspolitik der VR China in besonderem Maße betroffen (AA 15.10.2014). So sind die reproduktiven Rechte besonders von Frauen durch diese Familienplanungspolitik stark beschränkt (HRW 29.1.2015).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (15.10.2014): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China

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HRW - Human Rights Watch (29.1.2015): World Report 2015 - China, http://www.ecoi.net/local_link/295449/430481_de.html

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USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Reports on Human Rights Practices 2014 - China, http://www.ecoi.net/local_link/306284/443559_de.html

Bewegungsfreiheit

Die beschriebenen Repressionen erfolgen landesweit nicht einheitlich. Da wegen der Größe des Landes und der historisch überkommenen Strukturen Einfluss und Kontrolle der Zentralregierung in den einzelnen Landesteilen unterschiedlich ausgeprägt sind, treten staatliche oder dem Staat zurechenbare Übergriffe in den Regionen unterschiedlich häufig auf. Daher kann es im Einzelfall möglich sein, durch einen Ortswechsel Repressalien auszuweichen. So berichten beispielsweise protestantische Hauskirchen von besonders großem Druck in den Provinzen Hubei, Hebei und Heilongjiang, während sie in Peking relativ ungehindert praktizieren können. Allerdings ist ein Umzug von in der VR China lebenden Chinesen in einen anderen Landesteil durch die restriktive Registrierungspraxis ("Hukou"- System) nur schwer möglich (Verlust des Zugangs zu Bildung und Sozialleistungen). Für Personen aus ländlichen Gebieten ist es schwierig, legal in eine Stadt überzusiedeln. Für aus politischen Gründen Verfolgte gibt es nach Ansicht des Auswärtigen Amtes keine sichere Ausweichmöglichkeit innerhalb Chinas (AA 15.10.2014).

Quellen:

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Auswärtiges Amt (15.10.2014): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China

Grundversorgung/Wirtschaft

China ist seit 2010 die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt nach den USA, seit 2014 nach Kaufkraft sogar die größte. Beim Bruttoinlandsprodukt pro Kopf liegt China mit rund 5.000 EUR im weltweiten Mittelfeld. Zudem hält China die weltweit höchsten Devisenreserven (rund 3,9 Bill. USD). Es gibt jedoch innerhalb des Landes enorme regionale und soziale Unterschiede (AA 5.2015b).

2014 lag das Wachstum der chinesischen Volkswirtschaft bei 7,4% und damit im internationalen Vergleich weiterhin sehr hoch, auch wenn nicht mehr die zweistelligen Wachstumszahlen vergangener Jahre erreicht werden konnten. Der langfristige Wachstumstrend wird sich aufgrund der demographischen Entwicklung weiter abschwächen. Dazu trägt auch Chinas Ein-Kind-Politik bei, die dazu führt, dass weniger Menschen auf den Arbeitsmarkt drängen werden. Es wird geschätzt, dass das Wachstumspotenzial der chinesischen Volkswirtschaft mittel- und langfristig niedriger ausfallen wird. Dementsprechend wurde für 2015 jüngst ein Wachstumsziel von "etwa 7%" ausgerufen. Das chinesische Wirtschaftsmodell ist nach wie vor stark investitionsgetrieben. Staatliche Investitionen bilden einen wesentlichen Wachstumsmotor. Auch 2014 trugen Investitionen überdurchschnittlich stark zum Wachstum bei, noch immer stärker als der heimische Konsum. Die chinesische Regierung will den Umbau der Wirtschaft durch strukturelle Reformen vorantreiben. Eine stärkere Marktorientierung und ein schrittweiser Rückzug staatlicher Stellen von der bisherigen Mikrosteuerung in Wirtschaftsfragen sind Leitgedanken der anstehenden Reformen (AA 5.2015b).

