TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/4 W196 2204722-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.03.2019
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Entscheidungsdatum

04.03.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §54 Abs2
AsylG 2005 §55 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
BFA-VG §9 Abs2
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs5
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W196 2204722-1/ 4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. SAHLING als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.07.2018, Zl. 1028336107-150926917,

A)

I. beschlossen:

Das Beschwerdeverfahren gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG eingestellt.

II. zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird stattgegeben und festgestellt, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG iVm § 9 Abs. 2 und 3 BFA-VG auf Dauer unzulässig ist. XXXX wird eine "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten gemäß § 55 Abs. 1 iVm

§ 54 Abs. 2 AsylG erteilt.

III. Der Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides wird ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Russischen, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 24.07.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Am Tag der Antragstellung fand vor Organen des Öffentlichen Sicherheitsdienstes eine Erstbefragung statt, im Rahmen derer die Beschwerdeführerin zu ihren persönlichen Verhältnissen angab, dass sie vor ca. einem Jahr geheiratet habe. Sie spreche Armenisch, Russisch und habe armenisch apostolischen Glauben. In St. Petersburg habe sie von 1998 bis 2009 die Grundschule und von 2009 bis 2014 die Universität besucht. In St. Petersburg würden ihre Eltern, ihr Bruder und ihre beiden Schwestern leben.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 17.04.2018 brachte die Beschwerdeführerin zusammengefasst vor, dass sie in Armenien geboren worden sei, jedoch die russische Staatsangehörigkeit besitze. Sie spreche Armenisch, wobei sie besser und flüssiger Russisch spreche. Sie habe seit 2001 in Russland gelebt und habe im Jahr 2005 oder 2006 die russische Staatsbürgerschaft erhalten. Sie spreche Deutsch auf dem Niveau B1. Ihren Ehemann habe sie im Jahr 2009 Anfang 2010 übers Internet kennengelernt. Ihr Ehemann sei ebenfalls in Armenien geboren. Sie werde von ihrem Ehemann unterstützt; er zahle ihre Sozialversicherung und wäre sie bei ihm mitversichert. Am 17.04.2018 wurde auch der Ehemann der Beschwerdeführerin als Zeuge vor dem Bundesamt niederschriftlich einvernommen, wobei er über sein Privat- und Familienleben befragt wurde.

Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde der Antrag der Beschwerdeführerin bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Russische Föderatin gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Ferner wurde der Beschwerdeführerin unter Spruchpunkt III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Unter Spruchpunkt VI. wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist für ihre freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin im Wege ihrer rechtsfreundlichen Vertretung fristgerecht Beschwerde wegen inhaltlich falscher Entscheidung und Mangelhaftigkeit in der Beweisaufnahme und der Verfahrensführung. Darin wurde insbesondere im Hinblick des Privat- und Familienlebens zusammengefasst vorgebracht, dass der Ehemann der Beschwerdeführerin, der seit 2005 in Österreich aufhältig sei, den Aufenthaltstitel Daueraufenthalt EU besitze. Die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann hätten ein gemeinsames Kind, das in Österreich geboren worden sei. Der Sohn der Beschwerdeführerin besitze die Rot-Weiß-Rot Karte und würde ein aufrechtes Privat- und Familienleben bestehen.

Während des Verfahrens wurden folgende Unterlagen in Vorlage gebracht:

* Bewertung des akademischen Grades, wonach festgestellt wurde, dass das abgeschlossen Studium der Beschwerdeführerin in der Russischen Föderation einem: Bachelor- Masterstudium der Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Finanz- und Kreditwesen in Österreich entspricht, ausgestellt vom Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft am 13.07.2016;

* Kopie der Aufenthaltsberechtigungskarte des Ehemannes der Beschwerdeführerin;

* Beglaubigte Übersetzung eines Diploms für die Fachrichtung Finanz- und Kreditwesen vom 02.06.2014;

* Internationaler Führerschein;

* Übersetzung der Geburtsurkunde, ausgestellt am XXXX ;

* Auszug aus dem Heiratseintrag, ausgestellt am 06.08.2014 durch das Standesamt XXXX ;

* Heiratsurkunde vom 06.08.2014;

