TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/12 W200 2177750-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.03.2019
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Entscheidungsdatum

12.03.2019

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W200 2177750-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ulrike SCHERZ als Vorsitzende und durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. HALBAUER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 02.11.2017, OB:

97911032500022, betreffend Abweisung des Antrags auf Vornahme der Zusatzeintragung "Der Inhaber des Passes bedarf einer Begleitperson" in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die beschwerdeführende Partei verfügt seit 07.01.2004 über einen Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 70 v.H. und stellte am 19.07.2017 beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (im Folgenden als belangte Behörde bezeichnet), einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Der Inhaber des Passes bedarf einer Begleitperson."

Dem Antrag angeschlossen war ein Konvolut an medizinischen Unterlagen.

Der vom Sozialministeriumservice als Gutachter bestellte Arzt für Allgemeinmedizin stellte nach durchgeführter Untersuchung in seinem Gutachten vom 02.11.2017 folgendes Relevante fest:

"Anamnese:

Operationen: Tonsillektomie ohne Folgeschaden, als Kind eine Hirnhautentzündung, da durch mentale Reimplantation, aus diesem Grund musste der Antragwerber auch Sonderschule bis zur 8. Schulstufe besuchen, entsprechende Unterlagen und Zeugnisse werden nachgereicht,

Kataraktoperation beidseits im Krankenhaus RST 2012 mit Erfolg, der Antragwerber verwendet eine Brille als Glashilfe, gute Sehleistung,

Vorgutachten 09/2004 wegen Herabsetzung der geistigen Leistungsfähigkeit mittleren Grades, degenerative Veränderung der Wirbelsäule, Coxarthrose beidseits, Refluxösophagitis mit axiale Hiatushernie: 70%

Verdacht auf koronare Herzkrankheit, negative Koronarangiographie 12/2013, kein Myocardinfarkt erinnerlich, Medikation: Bisocor 5 1/2-0-0, Lasix 30 1-0-0, unter Therapie normales Blutdruckverhalten, keine Adaptationszeichen nachgewiesen, jedoch chronische organisierter Perikarderguss ohne Tamponadezeichen, chronischer Pleuraergüsse 2012, keine Intervention geplant, Observatio, nächste Kontrolle 09/2017,

hochgradige Verdacht auf bihiläre Cholangitis (AMA grenzwertig, GP 210-AK pos.), Lymphadenopathie mediastinal und präcarinär laut Computertomographie vom 11/2013 im Hanusch Krankenhaus, negatives Quantiferon und MMT, endosonographisch gezielte Lymphknotenbiopsie am 5.12.2013, keine weitere Behandlung erforderlich, Observatio, nächste Kontrolle 10/2017, Medikation: Ursofalk 500 1-0-0, keine Änderung des mäßig guten Ernährungszustandes, der schon seit der Jugend bestanden hat,

Antrumgastritis laut Gastroskopiebefund 11/2013 des Hanusch Krankenhauses, Medikation: Omec 20 1-0-0,

Wirbelsäulenschädigung seit Jahren, nachgewiesenen Osteoporose, keine Knochendestruktion nachgewiesen, Symptomatik: motorischen Ausfälle, chronischer Lumbago, Osteochondrose L2 bis L5 laut Diagnosezentrum Meidling 09/2012 nachgewiesen, Behandlung der Osteoporose wird Aclasta einmal jährlich im Februar angewendet, früher wurde Bonviva verabreicht,

Prostatahyperplasie seit Jahren, laut vorliegenden Laborbefund vom 20.6.2017 PSA: 5,5 ng/ml (Referenzwert bis 4,4), freies PSA etwas erniedrigt mit 13 % >18), aus diesem Grund wird Androfin 5 mg einmal täglich verabreicht, keine Nierenfunktionsstörung, letzte

Kreatininwert: 1,1 mg% (0,7-1,1),

Nikotin: 0, Alkohol: 0,

Derzeitige Beschwerden:

Herzbeschwerden mit Atemnot, keine signifikante Einschränkung der Mobilität, nach einer Viertelstunde tritt Atemnot auf,

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Bisocor 5, Oleovit D3 gtt, Omec 20, Ursofalk 500, Aclasta 5, Lasix 30, Androfin 5,

