TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/12 W127 2159818-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.03.2019
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Entscheidungsdatum

12.03.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs3 Z1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W127 2159818-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Dr. Fischer-Szilagyi über die Beschwerde vonXXXX, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.05.2017, Zl. 1090858908/151542190, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer ist in die Republik Österreich eingereist und hat am 13.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Bei der Erstbefragung am 13.10.2015 gab der Beschwerdeführer zu seinem Fluchtgrund an, in Afghanistan herrsche seit einigen Jahren Krieg. An seinem Herkunftsort in Baghlan seien sehr viele Taliban und würden diese versuchen, die jungen Männer aus der Region zu rekrutieren. Außerdem gebe es dort keine Schulen und keine Perspektiven mehr.

2. Am 25.04.2017 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari niederschriftlich einvernommen. Er führte aus, er habe Afghanistan wegen des Krieges verlassen und sich im Jahr 2014 für einen Monat in der Türkei aufgehalten. Dort habe er einen (afghanischen) Reisepass beantragt und sei dann wieder nach Afghanistan in sein Heimatdorf zurückgekehrt. Etwa eineinhalb Jahre nach seiner Rückkehr sei er wieder aus Afghanistan nach Europa gereist. Die neuerliche Ausreise begründete der Beschwerdeführer im Wesentlichen mit der Sicherheitslage in Baghlan, verstärkter Präsenz der Taliban und drohender Zwangsrekrutierung.

3. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG 2005 wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Weiters wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Es wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV).

In der Begründung führte die belangte Behörde aus, ein fluchtauslösendes Ereignis habe nicht festgestellt werden können und stehe dem Beschwerdeführer eine innerstaatliche Fluchtalternative in afghanische Großstädte - beispielsweise nach Kabul oder Mazar-e Sharif - offen.

4. Hiegegen wurde Rechtsmittel erhoben und der Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie Mangelhaftigkeit des Verfahrens bekämpft. Der Beschwerdeführer habe Afghanistan aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung von Seiten der Taliban aufgrund einer ihm unterstellten politischen Gesinnung verlassen. Baghlan zähle zu den relativ volatilen Provinzen Afghanistans und würden Taliban dort ihren Einfluss nützen, um junge Männer für ihre terroristischen Aktivitäten zu rekrutieren. Dem Beschwerdeführer würde auch keine innerstaatliche Fluchtalternative offenstehen, da im gesamten Staatsgebiet Afghanistans Verfolgung durch kriminelle Terrorgruppen wie die Taliban drohe. Insbesondere als Rückkehrer aus Europa - somit in den Augen der Taliban als Ungläubiger - wäre der Beschwerdeführer einer besonderen Gefährdung ausgesetzt. Betreffend eine innerstaatliche Fluchtalternative in Kabul oder Mazar-e Sharif wurde sowohl auf die dortige Situation als auch auf die persönlichen Umstände des Beschwerdeführers hingewiesen, der nur ein Jahr lang die Koranschule besucht habe, über keine geeignete Fachausbildung verfüge, lediglich auf der familieneigenen Landwirtschaft tätig gewesen sei und mit den örtlichen und infrastrukturellen Gegebenheiten in den genannten Städten nicht vertraut sei. Mangels Familienangehöriger außerhalb von Baghlan könne der Beschwerdeführer auch nicht mit Unterstützung rechnen und stünden überdies keine staatlichen Hilfen zur Verfügung.

5. Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt langten am 01.06.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

6. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 17.07.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der das Bundesamt nicht teilnahm. Der Beschwerdeführer wurde im Beisein einer Vertreterin und einer Dolmetscherin für die Sprache Dari zu seinen Fluchtgründen und zu seiner Situation in Österreich befragt und wurde ihm Gelegenheit gegeben, zu den ins Verfahren eingebrachten Länderberichten - Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom Juni 2018 und "Country Guidance: Afghanistan" der EASO vom Juni 2018 - Stellung zu nehmen. Die Beschwerdeführervertreterin verwies auf "die aktuellen Länderberichte", insbesondere in Bezug auf die Provinz Baghlan im Zusammenhang mit dort vorkommenden Zwangsrektrutierungsmaßnahmen der Taliban.

In der mündlichen Verhandlung am 11.03.2019 wurden insbesondere aktuelle Länderberichte in das Verfahren eingebracht; der Vertreter des Beschwerdeführers legte eine diesbezügliche Stellungnahme vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakt, in den hg. Akt sowie insbesondere in folgende Länderberichte:

Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan vom 29.06.2018, aktualisiert mit 01.03.2019; EASO Country Guidance Afghanistan Juni 2018; UNHCR-Richtlinien 30.08.2018; ACCORD-Anfragebeantwortung zu Afghanistan vom 12.10.2018 "Folgen der Dürre in den Städten Herat und Mazar-e Sharif"; Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zur Lage in Herat-Stadt und Mazar-e Sharif aufgrund anhaltender Dürre vom 13.09.2018; ACCORD 07.12.2018 Afghanistan: Versorgungs- und Sicherheitslage Herat, Mazar-e Sharif 2010 bis 2018.