* Goethe-Zertifikat A1, Start Deutsch A1 vom 24.09.2014;

* Zertifikat über die erfolgreiche Teilnahme an einem Deutschkurs für Fortgeschrittene (A2+B1) vom 27.01.2016;

* ÖSD-Zertifikat Deutsch Österreich B1, ausgestellt am 25.10.2016;

* Geburtsurkunde des Sohnes der Beschwerdeführerin, ausgestellt am 10.04.2018 durch das Standesamt Wien- XXXX ;

* Frühgeburtenbestätigung vom XXXX

Mit Email vom 06.12.2018 wurde nochmals auf die Umstände und die Gegebenheiten, die für eine Unzulässigkeit der Ausweisung sprechen würden, hingewiesen. Ferner wurden die bereits in Vorlage gebrachte Heiratsurkunde, die Beurteilung des akademischen Grades der Beschwerdeführerin, das Deutschzertifikat B1 sowie erstmals:

* die Kopie der Rot-Weiß-Rot Karte des Sohnes der Beschwerdeführerin sowie die

* Kopie der Aufenthaltskarte des Ehemannes der Beschwerdeführerin

an das Bundesverwaltungsgericht übermittelt.

Mit Email vom 13.02.2019 zog die Beschwerdeführerin die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.07.2018 zurück.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person der Beschwerdeführerin:

Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation, Zugehörige der armenischen Volksgruppe und bekennt sich zum christlichen Glauben (Armenisch-Apostolisch). Die Beschwerdeführerin besuchte von 1998 bis 2009 die Grundschule und von 2009 bis 2014 die Universität in St. Petersburg. Sie hat ein Stipendium erhalten und hat sie ihr Studium, Fachrichtung Finanz- und Kreditwesen, im Juni 2014 positiv absolviert. Ihr Studium wurde in Österreich anerkannt. Festgestellt wird, dass die Beschwerdeführerin illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist ist und am 24.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat. Seit Juli 2015 ist die Beschwerdeführerin durchgehend in Österreich aufhältig.

Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides wurden seitens der Beschwerdeführerin zurückgezogen.

Die Beschwerdeführerin ist seit dem 06.08.2014 mit einem armenischen Staatsangehörigen verheiratet, der über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt EU" verfügt. Die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann leben im gemeinsamen Haushalt. Am XXXX wurde deren gemeinsamer Sohn in Österreich geboren; dem Kind wurde eine Rot-Weiß-Rot-Karte Plus ausgestellt. Das Familienleben hat bereits vor der Einreise der Beschwerdeführerin bestanden. Es sind keine Anhaltspunkte für eine Scheinehe im Sinne des § 117 FPG hervorgekommen.

Die Beschwerdeführerin ist nicht in der Grundversorgung. Sie verfügt über ein Sprachdiplom der Niveaustufe B1 und ist derzeit nicht berufstätig; sie kümmert sich um ihren elf Monate alten Sohn. Die Beschwerdeführerin ist versichert. Die Beschwerdeführerin spricht Deutsch, sie hat das ÖSD Zertifikat B1 erlangt und mehrere Deutschkurse besucht. Die Beschwerdeführerin ist strafrechtlich unbescholten.

Weiters wird festgestellt, dass eine Rückkehrentscheidung gegen die Beschwerdeführerin aufgrund ihres bestehenden, aufrechten Familienlebens zu ihrem minderjährigen, ca. elf Monate alten Sohn und ihrem Ehemann, sowie aufgrund der von ihr gesetzten Integrationsbemühungen einen ungerechtfertigten Eingriff in ihr Familien- und Privatleben darstellt. Darüber hinaus wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer die Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung plus" erfüllt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin (Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit sowie religiöses Bekenntnis) und zu ihrer Herkunft ergeben sich aus dem glaubhaften Vorbringen der Beschwerdeführerin sowie aus dem Akteninhalt. Die Feststellungen zur illegalen Einreise der Beschwerdeführerin sowie zur Antragstellung ergeben sich aus den diesbezüglichen Verwaltungs- und Gerichtsakt.

Die Feststellung zur Zurückziehung ergibt sich aus einem beim Bundesverwaltungsgericht eingelangten Email vom 13.02.2019.