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet. Der Lebensstandard der Bevölkerung steigt im Allgemeinen kontinuierlich an, wenn auch mit unterschiedlicher Geschwindigkeit (AA 15.10.2014). Die andauernde Gefährdung für die soziale Verfasstheit der chinesischen Gesellschaft geht unverändert von der ungleichen wie ungleichzeitigen Entwicklung der chinesischen Ökonomie und Wohlstandsverteilung aus. Besonders gravierend zeigen sich die Unterschiede im Vergleich von (vergleichsweise wohlhabender) Stadt- und (vergleichsweise armer) Landbevölkerung, regulärer Arbeit und Wanderarbeit sowie jüngerer und älterer Menschen. Nur minimal hat sich der Gini-Koeffizient - der Maßstab für die Einkommensungleichverteilung - 2014 gegenüber 2013 verringert, von 0,473 auf 0,469. Somit liegt China nach wie vor deutlich über der Grenze, die nach Definition der Vereinten Nationen eine extreme Ungleichheit anzeigt (0,4). Das durchschnittliche Haushaltsnettoeinkommen pro Kopf und Jahr ist in der Stadt mit

28.844 RMB (ca. 4.200 Euro) 2,75 Mal so hoch wie in ländlichen Gebieten mit 10.489 RMB (ca. 1.550 Euro). Dabei wuchs das Einkommen der Landbevölkerung mit 9,2% stärker als jenes der Stadtbewohner mit 6,8%. Der Mindestlohn ist im ersten Quartal 2015 nur vereinzelt angehoben worden. Die Provinz Guangdong kündigte Erhöhungen von bis zu 22% an. Die Angestellten in der Provinz sollen so einen Mindestlohn von 1,895 RMB pro Monat erhalten (+515 RMB gegenüber Vorjahr), die in der Stadt Shenzen sogar 2,030 RMB (+230 RMB gegenüber Vorjahr). Erklärtes Ziel der chinesischen Regierung ist die Verdopplung der Einkommen bis zum Jahr 2020. Hierfür soll der Mechanismus der Lohnfindung, also die Systeme zur Festlegung des Mindestlohns und das System der Tarifverhandlungen, ausgebaut werden. Zur Reform der Tarifpolitik liegt ein umfassender Fünfjahresplan des All-Chinesischen Gewerkschaftsbundes vor, der in erster Linie auf den Ausbau industrie- und branchenspezifischer Tarifpolitik zielt (AA 5.2015b).

Noch leben mehr als 46% aller Chinesen auf dem Land, wo es nach offiziellen Schätzungen immer noch ein Überangebot von mehr als 100 Mio. Arbeitskräften gibt. Es gibt mittlerweile 269 Mio. interne Arbeitsmigranten ("Wanderarbeiter"), von denen 166 Mio. außerhalb ihrer Heimatprovinz einer Beschäftigung nachgehen. Die Regierung will bis 2020 mit Hilfe eines entwicklungsorientierten Programms zur Armutsreduzierung in ländlichen Regionen gezielt in die soziale Infrastruktur von besonders zurückgebliebenen Schlüsselregionen investieren. Eine systematische staatliche Unterstützung für Bedürftige befindet sich jedoch erst im Aufbau und konzentriert sich vorwiegend auf die Bevölkerung in den Städten. Bis heute spielt vor allem die Familie in China bei der Existenzsicherung eine wichtige Rolle (AA 15.10.2014).

Die neu geschaffenen Mikrokredite für Einzelpersonen sind Darlehen von bis zu 100.000 Yuan. Bei Mikrokrediten für Kleinunternehmen kann sich das Darlehen unter bestimmten Bedingungen auf bis zu maximal 3 Millionen Yuan belaufen. Registrierte Arbeitslose, Behinderte, ehemalige Soldaten, genauso wie Absolventen der Grundschule (der Abschluss muss 2 Jahre zurück liegen), die selbständig sind, sind für 3 Jahre von Verwaltungskosten, Anmelde- und Lizenzgebühren und ähnlichen Kosten befreit, nachdem sie sich bei dem Industrie- und Gewerbeamt registriert haben. Entlassene Arbeiter, die im Besitz eines "Wiederbeschäftiguns-Zertifikates" sind und selbständige ehemalige Soldaten, die einen Mikrokredit beantragt haben um ein kleines Unternehmen zu gründen, sind von Zinszahlungen befreit. Dies fällt in den Zuständigkeitsbereich des Finanzamtes. Andere bei der Stadt registrierte Arbeitslose, Hochschulabsolventen und Bauern, die enteignet wurden, die sich für einen Mikrokredit bewerben, müssen die Hälfte der Zinsen bezahlen. Das Finanzamt zahlt dementsprechend die anderen 50% der Zinsen (IOM 10.2014).