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan, der Volksgruppe der Usbeken zugehörig und bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben. Er ist in das Bundesgebiet eingereist und hat am 13.10.2015 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Der Beschwerdeführer ist in Afghanistan in der Provinz Baghlan im Distrikt Dahana-e Ghori (Dand-e Ghori) geboren und aufgewachsen. Er hat dort ungefähr ein Jahr lang die Koranschule besucht und spricht Usbekisch, Dari und Paschtu. In der Sprache Dari kann der Beschwerdeführer Lesen und Schreiben, in Paschtu nur Lesen. Er verfügt über keine Berufsausbildung, hat in Baghlan aber in der familieneigenen Landwirtschaft gearbeitet. Der Beschwerdeführer hat ungefähr im Jahr 2014 erstmals Afghanistan verlassen und ist in die Türkei gereist, wo er sich im afghanischen Generalkonsulat in Istanbul einen Reisepass ausstellen ließ. Nach einem etwa einmonatigen Aufenthalt in der Türkei ist der Beschwerdeführer über Kabul in seinen Heimatort in der Provinz Baghlan zurückgekehrt und hat sich dort eineinhalb Jahre lang aufgehalten. Im Jahr 2015 hat der Beschwerdeführer neuerlich Afghanistan verlassen und ist nach Österreich gereist.

Der Beschwerdeführer ist volljährig, ledig und hat keine Kinder. Der Vater und eine Schwester des Beschwerdeführers leben weiterhin in der Provinz Baghlan. Ein Bruder des Beschwerdeführers, zu dem dieser weiterhin Kontakt hat, lebt im Iran und unterstützt mit seinen dort erwirtschafteten Einkünften die in Baghlan verbliebenen Familienangehörigen. Der Beschwerdeführer wird seit März 2018 wegen einer Depression medikamentös behandelt, leidet aber an keinen schweren bzw. lebensbedrohenden Krankheiten und ist arbeitsfähig.

In Österreich hat der Beschwerdeführer keine Familienangehörigen oder sonstige enge Bindungen. Er ist nicht straffällig im Sinne des Asylgesetzes. Der Beschwerdeführer hat in Österreich Deutschkurse besucht und spricht bereits etwas Deutsch. Er verfügt über einen Bekannten- bzw. Freundeskreis und betätigt sich ehrenamtlich in seiner Gemeinde.

Der Beschwerdeführer ist nicht legal in das Bundesgebiet eingereist und hatte nie ein nicht auf das Asylverfahren gegründetes Aufenthaltsrecht in Österreich. Er ist bisher in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen und bezieht Leistungen aus der Grundversorgung.

Zum Fluchtvorbringen:

Dem Beschwerdeführer droht bei einer Rückkehr nach Afghanistan keine Zwangsrekrutierung durch die Taliban. Auch sonst haben sich keine Hinweise für eine individuelle Bedrohung des Beschwerdeführers ergeben.

Dem Beschwerdeführer droht in Afghanistan aufgrund seiner Religions- bzw. Volksgruppenzugehörigkeit oder aufgrund seines Aufenthaltes in Österreich weder Gewalt noch Diskriminierung von erheblicher Intensität. Weiters haben sich keine Anhaltpunkte ergeben, dass eine Asylantragstellung im Ausland oder eine rechtswidrige Ausreise zu Sanktionen oder Repressionen in Afghanistan führen würde.

Der Beschwerdeführer hat keine konkret gegen seine Person gerichtete Verfolgung oder Bedrohung durch staatliche Organe oder durch Private aus einem asylrechtlich relevanten Grund im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention zu erwarten.

1.2. Zur allgemeinen Lage in Afghanistan:

In Afghanistan leben laut Schätzungen vom Juli 2016 mehr als 33,3 Millionen Menschen. Schätzungen zufolge sind 40 % Pashtunen, rund 30 % Tadschiken, ca. 10 % Hazara, 9 % Usbeken. Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnischen Minderheiten. Ethnische Spannungen zwischen unterschiedlichen Gruppen können allerdings weiterhin in Konflikten und Tötungen resultierten.

Usbeken, die viertgrößte Minderheit Afghanistans, sind Sunniten und siedeln sowohl im ländlichen Raum als auch in urbanen Zentren (Mazar-e Sharif, Kabul, Kandahar, Laschkargah u.a.), wo ihre Wirtschafts- und Lebensformen kaum Unterschiede zu Dari-sprachigen Gruppen aufweisen. In den Städten und in vielen ländlichen Gegenden beherrschen Usbeken neben dem Usbekischen in der Regel auch Dari auf nahezu muttersprachlichem Niveau. Eheschließungen zwischen Usbeken und Tadschiken sind keine Seltenheit. Abdul Rashid Dostum, ein ehemaliger Warlord, ist ein Anführer der usbekischen Minderheit und erster Vizepräsident Afghanistans. Die usbekische Minderheit ist im nationalen Durchschnitt mit etwa 8 % in der Afghan National Army und der Afghan National Police repräsentiert.