Sozialanamnese:

pensionierte Fabriksarbeiter und zuletzt Hilfsarbeiter bei McDonald's seit 2007 (62. Lebensjahr), ledig, keine Kinder, Antragwerber lebt alleine in einer Wohnung im Erdgeschoss, zum Erreichen der Wohnung sind 6 Stufen zu überwinden, Antragwerber bezieht Pflegegeldstufe 1 seit 2011,

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Ambulanzkartei Diabetesambulanz des Hanusch Krankenhauses vom 05.05.2017, allgemeine Information: hochgradiger Verdacht auf bihiläre Cholangitis (ANA grenzwertig, GP 210-AK positiv), Lymphadenopathie mediastinal und präcarinär (Computertomographie 11/2013 Hanusch Krankenhaus), negatives Quantiferon und MMT, sonographisch-gezielte Lymphknotenbiopsie am 05.05.2013, chronischer organisierter Perikarderguss ohne Tamponadezeichen, chronischer Pleuraergüsse 2012, axiale Gleithernie, juxtapapilläre Divertikel, Antrumgastritis (Gastroskopie 11/2013), Osteoporose, Prolia-Therapie, Knickbildung im rechten Ureter und konsekutive Hydronephrose ohne weitere erforderliches urologisches Procedere, chronischer Lumbago, Osteochondrose L2 bis L5 (Diagnosezentrum Meidling 09/2012), Katarakt nuclearis et corticalis beidseits, Zustand nach Koronarangiographie am 10.12.2013 (unauffälliges Koronarangiographie beidseits), st. p. Kataraktoperation rechts, Medikamente: Bisocor 5, Oleovit D3 gtt, Omec 20, Ursofalk 500, Aclasta 5, Lasix 30 ret., Patient klagt über Müdigkeit und Belastungsdyspnoe, geringe Unterschenkelödeme, Furosemid aktuell 20 mg täglich, Lungenkontrolle, wiederbestellt in 3 Monaten mit Chemie, KBW und Vitamin B12, Folsäure, BNP und AFP,

Fachärztliche Begutachtung/Lungenambulanz des Hanusch Krankenhauses vom 22.06.2017/Auskultation: abgeschwächtes Atemgeräusch beidseits mit diskreten feinblasige Rassegeräusche beidseits basal, Nichtraucher, keine Allergie bekannt, Berufsanamnese: hat in der Metallverarbeitung gearbeitet/Diagnosen: hochgradiger Verdacht auf primäre bihiläre Cholangitis, chronische organisierter Perikarderguss ohne Tamponadezeichen und chronischer Pleuraerguss beidseits seit 2012, Lymphadenopathie mediastinal und präcarinal laut CT 2013, Zustand nach 2-maliger CT-Untersuchung und PET, axiale Gleithernie, Antrumgastritis, Osteoporose mit lf. und Bonvivatherapie, Hydronephrose, chronischer Lumbago, Osteochondrose L2 bis L5, Lungenröntgen: unverändert zeigen sich die chronischen Pleuraergüsse beidseits, somit können die Zwerchfellkuppen nicht abgegrenzt werden, Herzschatten scheint verbreitert, keine pulmonale Stauungszeichen, Kyphose der Brustwirbelsäule, im rechten Unterlappen zeigt sich-wie in den vor Röntgenbildern-streifige mäßige Verdichtungen, Lungenfunktion: restriktiven Ventilationsstörung bei chronischem Güsse beidseits und Kyphose, kein Hinweis für Obstruktion (Verlauf nicht vorliegen), Befund:

restriktiven Ventilationsstörung bei Kyphose und chronischen Pleuraergüsse beidseits/chronischer Perikarderguss unklarer Genese, unauffällige Oxygenierung,

Laborbefund vom 20.06.2017: GFR: 84 ml/Min. (>90), CRP: 6,0 mg% (<5,0), PSA: 5,50 ng/ml (<4,1), freies PSA: 0,73 ng/ml, freies PSA-Quotient 13 % (>18),

Befundnachreichung: Abgangszeugnis der öffentlichen Sonderschule XXXX aus dem Schuljahr 1958/59

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand: guter Allgemeinzustand

Ernährungszustand: guter Ernährungszustand, BMI (Body Maß Index): 20 kg/m²

Größe: 155,00 cm Gewicht: 48,00 kg Blutdruck: 145/90

Klinischer Status - Fachstatus:

Sauerstoffsättigung der Raumluft: pO2: 95 %, Puls: 95/min, keine Ruhedyspnoe

Kopf: Zähne: Teil-Prothese, Fern- und Lesebrille, Sensorium frei, Zustand nach Tonsillektomie, Nervenaustrittspunkte unauff.,