Anfang 2014 hat der Staatsrat den Aufbau eines einheitlichen Altersversicherungssystems für Stadt- und Landbewohner beschlossen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass Rentenansprüche landesweit übertragbar sind. Provinzen, die nicht über genügend eigene Mittel verfügen, erhalten Subventionen von der Zentralregierung. Zur weiteren Vereinheitlichung wurden Anfang 2015 überdies rund 40 Mio. Staatsangestellte in die staatliche Rentenversicherung eingebunden. Diese mussten zuvor keine Beiträge entrichten und erhielten Pensionen. Die seit langem erwartete Erhöhung des Rentenalters wird voraussichtlich erst ab 2017 beschlossen (AA 3.2014b).

Im Rahmen des Basisrentensystems können anspruchsberechtigte Personen, die die folgenden Kriterien erfüllen, eine monatliche Grundrente beziehen:

1) Erfüllung der nationalen Ruhestandsvoraussetzungen, einschließlich des normalen Ruhestands, krankheitsbedingter Frührente, berufsbedingtem vorzeitigen Ruhestand 2) Einzahlungen für 15 Jahre, in Übereinstimmung mit den Regelungen zur Basisrentenversicherung. Einzahlung für weniger als 15 Jahre, aber Erreichen des Ruhestandsalters: einmalige Auszahlung des persönlichen Fonds bei Beendigung der Rentenversicherungsansprüche. Der Rentenkontostand ist im Todesfall des Beitragszahlers übertragbar (IOM 10.2014).

Chinas soziales Sicherungssystem ist ein regierungsfinanziertes System, das bestimmten Personengruppen (alte Menschen, Waisen, Menschen mit Behinderung) soziale Sicherheit bietet (IOM 10.2014).

Trotz des laufenden Ausbaus des Sozialsystems bleibt angesichts des niedrigen Niveaus der Sozialleistungen die familiäre Solidarität in Notfällen ein entscheidender Faktor. Die meisten sozialen Leistungen sind zudem an die Wohnrechtsregistrierung (hukou) gekoppelt, befindet sich diese auf dem Land, ist mit einem noch niedrigeren Niveau an staatlicher Hilfeleistung zu rechnen (ÖB 11.2014).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (15.10.2014): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China

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AA - Auswärtiges Amt (4.2015a): China - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/China/Innenpolitik_node.html#doc334570bodyText5

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AA - Auswärtiges Amt (5.2015b): China, Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/China/Wirtschaft_node.html

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IOM - International Organisation for Migration (10.2014):

Länderinformationsblatt China,

http://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/Informationsblaetter/cfs_china-dl_de.pdf?__blob=publicationFile

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ÖB Peking (11.2014): Asylländerbericht Volksrepublik China

Medizinische Versorgung

In China gibt es kein System niedergelassener Ärzte. Die Krankenversorgung konzentriert sich daher auf die Krankenhäuser. In den großen Städten finden sich sehr große Klinikzentren mit modernster Ausstattung, wohingegen auf dem Land die Versorgung noch sehr einfach sein kann. Die Hygiene mag nicht europäischen Vorstellungen entsprechen (AA 20.8.2015c).

Ende Juni 2013 wurden in China 980.199 Gesundheitseinrichtungen gezählt, einschließlich 649.744 Dorfkliniken in ländlichen Gebieten,

25.108 Krankenhäusern (13.371 davon staatlich), 36.965 Gesundheitszentren, 34.198 Gemeinde-Gesundheitszentren, 3.129 Mutter- und Kind-Abteilungen, 3.495 Zentren für Krankheitskontrolle und Prävention sowie 3.089 Sanitätsstationen (IOM 10.2014).