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt insgesamt volatil und weist starke regionale Unterschiede auf. Provinzen und Distrikten mit aktiven Kampfhandlungen stehen andere gegenüber, in denen die Lage trotz punktueller Sicherheitsvorfälle vergleichsweise stabil ist. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädte und den Großteil der Distriktzentren. Ausländische Streitkräfte und Regierungsvertreter sowie die als ihre Verbündeten angesehenen Angehörigen der afghanischen Sicherheitskräfte und Vertreter der afghanischen Regierung sind prioritäre Ziele der Aufständischen. Eine Bedrohung für Zivilisten geht insbesondere von Kampfhandlungen zwischen den Konfliktparteien sowie improvisierten Sprengkörpern, Selbstmordanschlägen und komplexen Angriffen auf staatliche Einrichtungen aus.

Regierungsfeindliche Kräfte nutzen in Gebieten, in denen sie die tatsächliche Kontrolle über das Territorium und die Bevölkerung ausüben, verschiedene Methoden zur Rekrutierung von Kämpfern, einschließlich Maßnahmen unter Einsatz von Zwang. Da Taliban im Allgemeinen keinen Mangel an Freiwilligen bzw. Rekruten haben, kommt es allerdings nur in Ausnahmefällen zu Zwangsrekrutierungen. Personen, die sich der Rekrutierung widersetzen, sind ebenso wie ihre Familienmitglieder gefährdet, getötet oder bestraft zu werden.

Die afghanische Hauptstadt Kabul ist über den Flughafen gut erreichbar.

Baghlan, die Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers, liegt in Nordostafghanistan und gilt als eine der industriellen Provinzen Afghanistans. Sie befindet sich auf der Route der Autobahn Kabul-Nord, welche neun Provinzen miteinander verbindet. Die Hauptstadt Pul-e Khumri ist als Wirtschaftszentrum bekannt. Die Sicherheitslage in der Provinz hat sich seit Anfang 2016 verschlechtert, als die Taliban anfingen, koordinierte Angriffe in Schlüsseldistrikten in der Nähe der Hauptstadt auszuführen. Im Februar 2017 galt Baghlan als eine der am schwersten umkämpften Provinzen des Landes. Auch zählt Baghlan zu jenen Provinzen, in denen eine hohe Anzahl an Zivilisten aufgrund explosiver Kampfmittelrückstände und indirekter Waffeneinwirkung ums Leben kamen. Im Zeitraum 01.01.2017-30.04.2018 wurden in der Provinz 102 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

Herat ist eine wirtschaftlich relativ gut entwickelte Provinz im Westen des Landes und ist über einen internationalen Flughafen in der Provinzhauptstadt erreichbar. Die Sicherheitslage hat sich in den letzten Jahren in abgelegenen Distrikten aufgrund von Aktivitäten der Taliban verschlechtert, insbesondere in der Stadt Herat ist die Lage aber vergleichsweise friedlich.

Die nordafghanische Provinz Balkh ist von hoher strategischer Bedeutung und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Die Provinzhauptstadt Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana und Pul-e Khumri und ist ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut, es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Mazar-e Sharif verfügt über einen internationalen Flughafen. Die Infrastruktur ist jedoch noch unzureichend und behindert die weitere Entwicklung der Region. Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans und hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen. Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte. Sowohl Aufständische der Taliban als auch Sympathisanten des IS versuchen in abgelegenen Distrikten der Provinz Fuß zu fassen.

Zur Wirtschafts- und Versorgungslage ist festzuhalten, dass Afghanistan weiterhin ein Land mit hoher Armutsrate und Arbeitslosigkeit ist. Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen besteht auch für zurückkehrende Flüchtlinge das Risiko, in die Armut abzurutschen. Sowohl das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (United Nations World Food Programme) als auch andere UN-Organisationen arbeiten mit der afghanischen Regierung zusammen, um die Kapazität humanitärer Hilfe zu verstärken, rasch Unterkünfte zur Verfügung zu stellen und Hygiene- und Nahrungsbedürfnisse zu stillen. Daneben gibt es eine Kooperation mit der Internationalen Organisation für Migration (IOM) in Afghanistan im Rahmen des Programms "Assisted Voluntary Return and Reintegration". IOM bietet Beratung und psychologische Betreuung im Aufnahmeland, Unterstützung bei Reiseformalitäten und bei der Ankunft in Kabul sowie Begleitung der Reintegration einschließlich Unterstützung bei der Suche nach einer Beschäftigung oder Gewährung eines Anstoßkredits an. Obwohl IOM Abschiebungen nicht unterstützt und keine Abschiebungsprogramme durchführt, gibt IOM auch abgeschobenen Asylbewerbern Unterstützung nach der Ankunft im Land. In den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif sind Unterkünfte grundsätzlich verfügbar, die Mietkosten in der Stadt Kabul sind allerdings höher als in den Vororten oder in anderen Provinzen. Auch Nahrungsmittel, grundlegende Gesundheitsversorgung und Zugang zu Trinkwasser sind in diesen Städten grundsätzlich verfügbar. Rückkehrer können nach ihrer Ankunft in Kabul für bis zu zwei Wochen von IOM untergebracht werden.

