TE Lvwg Erkenntnis 2019/5/7 405-1/383/1/10-2019

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Veröffentlicht am 07.05.2019
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Entscheidungsdatum

07.05.2019

Index

81/01 Wasserrechtsgesetz

Norm

WRG 1959 §32
WRG 1959 §12
WRG 1959 §102

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat durch den Richter Mag. Siegfried Brandstätter über die Beschwerden von 1. Herrn AN AM, AJ 63, AH AI, 2. Frau AL AK, AJ 72, AH AI, 3. Frau AU AV, AJ 73, AH AI in Vertretung für Frau Mag. AG AF, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hallein (belangte Behörde) vom 21.12.2018, Zahl xxx (mitbeteiligte Partei: AA GmbH, AE 32, AC AD),

zu Recht e r k a n n t :

I.     Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

II.    Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.     Verfahrensgang:

Mit angefochtenen Bescheid vom 21.12.2018 wurde der AA GmbH nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens samt mündlicher Verhandlung die wasserrechtliche Bewilligung zur Sammlung und Einleitung der auf den Grundstücken y/2 und z/2, je KG AI, durch Bebauung bzw. Befestigung (Bauvorhaben „Chaletpark AI „mit einer bebauten Fläche von ca. 6375 m²) beschleunigt anfallenden Oberflächenwässer nach vorhergehender Reinigung und Retention in den AIbach, samt Oberflächenwässer aus dem Einzugsgebiet oberhalb des Bauvorhabens mit einem Gesamteinzugsgebiet von etwa 31.700 m², sowie Fassung eines bestehenden nicht ständig wasserführenden Grabens, samt wasserbautechnischen Begleitmaßnahmen und zur Errichtung und Benützung der dazu erforderlichen Anlagen erteilt. Der Bewilligung lag das Projekt der AW Ziviltechniker GmbH (Planbeilagen vom 9.3.2017, Technischer Bericht März 2018) zugrunde. Mit der wasserrechtlichen Bewilligung wurden unter Spruchpunkt II. auch zahlreiche Auflagen und Bedingungen vorgeschrieben.

Mit Schriftsatz vom 28.1.2019 wurde von drei unmittelbaren Grundnachbarn (AF, AK, AM) fristgerecht Beschwerde gegen die wasserrechtliche Bewilligung erhoben. Neben den bereits im Zuge des behördlichen Verfahrens vorgebrachten Einwendungen der befürchteten negativen Auswirkungen auf ihr Grundeigentum brachten die Nachbarn ergänzend vor, dass es sich bei der Entwässerungsanlage (Muldenkaskaden) um ein sogenanntes „Versuchskaninchen“ handle und die Funktionalität der Entwässerungsanlage insbesondere in technischer Hinsicht angezweifelt werde. Weiters wurde ausgeführt, dass die geplante Retentionsanlage aufgrund der mangelhaften Flächenfeststellungen und Schneemengenberechnung nicht funktionieren könne. Bei Lagerung des Schnees auf den Retentionsmulden würde die Entwässerungsanlage nicht mehr funktionieren und durch Einsatz von Schneeräumgeräten beschädigt werden.

Mit Schreiben vom 29.1.2019 legte die belangte Behörde die Beschwerden samt Verwaltungsakt an das Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

Mit Schreiben des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 18.3.2019 wurde der wasserbautechnische Amtssachverständige zur Erstellung einer wasserbautechnischen Stellungnahme und Beantwortung der Frage beauftragt, ob durch die geplanten Maßnahmen negative Auswirkungen bzw. Beeinträchtigungen der Grundstücke der Betroffenen Nachbarn zu erwarten sind. Der wasserbautechnische Sachverständige möge sich mit der von den Beschwerdeführern angezweifelten grundsätzlichen Funktionsfähigkeit der geplanten Entwässerungsanlagen (Muldenkaskaden) auseinandersetzen und eine entsprechende fachliche Beurteilung abgeben. Weiters möge der Amtssachverständige eine fachliche Einschätzung bezüglich der Bedenken der Anrainer hinsichtlich der aufgezeigten Schneeproblematiken abgeben.