Die medizinische Grundversorgung ist für große Teile der chinesischen Bevölkerung nur unzureichend gewährleistet. Für wohlhabende Chinesen gibt es in Peking, Shanghai und anderen Großstädten an der Ostküste eine wachsende Zahl teurer Privatkliniken. Wer die steigenden Kosten für eine Behandlung nicht bezahlen kann, muss sich - wenn ihm das möglich ist - hoch verschulden (AA 15.10.2014).

Stadtbewohnern und städtischen Arbeitnehmern steht ein medizinisches Grundversicherungsschema zur Verfügung. Die medizinische Versorgungskooperative in den ländlichen und städtischen Regionen stellt Chinas medizinisches Grundversicherungssystem dar. Abgedeckt werden somit städtische Arbeitnehmer, städtische Nicht-Arbeitnehmer, die Landbevölkerung sowie gefährdete Personengruppen in den Städten und auf dem Land. Die Medikamentenkosten von Arbeitnehmern können im Rahmen der Regularien des Provinzrates von der Grundversicherung gedeckt werden. Dies gilt jedoch nur, wenn der jeweilige Arbeitgeber die entsprechenden Grundversicherungsprämien leistet (IOM 10.2014). Von dem neu eingeführten kooperativen medizinischen Versorgungssystem auf dem Lande wurden Ende 2013 nach Angaben des nationalen Büros für Statistik 99% der Landbevölkerung erfasst. Es handelt sich um eine Basisversorgung. Sie regelt die Teilerstattung von Kosten für die Behandlung (regional unterschiedlich definierter) schwerer Erkrankungen. Darüber hinaus gibt es für die Landbevölkerung bisher kein flächendeckendes Krankenversicherungssystem. Auch wer in einer städtischen Krankenversicherung versichert ist, muss einen großen Teil der Behandlungskosten selbst tragen, da die Erstattungsbeträge aus der Krankenversicherung in der Regel nicht mehr als 60% betragen (AA 15.10.2014).

Die Krankenversicherung umfasst die medizinische Versicherung, Behinderten- und Pflegeversicherung, wobei die gängigste medizinische Versicherung zum einen die Versicherung von Krankheiten und zum anderen von Unfällen beinhaltet (IOM 10.2014).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (15.10.2014): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China

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AA - Auswärtiges Amt (20.8.2015c): China: Reise- und Sicherheitshinweise,

http://www.auswaertiges-amt.de/sid_6D7BDE1F99E2255CDE6D5223CC9367CC/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/ChinaSicherheit.html?nn=334554#doc334524bodyText7

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IOM - International Oranisation for Migration (10.2014):

Länderinformationsblatt China,

http://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/Informationsblaetter/cfs_china-dl_de.pdf?__blob=publicationFile

Behandlung nach Rückkehr

Soweit Rückführungen aus Deutschland erfolgen, konnten die zurückgeführten Personen die Passkontrolle nach einer Identitätsüberprüfung unbehindert passieren und den Flughafen problemlos verlassen bzw. ihre Weiterreise in China antreten. Vereinzelte Nachverfolgungen von Rückführungen durch die Deutsche Botschaft Peking ergaben keinen Hinweis darauf, dass abgelehnte Personen allein deshalb politisch oder strafrechtlich verfolgt werden, weil sie im Ausland einen Asylantrag gestellt haben. Ein Asylantrag allein ist nach chinesischem Recht kein Straftatbestand. Personen, die China illegal, d.h. unter Verletzung der Grenzübertritts-Bestimmungen verlassen haben, können bestraft werden. Es handelt sich aber um ein eher geringfügiges Vergehen, das - ohne Vorliegen eines davon unabhängigen besonderen Interesses - keine politisch begründeten, unmenschlichen Repressalien auslöst. Nach Art. 322 chin. StG droht bei Vorliegen schwerwiegender Tatumstände Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr, Gewahrsam oder Überwachung und zusätzlich eine Geldstrafe. Nach bisherigen Erkenntnissen wird das Vergehen in der Praxis aber nur gelegentlich und dann mit Geldbuße geahndet (AA 15.10.2014).