Ein fehlendes familiäres Netzwerk stellt eine Herausforderung für die Reintegration von Migranten in Afghanistan dar. Dennoch haben alleinstehende afghanische Männer, egal ob sie sich kürzer oder länger außerhalb der Landesgrenzen aufhielten, sehr wahrscheinlich eine Familie in Afghanistan, zu der sie zurückkehren können. Eine Ausnahme stellen möglicherweise jene Fälle dar, deren familiäre Netze in den Nachbarstaaten Iran oder Pakistan liegen.

Medizinische Versorgung wird in Afghanistan auf drei Ebenen gewährleistet: Gesundheitsposten und Gesundheitsarbeiter bieten ihre Dienste auf Gemeinde- oder Dorfebene an; Grundversorgungszentren, allgemeine Gesundheitszentren und Bezirkskrankenhäuser operieren in den größeren Dörfern und Gemeinschaften der Distrikte. Die dritte Ebene der medizinischen Versorgung wird von Provinz- und Regionalkrankenhäusern getragen. In urbanen Gegenden bieten städtische Kliniken, Krankenhäuser und Sonderkrankenanstalten jene Dienstleistungen an, die Gesundheitsposten, Grundversorgungszentren und Gesundheitszentren in ländlichen Gebieten erbringen. 90 % der medizinischen Versorgung in Afghanistan wird dennoch nicht direkt vom Staat zur Verfügung gestellt, sondern von nationalen und internationalen NGOs, die über ein Vertragssystem beauftragt werden. Über dieses Vertragssystem wird sowohl primäre als auch sekundäre und tertiäre medizinische Versorgung zur Verfügung gestellt. Allerdings mangelt es an Investitionen in medizinische Infrastruktur. Der Bauzustand vieler Kliniken ist schlecht. Während in den Städten ein ausreichendes Netz von Krankenhäusern und Kliniken besteht, ist es in den ländlichen Gebieten für viele Afghanen schwierig, eine Klinik oder ein Krankenhaus zu erreichen.

Traditionell mangelt es in Afghanistan an einem Konzept für psychisch Kranke. Sie werden nicht selten in spirituellen Schreinen unter teilweise unmenschlichen Bedingungen "behandelt" oder es wird ihnen durch eine "Therapie" mit Brot, Wasser und Pfeffer der "böse Geist ausgetrieben". Es gibt jedoch aktuell Bemühungen, die Akzeptanz und Kapazitäten für psychiatrische Behandlungsmöglichkeiten zu stärken und auch Aufklärung sowohl über das Internet als auch in Form von Comics (für Analphabeten) zu betreiben. Psychische Krankheiten wie posttraumatische Belastungsstörung und Depression sind in Afghanistan weit verbreitet, die Infrastruktur für die Bedürfnisse mentaler Gesundheit entwickelt sich aber nur langsam. So existieren beispielsweise in Mazar-e Sharif ein privates neuropsychiatrisches Krankenhaus (Alemi Hospital) und ein öffentliches psychiatrisches Krankenhaus. In Kabul existiert eine weitere psychiatrische Klinik. Landesweit bieten alle Provinzkrankenhäuser kostenfreie psychologische Beratungen an, die in einigen Fällen sogar online zur Verfügung stehen. Mental erkrankte Personen können beim Roten Halbmond, in entsprechenden Krankenhäusern und bei anderen Nichtregierungsorganisationen behandelt werden.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, Herkunft, ethnischen und religiösen Zugehörigkeit, Schulbildung, Arbeitserfahrung sowie zu den Aufenthaltsorten und den Sprachkenntnissen des Beschwerdeführers beruhen auf den im Wesentlichen gleichbleibenden und übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers im Laufe des Asylverfahrens.

Auch die Feststellungen zur Volljährigkeit und dem Familienstand des Beschwerdeführers sowie zu seinen Familienangehörigen im Iran und in Afghanistan basieren auf den Angaben des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und dem Bundesverwaltungsgericht.

Die Feststellungen zur Einreise, Antragstellung und dem Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus dem Inhalt des Verwaltungsaktes und dem damit in Einklang stehenden Vorbringen des Beschwerdeführers.

