Entscheidungsdatum
01.02.2019Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
G303 2172244-1/7E
Schriftliche Ausfertigung des am 14.06.2018 mündlich verkündeten Erkenntnisses
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Simone KALBITZER als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Eva WENDLER und den fachkundigen Laienrichter Herbert WINTERLEITNER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Kärnten, vom 18.08.2017, OB: XXXX, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung", in den Behindertenpass, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 14.06.2018, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß §§ 1 Abs. 2, 42 Abs. 1 und 45 des Bundesbehindertengesetzes (BBG) idgF sowie § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen idgF als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) brachte am 31.05.2017 via der Zentralen Poststelle beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Kärnten (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO 1960 (Parkausweis) ein. Dieser Antrag gilt entsprechend dem Antragsformular der belangten Behörde auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass. Dem Antrag waren medizinische Beweismittel angeschlossen.
2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.
2.1. In dem eingeholten Gutachten von Dr. XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, vom 24.07.2017 wurde, nach persönlicher Untersuchung des BF am 20.07.2017, im Wesentlichen folgendes festgehalten:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos. Nr.
GdB %
1
Männliche Geschlechtsorgane, Männliche Geschlechtsorgane - Fehlbildung, Funktionseinschränkung, Verlust beider Hoden bis zum vollendeten 65. LJ Fixwert bei Ablatio testis rechts und Funktionsstörung beider Hoden laut Gutachten Bundesozialamt 2001
08.02.04
40
2
Wirbelsäule, Wirbelsäule - Funktionseinschränkungen mittleren Grades Oberer Rahmenwert nach klinischer Einschätzung und schmerzhaften Bewegungseinschränkungen und notwendiger regelmäßiger Therapie
02.01.02
40
3
Kniegelenk - Untere Extremitäten, Kniegelenk-Funktionseinschränkung geringen Grades beidseitig Oberer RW entsprechend der Bewegungseinschränkung
02.05.19
30
4
Sprunggelenk - Untere Extremitäten, Sprunggelenk-Funktionseinschränkung geringen bis mittleren Grades beidseitig Unterer RW bei geringen Funktionseinschränkungen bds nach Trauma vor 30 Jahren
02.05.33
30
5
Schulter - Obere Extremitäten, Schultergelenk, Schultergürtel- Funktionseinschränkung geringen Grades beidseitig RW entsprechend der Funktionseinschränkung mit Schmerzangabe
02.06.02
20
6
Hüftgelenke - Untere Extremitäten, Hüftgelenke-Funktionseinschränkung geringen Grades beidseitig Unterer RW bei geringer Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit
02.05.08
20
7
Hypertonie, Leichte Hypertonie Fixwert bei gut eingestellten Bluthochdruck bei lediglich notwendiger Monotherapie
05.01.01
10
8
Endokrine Störung, Endokrine Störungen leichten Grades Unterer RW bei guter Substitutionstherapie
09.01.01
10
Gesamtgrad der Behinderung
60 v.H.
Die im Jahr 2001 eingeschätzte Psoriasis bei Nagelbefall und der Tinnitus würden keinen Grad der Behinderung erreichen, da hier keine Funktionseinschränkung vorliege.
2.2. Die Gesundheitsschädigung (GS) 1 sei führend, die GS 2 steigere um eine Stufe, GS 3 und GS 4 würden gemeinsam als Funktionseinheit um eine Stufe steigern, da eine zusätzliche Beeinträchtigung des BF vorliege. GS 5, GS 6, GS 7 und GS 8 steigern wegen fehlender negativer Wechselwirkung nicht weiter.
2.3. Zur Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde ausgeführt, dass die eingeschätzten Gesundheitsschädigungen das Zurücklegen kurzer Wegstrecken, das Zu- und Aussteigen und die Beförderung in öffentlichen Verkehrsmittel zulassen würden. Die vorgelegten objektivierten Röntgenbefunde würden nur geringfügige Veränderungen zeigen.
3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 18.08.2017, OB: XXXX, wurde der Antrag des BF auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen.
3.1. Gestützt wurde die Entscheidung der belangten Behörde auf das Ergebnis des ärztlichen Begutachtungsverfahrens. Das oben angeführte Sachverständigengutachten von Dr. XXXX wurde dem angefochtenen Bescheid als Beilage angeschlossen und zum Bestandteil der Begründung des Bescheides erklärt. In der rechtlichen Begründung des angefochtenen Bescheides wurden die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes und der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen zitiert sowie die sonstigen maßgeblichen Kriterien für die verfahrensgegenständliche Zusatzeintragung genannt.