Besondere Aufmerksamkeit widmet die chinesische Führung führenden Mitgliedern der Studentenbewegung von 1989, soweit sie noch im Ausland aktiv sind. Dies gilt auch für bekannte Persönlichkeiten, die eine ernst zu nehmende Medienresonanz im westlichen Ausland hervorrufen. Eine Überwachung oder sogar Gerichtsverfahren gegen diese Personen sind bei Rückkehr in die VR China nicht auszuschließen. Aktivitäten der uigurischen Exilorganisationen stehen unter besonderer Beobachtung der chinesischen Behörden (einschließlich der Auslandvertretungen), insbesondere:

* der Weltverband der Uiguren,

* die Ostturkistanische Union in Europa e.V.,

* der Ostturkistanische (Uigurische) Nationalkongress e.V. und

* das Komitee der Allianz zwischen den Völkern Tibets, der Inneren Mongolei und Ostturkistans

Aufklärung über die und Bekämpfung der von extremen Vertretern der uigurischen Minderheit getragenen Ostturkistan-Bewegung zählen zu den obersten Prioritäten des Staatsschutzes. Anhänger dieser Bewegung werden mit unnachgiebiger Härte politisch und strafrechtlich verfolgt. Mitglieder uigurischer Exilorganisationen haben bei ihrer Rückkehr nach China mit Repressionen zu rechnen. Es sind bisher keine Fälle von ehemaligen Mitgliedern oder Vorstandsmitgliedern exilpolitischer uigurischer Organisationen aus Deutschland bekannt geworden, die nach China zurückgekehrt sind. Berichtet wird jedoch über Fälle von Abschiebungen nach China aus anderen Ländern Asiens mit anschließender Folter oder Verurteilung (AA 15.10.2014).

In den letzten Jahren kam es, vermutlich auf chinesischen Druck, immer wieder zur Abschiebung von uigurischen Asylwerbern aus Nachbarländern, vor allem aus Kambodscha, Thailand, Pakistan und Malaysia. Im Juli 2012 wurden aus Malaysia abgeschobene Uiguren zu bis zu 15 Jahren Haft wegen "separatistischer Tätigkeiten" verurteilt (ÖB 11.2014).

Quellen:

-

Auswärtiges Amt (15.10.2014): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China

-

ÖB Peking (11.2014): Asylländerbericht Volksrepublik China

12. Dokumente

In ganz China ist die Herstellung oder Beschaffung gefälschter oder formal echter, aber inhaltlich unwahrer Dokumente verschiedenster Art seit langem ohne besondere Schwierigkeiten möglich. Nach Einschätzung internationaler Dokumentenexperten arbeiten in China die meisten und die besten Fälscherwerkstätten weltweit. Viele verfügen über neueste Technik. Von falschen oder gefälschten Dokumenten (vor allem aus den Provinzen Liaoning, Zhejiang und Fujian, hier vor allem der Stadt Changle) wird zu vielfältigen Zwecken Gebrauch gemacht (AA 15.10.2014).

Quellen:

-

Auswärtiges Amt (15.10.2014): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China

[...]".