Zu seinem Gesundheitszustand hat der Beschwerdeführer bei der Einvernahme durch das Bundesamt am 25.04.2017 noch angegeben, gesund zu sein, und auch in der Rechtsmittelschrift vom 29.05.2017 werden keinerlei gesundheitliche Probleme vorgebracht. In der mündlichen Verhandlung am 17.07.2018 gab der Beschwerdeführer zunächst an, dass es ihm gut gehe und er nicht regelmäßig zum Arzt gehe. Der Beschwerdeführer fügte dann allerdings hinzu, er nehme über Verschreibung durch seinen Hausarzt seit vier Monaten ein Antidepressivum ein. In der mündlichen Verhandlung am 11.03.2019 verwies der Beschwerdeführer auf neue Medikamente. Aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer erneut keine Arztbefunde vorgelegt hat und nach Aktenlage bis dato keine Zuweisung zu einem Facharzt erfolgte, sind keine hinreichenden Hinweise auf eine schwere Form der Erkrankung bzw. eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers festzustellen. Der Beschwerdeführer hat kein dahingehendes Vorbringen erstattet und in den mündlichen Verhandlungen vielmehr selbst angegeben, er wolle in Österreich arbeiten.

Die Feststellungen zu familiären und privaten Bindungen des Beschwerdeführers in Österreich gründen auf dessen Vorbringen im Asylverfahren. Betreffend das Privatleben und die Integration des Beschwerdeführers in Österreich wurden insbesondere seine Angaben in den mündlichen Verhandlungen sowie die vorgelegten Bestätigungen der Beurteilung zugrunde gelegt. Der Bezug von Leistungen aus der Grundversorgung geht aus einem seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholten Auszug aus dem Betreuungs-informationssystem (GVS) hervor.

Die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer aktuellen Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.

2.2. Zum Fluchtvorbringen:

Der Beschwerdeführer hat seine Ausreise aus Afghanistan und seine Antragstellung in Österreich mit der schlechten Sicherheitslage in Afghanistan - insbesondere in der Provinz Baghlan - sowie einer drohenden Zwangsrekrutierung durch Taliban begründet.

Dazu ist zunächst festzuhalten, dass aus den ins Verfahren eingebrachten Länderberichten hervorgeht, dass sich die Sicherheitslage in der Heimatprovinz des Beschwerdeführers verschlechtert hat und die Taliban in manchen Teilen der Provinz über eine starke Präsenz verfügen (vgl. EASO, Country Guidance: Afghanistan, Juni 2018, S. 79). Insbesondere der Heimatdistrikt des Beschwerdeführers, Dahana-e Ghori, ist Berichten zufolge unter der Kontrolle der Taliban (EASO COI Report Afghanistan: Security Situation - Update, Mai 2018, S. 43). Der Beschwerdeführer hat allerdings keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte für eine individuelle Bedrohung vorgebracht und aus dem Bericht "Country Guidance: Afghanistan" der EASO vom Juni 2018 geht hervor, dass Zwangsrekrutierung nur in Ausnahmefällen vorkommt ("The Taliban have no shortage of volunteers/recruits and only make use of forced recruitment in exceptional cases. It is, for example, reported that the Taliban try to recruit persons with a military background, such as members of the ANSF. The Taliban also make use of forced recruitment in situations of acute pressure."). Auch der UNHCR geht nicht davon aus, dass für Männer im wehrfähigen Alter, die in Gebieten leben, die sich unter der tatsächlichen Kontrolle der regierungsfeindlichen Kräfte befinden, jedenfalls Bedarf an internationalem Flüchtlingsschutz besteht, sondern stellt diesbezüglich auch die spezifischen Umstände des Einzelfalls ab (Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018, S. 62).

Im Ergebnis kann aber dahingestellt bleiben, ob dem Beschwerdeführer als Mann im wehrfähigen Alter in seinen Heimatort Verfolgung seitens der Taliban droht, zumal eine Rückkehr in diese Region aufgrund der aktuellen Sicherheitslage ohnehin nicht in Betracht kommt, es dem Beschwerdeführer aber offensteht, sich in anderen Teilen Afghanistans - insbesondere in den Städten Herat oder Mazar-e Sharif - niederzulassen. Für eine individuelle Bedrohung des Beschwerdeführers auch in anderen, vergleichsweise sicheren und nicht unter der Kontrolle von Aufständischen stehenden Landesteilen haben sich weder aus den Angaben des Beschwerdeführers noch aus den Länderberichten Hinweise ergeben (vgl. auch EASO, Country Guidance: Afghanistan, Juni 2018, S. 100).

Betreffend eine Bedrohung des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit einer Rückkehr aus dem Ausland bzw. insbesondere aus dem "Westen" ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan geboren und aufgewachsen ist und sich lediglich die letzten drei Jahre in Österreich aufgehalten hat. Den ins Verfahren eingebrachten Länderberichten sind keine hinreichenden Anhaltspunkte zu entnehmen, dass Rückkehrern aus dem "Westen" alleine aufgrund dieses Umstandes Gewalt oder Diskriminierung von erheblicher Intensität droht (vgl. EASO, Country Guidance: Afghanistan, Juni 2018, S. 19 u. S. 57; vgl. auch Gutachten Dr. Rasuly 15.02.2017, W119 2142462-1, sowie UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018, in denen darauf hingewiesen wird, dass je nach den Umständen des Einzelfalls Bedarf an internationalem Flüchtlingsschutz bestehen kann).

