TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/1 W133 2204356-1

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Veröffentlicht am 01.03.2019
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Entscheidungsdatum

01.03.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W133 2204356-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Vorsitzende und den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 13.08.2018, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer stellte am 21.03.2018 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und auf Vornahme der Zusatzeintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung im Behindertenpass beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (in der Folge als "belangte Behörde" bezeichnet) und legte medizinische Unterlagen vor.

Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin ein. In diesem Gutachten vom 02.08.2018 wurden auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung und umfassender Darstellung der Statuserhebung die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

GdB %

1

koronare Herzkrankheit, Zustand nach Myocardinfarkt, Zustand nach Stenting und aortocoronarer Bypassoperation, Bluthochdruck oberer Rahmensatz, da Zustand nach abgelaufenem Herzinfarkt ohne Dokumentation einer maßgeblichen Einschränkung der Linksventrikelfunktion

05.05.02

40

2

degenerative Veränderung der Wirbelsäule, Zustand nach knöchern konsolidierter Fraktur des 3. Lendenwirbelkörpers 1973 oberer Rahmensatz, da nachvollziehbare Symptomatik ohne Erfordernis einer analgetischen Dauertherapie und geringe Funktionseinschränkung

02.01.01

20

3

geringgradige Funktionsstörung beider Schultergelenke fixer Rahmensatz

02.06.02

20

4

Abnützungserscheinung an beiden Kniegelenken unterer Rahmensatz, da nur endlagige Funktionsstörung nachweisbar

02.05.19

20

5

leichte periphere arterielle Verschlusskrankheit im rechten Bein fixer Rahmensatz; im linken Bein wird im rezenten internistischen Befund keine maßgebliche Perfusionsstörung dokumentiert

05.03.01

10

6

Schilddrüsenunterfunktion unterer Rahmensatz, da unter Substitutionstherapie euthyreote Stoffwechsellage erzielt werden kann

09.01.01

10

zugeordnet und

nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 40 von Hundert (v.H.) eingeschätzt. Begründend führte der Gutachter aus, das führende Leiden 1 werde durch die Gesundheitsschädigungen unter lfd. Nr. 2) bis 6) nicht erhöht, da kein maßgebliches ungünstiges funktionelles Zusammenwirken bestehe. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde mit eingehender Begründung aus medizinischer Sicht als zumutbar erachtet.

Mit Schreiben vom 02.08.2018 brachte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer in Wahrung des Parteiengehörs das Gutachten zur Kenntnis und räumte ihm eine zweiwöchige Frist zur Stellungnahme ein.

Am 07.08.2018 brachte der Beschwerdeführer per E-Mail eine Stellungnahme ein, worin er einwendet, er sei von keinem Facharzt untersucht worden. Entgegen dem Gutachten könne er nur 50 bis 100m gehen. Zudem habe er schon so ziemlich alles an Krankheiten durchgemacht (Herz, Leber, Wirbelsäulenbruch), was ihm sein Dasein sicher nicht leichter machen würde. Er würde lieber von einem Facharzt untersucht werden, welcher eine gewisse Kompetenz in der Kardiologie und für Gefäße aufweise. Er legte der Stellungnahme weitere medizinische Befunde bei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 13.08.2018 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) ab, da er mit dem festgestellten Grad der Behinderung von 40 v.H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle. In der Begründung verwies die belangte Behörde auf das Ergebnis der ärztlichen Begutachtung, wonach der Grad der Behinderung 40 v.H. betrage.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit E-Mail-Schreiben vom 21.08.2018 fristgerecht eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin führte er lediglich aus, der erhobene Einwand sei nicht genug gewesen, deshalb wolle er diese Angelegenheit mit Fachärzten vor Gericht austragen. Die Gutachter seien Allgemeinmediziner und hätten laut seinen eigenen Ansagen keine Ahnung von Herz- und Gefäßerkrankungen.

Da dieses Anbringen Mängel aufwies, gab das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer mit Mängelbehebungsauftrag vom 21.09.2018 die Gelegenheit binnen 2 Wochen den Bescheid und die belangte Behörde zu bezeichnen sowie die Beschwerdegründe und das Beschwerdebegehren zu ergänzen.

Mit Schreiben vom 27.09.2018 erstattete der Beschwerdeführer eine entsprechende Ergänzung seiner Beschwerde und führt begründend aus, das Gutachten sei nur von einem Allgemeinmediziner durchgeführt worden, welcher behaupte, dass die arterielle Verschlusskrankheit nichts mit dem Herz-Kreislauf zu tun habe. Darum begehre der Beschwerdeführer, von einem Facharzt / Kardiologen bzw Gefäßarzt untersucht zu werden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der Beschwerdeführer ist österreichischer Staatsangehöriger und hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich.