Dass die Beschwerdeführerin verheiratet ist und die (leibliche) Mutter des am XXXX geborenen minderjährigen XXXX ist, ergibt sich ebenso aus ihrem Vorbringen und aus dem vorgelegten Auszug aus dem Geburtenbuch des Standesamtes Wien- XXXX vom XXXX .04.2018. Dass ihr Ehemann über den Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" und ihr Sohn über eine "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" verfügt, ergibt sich aus der im Verwaltungsakt erliegenden Kopien der Aufenthaltskarten. Die Feststellung betreffend den gemeinsamen Haushalt/Wohnsitz ergibt sich aus einem Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

Die Beschwerdeführerin hat hinsichtlich ihres Privat- und Familienlebens in Bezug auf ihren Sohn sowie dahingehend, dass sie in einer aufrechten Ehe lebt, während des gesamten Verfahrens von sich aus stringente und somit glaubhafte Angaben getätigt. Aus diesen Angaben sowie aus den diesbezüglich übereinstimmenden Angaben des Ehemannes im Zuge seiner Einvernahme als Zeuge am 17.04.2018 sowie aus den im Verfahren vorgelegten Unterlagen (Heiratsurkunde vom 06.08.2014), ergeben sich die Feststellungen, dass ein aufrechtes Familienleben besteht und dieses bereits vor der Antragstellung der Beschwerdeführerin am 24.07.2015 begründet wurde.

Darüber hinaus ergeben sich die Feststellungen betreffend das zwischenmenschliche Verhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und ihren Familienangehörigen; Sohn und Ehemann aus den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin und ihrem Ehemann im Zuge des bisherigen Verfahrens. Die Feststellung, wonach es keinen Hinweis auf das Vorliegen einer Scheinehe gibt, wurde anhand der stringenten Äußerungen der Beschwerdeführerin und ihres Ehemannes getroffen. So gaben sie im Rahmen der jeweiligen Einvernahmen einheitlich an, sich vor über 20 Jahren über das Internet kennengelernt zu haben. Die Beschwerdeführerin reiste bereits zuvor nach Österreich und bestand stetiger Kontakt zwischen der Beschwerdeführerin und zu diesem Zeitpunkt noch künftigen Ehemann der Beschwerdeführerin.

Die Feststellungen zu den von der Beschwerdeführerin gesetzten Integrationsmaßnahmen ergeben sich aus dem Akteninhalt, insbesondere den vorgelegten Unterlagen.

Die Feststellung zur strafrechtlichen Unbescholtenheit und dass kein Bezug im Rahmen der Grundversorgung stattfindet, ergibt sich aus den entsprechen Auszügen vom 27.02.2019 (GVS- und Strafregisterauszug.).

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

I) Einstellung des Verfahrens zu den Spruchpunkten I. und II. des

angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist. Die Entscheidung über die Verfahrenseinstellung war daher in der Rechtsform des Beschlusses zu treffen (vgl. VwGH vom 29.04.2015, Fr 2014/20/0047).

Gemäß § 7 Abs. 2 VwGVG ist eine Beschwerde nicht mehr zulässig, wenn die Partei nach der Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat. Für einen Rechtsmittelverzicht bestehen grundsätzlich keine besonderen Formerfordernisse, daher ist auch die Zurückziehung der Beschwerde einem Beschwerdeverzicht gleichzuhalten. Eine solche Zurückziehung ist in jeder Lage des Verfahrens ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung möglich (§ 13 Abs. 7 AVG). Mit der Zurückziehung ist das Rechtsschutzinteresse der beschwerdeführenden Partei weggefallen, womit einer Sachentscheidung die Grundlage entzogen ist, sodass die Einstellung des betreffenden Verfahrens - in dem von der Zurückziehung betroffenen Umfang - auszusprechen ist (siehe Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte [2015], Rz 20 zu § 7 VwGVG;

Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte [2013], K 5 ff. zu § 7 VwGVG).

Da im gegenständlichen Fall die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides von der Beschwerdeführerin zurückgezogen wurde, war das Beschwerdeverfahren hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG beschlussmäßig einzustellen (vgl. VwGH 29.04.2015, 2014/20/0047).