Der wasserbautechnische Amtssachverständige führte in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 27.3.2019 Folgendes aus:

„Zu der Frage der Funktionsfähigkeit der geplanten Entwässerungsanlage (Muldenkaskaden) kann wie folgt Stellung genommen werden:

Aufgrund geographischen Gegebenheiten im Bundesland Salzburg ist eine treppenartige Anordnung von Entwässerungsmulden eine durchaus gängige Art der Konzeption von Anlagen.

Die Ableitung erfolgt in die einzelnen, am Straßenrand situierten Humusmulden, welche über das Quergefälle der Straße beschickt werden. In den Humusmulden werden die Wässer bis zum 1-jährlichen Ereignis gereinigt und versickert. Bei größeren Ereignissen erfolgt die kaskadenartige Ableitung der Wässer bis zu drei Einlaufbauwerken. Diese Ableitung wurde auf ein 30-jährliches Niederschlagsereignis dimensioniert.

Die Bemessung liegt somit über den Vorgaben der einschlägigen Norm (EN 752) und des Regelwerkes (ÖWAV RB 45). In diesen wird für Wohngebiete lediglich ein 2-jährliches Bemessungsereignis für Kanäle und ein 20-jährliches Ereignis für Retentionsanlagen gefordert.

Betreffend die Schneeproblematik kann nachfolgendes ergänzt werden:

Niederschlag in Form von Schnee wird in keinem einschlägigen Regelwerk für die Bemessung von Versickerungs-/Entwässerungsanlagen herangezogen. Trotzdem wurde aufgrund der Bedenken der Anrainer in der Bewilligungsverhandlung dahingehend eine Auflage formuliert, dass „die Schneeräumung so zu erfolgen hat, dass die Straßenentwässerungsmulden in ihrer Funktion nicht eingeschränkt sind“. Für die Ablagerung von Schnee wurden eigene Flächen, wie aus dem Lageplan ersichtlich ausgewiesen.

Auch bei kaskadenartiger Anordnung der Mulden ist, bei Einhaltung der obigen Auflage, und bei ordnungsgemäßer Schneelagerung, auch bei Schneebedeckung eine Überlaufmöglichkeit in die nächste Mulde und letztlich zu den Einlaufschächten gegeben. Dies gilt auch für den Zeitraum der Schneeschmelze.“

Am 26.04.2019 wurde vor dem Landesverwaltungsgericht Salzburg eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt in der die Beschwerdeführer bzw. deren Vertreter angehört wurden. Zur fachlichen Beurteilung wurde der wasserbautechnische Amtssachverständige vom Amt der Salzburger Landesregierung, Ing. AP AO, beigezogen. Für die Bewilligungswerberin war der Projektplaner DI AX AY von der AW Ziviltechniker GmbH sowie der Architekt des Chaletdorfes, Herr BA AZ und der Makler, Herr BC BB anwesend. Die belangte Behörde wurde von Herrn Mag. BD BE vertreten.

2.     Sachverhalt:

Die Bewilligungswerberin (AA GmbH, mit Sitz in AD) beabsichtigt auf den Grundstücken y/2 und z/2, je KG AI, ein Chaletdorf mit 24 Häusern und 2 Aufschließungsstraßen zu errichten. Durch die geplante Bebauung soll eine Fläche von 6375 m² durch Straßen, Zufahrten, Dächer und Entwässerungsflächen bebaut werden. Weiters soll ein Graben mit einem Einzugsgebiet von ca. 3,17 ha, welcher direkt oberhalb des bebauten Gebietes entspringt, neu verrohrt werden.