Hals: keine Einflussstauung, Schilddrüse schluckverschieblich, Lymphknoten o.B.,

Thorax: symmetrisch, Trichterbrust,

Herz: normal konfiguriert, Herztöne rein, keine pathologischen Geräusche,

Lunge: vesikuläres Atemgeräusch, Basen mäßig gut verschieblich, hyperson. Klopfschall,

Wirbelsäule: endlagige Einschränkung der Rotation der Halswirbelsäule, Kinn-Jugulum- Abstand 2cm, deutliche rechtskonvexe Kyphoskoliose der Brustwirbelsäule mit Gibbusbildung, Scheitel TH 10, Fingerbodenabstand 20cm, thorakaler Schober 30/32cm, Ott:

10/13cm, Hartspann der Lendenwirbelsäule,

Abdomen: weich, unter Thoraxniveau, Hepar und Lien nicht palpabel, keine Resistenz tastbar,

Nierenlager: beidseits frei,

obere Extremität: frei beweglich, Globalfunktion und grobe Kraft beidseits erhalten, Nacken- und Kreuzgriff möglich,

untere Extremität: frei beweglich, seitengleicher Umfang beider

Kniegelenke bei festem Bandapparat: 32,5cm, keine signifikante Involutionsatrophie der Unterschenkelmuskulatur, Umfang des rechten

Unterschenkels: 29cm (links: 28,5cm), leicht indurierte Ödeme, Gefäßzeichnung an beiden Unterschenkeln ohne trophische Hautstörungen, Reflex lebhaft auslösbar, Babinski negativ, Zehen- und Fersengang möglich,

Gesamtmobilität - Gangbild: unauff. Gangbild, keine Gehhilfe

Status Psychicus:

zeitlich und örtlich orientiert, ausgeglichene Stimmungslage, normale Kommunikation möglich,

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1

Herabsetzung der geistigen Leistungsfähigkeit mittleren Grades

2

degenerative Veränderung der Wirbelsäule

3

Coxarthrose beidseits

4

Refluxösophagitis, axiale Hiatushernie, kein sicherer Nachweis einer Neoplasie

5

restriktiven Ventilationsstörung der Lunge ohne Obstruktion, persistierende Pleuraergüsse

(...)

Gutachterliche Stellungnahme:

Im Gutachten wurde festgestellt, dass bei dem AW keine höhergradige Funktionsstörung der unteren Extremitäten vorliegt. Es finden sich im klinischen Befund keine signifikanten motorischen Ausfälle. Der AW kann eine Strecke von mehr als 300 Metern zu Fuß ohne Unterbrechung, ohne überdurchschnittliche Kraftanstrengung, ohne große Schmerzen und ohne fremde Hilfe zurücklegen. Es sind keine Behelfe erforderlich, die das Ein- und Aussteigen sowie die sichere Beförderung unter Verwendung von Aufstiegshilfen und Haltegriffen in einem öffentlichen Verkehrsmittel wesentlich beeinträchtigen.

Es liegen keine erheblichen Einschränkungen der psychischen, neurologischen und intellektuellen Funktionen vor; die Gefahreneinschätzung im öffentlichen Raum ist gegeben. Ein nachweislich therapierefraktäres schweres Anfallsleiden ist nicht dokumentiert.

Ein Herzleiden, welches eine hochgradige Einschränkung der Auswurfleistung zur Folge hat und eine signifikante Belastungsstörung verursacht, kann bei der klinischen Untersuchung und aufgrund der vorliegenden Befunde nicht ermittelt werden.

Es besteht keine massive hochgradige Atemnot schon bei geringster Belastung und keine Indikation für eine Langzeitsauerstofftherapie. Sohin sind öffentliche Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der dauernden Gesundheitsschädigungen zumutbar.

Das Erfordernis einer Begleitperson ist aufgrund der vorliegenden dauernden Gesundheitsschädigung unter lf. Nr. 1) nicht ausreichend zu begründen, da von Seiten der psychiatrischen Gesundheitsschädigung keine Befunde vorliegen, die eine psychotische Veränderung in dem Ausmaß dokumentieren, sodass eine ständige Aufsicht durch eine Begleitperson erforderlich wäre."