II) Stattgebung der Beschwerde:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraus-setzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt ei-ne Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechts-kräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitender Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Der Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet ist nicht geduldet. Sie ist auch nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und ebenso wenig ein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG liegen daher im Fall der Beschwerdeführerin nicht vor, wobei dies weder im Verfahren vor dem Bundesamt noch im Beschwerdeverfahren auch nur ansatzweise behauptet worden war.

Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab-gewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Die Beschwerdeführerin ist weder begünstigte Drittstaatsangehörige noch kommt ihr ein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu.

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine

Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Im Hinblick auf § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG (früher: § 10 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 idF BGBl I Nr. 38/2011) ist festzuhalten, dass bei jeder Rückkehrentscheidung auf das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Asylwerbers nach Art. 8 Abs. 1 EMRK Bedacht zu nehmen ist, wobei in diesem Zusammenhang Art. 8 Abs. 2 EMRK eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs erfordert und somit eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen verlangt (vgl. VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).

Gemäß Art 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Nach Art 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob die aufenthaltsbeendende Maßnahme einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundene Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (vgl. EGMR Kroon sowie VfGH vom 28.06.2003, G 78/00). Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (vgl. EGMR Marckx, EGMR vom 23.04.1997, X u.a.).

Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EuGRZ 2006, 554, Sisojeva ua. gegen Lettland). Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessensabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt.

Bei dieser Interessensabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - insbesondere die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007 sowie VwGH vom 03.04.2009, Zl. 2008/22/0592; vom 17.12.2007, Zl. 2006/01/0216; vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479 und vom 26.01.2006, Zl. 2002/20/0423).

Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen sowie der in § 9 Abs. 2 BFA-VG normierten Integrationstatbestände, die bei der Beurteilung eines schützenswerten Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK zu berücksichtigen sind, ist im gegenständlichen Fall der Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin nicht durch die in Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten öffentlichen Interessen gerechtfertigt. Dies aus folgenden Gründen:

Die Beschwerdeführerin hält sich das vierte Jahr durchgehend in Österreich auf. Sie ist seit 06.08.2014 mit einem armenischen Staatsangehörigen, der über einen Aufenthaltstitel Daueraufenthalt-EU verfügt, verheiratet. Wie festgestellt hat die Beschwerdeführerin gemeinsam mit ihrem Ehmann einen caelf zehn Monate alten Sohn, der am XXXX geboren wurde und ebenfalls über eine Aufenthaltsberechtigung "Rot-Weiß-Rot-Karte - Plus" verfügt. Die Beschwerdeführerin lebt mit ihrer Kernfamilie, Ehemann und Sohn, im gemeinsamen Haushalt lebt, und besteht ein aufrechtes Familienleben, welches durch eine emotionale Bindung gekennzeichnet ist.

Hinzuweisen ist auf das Erkenntnis des VfGH vom 11.06.2014, B 623-624/2013, und auf das Urteil des EGMR vom 24.04.1996 im Fall Boughanemi, Nr. 22070/93 (siehe Rz 33 und 35), wonach ein von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschütztes Familienleben zwischen Eltern und Kind mit dem Zeitpunkt der Geburt entsteht. Diese besondere geschützte Verbindung kann in der Folge nur unter außergewöhnlichen Umständen als aufgelöst betrachtet werden.

Dieses Familienleben kann keineswegs durch bloße gelegentliche Besuche oder durch elektronische Kommunikation aufrechterhalten werden, zumal kein Zweifel daran besteht, dass die Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Ehemann tatsächlich besteht und gelebt wird, und keine Anhaltspunkte für eine Scheinehe im Sinn des § 117 FPG erkannt werden können. Die Ehe ist bereits vor der Antragstellung der Beschwerdeführerin eingegangen worden und konnten die Beschwerdeführerin als auch ihr Ehemann - wie in der Beweiswürdigung ausgeführt -im Zuge ihrer Einvernahmen glaubhaft darlegen, dass die Ehe nicht zum Schein gegründet wurde.