Die wasserrechtliche Bewilligung umfasst die Sammlung und Einleitung der auf diesen Grundstücken durch die Bebauung beschleunigt anfallenden Oberflächenwässer nach vorhergehender Reinigung und Retention in den AIbach samt Oberflächenwässer aus dem Einzugsgebiet oberhalb des Bauvorhabens mit einem Gesamteinzugsgebiet von ca. 31.700 m², sowie Fassung eines bestehenden nicht ständig wasserführenden Grabens, samt wasserbautechnischen Begleitmaßnahmen und Errichtung und Benützung der dazu erforderlichen Anlagen. Der Bewilligung lag das Projekt der AW Ziviltechniker GmbH (Planbeilagen vom 9.3.2017, Technischer Bericht März 2018), das wesentlicher Bestandteil der wasserrechtlichen Bewilligung ist, zugrunde. Die wasserrechtliche Bewilligung wurde unter Vorschreibung von zahlreichen Auflagen und Bedingungen (9 Auflagenpunkte für Gewässerschutz, 11 Auflagenpunkte aus wasserbautechnische Sicht jeweils 1 Auflagenpunkt im Interesse der Wildbach-und Lawinenverbauung, zugunsten von Parteien und zugunsten des Fischereiberechtigten, erteilt. Die Konsensdauer wurde mit zwanzig Jahren festgelegt. Das Höchstausmaß der Wasserbenutzung wurde mit Einleitung in den Regenwasserkanal im Ausmaß von max. 32,73 l/s (entspricht 39,28 m³/d) und mit Einleitung (neu) in die Verrohrung im Ausmaß von max. 47,27 l/s (entspricht 56,72 m³/d) festgesetzt.

Die drei Beschwerdeführer sind die nördlichen Grundnachbarn und deren Liegenschaften (AF GstNr. y/6, AK GstNr. y/14, AM GstNr. y/12, alle KG AI) grenzen direkt an das Projektgebiet an.

Festgestellt werden kann, dass die Anlagen dem Stand der Technik entsprechen und eine Beeinträchtigung fremder Rechte bei projektsgemäßer Ausführung und Betrieb der Anlage nicht zu erwarten ist.

Bezüglich der Schneeproblematik ergab das Verfahren, dass auf der Projektfläche mehrere Flächen als Schneedeponien vorgesehen sind und falls diese Flächen aufgrund von zu hohen Schneemengen nicht ausrechen sollten, wird der überschüssige Schnee in geeigneter Weise vom Projektgebiet abtransportiert.

Bezüglich der künftigen Instandhaltungspflichten der Entwässerungsanlagen kann festgestellt werden, dass die Behörde durch Vorschreibung der Namhaftmachung einer verantwortlichen Person geeignete Vorkehrungen getroffen hat und die Vertreter der Bewilligungsinhaberin auch zusagten, dass im Konzept des Chaletdorfes eine verantwortliche Person mit Sitz (Wohnung) auf dem Areal vorgesehen ist.

3.     Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Sachverhalt konnte anhand der unbedenklichen Aktenlage sowie aufgrund des Ergebnisses der öffentlich mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht getroffen werden. Bezüglich des Vorliegens des Standes der Technik für das gegenständliche Projekt sowie des Ausschlusses einer Beeinträchtigung fremder Rechte konnte sich das Gericht auf die schlüssigen Aussagen des wasserbautechnischen Amtssachverständigen sowie auf die Ausführungen des verantwortlichen Projektplaners stützen. Zur Funktionsfähigkeit der geplanten Entwässerungsanlage (Muldenkaskaden) konnten der Projektplaner und der wasserbautechnische Amtssachverständige fachliche und nachvollziehbare Ausführungen machen. Bezüglich der von den Anrainern ins Treffen geführten Schneeproblematik konnte der Amtssachverständige darlegen, dass für Niederschlag in Form von Schnee kein einschlägiges Regelwerk für die Bemessung von Versickerung-/Entwässerungsanlagen herangezogen werden kann jedoch wurde mit der Formulierung einer konkreten Auflage bezüglich der Schneeräumung die Funktion dieser Straßenentwässerungsmulden gewährleistet. Ebenso sind für die Ablagerung von Schnee eigene Flächen auf dem Gelände vorgesehen; ansonsten wird der überschüssige Schnee – so wie auch von den Verantwortlichen des Chaletdorfes vorgesehen und zugesagt - vom Gelände abtransportiert.