Die Feststellungen hinsichtlich einer nicht bestehenden Gefährdung des Beschwerdeführers aufgrund seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit sowie seiner Asylantragstellung beruhen auf den ins Verfahren eingebrachten Länderberichten bzw. wurde auch kein Vorbringen zu bereits erfolgten oder konkret drohenden Diskriminierungen oder Übergriffen erstattet. Konkrete Anhaltpunkte für eine individuelle Bedrohung des Beschwerdeführers sind daher nicht hervorgekommen.

2.3. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

Die Länderfeststellungen beruhen auf den ins Verfahren eingebrachten Länderberichten, insbesondere dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, das basierend auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger unbedenklicher Quellen einen in den Kernaussagen schlüssigen Überblick über die aktuelle Lage in Afghanistan gewährleistet.

Angesichts der Seriosität der genannten Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, sodass sie den Feststellungen zur Situation in Afghanistan zugrunde gelegt werden konnten. Die Lage in Afghanistan stellt sich seit Jahren diesbezüglich im Wesentlichen unverändert dar, wie sich das erkennende Gericht durch ständige Beachtung der aktuellen Quellenlage (u.a. durch Einschau in aktuelle Berichte bzw. Folgeberichte des deutschen Auswärtigen Amtes, der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, des European Asylum Support Office und des U.S. Department of State) versichert hat. Auch wenn in den vergangenen Monaten vermehrt Anschläge in der Stadt Kabul stattgefunden haben, so weisen diese keine solche Intensität auf, dass eine Rückkehr nach Kabul generell eine Verletzung der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) darstellt (vgl. auch ecoi.net-Themendossier "Allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan und Chronologie für Kabul" vom 20.12.2018), zumal ein großer Teil der zivilen Opfer auf einzelne "high-profile" Angriffe zurückzuführen ist, die sich nicht in Wohngebieten, sondern insbesondere im Diplomaten- bzw. Regierungsviertel ereignet haben.

Auch unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Vertreterin des Beschwerdeführers vom 11.03.2019 ist festzuhalten, dass sich aus den gegenständlich herangezogenen bzw. vom Bundesverwaltungsgericht beobachteten Quellen nicht ergibt, dass Rückkehrern in ganz Afghanistan Zwangsrekrutierung durch Taliban droht. Ohne Hinzutreten individueller gefahrenerhöhender Umstände kann - insbesondere in nicht von Aufständischen kontrollierten Gebieten - nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit von einer dahingehenden Bedrohung ausgegangen werden. Auch den in der Beschwerde angeführten UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016 sowie der aktuellen Fassung vom 30.08.2018 ist in diesem Zusammenhang zu entnehmen, dass regierungsfeindliche Kräfte in Gebieten, in denen sie die tatsächliche Kontrolle über das Territorium und die Bevölkerung ausüben, Berichten zufolge verschiedene Methoden zur Rekrutierung von Kämpfern, einschließlich Maßnahmen unter Einsatz von Zwang nutzen.

Auch vor dem Hintergrund der Ausführungen des UNHCR in den Richtlinien vom 30.08.2018 betreffend eine innerstaatliche Fluchtalternative in Kabul ("UNHCR ist der Auffassung, dass angesichts der gegenwärtigen Sicherheits-, Menschenrechts- und humanitären Lage in Kabul eine interne Schutzalternative in der Stadt grundsätzlich nicht verfügbar ist.") ist im Ergebnis nicht davon auszugehen, dass eine Neuansiedlung in der Stadt Kabul jedenfalls ausgeschlossen ist, zumal auch die EASO in dem - ebenfalls aktuellen - Bericht "Country Guidance: Afghanistan" vom Juni 2018 für Kabul hinsichtlich einer möglichen ernsthaften individuellen Bedrohung im Sinne von Artikel 15 lit. c der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 (Statusrichtlinie) auf das Vorliegen besonderer persönlicher Umstände abgestellt hat und hinsichtlich alleinstehender leistungsfähiger erwachsener Männer ("single able-bodied adult men") von einer grundsätzlichen Zumutbarkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative in Kabul ausgegangen ist. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass in Artikel 8 Abs. 2 der Statusrichtlinie hinsichtlich der für die Prüfung der Situation im Herkunftsstaat des Antragstellers einzuholenden Informationen aus relevanten Quellen gleichermaßen auf Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) wie auch des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (EASO) verwiesen wird.

Die oben stehenden Ausführungen gelten sinngemäß auch für die Städte Herat und Mazar-e Sharif, da dem genannten Bericht der EASO etwa hinsichtlich der Stadt Herat (vgl. auch die im Wesentlichen gleichlautenden Ausführungen betreffend die Provinz Balkh - einschließlich der Provinzhauptstadt Mazar-e Sharif - auf Seite 79 des Berichtes) Folgendes zu entnehmen ist: "For Herat city, it can be concluded that indiscriminate violence is taking place at such a low level, that in general there is no real risk for a civilian to be personally affected by reason of indiscriminate violence."