Bei der Beurteilung einer allfälligen Fortführung des Familienlebens auch im Falle einer verpflichtenden Rückkehr der Beschwerdeführerin in die Russische Föderation war wesentlich zu berücksichtigen, dass dem Ehemann und deren gemeinsamen Sohn in Österreich ein dauerndes Aufenthaltsrecht zukommt, sodass ihr eine Ausreise in die Russische Föderation nicht ohne weiteres abverlangt werden könnte.

Was ihr Privatleben betrifft, ist auf folgende Umstände hinzuweisen:

Die Beschwerdeführerin hat ihre Aufenthaltsdauer auch nicht durch wiederholte Stellung unbegründeter Asylanträge zu verlängern versucht (vgl. auch VwGH 05.10.2017, Ra 2017/21/0033), sondern war ihr einziged Verfahren auf internationalen Schutz seit Juli 2015 anhängig, ohne dass der Beschwerdeführerin diese lange Verfahrensdauer zu Last gelegt werden kann.

Die Beschwerdeführerin zeigte sich während ihres Aufenthaltes um die Erlangung einer umfassenden Integration im Bundesgebiet bemüht. Die Beschwerdeführerin hat mehrere Deutschkurse (u.a. Deutschkurs für Fortgeschrittene A2+/B1) absolviert und ein ÖSD-Zertifikat der Niveaustufe B1 positiv abgeschlossen. Sie befindet sich nicht in der Grundversorgung und ist bei ihrem Ehemann sozialversichert. Zur beruflichen Integration ist anzuführen, dass die Beschwerdeführerin zwar derzeit nicht erwerbstätig ist, sie kümmert sich jedoch um ihren elf Monate alten Sohn. Die Beschwerdeführerin verfügt über einen in Österreich anerkannten Studienabschluss (Bachelor- und Masterstudium der Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Finanz- und Kreditwesen). Demnach führte sie glaubhaft aus in diesem Bereich, in der Buchhaltung oder in einer Bank, arbeiten zu wollen.

Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin strafrechtlich unbescholten ist, stellt laut Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen dar (vgl. VwGH vom 21.01.1999, Zl. 98/18/0420). Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält, als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält.

Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen kommt im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) zwar grundsätzlich ein hoher Stellenwert zu (vgl. etwa VfGH vom 01.07.2009, U992/08 sowie VwGH vom 17.12.2007, Zl. 2006/01/0216; vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479; vom 16.01.2007, Zl. 2006/18/0453; vom 08.11.2006, Zl. 2006/18/0336 bzw. 2006/18/0316; vom 22.06.2006, Zl. 2006/21/0109 und vom 20.09.2006, Zl. 2005/01/0699), im gegenständlichen Fall überwiegen aber aufgrund der dargestellten exzeptionellen Umstände in einer Gesamtabwägung dennoch die privaten - im vorliegenden Fall insbesondere die familiären - Interessen der Beschwerdeführerin an einem Verbleib in Österreich das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung, für die sich in der vorliegenden Konstellation keine begründete Rechtfertigung erkennen lässt (vgl. VfSlg. 17.457/2005 sowie VwGH vom 26.03.2007, Zl. 2006/01/0595 und vom 22.02.2005, Zl. 2003/21/0096). Die vom Bundesamt im angefochtenen Bescheid verfügte Rückkehrentscheidung in die Russische Föderation ist angesichts der vorliegenden Bindungen unverhältnismäßig im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK.

Insgesamt kann im Falle der Beschwerdeführerin von einer ausreichenden Integration ausgegangen werden. Wie dargestellt, beruhen die drohenden Verletzungen des Privat- und Familienlebens auf Umständen, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind.

Da somit das Interesse an der Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens der Beschwerdeführerin im konkreten Fall die in Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten öffentlichen Interessen überwiegt, erfüllt diese die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG.

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.

Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG ist einem im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

Liegt gemäß Abs. 2 leg. cit. nur die die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

Gemäß § 54 Abs. 2 AsylG ist eine "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten beginnend mit dem Ausstellungsdatum auszustellen.

Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung plus" die Voraussetzungen nach Z 1 und Z 2 des § 55 Abs. 1 AsylG kumulativ vorliegen müssen und ist daher nicht nur zu prüfen, ob die Erteilung eines Aufenthaltstitels für die Beschwerdeführerin zur Aufrechterhaltung ihres Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist, sondern auch, ob die Beschwerdeführerin das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz erfüllt.

Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist gemäß § 9 Abs. 4 IntG erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 11 vorlegt (Z 1), einen gleichwertigen Nachweis gemäß § 11 Abs. 4 über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung vorlegt (Z 2), über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht (Z 3), einen Aufenthaltstitelt "Rot-Weiß-Rot Karte" gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 NAG besitzt (Z 4) oder als Inhaber eines Aufenthaltstitels "Niederlassungsbewilligung Künstler" gemäß § 43a NAG eine künstlerische Tätigkeit in einer der unter § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 Kunstförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 146/1988, genannten Kunstsparte ausübt; bei Zweifeln über das Vorliegen einer solchen Tätigkeit ist eine diesbezügliche Stellungnahme des zuständigen Bundesministers einzuholen.

Die Erfüllung des Moduls 2 (§ 10) beinhaltet das Modul 1.

Das Modul 2 der Integrationsvereinbarung ist gemäß § 10 Abs. 2 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017 idgF, als erfüllt anzusehen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 12 vorlegt,

2. einen gleichwertigen Nachweis gemäß § 12 Abs. 4 über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung vorlegt,

3. minderjährig ist und im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht eine Primarschule (§ 3 Abs. 3 Schulorganisationsgesetz (SchOG), BGBl. Nr. 242/1962) besucht oder im vorangegangenen Semester besucht hat,

4. minderjährig ist und im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht eine Sekundarschule (§ 3 Abs. 4 SchOG) besucht und die positive Beurteilung im Unterrichtsgegenstand "Deutsch" durch das zuletzt ausgestellte Jahreszeugnis oder die zuletzt ausgestellte Schulnachricht nachweist,

5. einen mindestens fünfjährigen Besuch einer Pflichtschule in Österreich nachweist und das Unterrichtsfach "Deutsch" positiv abgeschlossen hat oder das Unterrichtsfach "Deutsch" auf dem Niveau der 9. Schulstufe positiv abgeschlossen hat oder eine positive Beurteilung im Prüfungsgebiet "Deutsch - Kommunikation und Gesellschaft" im Rahmen der Pflichtschulabschluss-Prüfung gemäß Pflichtschulabschluss-Prüfungs-Gesetz, BGBl. I Nr. 72/2012 nachweist,

6. einen positiven Abschluss im Unterrichtsfach "Deutsch" nach zumindest vierjährigem Unterricht in der deutschen Sprache an einer ausländischen Sekundarschule nachweist,

7. über eine Lehrabschlussprüfung gemäß dem Berufsausbildungsgesetz, BGBl. Nr. 142/1969, oder eine Facharbeiterprüfung gemäß den Land- und forstwirtschaftlichen Berufsausbildungsgesetzen der Länder verfügt oder

8. mindestens zwei Jahre an einer postsekundären Bildungseinrichtung inskribiert war, ein Studienfach mit Unterrichtssprache Deutsch belegt hat und in diesem einen entsprechenden Studienerfolg im Umfang von mindestens 32 ECTS-Anrechnungspunkten (16 Semesterstunden) nachweist bzw. über einen entsprechenden postsekundären Studienabschluss verfügt.

§ 11 Integrationsgesetz lautet:

Integrationsprüfung zur Erfüllung des Moduls 1

§ 11. (1) Die Integrationsprüfung zur Erfüllung des Moduls 1 wird bundesweit nach einem einheitlichen Maßstab durchgeführt.

Die Prüfung umfasst Sprach- und Werteinhalte. Mit der Prüfung ist festzustellen, ob der Drittstaatsangehörige über vertiefte elementare Kenntnisse der deutschen Sprache zur Kommunikation und zum Lesen und Schreiben von Texten des Alltags auf dem Sprachniveau A2 gemäß dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen und über Kenntnisse der grundlegenden Werte der Rechts- und Gesellschaftsordnung der Republik Österreich verfügt. Der Prüfungserfolgt ist mit "Bestanden" oder "Nicht bestanden" zu beurteilen. Zur erfolgreichen Absolvierung der Prüfung muss sowohl das Wissen über Sprach- sowie über Werteinhalte nachgewiesen werden. Wiederholungen von nicht bestandenen Prüfungen sind zulässig. Die Wiederholung von einzelnen Prüfungsinhalten ist nicht zulässig.