Den fachlichen Ausführungen konnten die Beschwerdeführer jedenfalls nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegentreten. Letztlich blieben auch bezüglich der technischen Funktionsfähigkeit der vorgesehenen Entwässerungsanlage keinerlei Zweifel offen.

4.     Rechtliche Beurteilung:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes (WRG 1959) BGBl Nr 215/1959, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 73/2018, lauten wie folgt:

Grundsätze für die Bewilligung hinsichtlich öffentlicher Interessen und fremder Rechte.

§ 12. (1) Das Maß und die Art der zu bewilligenden Wasserbenutzung ist derart zu bestimmen, dass das öffentliche Interesse (§ 105) nicht beeinträchtigt und bestehende Rechte nicht verletzt werden.

(2) Als bestehende Rechte im Sinne des Abs. 1 sind rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum anzusehen.

…….

Bewilligungspflichtige Maßnahmen.

§ 32. (1) Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs. 3) beeinträchtigen, sind nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung (Abs. 8), gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung.

(2) Nach Maßgabe des Abs. 1 bedürfen einer Bewilligung insbesondere

         a)       die Einbringung von Stoffen in festem, flüssigem oder gasförmigem Zustand in Gewässer (Einbringungen) mit den dafür erforderlichen Anlagen,

         b)       Einwirkungen auf Gewässer durch ionisierende Strahlung oder Temperaturänderung,

         c)       Maßnahmen, die zur Folge haben, daß durch Eindringen (Versickern) von Stoffen in den Boden das Grundwasser verunreinigt wird,

         d)       die Reinigung von gewerblichen oder städtischen Abwässern durch Verrieselung oder Verregnung,

         e)       eine erhebliche Änderung von Menge oder Beschaffenheit der bewilligten Einwirkung.

         f)       das Ausbringen von Handelsdünger, Klärschlamm, Kompost oder anderen zur Düngung ausgebrachten Abfällen, ausgenommen auf Gartenbauflächen, soweit die Düngergabe auf landwirtschaftlichen Nutzflächen ohne Gründeckung 175 kg Stickstoff je Hektar und Jahr, auf landwirtschaftlichen Nutzflächen mit Gründeckung einschließlich Dauergrünland oder mit stickstoffzehrenden Fruchtfolgen 210 kg Stickstoff je Hektar und Jahr übersteigt. Dabei ist jene Menge an Stickstoff in feldfallender Wirkung anzurechnen, die gemäß einer Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über das Aktionsprogramm zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen § 55p) in zulässiger Weise durch Wirtschaftsdünger ausgebracht wird.

(Anm.: lit. g aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2005)

(3) Einer Bewilligung bedarf auch die ohne Zusammenhang mit einer bestimmten Einwirkung geplante Errichtung oder Änderung von Anlagen zur Reinigung öffentlicher Gewässer oder Verwertung fremder Abwässer.

(4) Einer Bewilligung bedarf auch die künstliche Anreicherung von Grundwasser für Zwecke der öffentlichen Grundwasserbewirtschaftung.

(5) Auf Einwirkungen, Maßnahmen und Anlagen, die nach Abs. 1 bis 4 bewilligt werden, finden die für Wasserbenutzungen (Wasserbenutzungsanlagen) geltenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sinngemäß Anwendung.

(6) Genehmigungen oder Bewilligungen nach anderen Rechtsvorschriften befreien nicht von der Verpflichtung, die nach diesem Bundesgesetz zur Reinhaltung erforderlichen Vorkehrungen und die von der Wasserrechtsbehörde vorgeschriebenen Maßnahmen durchzuführen.

(7) Als ordnungsgemäß (Abs. 1) gilt die land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung, wenn sie unter Einhaltung der bezughabenden Rechtsvorschriften, insbesondere betreffend Chemikalien, Pflanzenschutz- und Düngemittel, Klärschlamm, Bodenschutz und Waldbehandlung, sowie besonderer wasserrechtlicher Anordnungen erfolgt.