Beweiswürdigend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Vorbringen der BF aufgrund von Widersprüchen unglaubwürdig sei. So habe sie bei der Erstbefragung angegeben, dass sie 800.000,- RMB ausgeliehen und bei einer Freundin angelegt hätte, beim Bundesamt sprach sie davon, dass sie den Wucherkredit für die Errichtung eines Bergwerkes aufgenommen hätte. Aufgefordert konkret und detailliert ihr Vorbringen darzulegen, habe sie weder zur Firma noch zu den Verfolgern konkrete Angaben machen können. Es sei auch nicht nachweisbar, dass der Tod ihres Vaters, der eines natürlichen Todes verstorben sei, auf die Verfolgung zurückzuführen sei. Auch sei dem Vorbringen der BF nicht zu entnehmen, dass die staatlichen Behörden nicht in der Lage oder nicht gewillt gewesen wären, der BF Schutz vor Verfolgung zu gewähren. Bei der Einvernahme beim Bundesamt habe sie zudem ursprünglich verneint, konkreten persönlichen Verfolgungshandlungen durch private Dritte oder heimatliche Behörden ausgesetzt gewesen zu sein. Die BF sei zudem arbeitswillig und arbeitsfähig. Laut vorgelegter Befunde sei hinsichtlich eines Konkrementes in der Gallenblase ein Operationstermin für September/Oktober 2017 vorgesehen gewesen. Selbst wenn keine Operation erfolgt sei, sei diese Krankheit im Herkunftsland weiter behandelbar. Die BF habe nach wie vor Verwandte in Form ihrer Mutter im Heimatland. Es sei der BF zuzumuten, mit ihrer Arbeitskraft und ihrem bekundeten Willen zur Arbeit sowie der Unterstützung ihrer Verwandten ihr Leben in China zu sichern.

Mit Verfahrensanordnung vom 13.11.2017 wurde der BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

1.3. Gegen den Bescheid wurde seitens der Vertretung der BF binnen offener Frist Beschwerde erhoben. Darin wurde der gegenständliche Bescheid in vollem Umfang angefochten und wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und Rechtswidrigkeit des Inhaltes bekämpft. Begründend wurde dazu lediglich ausgeführt, dass seitens des Bundesamtes die erforderlichen Ermittlungen, um den gesamten entscheidungsrelevanten Sachverhalt festzustellen, nicht durchgeführt worden seien. Dies wurde weder begründet, noch wurde sonst auf die Beweiswürdigung des Bundesamtes im bekämpften Bescheid eingegangen oder sonst ein konkretes Vorbringen erstattet. Es wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

1.4. Laut einer vom Bundesamt am 23.01.2019 weitergeleiteten Ausreisebestätigung der Caritas bzw. der Grenzkontrolle des Flughafens Wien-Schwechat ist die BF unter Bekanntgabe ihres offenbar richtigen (an erster Stelle im Spruch genannten) Namens am 13.12.2018 aus dem Bundesgebiet freiwillig nach China ausgereist.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Aufgrund der der Entscheidung zugrunde liegenden Akten des Bundesamtes samt Beschwerdeschrift sowie des Bundesverwaltungsgerichtes steht nachstehender entscheidungswesentlicher Sachverhalt als erwiesen fest:

Die BF ist Staatsangehörige der Volksrepublik China, gehört der Volksgruppe der Han an und ist konfessionslos. Die BF reiste im September 2015 ins Bundesgebiet ein und stellte unter einem falschen Namen am 18.09.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Die XXXX -jährige, ledige und kinderlose BF ist arbeitsfähig. Im Herkunftsland haltet sich ihre Mutter auf.

In Österreich halten sich keine Familienangehörige oder Verwandte der BF auf.

Die unbescholtene BF hat sich knapp mehr als 3 Jahre im Bundesgebiet aufgehalten und ist am 13.12.2018 ins Herkunftsland zurückgekehrt. Sie konnte keine Sprachkenntnisse in Deutsch nachweisen. Sie hat keine Grundversorgung in Österreich bezogen und erwirtschaftete Einkünfte aus ihrer (legalen) Tätigkeit im Rotlichtmilieu. Sie gehört keinem Verein, keiner religiösen Verbindung und keiner sonstigen Gruppierung an.

Das Vorbringen der BF, im Herkunftsland hinsichtlich eines aufgenommenen Kredites von kriminellen Gläubigern wegen der Zurückzahlung des Kredites bedroht worden zu sein, hat sich als unglaubwürdig erwiesen.