Gemäß § 11 Abs. 2 IntG umfasst die Prüfung Sprach- und Werteinhalte. Mit der Prüfung ist festzustellen, ob der Drittstaatsangehörige über vertiefte elementare Kenntnisse der deutschen Sprache zur Kommunikation und zum Lesen und Schreiben von Texten des Alltags auf dem Sprachniveau A2 gemäß dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen und über Kenntnisse der grundlegenden Werte der Rechts- und Gesellschaftsordnung der Republik Österreich verfügt. Der Prüfungserfolg ist mit "Bestanden" oder "Nicht bestanden" zu beurteilen. Zur erfolgreichen Absolvierung der Prüfung muss sowohl das Wissen über Sprach- sowie über Werteinhalte nachgewiesen werden. Wiederholungen von nicht bestandenen Prüfungen sind zulässig. Die Wiederholung von einzelnen Prüfungsinhalten ist nicht zulässig.

(3) Die Integrationsprüfung zur Erfüllung des Moduls 1 ist vom Österreichischen Integrationsfonds oder von einer vom Österreichischen Integrationsfonds zur Abwicklung der Prüfungen im Rahmen der Integrationsvereinbarung zertifizierten und somit zur Ausfolgung eines gleichwertigen Nachweises gemäß Abs. 4 berechtigten Einrichtung durchzuführen.

(4) Über die Gleichwertigkeit eines Nachweises gemäß § 9 Abs. 4 Z 2 entscheidet der Österreichische Integrationsfonds mit Bescheid auf schriftlichen Antrag einer Einrichtung, die beabsichtigt die Integrationsprüfung durchzuführen, nach Maßgabe der Verordnung des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres gemäß Abs. 5.

(5) Der Prüfungsinhalt, die Modalitäten der Durchführung, die Prüfungsordnung zur Erfüllung des Moduls 1 sowie die Kriterien für die Prüfung der Gleichwertigkeit werden durch Verordnung des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres festgelegt.

(6) Der Österreichische Integrationsfonds kann die Zertifizierung während der Gültigkeit mit Bescheid entziehen, wenn die Integrationsprüfung nicht der Verordnung gemäß Abs. 5 entspricht. Nach einem Entzug der Zertifizierung ist eine neuerliche Antragstellung zur Zertifizierung frühestens nach Ablauf von sechs Monaten zulässig.

Die Übergangsbestimmung des § 81 Abs. 36 NAG lautet:

Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG gilt als erfüllt, wenn Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2017 vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2017 erfüllt haben oder von der Erfüllung ausgenommen waren. Die weiteren maßgeblichen Bestimmungen des NAG (idF vor BGBl. I Nr. 68/2017) lauten:

Gemäß § 14a Abs. 1 erster Satz NAG sind Drittstaatsangehörige mit erstmaliger Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1, Z 1, 2, 4, 5, 6 oder 8 zur Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung verpflichtet.

Gemäß Abs. 4 leg. cit. ist das Modul 1 der Integrationsvereinbarung erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige

1. einen Deutsch-Integrationskurs besucht und einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über den erfolgreichen Abschluss des Deutsch-Integrationskurses vorlegt,

2. einen allgemein anerkannten Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß § 14 Abs. 2 Z 1 [= Kenntnisse der deutschen Sprache zur vertiefenden elementaren Sprachverwendung] vorlegt,

[...]

Nähere Bestimmungen über die Durchführung von Deutsch-Integrationskursen und den Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über den erfolgreichen Abschluss des Deutsch-Integrationskurses gemäß Abs. 4 Z 1 sowie über Nachweise gemäß Abs. 4 Z 2 hat der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festzulegen (§ 14a Abs. 6 NAG). Die aufgrund dieser Ermächtigung erlassene Integrationsvereinbarungs-Verordnung, BGBl II Nr. 449/2005 bestimmt Folgendes: § 7 (1) Ziel des Deutsch-Integrationskurses (Modul 1 der Integrationsvereinbarung) ist die Erreichung des A2-Niveaus des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen, wie im Rahmencurriculum für Deutsch-Integrationskurse (Anlage A) beschrieben.