Parteien und Beteiligte.

§ 102. (1) Parteien sind:

         a)       der Antragsteller;

         b)       diejenigen, die zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden sollen oder deren Rechte (§ 12 Abs. 2) sonst berührt werden, sowie die Fischereiberechtigten (§ 15 Abs. 1) und die Nutzungsberechtigten im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, sowie diejenigen, die einen Widerstreit (§§ 17, 109) geltend machen;

……..

4.1 Erwägungen:

Personen, die eine Verletzung wasserrechtlich geschützter Rechte nach § 12 Abs 2 durch das von ihnen bekämpfte Vorhaben geltend machen, kommt Parteistellung im Verfahren dann zu, wenn eine Berührung ihrer geltend gemachten Rechte durch die projektsgemäße Ausübung des mit der behördlichen Bewilligung verliehenen Rechtes der Sachlage nach nicht auszuschließen ist. Ob eine Beeinträchtigung von Rechten tatsächlich stattfindet, ist Gegenstand des Verfahrens, vermag jedoch die Parteieigenschaft einer Person nicht zu berühren. VwGH 17. 5. 2001, 2001/07/0030; 20. 9. 2012, 2012/07/0004 mH auf VwGH 2. 10. 1997, 97/07/0072.

Für das Recht zur Erhebung von Einwendungen und damit die Parteistellung im Verfahren ist ausreichend, aber auch erforderlich, dass eine Beeinträchtigung der im § 12 Abs 2 angeführten Rechte denkmöglich ist. VwGH 24. 1. 2013, 2012/07/0208 mH auf VwGH 23. 4. 1998, 97/07/0005.

Es ist Sache einer Partei, im Bewilligungsverfahren konkrete Einwände zu erheben und darauf zu dringen, dass von der Behörde geklärt wird, ob die Verwirklichung des zur Bewilligung beantragten Projektes zu einer Beeinträchtigung geschützter Rechten dieser Partei führen wird und dass, bejahendenfalls, von der Behörde konkrete, auf diese Rechte bezogene, einem Vollzug zugängliche Entscheidungen getroffen werden (VwGH 21. 10. 1999, 99/07/0080).

Nach stRsp müssen Einwendungen spezialisiert sein und die Verletzung konkreter subjektiver Rechte geltend machen; ein allgemein erhobener Protest reicht ebenso wenig aus wie das Vorbringen, mit einem Vorhaben nicht einverstanden zu sein oder die Zustimmung von bestimmten Bedingungen abhängig zu machen, weil dem Begriff der Einwendung die Behauptung einer Rechtsverletzung in Bezug auf ein bestimmtes Recht immanent ist, sodass dem Vorbringen zu entnehmen sein muss, dass überhaupt die Verletzung eines subjektiven Rechts behauptet wird.

Die drei Beschwerdeführer sind Grundeigentümer der Grundstücke y/6, y/14, y/12, alle KG AI. Das verfahrensgegenständliche Projektgebiet liegt südlich und damit oberhalb dieser Liegenschaften und grenzt unmittelbar an diese an.

Wenn die Beschwerdeführer vorbringen, dass sie befürchten, dass durch das gegenständliche Vorhaben stärkere Vernässungen der Grundstücke zu erwarten sind, handelt es sich hiebei um eine zulässige Einwendung.

Thema des Ermittlungsverfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht war es, zu prüfen, ob bei Umsetzung des Vorhabens tatsächlich eine Beeinträchtigung der Rechte der Beschwerdeführer vorliegt.

Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass die bewilligten Entwässerungsanlagen dem Stand der Technik entsprechen und die auf dem Projektgebiet anfallenden Oberflächenwässer gesammelt, retendiert, gereinigt und in weiterer Folge in den AIbach eingeleitet werden. Weiters kann auch durch die zusätzliche Neufassung des Grabens oberhalb der Projektsfläche und Ableitung dieser Oberflächenwässer durch ein eigenes Rohrsystem sowie der Errichtung einer Sockelmauer entlang der Grundstücksgrenze eine Beeinträchtigung fremder Rechte ausgeschlossen werden. Der Amtssachverständige hat sogar dargelegt, dass es durch die Verbauung und Fassung dieses Grabens und Errichtung der Sockelmauer zu einer wesentlichen Verbesserung der derzeitigen Situation für die Anrainer kommen wird.

Als wesentlicher Grundsatz gilt, dass durch die Benützung, Leitung und Abwehr der Gewässer fremde Rechte nicht gefährdet werden dürfen; eine Bewilligung darf daher nur dann und erst dann erteilt werden, wenn ue geeignete und hinreichende Vorkehrungen getroffen werden, die jede mit hoher Wahrscheinlichkeit eintretende Verletzung fremder Rechte (VwGH 25. 1. 2007, 2005/07/0132; 29. 3. 2007, 2006/07/0108) …??

Der Bewilligungswerber hat einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Bewilligung, wenn durch diese öffentl Interessen oder fremde Rechte nicht verletzt werden (VwGH 20. 2. 2014, 2012/07/0139 mwN). Umgekehrt haben betroffene Dritte (§ 12 Abs 2) einen Rechtsanspruch darauf, dass bei Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung eine Aussage getroffen wird, ob überhaupt nicht oder nur in einem beschränkten Umfang mit dem Eintritt eines Nachteils gerechnet wird (§ 26 Abs 2; VwGH 8. 10. 1959, Slg 5069). Sind nachteilige Auswirkungen auf fremde Rechte jedenfalls – bzw mit einem entsprechend hohen Kalkül der Eintrittswahrscheinlichkeit – zu erwarten, so bedarf es mangels Relevanzschwelle keiner weiteren Erhebungen hinsichtlich des Umfanges dieser Beeinträchtigung. Solange aber nicht feststeht, ob bestehende Rechte durch ein Vorhaben verletzt werden bzw ob diese Rechte durch Zwangsrechte überwunden werden können, darf die wasserrechtliche Bewilligung nicht erteilt werden. Die bloße Möglichkeit einer Gefährdung fremder Rechte reicht aber zur Abweisung eines wasserrechtlichen Bewilligungsantrages nicht aus, weil im Rahmen des Bewilligungsverfahrens eine Prognose anzustellen ist, absolute Gewissheit aber nicht verlangt werden kann (VwGH 25. 1. 2007, 2005/07/0132). Bachler in Oberleitner/Berger, WRG-ON 4.00 § 12 (Stand 15.7.2018, rdb.at).

Wie bereits ausgeführt, hat das Ermittlungsverfahren eindeutig ergeben, dass nachteilige Auswirkungen auf die wasserrechtlich geschützten Rechte der Beschwerdeführer (Eigentum) bei projektsgemäßer Ausführung der wasserrechtlichen Bewilligung nicht zu erwarten sind.

Auf unvorhergesehene und außerhalb der Projektabsichten gelegene Fälle an sich möglicher Beeinträchtigungen der Rechte Dritter kann daher nicht Bedacht genommen werden. VwGH 17. 5. 1962, Slg 5803; 8. 6. 1982, 82/07/0006; 28. 5. 1985, 84/07/0165; stRsp.

Nicht jede auch nur denkbare Möglichkeit einer Beeinträchtigung wasserrechtlich geschützter Rechte führt dazu, dass die Bewilligung nicht erteilt werden kann, vielmehr muss sich die behauptete Verletzung fremder Rechte zu einem hohen Kalkül der Eintrittswahrscheinlichkeit einer tatsächlich zu gewärtigenden Rechtsverletzung verdichten, damit dies die Abweisung einer beantragten wasserrechtlichen Bewilligung rechtfertigt. VwGH 8. 4. 1997, 95/07/0174; 10. 6. 1999, 95/07/0196, RdU 5/2000; 6. 11. 2003, 99/07/0082; 28. 9. 2006, 2005/07/0019; 20. 2. 2014, 2012/07/0139; stRsp.