Er brachte am 21.03.2018 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bei der belangten Behörde ein.

Bei dem Beschwerdeführer bestehen folgende Gesundheitsschädigungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1) koronare Herzkrankheit, Zustand nach Myocardinfarkt, Zustand nach Stenting und aortocoronarer Bypassoperation, Bluthochdruck, bei einem Zustand nach abgelaufenem Herzinfarkt ohne Dokumentation einer maßgeblichen Einschränkung der Linksventrikelfunktion;

2) degenerative Veränderung der Wirbelsäule, Zustand nach knöchern konsolidierter Fraktur des 3. Lendenwirbelkörpers 1973, bei nachvollziehbarer Symptomatik ohne Erfordernis einer analgetischen Dauertherapie und geringe Funktionseinschränkung;

3) geringgradige Funktionsstörung beider Schultergelenke

4) Abnützungserscheinung an beiden Kniegelenken, wobei nur eine endlagige Funktionsstörung nachweisbar ist;

5) periphere arterielle Verschlusskrankheit im rechten Bein, im linken Bein wird im rezenten internistischen Befund keine maßgebliche Perfusionsstörung dokumentiert, und

6) Schilddrüsenunterfunktion, wobei unter Substitutionstherapie beim Beschwerdeführer eine euthyreote Stoffwechsellage erzielt wird.

Leiden 1 wird durch die Gesundheitsschädigungen unter lfd. Nr. 2) bis 6) nicht erhöht, da kein maßgebliches ungünstiges funktionelles Zusammenwirken besteht.

Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt aktuell 40 v. H.

Hinsichtlich der bei dem Beschwerdeführer bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, wechselseitiger Leidensbeeinflussung und medizinischer Einschätzung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im Sachverständigengutachten des Arztes für Allgemeinmedizin vom 02.08.2018 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt; diesbezüglich wird auf die nachfolgenden beweiswürdigenden und rechtlichen Ausführungen verwiesen.

Unter Berücksichtigung der dem Gericht vorliegenden medizinischen Befunde und der Untersuchungsergebnisse im Gutachten ist eine höhere Einschätzung der festgestellten Leidenszustände zum Entscheidungszeitpunkt nicht möglich.

Hinsichtlich des Beschwerdeeinwandes, der Gutachter behaupte zu Unrecht, dass die arterielle Verschlusskrankheit nichts mit dem Herz-Kreislauf zu tun habe, ist festzustellen, dass der Sachverständige in seinem Gutachten in Bezug auf das wechselseitige Zusammenwirken der Leidenszustände ausgeführt hat, dass zwischen dem führenden Leiden 1 und (auch) Leiden 5 - somit der leichten peripheren arteriellen Verschlusskrankheit im rechten Bein - kein maßgebliches ungünstiges funktionelles Zusammenwirken besteht. Damit hat der Sachverständige jedoch - entgegen der Interpretation des Beschwerdeführers nicht behauptet, dass gar kein Zusammenwirken besteht. Jedoch kommt es aufgrund der mäßigen Ausprägung des Leidens 5 zu keinem ungünstigen negativen Zusammenwirken in entscheidungserheblichem Ausmaß. Zur Schlüssigkeitsprüfung der Zuordnung der einzelnen Leidenszustände wird auch auf die nachfolgenden beweiswürdigenden Ausführungen verwiesen.

2. Beweiswürdigung:

Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Inland ergeben sich aus der im Akt aufliegenden Kopie der Meldebestätigung und seinen eigenen Angaben bei der Antragstellung; konkrete Anhaltspunkte dafür, dass er seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Auch die belangte Behörde ging vom Vorliegen dieser Voraussetzung aus.

Der Gesamtgrad der Behinderung basiert auf dem seitens der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten des Arztes für Allgemeinmedizin vom 02.08.2018. In diesem Gutachten wird auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Der Gutachter setzt sich auch umfassend und nachvollziehbar mit den vorgelegten Befunden und dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Rahmen der Untersuchung auseinander. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen persönlicher Untersuchung erhobenen Befunden, entsprechen auch den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen (diesbezüglich wird auch auf die oben nur auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen im Gutachten verwiesen); die Gesundheitsschädigungen wurden nach der Einschätzungsverordnung auch richtig eingestuft.