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 02.11.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung "Der Inhaber des Passes bedarf einer Begleitperson" gemäß §§ 42 und 45 BBG abgewiesen. Begründend wurde unter Bezugnahme auf das medizinische Sachverständigengutachten vom 02.11.2017 im Wesentlichen ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die begehrte Zusatzeintragung nicht vorliegen würden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht am 17.11.2017 Beschwerde und führte im Wesentlichen aus, dass er Pflegegeld der Stufe 1 erhalte und daher sehr wohl einer Begleitperson bedürfe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Inhaber eines unbefristeten Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 70 v.H. und der Zusatzeintragung "Fahrpreisermäßigung".

Der Beschwerdeführer stellte am 19.07.2017 den gegenständlichen Antrag auf folgende Zusatzeintragung: "Der Inhaber des Passes bedarf einer Begleitperson."

Beim Beschwerdeführer bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1) Herabsetzung der geistigen Leistungsfähigkeit mittleren Grades

2) Degenerative Veränderung der Wirbelsäule

3) Coxarthrose beidseits

4) Refluxösophagitis, axiale Hiatushernie, kein sicherer Nachweis einer Neoplasie

5) Restriktive Ventilationsstörung der Lunge ohne Obstruktion, persistierende Pleuraergüsse

Beim Beschwerdeführer liegen keine erheblichen Einschränkungen der psychischen, neurologischen und intellektuellen Funktionen vor, es bestehen keine kognitiven Einschränkungen, die bewirken, dass er im öffentlichen Raum zur Orientierung und Vermeidung von Eigengefährdung ständiger Hilfe einer zweiten Person bedarf.

Beim Beschwerdeführerin liegen weder multifaktorielle Defizite vor, die im Zusammenwirken der Gesundheitsschädigungen eine Begleitperson erforderlich machen, noch besteht ein Leiden, das aufgrund seines Schwergrades für sich alleine eine Begleitperson erfordert.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Behindertenpass, zur Antragstellung und zum Gegenstand des angefochtenen Bescheides ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zu den bestehenden Leidenszuständen und zum Nichtvorliegen erheblicher - den Bedarf einer Begleitperson bewirkender - Funktionseinschränkungen gründen sich auf von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 02.11.2017.

Der vorliegende Sachverständigenbeweis wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes als schlüssig erachtet. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befund, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen (diesbezüglich wird auch auf die auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen im Gutachten verwiesen).

Einbezogen wurden vom befassten Sachverständigen die vom Beschwerdeführer im verwaltungsbehördlichen Verfahren vorgelegten Befunde, die im Übrigen nicht in Widerspruch zur gutachterlichen Beurteilung stehen und kein höheres Funktionsdefizit dokumentieren, als anlässlich der Begutachtung festgestellt wurde.

Im Gutachten vom 02.11.2017 wurde unter Berücksichtigung der festgestellten Leidenszustände nachvollziehbar dargelegt, warum der Beschwerdeführer aus medizinischer Sicht keiner Begleitperson bedarf.

Darüber hinaus führte der befasste Sachverständige nachvollziehbar im Gutachten aus, dass das Erfordernis einer Begleitperson aufgrund der vorliegenden Gesundheitsschädigung unter lf. Nr. 1 nicht ausreichend zu begründen ist, da von Seiten der psychiatrischen Gesundheitsschädigung keine Befunde vorliegen, die eine psychotische Veränderung in dem Ausmaß dokumentieren, sodass eine ständige Aufsicht durch eine Begleitperson erforderlich wäre.

Auch die im Rahmen der Beschwerde erhobenen Einwendungen vermögen keine Änderung des Ermittlungsergebnisses herbeizuführen, zumal lediglich vom Beschwerdeführer vorgebracht wurde, dass er Pflegegeld der Stufe 1 erhalte und daher einer Begleitperson bedürfe.

Das Bundesverwaltungsgericht erachtet den vorliegenden Sachverständigenbeweis vom 02.11.2017 für schlüssig, nachvollziehbar und vollständig. Er wird der Entscheidung in freier Beweiswürdigung zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Zu A)

Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

"§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. ()"

"§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. "

"§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen."