(2) Den Abschluss des Deutsch-Integrationskurses bildet eine Abschlussprüfung, zumindest auf dem A2-Nivau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen, durch den ÖIF.

Der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" unterscheidet sich von der "Aufenthaltsberechtigung plus" gemäß § 54 Abs. 1 AsylG 2005 nur in Bezug auf die Berechtigung zur Ausübung von Erwerbstätigkeiten, und zwar dahin, dass die "Aufenthaltsberechtigung" insoweit weniger Rechte einräumt. Statt wie bei der "Aufenthaltsberechtigung plus", die einen unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt iSd § 17 AuslBG vermittelt, besteht nämlich für die Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit das Erfordernis einer Berechtigung nach dem AuslBG.

In seinem Erkenntnis vom 04.08.2016, Ra 2016/210203, betonte der Verwaltungsgerichtshof, dass hinsichtlich der Beurteilung der Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG (nunmehr §§ 9 ff Integrationsgesetz) eine formalistische Sichtweise anzuwenden sei und die Vorlage eines der in § 9 der Integrationsvereinbarungs-Verordnung (aF) aufgezählten Zertifikate nicht im Rahmen der freien Beweiswürdigung ersetzt werden könne.

Im gegenständlichen Fall verfügt die Beschwerdeführerin über ein Zeugnis "ÖSD Zertifikat B1" vom 25.10.2016, weshalb sie das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2017 vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2017 erfüllt hat.

Gemäß der zitierten Übergangsbestimmung ist die mangelnde Absolvierung eines Wertekurses gemäß § 11 Abs. 2 IntG als Nachweis, dass die Beschwerdeführerin mit den Werten der Republik Österreich in Kenntnis und verbunden ist, nicht maßgeblich für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung plus" gemäß § 55 Abs. 1 AsylG, soweit sie die Voraussetzungen des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG idF vor dem BGBl. I Nr. 68/2017, vor dem Zeitpunkt seines Inkrafttretens erfüllt hat.

Die Beschwerdeführerin erfüllt somit auch ohne Vorlage eines Nachweises über die Absolvierung eines Wertekurses über die Kenntnisse der grundlegenden Werte der Rechts- und Gesellschaftsordnung der Republik Österreich bzw. nur mittels Vorlage ihres Zeugnisses die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 AsylG.

Die faktische Ausstellung der entsprechenden Karten fällt unter die Kompetenz des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

III) Zur Behebung des Spruchpunktes VI. (Ausreisefrist):

Gem. § 55 Abs. 1 ist mit Rückkehrentscheidung gem. § 52 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise festzulegen. Da keine Rückkehrentscheidung zur Ausreise erlassen wurde, ist die Frist nicht auszusprechen.

Zum Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 2 leg. cit. kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Soweit durch Bundes-oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Der Verfassungsgerichtshof äußerte vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EGMR (zur Zulässigkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung) keine Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der Vorgängerbestimmung des § 21 Abs. 7 BFA-VG (d.i. § 41 Abs. 7 AsylG) und stellte dazu klar: "Das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, steht in Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde." (vgl. VfGH vom 14.03.2012, U 466/11).

Im gegenständlichen Fall konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden, da der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt ist und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Ferner folgt das Bundesverwaltungsgericht den vorgelegten Unterlagen der Beschwerdeführerin betreffend ihre Integrationsmaßnahmen und legt diese der rechtlichen Beurteilung zugrunde. Für das Bundesverwaltungsgericht ist sohin nicht ersichtlich, inwiefern eine mündliche Verhandlung und sohin die Gewinnung eines persönlichen Eindrucks der Beschwerdeführerin eine Änderung der gegenständlichen Entscheidung bewirken hätte können.

Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010, S 389, entgegen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen angefochtenen Punkten wiedergegeben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Aufenthaltsberechtigung plus, bestehendes Familienleben,
Deutschkenntnisse, Integration, Interessenabwägung, Privat- und
Familienleben, Rückkehr
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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