4. Gegen den genannten Bescheid richtet sich die bei der belangten Behörde fristgerecht am 04.09.2017 eingelangte Beschwerde des BF samt Vorlage eines Befundberichtes von Dr. XXXX, Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie, vom 09.05.2017, der bereits bei der Antragsstellung in Vorlage gebracht wurde.
Beschwerdebegründend führte der BF aus, dass er täglich unterschiedliche Stellen im Großraum Villach zwecks Arztbesuchen und Einkäufen (bspw. Apotheke) aufsuchen müsse. Die öffentlichen Verkehrsmittel zu seinem Wohnort in einem ländlichen Außenbezirk seien schlecht ausgebaut und bedeute dies für den BF ein mehrmaliges Umsteigen mit teils längeren Wartezeiten. Aufgrund seiner chronischen Beschwerden im Bereich des gesamten Bewegungsapparats seien Wege zu der ca. 300 m entfernten Haltestelle sowie längeres Warten im Stehen schmerzhaft. Die höhergradige Gehbehinderung sei ihm auch von einem Facharzt attestiert worden (Befundbericht 09.05.2017).
5. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 03.10.2017 vorgelegt.
6. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde seitens des erkennenden Gerichtes Dr. XXXX, Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie, mit der Begutachtung und Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt.
6.1. Im medizinischen Sachverständigengutachten von Dr. XXXX vom 22.01.2018 wird, basierend auf der persönlichen Untersuchung des BF am 17.01.2018, im zusammengefassten Ergebnis folgendes festgehalten:
Beim BF würden nachstehende Gesundheitsschädigungen vorliegen:
1. Gesamtes Wirbelsäulensyndrom (Pos. Nr. 02.01.02)
2. Kniegelenksschmerz beidseits mit geringer Funktionseinschränkung (Pos. Nr. 02.05.19)
3. Sprunggelenksschmerz rechts mit geringer Funktionseinschränkung nach Trauma vor 30 Jahren (Pos. Nr. 02.05.33)
4. Impingementsymptomatik der rechten Schulter mit geringer Funktionseinschränkung beidseits (Pos. Nr. 02.06.02)
5. Hüftgelenkschmerz beidseits, mit geringer Funktionseinschränkung (Pos. Nr. 02.05.08)
Gesundheitliche Änderungen zum Vorgutachten seien keine erfolgt.
6.2. Zur Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde ausgeführt, dass sich an der gesamten Wirbelsäule eine geringe Funktionseinschränkung (derzeit ohne neurologische Symptomatik) zeige. Am 24.04.2017 sei ein Röntgen der Lendenwirbelsäule durchgeführt worden, welches eine geringe Bandscheibenerniedrigung L3/4 und eine mäßiggradige Bandscheibenerniedrigung L4/5 und L5/S1 zeige. Zusätzlich bestehe eine geringe Funktionseinschränkung beider Hüft- und beider Kniegelenke, sowie des rechten Sprunggelenkes und beider Schultergelenke. Die radiologische Abklärung im April 2017 habe eine unauffällige Darstellung des rechten Hüftgelenkes und eine beginnende Gelenksspaltverschmälerung des linken Hüftgelenkes erbracht. Vom orthopädischen Facharzt sei am 09.05.2017 eine beginnende Arthrose im Sprunglenk rechts attestiert worden. Die vom BF vorgebrachte Einschränkung einer kurzen Wegstrecke von 200 bis 300 m sei aus orthopädischer Sicht nicht nachvollziehbar. Der BF sei laut eigenen Angaben mit einer Unterarmstützkrücke mobil.
Es würden sich nur gering bis mäßiggradige degenerative Veränderungen an der Wirbelsäule sowie an den Hüft- und Kniegelenken beidseits sowie im Bereich des rechten Sprunggelenkes zeigen. Eine neurologische Symptomatik könne bei der Begutachtung nicht festgestellt werden. Eine kurze Wegstrecke von 200 bis 300 m sei unter Verwendung eines Gehbehelfes ohne Unterbrechung zumutbar. Das Überwinden weniger Stufen sei möglich und der sichere Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln sei gegeben.