Führendes Leiden des Beschwerdeführers ist die koronare Herzkrankheit, Zustand nach Myocardinfarkt, Zustand nach Stenting und aortocoronarer Bypassoperation, mit Bluthochdruck. Die aufgrund dieses Leidensbildes vorliegenden Funktionseinschränkungen wurden von dem Sachverständigen unter Berücksichtigung der vorliegenden medizinischen Befunde und des Untersuchungsbefundes korrekt der Positionsnummer 05.05.02 der Anlage zur Einschätzungsverordnung zugeordnet, welche koronare Herzkrankheiten mit einer geringen Einschränkung der Herzleistung betrifft. Da bei dem Beschwerdeführer keine maßgebliche Einschränkung der Linksventrikelfunktion vorliegt, er jedoch bereits einen Myocardinfarkt erlitten hat, erweist sich die Einstufung des Gutachters zum oberen Rahmensatz der Positionsnummer 05.05.02 als nachvollziehbar und auch richtig. Die Voraussetzungen für eine Einstufung unter der nächsthöheren Positionsnummer 05.05.03 der Anlage zur Einschätzungsverordnung ist nicht möglich, zumal weder bereits klinische Zeichen einer Herzinsuffizienz noch eine mittelgradige Einschränkung der Linksventrikelfunktion (befundmäßig) objektiviert werden konnten. Auch aus dem vorgelegten kardiologischen Befund vom 20.07.2017 ergibt sich eine geringgradig eingeschränkte Funktion des Linksventrikels, was die gutachterliche Beurteilung bestätigt.

Auch das Leiden Nr. 2 wurde korrekt der Positionsnummer 02.01.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung, welche Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule geringen Grades betrifft, zugeordnet. Der Sachverständige begründete die Einstufung im oberen Rahmensatz dieser Positionsnummer nachvollziehbar mit dem Umstand, dass eine nachvollziehbare Symptomatik ohne Erfordernis einer analgetischen Dauertherapie und geringe Funktionseinschränkung gegeben sind. Die von dem Gutachter gewählte Einstufung erweist sich somit als nachvollziehbar und richtig. Eine Einstufung zur nächsthöheren Positionsnummer 02.01.02 erweist sich aufgrund der genannten Ausprägung des Leidenszustandes unter Berücksichtigung der vorliegenden Befunde und des Untersuchungsergebnisses als nicht möglich.

Auch Leiden 3 wurde korrekt der Positionsnummer 02.06.02 der Anlage zur Einschätzungsverordnung, welche Funktionseinschränkungen geringen Grades beider Schultern betrifft, zugeordnet. Im Rahmen der Untersuchung ergab sich eine Beweglichkeit von 0/0/120°, was die Einstufung bestätigt. Bei dieser Beweglichkeitseinschränkung ist ein fixer Richtsatz von 20% normiert.

Die Abnützungserscheinungen an beiden Kniegelenken wurden vom Sachverständigen ebenfalls korrekt der Positionsnummer 02.05.19 der Anlage zur Einschätzungsverordnung, welche Funktionseinschränkungen geringen Grades beider Kniegelenke betrifft, zugeordnet. Im Rahmen der Untersuchung wurde eine lediglich endlagige Funktionseinschränkung beider Kniegelenke bei festem Bandapparat objektiviert, sodass die gewählte Einschätzung zutrifft.

Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte periphere arterielle Verschlusskrankheit berücksichtigte der Sachverständige unter Leiden Nr. 5 und ordnete die vorliegenden Funktionseinschränkungen der Positionsnummer 05.03.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung, welche Funktionseinschränkungen leichten Grades des arteriellen Gefäßsystems betrifft, zu. Da jedoch in den vorliegenden Befunden der Gefäßambulanz eine pAVK des Grades II objektiviert ist, ist beim Leidenszustand 5 eine Zuordnung zum unteren Rahmensatz der Positionsnummer 05.03.02 der Anlage zur Einschätzungsverordnung, welche Funktionseinschränkungen mittleren Grades des arteriellen Gefäßsystems betrifft und mit einem Einzelgrad der Behinderung von 20% bewertet ist, gerechtfertigt. Auch diese - nunmehr höhere Bewertung der arteriellen Verschlusskrankheit - führt jedoch aufgrund der mäßigen Ausprägung der Funktionseinschränkung zu keiner Anhebung des Gesamtgrades der Behinderung auf 50%. Dabei musste das Gericht auch berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer trotz der bestehenden Erkrankungen nach wie vor Raucher ist (aus den Befunden ergibt sich trotz der bestehenden arteriellen Verschlusskrankheit ein Konsum von 20 Zigaretten pro Tag) und auch deutlich übergewichtig ist. Es wurden ihm ausdrücklich mehrfach ein regelmäßiges körperliches Training, tägliche ausgedehnte Spaziergänge und dringlich eine Nikotinabstinenz als Therapien vorgeschlagen, sodass mehrfache zumutbare und vergleichsweise einfache Therapieoptionen zur Verfügung stehen.