Die Befürchtung der Beschwerdeführer, dass die Bewilligungsinhaberin ihrer gesetzlichen Instandhaltungsverpflichtung nicht nachkommen würde, stellt jedenfalls keinen tauglichen Einwand dar. Die Behörde und auch das Gericht gehen grundsätzlich davon aus, dass die gesetzlichen Verpflichtungen zur Instandhaltung eingehalten werden und wurden zudem von der Behörde diesbezüglich noch Vorkehrungen getroffen, indem die Namhaftmachung einer verantwortlichen Person vorgeschrieben wurde.

Zu den Bedenken der Beschwerdeführer bezüglich der hohen Schneemengen auf dem Projektsgebiet stellt das Gericht fest, dass es sich auch dabei um keinen tauglichen Einwand handelt, da es sich im konkreten Fall bei der Lagerung von Schnee auf dem eigenen Grundstück grundsätzlich um keine wasserrechtlich bewilligungspflichtige Maßnahme handelt; im vorliegenden Fall wird der Schnee auch nicht direkt in ein Gewässer (zB: Einschüttung) eingebracht, was möglicherweise gewässerökologische Folgen haben könnte, sondern gelangt erst das Schmelzwasser des Schnees vom Eigengrund in die nächsten Gewässer, was aber nach dem natürlichen Lauf der Dinge keiner wasserrechtlichen Bewilligung bedarf.

Schnee, Eis, Wasserdampf, Nebel, Regen und ähnliche Naturerscheinungen unterliegen dem WRG nur iZm der Beobachtung des Wasserkreislaufes (Siebenter Abschnitt – Hydrografie) Bachler in Oberleitner/Berger, WRG-ON 4.00 Vor § 1: Erster Abschnitt – Von der rechtlichen Eigenschaft der Gewässer (Stand 15.7.2018, rdb.at).

Mit den allgemeinen Bedenken über eine nicht funktionierende Schneeräumung vermögen daher die Beschwerdeführer keine Verletzung von subjektiven Rechten, die ihnen als Grundeigentümer im Rahmen des § 12 WRG 1959 zustehen, aufzuzeigen. Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die erteilte wasserrechtliche Bewilligung und die getroffenen Vorschreibungen eingehalten, nicht aber davon, dass diese möglicherweise nicht beachtet werden. VwGH 18. 9. 1984, 84/07/0171; 26. 1. 1993, 92/07/0068; 9. 11. 2006, 2006/07/0047; 24. 7. 2008, 2007/07/0095.

Die Behörde hat mit der Formulierung einer konkreten Auflage bezüglich der Schneeräumung auch Vorkehrungen getroffen, dass die Funktion der Straßenentwässerungsmulden gewährleistet bleibt.

Im Ergebnis erweisen sich die Bedenken der Beschwerdeführer und somit auch ihre vorgebrachten Einwendungen als unbegründet, weshalb die Beschwerden abzuweisen waren.

Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Verwaltungsgericht hatte - bezogen auf den Einzelfall - zu beurteilen, ob der angefochtene Bescheid materiell- und verfahrensrechtlich rechtmäßig war. Mit seiner Entscheidung weicht das Landesverwaltungsgericht Salzburg weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes; vgl die in dieser Entscheidung zitierte Judikatur des Gerichtshofes. Weiters ist die zu den maßgebenden materiell- und verfahrensrechtlichen Bestimmungen vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, soweit relevant, auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen und liegen keine sonstigen Hinweise für eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Wasserrecht, Oberflächenentwässerung, Beeinträchtigung fremder Rechte, Grundeigentum Nachbarn, Projekt, Stand der Technik, Instandhaltungsverpflichtung, Schneeräumung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGSA:2019:405.1.383.1.10.2019

Zuletzt aktualisiert am

23.05.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Salzburg LVwg Salzburg, https://www.salzburg.gv.at/lvwg
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