7. Das Ergebnis der Beweisaufnahme wurde den Verfahrensparteien vom erkennenden Gericht gleichzeitig mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung mit Schreiben vom 16.04.2018 zur Kenntnis gebracht.
8. Am 14.06.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Graz, eine mündliche Verhandlung statt, an welcher der BF sowie der beigezogene Amtssachverständige Dr. XXXX, persönlich teilnahmen.
9. Das Erkenntnis wurde nach Durchführung einer nicht öffentlichen Beratung des Senates gemäß § 29 Abs. 2 VwGVG samt den wesentlichen Entscheidungsgründen in der mündlichen Verhandlung verkündet und die Rechtsmittelbelehrung erteilt.
10. Der BF beantragte in der Verhandlung am 14.06.2018 die schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF ist am XXXX geboren und ist im Besitz eines Behindertenpasses mit einem eingetragenen Grad der Behinderung in der Höhe von 60 von Hundert.
Der BF leidet an folgenden behinderungsrelevanten Gesundheitsschädigungen:
-
Gesamtes Wirbelsäulensyndrom
-
Kniegelenksschmerz beidseits mit geringer Funktionseinschränkung
-
Sprunggelenksschmerz rechts mit geringer Funktionseinschränkung
-
Impingementsymptomatik der rechten Schulter mit geringer Funktionseinschränkung beidseits
-
Hüftgelenkschmerz beidseits mit geringer Funktionseinschränkung
-
Hodenatrophie beidseits nach einseitiger Hodenentfernung
-
Leichte Hypertonie
-
Endokrine Störung leichten Grades
Im Vordergrund des Gesamtleidenszustandes des BF stehen die orthopädischen Gesundheitsschädigungen. An der gesamten Wirbelsäule des BF zeigt sich eine geringe Funktionseinschränkung ohne neurologische Symptomatik. Zusätzlich besteht eine geringe Funktionseinschränkung beider Hüft- und Kniegelenke, sowie des rechten Sprunggelenkes und beider Schultergelenke.
Die Funktionen der unteren Extremitäten des BF sind nicht höhergradig eingeschränkt. Der BF leidet an keinen erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit. Auch konnten keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten und Funktionen oder eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems beim BF festgestellt werden. Es besteht keine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit.
Der BF ist in der Lage eine kurze Wegstrecke, allenfalls unter Verwendung eines Gehbehelfes, ohne Unterbrechung zurückzulegen. Das Überwinden weniger Niveauunterschiede ist möglich und der sichere Transport des BF in öffentlichen Verkehrsmitteln ist gewährleistet.
Beim BF treten aufgrund seiner orthopädischen Leiden Schmerzen auf. Der BF erhält eine Schmerztherapie Stufe 1 nach WHO (unterste Stufe).
Ein Ausmaß an Schmerzen, welches eine dauerhafte und hochgradige Mobilitätseinschränkung nach sich zieht, konnte nicht festgestellt werden.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang, die Feststellungen zum Geburtsdatum des BF und zum Besitz des Behindertenpasses ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde, der Beschwerde und dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.
Das seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholte medizinische Sachverständigengutachten von Dr. XXXX vom 22.01.2018 ist vollständig, schlüssig und widerspruchsfrei. Die festgestellten orthopädischen Gesundheitsschädigungen ergeben sich daraus. Die weiters vorliegenden Gesundheitsschädigungen wurden anhand des Sachverständigengutachtens von Dr. XXXX vom 24.07.2017 festgestellt, das diesbezüglich in der Beschwerde unbestritten blieb.
Die gutachterlichen Ausführungen des Amtssachverständigen Dr. XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, in der mündlichen Verhandlung am 14.06.2018 stehen mit oben angeführten Sachverständigengutachten in Einklang.
Es konnte dadurch zweifelsfrei festgestellt werden, dass beim BF keine Einschränkungen und Erkrankungen, welche in der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, genannt sind, insbesondere keine direkten erheblichen Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten, vorliegen.
Die Tatsache, dass der BF, eine kurze Wegstrecke zurückzulegen kann, ergibt sich daraus, dass aus dem Sachverständigengutachten von Dr. XXXX eindeutig zu entnehmen ist, dass dem BF eine kurze Wegstrecke von 200-300 Metern unter Verwendung eines Gehbehelfes ohne Unterbrechung zumutbar ist. Damit wurde die gutachterliche Feststellung von Dr. XXXXbestätigt, wonach dem BF das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke trotz den bestehenden Gesundheitsschädigungen möglich ist. Zudem führte auch Dr. XXXXin der mündlichen Verhandlung aus, dass keine schwerwiegende Funktionseinschränkung im Bereich der unteren Extremitäten besteht.