Leiden 6 wurde vom Gutachter korrekt der Positionsnummer 09.01.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung, welche endokrine Störungen leichten Grades betrifft, zugeordnet. Auch die Zuordnung zum unteren Rahmensatz mit einem Einzelgrad der Behinderung von 10% erweist sich unter Berücksichtigung des Umstandes, dass unter Substitutionstherapie beim Beschwerdeführer eine euthyreote Stoffwechsellage erzielt wird, als korrekt.

Dass der Gutachter die Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers tatsachenwidrig beurteilt hätte, kann vor dem Hintergrund der vorgelegten Befunde sowie unter Berücksichtigung der Untersuchungsergebnisse nicht erkannt werden. Die Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers wurden umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander nachvollziehbar und richtig berücksichtigt. Wie bereits oben ausgeführt, führt auch die nunmehr vom Gutachten abgeänderte Zuordnung des Leidens 5 zum unteren Rahmensatz der Positionsnummer 05.03.02 der Anlage zur Einschätzungsverordnung zu keiner Anhebung des Gesamtgrades der Behinderung.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers im Rahmen der Beschwerde ist somit nicht geeignet, das vorliegende fachärztliche Sachverständigengutachten zu entkräften und eine Änderung des Ermittlungsergebnisses herbeizuführen. Der Beschwerdeführer legte im Rahmen der Beschwerde auch keine Befunde vor, welche dem Gutachten bzw den obigen Ausführungen widersprechen würden. Er ist dem Sachverständigengutachten im Rahmen der Beschwerde auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 02.08.2018. Dieses wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG), BGBl. 283/1990 idF BGBl. I Nr. 59/2018, lauten auszugsweise:

"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

...

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

...

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45.

(1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

....

§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden."

Wie oben unter Punkt II.2. eingehend ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das schlüssige und widerspruchsfreie allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten vom 02.08.2018 zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers 40 v. H. beträgt. Die Gesundheitsschädigungen wurden in dem Gutachten auch nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft; diesbezüglich wird auch auf die obigen detaillierten Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung verwiesen. Leiden 5 wurde - wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung ausführlich dargelegt - nunmehr mit einem Einzelgrad der Behinderung von 20% bewertet. Der Gesamtgrad der Behinderung verändert sich dadurch jedoch aufgrund der mäßigen Ausprägung dieser Funktionseinschränkung und der zahlreich gegebenen Therapiemöglichkeiten nicht. Wie ebenfalls bereits oben im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde, waren die im Rahmen der Beschwerde erhobenen unsubstantiierten Einwendungen nicht geeignet, das vorliegende aktuelle Gutachten zu entkräften. Es ist daher davon auszugehen, dass der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt 40 v.H. beträgt.

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, nicht erfüllt.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass für das Verfahren nach § 46 Bundesbehindertengesetz eine Neuerungsbeschränkung besteht, wonach im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden dürfen. Bei einer Verschlechterung des Leidenszustandes kommt jedoch eine neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht.

Soweit der Beschwerdeführer im Verfahren die Einholung weiterer medizinischer Sachverständigengutachten anderer Fachrichtungen moniert, ist dazu auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die Behörden im Zusammenhang mit der Einschätzung des Grades der Behinderung verpflichtet sind, zur Klärung medizinischer Fachfragen ärztliche Gutachten einzuholen. Das Gesetz enthält aber keine Regelung, aus der geschlossen werden kann, dass ein Anspruch auf die Beiziehung von Fachärzten einer bestimmten Fachrichtung bestünde. Es besteht demnach kein Anspruch auf die Zuziehung eines Facharztes eines bestimmten medizinischen Teilgebietes. Es kommt vielmehr auf die Schlüssigkeit des eingeholten Gutachtens an (vgl. VwGH 24.06.1997, Zl. 96/08/0114).

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

Im gegenständlichen Fall wurde die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen (Schmerzen, Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der vom Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). Beide Parteien stellten zudem keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird (vgl. dazu die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 09.06.2017, Zl. E 1162/2017-5).

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W133.2204356.1.00

Zuletzt aktualisiert am

24.05.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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