Zur Situation im Herkunftsland wird von den zutreffenden, unter Punkt I.1.2. wiedergegebenen Feststellungen des Bundesamtes im angefochtenen Bescheid ausgegangen. Die Situation im Herkunftsland hat sich seit dem Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung in den gegenständlich relevanten Punkten nicht entscheidungswesentlich verändert, sodass ein neuerlicher Vorhalt im Beschwerdeverfahren unterbleiben konnte.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die vom Bundesamt getroffene, weiter oben in den wesentlichen Punkten wiedergegebene Würdigung der Beweise steht im Wesentlichen im Einklang mit dem Erstbefragungsprotokoll vom 30.10.2015 sowie der Einvernahme beim Bundesamt am 04.09.2017, ist im Wesentlichen nachvollziehbar und erweist sich in Zusammenschau mit den im erstinstanzlichen Verfahren protokollierten Angaben der BF im Ergebnis als zutreffend.

Hierzu ist anzumerken, dass sich aus dem erstinstanzlichen Akt keine Hinweise auf Verfahrensmängel im Verfahren beim Bundesamt ergeben. Weder die Protokollierung noch der Dolmetscher wurde in der Einvernahme in irgendeiner Form konkret bemängelt, im Gegenteil wurde von der BF auf Nachfragen noch ausdrücklich bestätigt, dass sie den Dolmetscher "sehr gut" und alles verstanden habe (vgl. As 74). Es wurden auch keine Befunde oder sonstige medizinische Unterlagen vorgelegt, die auf eine psychische Ausnahmesituation der BF infolge einer Traumatisierung oder einer ähnlichen Erkrankung hinweisen, aufgrund welcher sie allenfalls gehindert gewesen wäre, ihr diesbezügliches Vorbringen zu erstatten. Auch wurde derartiges von der BF im erstinstanzlichen Verfahren trotz Nachfragens zu keinem Zeitpunkt behauptet, sondern ausdrücklich verneint (vgl. As 67, As 11). Das Protokoll wurde zudem von der BF nach Rückübersetzung durch ihre Unterschrift hinsichtlich der Richtigkeit und Vollständigkeit bestätigt (vgl. As 75, aber auch S. 6 Protokoll der Erstbefragung vom 14.10.2015).

Das Bundesamt ging unter Zugrundelegung der Angaben der BF davon aus, dass ihr Vorbringen, sie sei von kriminellen Geldgläubigern wegen der Rückzahlung eines Kredites bedroht worden, unglaubwürdig ist.

Wie das Bundesamt im Kern aufgezeigt hat und sich anhand des Einvernahmeprotokolls deutlich nachvollziehen lässt, beschränkte sich die BF bei der Darstellung ihrer Fluchtgründe in besonders auffälliger Weise auf die Schilderung einer äußerst rudimentären Rahmengeschichte, wobei sie selbst noch unter wiederholter Aufforderung kaum konkrete Vorfälle oder Details schildern konnte. Zudem wurden in diesem Zusammenhang auch widersprüchliche Angaben auffällig. So gab die BF bei der Erstbefragung an, das ausgeliehene Geld bei einer Freundin angelegt zu haben, beim Bundesamt erklärte sie wiederum, dass Geld für den gemeinsamen Aufbau eines Bergwerkes verwendet zu haben, wobei sie trotz wiederholten Nachfragens - wie vom Bundesamt dargestellt- etwa völlig außerstande zeigte, darüber hinaus Angaben zu dem Investitionszweck (Bergwerk) darzutun, wobei sie aber auch zu den Verfolgungshandlungen trotz Nachfragens kaum Details schildern konnte.

Unter Zugrundelegung des bisher Ausgeführten konnte das Bundesamt sohin in einer Gesamtbetrachtung im Wesentlichen nachvollziehbar dartun, dass das Fluchtvorbringen der BF hinsichtlich ihrer behaupteten Bedrohung durch Gläubiger nicht den Tatsachen entspricht. Letztlich ist ihrem Vorbringen - wie auch vom Bundesamt dargetan wurden - aber auch nicht zu entnehmen, dass die Polizei, die sie verständigt habe, ihr keinen Schutz geleistet hätte, vielmehr seien die Verfolger nach Verständigung der Polizei weggegangen.