Auch für die Städte Herat und Mazar-e Sharif wird hinsichtlich "single able-bodied adult men" von einer grundsätzlichen Zumutbarkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative ausgegangen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl das Bundesverwaltungsgericht.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen (§ 28 Abs. 1 VwGVG).

3.2. Zu Spruchpunkt A):

3.2.1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Artikel 9 der Statusrichtlinie verweist).

Flüchtling im Sinne des Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074 uva.). Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr (vgl. VwGH 10.06.1998, 96/20/0287). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten (VwGH 24.02.2015, Ra 2014/18/0063); auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat aber asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (vgl. VwGH 28.01.2015, Ra 2014/18/0112 mwN). Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).

Die Voraussetzung der "wohlbegründeten Furcht" vor Verfolgung wird in der Regel aber nur erfüllt, wenn zwischen den Umständen, die als Grund für die Ausreise angegeben werden, und der Ausreise selbst ein zeitlicher Zusammenhang besteht (vgl. VwGH 17.03.2009, 2007/19/0459). Relevant kann nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. u.a. VwGH 20.06.2007, 2006/19/0265 mwN).

Auch wenn in einem Staat allgemein schlechte Verhältnisse bzw. sogar bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen sollten, so liegt in diesem Umstand für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Flüchtlingskonvention. Um asylrelevante Verfolgung erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (vgl. hiezu VwGH 21.01.1999, 98/18/0394; 19.10.2000, 98/20/0233 mwH). Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation kann nach ständiger Judikatur nicht als hinreichender Grund für eine Asylgewährung herangezogen werden (vgl. VwGH 17.06.1993, 92/01/1081; 14.03.1995, 94/20/0798).

Wie oben ausgeführt ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, eine begründete Furcht vor Verfolgung darzutun. Es kann somit nicht davon ausgegangen werden, dass dem Beschwerdeführer asylrelevante Verfolgung in Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht.

Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Gefahr einer Zwangsrekrutierung durch Taliban in seiner Heimatprovinz wird an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass aus den Länderberichten zu Afghanistan hervorgeht, dass Taliban in Gebieten, in denen sie die tatsächliche Kontrolle über das Territorium und die Bevölkerung ausüben, verschiedene Methoden zur Rekrutierung von Kämpfern einsetzen, Maßnahmen unter Einsatz von Zwang allerdings nur in Ausnahmefällen zur Anwendung kommen. Daraus, aus sonstigen Länderberichten (vgl. etwa Landinfo, Afghanistan: Rekrutierung durch die Taliban, vom 29.06.2017 (BFA Arbeitsübersetzung): "Es sind Fälle von Zwangsrekrutierung dokumentiert, sie bilden allerdings die Ausnahme. Die Rekrutierung durch die Taliban ist nicht durch Zwang, Drohungen und Gewalt gekennzeichnet.") sowie aus dem notorischen Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes ist nicht abzuleiten, dass jeder wehrfähige Mann bei einer Rückkehr - ohne Hinzutreten individueller, gefahrenerhöhender Umstände - mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit der Gefahr einer Zwangsrekrutierung ausgesetzt wäre. Von einer Gruppenverfolgung aller Männer im wehrfähigen Alter ist demzufolge nicht auszugehen.

Da sich weder aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers noch aus internationalen Länderberichten hinreichende Anhaltspunkte für eine Verfolgung des Beschwerdeführers ergeben haben, ist kein unter

Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention zu subsumierender Sachverhalt ableitbar.

Darüber hinaus ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 3 Z 1 AsylG 2005 auch dann abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht (vgl. die unten stehenden Ausführungen zu § 8 Abs. 3 AsylG 2005).

Der Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten wurde daher zu Recht abgewiesen.

3.2.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

Wird ein Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, so ist dem Fremden gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2 EMRK, Artikel 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 AsylG 2005 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 AsylG 2005 zu verbinden.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

Kann Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden, und kann ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden, so ist gemäß § 11 Abs. 1 AsylG 2005 der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen (Innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind.

Bei der Prüfung, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben ist, ist auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände der Asylwerber zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen (§ 11 Abs. 2 AsylG 2005).

Gemäß Artikel 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Gemäß Artikel 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Die Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur Konvention beinhalten die Abschaffung der Todesstrafe.

§ 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003, verwies auf § 57 Fremdengesetz, BGBl. I Nr. 75/1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 (im Folgenden: FrG) wonach die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig ist, wenn dadurch Artikel 2 EMRK, Artikel 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 57 FrG - welche in wesentlichen Teilen auf § 8 Abs. 1 AsylG 2005 übertragen werden kann - ist Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, dass eine konkrete, den Berufungswerber (Beschwerdeführer) betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung bzw. Bedrohung vorliegt. Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, 2000/20/0141). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (VwGH 30.06.2005, 2002/20/0205, mwN). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Artikel 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwGH 17.09.2008, 2008/23/0588). Die bloße Möglichkeit einer dem Artikel 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 18.10.2005, 2005/01/0461).