Dass es dem BF möglich ist, wenige Niveauunterschiede zu überwinden, konnte im Rahmen der medizinischen Begutachtung von Dr. XXXX festgestellt werden; hier wurde festgehalten, dass das Überwinden weniger Stufen für den BF möglich ist.
Es konnten auch keine Anhaltspunkte festgestellt werden, dass der sichere Transport des BF im öffentlichen Verkehrsmittel nicht gewährleistet wäre. So konnten beispielsweise keine Unsicherheit beim Gehen, keine erhöhte Stolpergefahr und auch keine Gleichgewichtsstörungen festgestellt werden. Auch seitens des Sachverständigen Dr. XXXX wurde aufgrund seiner persönlichen Begutachtung des BF bestätigt, dass der sichere Transport im öffentlichen Verkehrsmittel gegeben sei.
Die Aussage des BF, dass er sich aufgrund seiner Schulterbeschwerden nicht anhalten könne, kann aus medizinischer Sicht nicht objektiviert werden, da diesbezüglich laut den gutachterlichen Ausführungen von Dr. XXXX in der mündlichen Verhandlung eine ausreichende Beweglichkeit gegeben ist.
Dass der BF an Schmerzen leidet, ergibt sich aus seiner eigenen Angabe. Diese Angabe wird auch seitens des erkennenden Senates als glaubhaft beurteilt und seitens des in der mündlichen Verhandlung beigezogenen Sachverständigen Dr. XXXX als nachvollziehbar eingeschätzt.
Das Vorbringen des BF, dass er ständig und an derart starken Schmerzen leide, und er daher ein öffentliches Verkehrsmittel nicht benützen könne, ist nicht nachvollziehbar, da keine höhergradigen Einschränkungen des Bewegungsapparates vorliegen und lediglich eine Schmerztherapie der Stufe 1 nach den WHO-Kriterien und somit der untersten Ebene durchgeführt wird. Auch wurde die Durchführung einer dauerhaften Schmerztherapie nicht durch entsprechende medizinische Beweismittel belegt. Zudem gab der BF in der mündlichen Verhandlung zur Frage der vorsitzenden Richterin, warum er nicht mit öffentlichen Verkehrsmittel fahre, primär an, dass er seit 35 Jahren mit dem Pkw fahre, er aufgrund seiner Psoriasis große Problem habe und früher seine Frau einen Parkausweis gehabt habe, der sehr behilflich gewesen sei, seine Frau sei jedoch verstorben. Seine Schmerzen wurden hier nicht erwähnt.
Damit ergibt sich, dass die auftretenden Schmerzen des BF und die damit einhergehende Erschwernis der Fortbewegung nicht die geforderte Schwere und Dauerhaftigkeit erreichen, damit eine dauerhafte und erhebliche Mobilitätseinschränkung festgestellt werden konnte.
Hinsichtlich des vom BF vorgelegten Befundberichts von Dr. XXXX, Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie, vom 09.05.2017 wird beweiswürdigend ausgeführt, dass dieser sowohl im Widerspruch zu dem seitens des erkennenden Gerichtes eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. XXXX, als auch zu dem seitens der belangten Behörde eingeholten Gutachten von Dr. XXXX steht.
So wird in dem vorgelegten Befundbericht wie folgt festgehalten "Er [der BF] ist als höhergradig gehbehindert einzustufen."
Sowohl aus den Gutachten von Dr. XXXX als auch von DR.XXXX ergibt sich, dass der BF in der Lage ist, eine kurze Wegstrecke zurückzulegen. Auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 14.06.2018 konnte keine höhergradige Gehbehinderung des BF festgestellt werden.