2.2. Hinzu kommt, dass es in der Beschwerdeschrift völlig unterlassen wurde, auf die im angefochtenen Bescheid aufgezeigten Unstimmigkeiten und Widersprüche im Vorbringen der BF substantiiert einzugehen, bzw. durch konkrete, individuelle Argumente aufzuzeigen, warum die BF nicht in der Lage war, trotz widerholten Nachfragens ein über eine bloße rudimentäre Rahmengeschichte hinausgehendes Vorbringen mit einem Mindestmaß an Detailwissen darzutun.

Sachbezogene und konkrete Einwände, die sich unmittelbar gegen die vom Bundesamt in der Beweiswürdigung herangezogenen Argumente richten, wurden völlig unterlassen. Das Beschwerdevorbringen enthält auch kein substantiiertes, neues Vorbringen.

Auch die Behauptung, wonach die Behörde ihre Ermittlungspflicht nicht hinreichend wahrgenommen hätte, wird in der Beschwerde mit keinem Wort weiter begründet und erweist sich angesichts der im Einvernahmeprotokoll dokumentierten, mehrfach wiederholt unternommenen Versuche des Einvernahmeleiters, die BF zur Erstattung eines hinreichend detaillierten Vorbringens anzuleiten, im konkreten Fall als nicht nachvollziehbar.

Darüber hinaus liegen keine Anhaltspunkte für eine besondere Vulnerabilität der BF, die ihr gesamtes Leben bisher in ihrem Heimatsstaat, wo sich zumindest noch ihre Mutter aufhält, verbracht hat, vor bzw. wurden solche bislang nicht geltend gemacht. Aus den Länderfeststellungen lässt sich auch nicht ableiten, dass Frauen allein aufgrund ihres Geschlechts in China grundsätzlich mit Verfolgung, unmenschlicher Behandlung oder existenzbedrohenden Lebensverhältnissen rechnen müssten. Seitens der BF und ihrer Vertretung wurden dazu auch keine Länderberichte oder sonstige relevante Publikationen vorgelegt oder auf solche verwiesen.

2.3. Die vom Bundesamt zur Lage in der Volksrepublik China getroffenen, weiter oben wiedergegebenen Feststellungen basieren auf Berichten angesehener staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des Bundesamtes - China, 20.08.2015, zuletzt aktualisiert 05.04.2017) und stellen angesichts des bereits Ausgeführten im konkreten Fall eine ausreichende Basis zur Beurteilung des Vorbringens der BF dar. Hierbei ist anzumerken, dass es sich bei der VR China um einen Staat handelt, der zwar im Hinblick auf menschenrechtliche Standards Defizite aufweist, darüber hinaus aber weder von bürgerkriegsähnlichen Zuständen noch Kampfhandlungen betroffen ist, und auch sonst nicht - etwa im Vergleich zu Krisenregionen wie Afghanistan, Irak, Somalia, Yemen, Syrien, Ukraine u.v.a. - als Staat mit sich rasch ändernder Sicherheits- und/oder Versorgungslage auffällig wurde, sondern sich im Wesentlichen über die letzten Dekaden als relativ stabil erwiesen hat (vgl. dazu etwa VfGH 21.09.2017, Zl. E 1323/2017-24, VwGH 13.12.2016, Zl. 2016/20/0098). Es liegen auch sonst keine Anhaltspunkte vor, dass sich die Situation im Herkunftsland seit dem Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung in den gegenständlich relevanten Punkten entscheidungswesentlich verändert hat (vgl dazu etwa BVwG 22.11.2018, Zl. W182 2106664-2; BVwG 18.09.2018, Zl. W119 1316256-2).

Trotz Defizite im Hinblick auf menschenrechtliche Standards herrscht in China auch kein Klima ständiger latenter Bedrohung, struktureller Gewalt und unmittelbaren Einschränkungen, durch welche alle Einwohner grundsätzlich einer erhöhten Wahrscheinlichkeit von Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind. Obwohl Korruption in

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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