Die in Ausübung der Ermächtigung des § 47 BBG erlassene Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013, ist am 01.01.2014 in Kraft getreten und wurde mit 22.09.2016, BGBl. II Nr. 263/2016, novelliert. § 1 dieser Verordnung lautet auszugsweise:

"§ 1. (4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:

2. die Feststellung, dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes

a) einer Begleitperson bedarf;

diese Eintragung ist vorzunehmen bei

-

Passinhabern/Passinhaberinnen, die über eine Eintragung nach Abs. 4 Z.1 lit. a verfügen;

-

Passinhabern/Passinhaberinnen, die über eine Eintragung nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d verfügen;

-

bewegungseingeschränkten Menschen ab dem vollendeten 6. Lebensjahr, die zur Fortbewegung im öffentlichen Raum ständig der Hilfe einer zweiten Person bedürfen;

-

Kindern ab dem vollendeten 6. Lebensjahr und Jugendlichen mit deutlicher Entwicklungsverzögerung und/oder ausgeprägten Verhaltensveränderungen;

-

Menschen ab dem vollendeten 6. Lebensjahr mit kognitiven Einschränkungen, die im öffentlichen Raum zur Orientierung und Vermeidung von Eigengefährdung ständiger Hilfe einer zweiten Person bedürfen, und

-

schwerst behinderten Kindern ab Geburt bis zum vollendeten 6. Lebensjahr, die dauernd überwacht werden müssen (z. B. Aspirationsgefahr).

(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen."

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind, um die Frage der Notwendigkeit einer Begleitperson beurteilen zu können, - regelmäßig unter Beiziehung eines ärztlichen Sachverständigen - die Art der Gesundheitsschädigung des Betroffenen und deren Konsequenzen für die allfällige Notwendigkeit der Beiziehung einer Begleitperson darzustellen (vgl. VwGH 01.03.2016, Ro 2014/11/0024).

Seitens des Sozialministeriums wurde ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin eingeholt, das diesen Anforderungen gerecht wird.

Wie oben unter Punkt II.2.2. eingehend ausgeführt, wird der Entscheidung das schlüssige Sachverständigengutachten vom 02.11.2017 zugrunde gelegt. Wie ebenfalls bereits im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde, waren die Einwendungen in der Beschwerde nicht geeignet, den vorliegenden Sachverständigenbeweis zu entkräften.

Unter Berücksichtigung der gutachterlichen medizinischen Beurteilung erreichen die dauernden Gesundheitsschädigungen des Beschwerdeführers zum Entscheidungszeitpunkt kein Ausmaß, das die Vornahme der Zusatzeintragung "Bedarf einer Begleitperson" rechtfertigen würde. Der Beschwerdeführer bedarf zur Fortbewegung im öffentlichen Raum nicht ständig der Hilfe einer zweiten Person. Bei ihm bestehen keine kognitiven Einschränkungen, die bewirken, dass er im öffentlichen Raum zur Orientierung und Vermeidung von Eigengefährdung ständiger Hilfe einer zweiten Person bedarf.

Der Beschwerdeführer erfüllt die Voraussetzung für die Zusatzeintragung gemäß § 1 Abs. 2 Z. 1 lit. a, b und d unstrittig nicht.

Es besteht laut eingeholten nachvollziehbaren Gutachten weder eine Bewegungseinschränkung des Beschwerdeführers, die dazu führt, dass er zur Fortbewegung im öffentlichen Raum ständig der Hilfe einer zweiten Person bedarf noch weist der Beschwerdeführer kognitive Einschränkungen auf, sodass er die im öffentlichen Raum zur Orientierung und Vermeidung von Eigengefährdung ständig Hilfe einer zweiten Person benötige.

Der Beschwerdeführer erfüllt nicht die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung " Der Inhaber des Passes bedarf einer Begleitperson", weshalb die Beschwerde abzuweisen war.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren (objektivierten) Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Prüfung des "Bedarfs einer Begleitperson" nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG).

Die Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (§ 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG).

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)

Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden. (§ 24 Abs. 5 VwGVG)

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

Zur Klärung des Sachverhaltes wurde von der belangten Behörde ein ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt. Wie unter Punkt II.

2. bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Für den erkennenden Senat lässt sich aus einer mündlichen Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten.

Sohin erscheint der Sachverhalt geklärt, dem Bundesverwaltungsgericht liegt kein Beschwerdevorbringen vor, das mit der beschwerdeführenden Partei mündlich zu erörtern gewesen wäre und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Entscheidung weicht nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes und der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II 495/2013 idF BGBl. II Nr. 263/2016, sind - soweit für den Fall von Bedeutung - eindeutig. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Behindertenpass, Sachverständigengutachten, Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W200.2177750.1.00

Zuletzt aktualisiert am

24.05.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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