Zudem wird festgehalten, dass die Frage, ob die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist oder nicht, eine Rechtsfrage ist, welche entsprechend den anzuwendenden Rechtsgrundlagen, insbesondere der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen (BGBl. II Nr. 495/2013 idgF) und der diesbezüglich ergangenen Rechtsprechung, zu lösen ist und keine medizinische Frage darstellt; wiewohl es regelmäßig in derartigen Verfahren eines ärztlichen Sachverständigengutachtens bedarf, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Derartige gutachterliche Ausführungen sind dem vorgelegten Befundbericht von Dr. XXXX nicht zu entnehmen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG (Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990 in der geltenden Fassung) hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter gemäß § 45 Abs. 4 BBG mitzuwirken.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der geltenden Fassung) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 in der geltenden Fassung) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
3.2. Zu Spruchteil A):
Unter Behinderung im Sinne des Bundesbehindertengesetzes ist gemäß § 1 Abs. 2 BBG die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Der Behindertenpass hat gemäß § 42 Abs. 1 BBG den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs. 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Gemäß § 1 Abs. 4 Z 3 der am 01. Jänner 2014 in Kraft getretenen Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013, ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen, die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
-
erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
-
erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
-
erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
-
eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
-
eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach
§ 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d vorliegen.
Entscheidend für die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist, wie sich eine bestehende Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH vom 20.10.2011, Zl. 2009/11/0032).
Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden (vgl. etwa VwGH 18.12.2006, Zl. 2006/11/0211; VwGH 20.04.2004, Zl. 2003/11/0078).
Dabei kommt es entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Allgemeinen an, nicht aber auf andere Umstände, wie etwa die Entfernung zwischen der Wohnung des BF und der nächstgelegenen Haltestelle öffentlicher Verkehrsmittel (vgl. VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0258; VwGH 27.05.2014, Zl. 2014/11/0030).
Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche sowie bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt (VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242; 14.05.2009, Zl. 2007/11/0080).
Es war aus folgenden Gründen spruchgemäß zu entscheiden:
Es konnten beim BF keine Einschränkungen und Erkrankungen, welche im § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen für die beantragte Zusatzeintragung genannt sind, im geforderten Ausmaße, nämlich in erheblichem beziehungsweise hochgradigem Ausmaß, festgestellt werden.
Der BF besitzt auch die konkrete Fähigkeit ein öffentliches Verkehrsmittel zu benützen. Insbesondere konnte festgestellt werden, dass die Bewältigung einer kurzen Wegstrecke für den BF selbstständig, allenfalls mit einer Gehhilfe, möglich ist. Das Ein- und Aussteigen in beziehungsweise aus öffentlichen Verkehrsmitteln kann bei einem üblichen Niveauunterschied ohne fremde Hilfe seitens des BF geleistet werden und der Transport im Fahrzeug ist unter den üblichen Transportbedingungen sicher möglich.
Daher ist insgesamt im Hinblick auf die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln von einer ausreichenden Funktionsfähigkeit des Bewegungsapparates auszugehen. Auch die vorgebrachten Schmerzen konnten nicht in einem Ausmaß festgestellt werden, welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschweren.
Die weiteren Vorbringen des BF, dass für ihn ein Parkausweis behilflich wäre, um sein Leben zu erleichtern und er in einem ländlichen Gebiet wohne sind mangels rechtlicher Relevanz nicht als entscheidungsmaßgeblich zu berücksichtigen.
Was schließlich den Antrag des BF betrifft, ihm einen Parkausweis nach § 29b StVO auszustellen, so ist diesbezüglich festzuhalten, dass die belangte Behörde über diesen Antrag ausdrücklich bescheidmäßig nicht abgesprochen hat.
Der äußerste Rahmen für die Prüfbefugnis des Bundesverwaltungsgerichtes ist die "Sache" des bekämpften Bescheides (VwGH 09.09.2015, Ra 2015/04/0012; 26.03.2015, Ra 2014/07/0077). Daher ist der Antrag des BF auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO mangels Vorliegens eines bekämpfbaren Bescheides nicht verfahrensgegenständlich. Vollständigkeitshalber ist jedoch anzumerken, dass, gegenständlich die grundsätzliche Voraussetzung dafür, nämlich der Besitz eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz, der über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügt, fehlt.
Die vorliegende Beschwerde war somit spruchgemäß abzuweisen.
3.3. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlicher Bedeutung zukommt. Die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für Zusatzeintragungen in den Behindertenpass gegeben sind, stellt stets eine Einzelfallentscheidung dar. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung.
Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Behindertenpass, Sachverständigengutachten, ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:G303.2172244.1.00Zuletzt aktualisiert am
24.05.2019