Gemäß dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 06.11.2018, Ra 2018/01/0106, ist § 8 Abs. 1 AsylG unionsrechtskonform und damit einschränkend auszulegen. Maßstab sind die Artikel 3, 6 und 15 der Statusrichtlinie, wonach subsidiärer Schutz nur mehr dann zu gewähren ist, wenn der ernsthafte Schaden durch das Verhalten von Dritten (Akteuren, definiert in Artikel 6 der Statusrichtlinie) verursacht wird oder von einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt ausgeht. Es widerspricht demnach der Statusrichtlinie, einem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten unabhängig von einer Verursachung durch Akteure oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt im Herkunftsstaat zuzuerkennen (VwGH 21.11.2018, Ra 2017/01/0461), etwa bei schlechten medizinischen Behandlungsmöglichkeiten. Zudem hat das Ermittlungsverfahren ergeben, dass in Kabul und in Mazar-e Sharif psychiatrische Behandlungsmöglichkeiten vorliegen.

Die UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018 halten zum subsidiären Schutz fest, dass afghanische Asylsuchende im Einzelfall subsidiären Schutzes nach Artikel 15 lit. b der Statusrichtlinie bedürfen, "wenn sie der tatsächlichen Gefahr eines ernsthaften Schadens im Sinne des Artikel 15 (Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung) durch den Staat oder seine Vertreter oder durch regierungsfeindliche Kräfte (AGEs) ausgesetzt sind".

Zur Frage des Akteurs wird in der Entscheidung vom 06.11.2018, Ra 2018/01/0106, unter anderem auf die Schlussanträge des Generalanwaltes in der Rechtssache C-353/16 (Schlussanträge 24.10.2017, C-353/16, MP, Rn. 29, 30 und 32) verwiesen. Demnach muss "nachgewiesen werden, dass diese Gefahr auf Faktoren beruht, die den Behörden dieses Landes direkt oder indirekt anzulasten und ihnen stets bewusst sind, und zwar entweder, weil die Behörde des Staates, dem der Betroffene angehört, ihn persönlich bedrohen oder diese Bedrohung tolerieren, oder weil diese Bedrohung auf unabhängige Gruppen zurückgeht, vor denen die Behörden ihre Staatsangehörigen nicht wirksam schützen können". Aus den zitierten Schlussanträgen ergibt sich als Fazit, dass im Fall, dass dies nicht vorliegt, "eine der wesentlichen Voraussetzungen für die Gewährung subsidiären Schutzes sachlich nicht erfüllt wird, nämlich die direkte oder indirekte Verantwortung der Behörden des Herkunftslands für die Zufügung eines ernsthaften Schadens, wogegen Schutz geboten ist."

Auch unter diesen Voraussetzungen ist aber bei der Prüfung betreffend die Zuerkennung von subsidiärem Schutz eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") einer gegen Artikel 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0063; 21.02.2017, Ra 2016/18/0137). Es obliegt auch in den nunmehr gegenständlichen Fällen - abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Artikel 3 EMRK darstellen würde - grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos darzulegen, dass ihr im Fall der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Artikel 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl. VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0134, mit Verweis EGMR, 05.09.2013, I gegen Schweden, Nr. 61204/09).

Es müssen besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände (Gefährdungsmomente) dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaates im Allgemeinen - höheres Risiko besteht, einer dem Artikel 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen. In diesem Fall kann das reale Risiko ("a sufficiently real risk") der Verletzung von Artikel 2 oder 3 EMRK oder eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Person infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bereits in der Kombination der prekären Sicherheitslage und der besonderen Gefährdungsmomente für die einzelne Person begründet liegen (VwGH 01.03.2018, Ra 2017/19/0425 u.a.).

Die bloße Möglichkeit einer dem Artikel 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt jedenfalls nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 21.02.2016, Ra 2016/18/0137 mit Ausführungen zu den "special distinguishing features"; 27.02.2001, Zl. 98/21/0427). Das Prüfungskalkül des Artikel 3 EMRK fordert somit für die Verletzung dieser Norm das Vorhandensein "einer die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz bedrohenden Lebenssituation unter exzeptionellen Umständen" (VwGH 19.06.2017, Ra 2017/19/0095).

Im Fall des Beschwerdeführers ergeben sich aus den Feststellungen zu seiner persönlichen Situation vor dem Hintergrund der spezifischen Länderfeststellungen keine konkreten Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Hindernisses bei der Rückverbringung in seinen Herkunftsstaat Afghanistan. Nach den Ergebnissen des Verfahrens ist - wie oben bereits dargestellt - davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer weder aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung aus einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Asylgründe sein Land verlassen hat noch, dass er im Falle seiner Rückkehr einer realen Gefahr im Sinne von Artikel 2 oder Artikel 3 EMRK ausgesetzt wäre, die eine Zuerkennung subsidiären Schutzes notwendig machen würde. Denn auch unabhängig vom individuellen Vorbringen des Beschwerdeführers sind keine außergewöhnlichen, exzeptionellen Umstände hervorgekommen, die ihm im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan drohen könnten und die ein Abschiebungshindernis im Sinne von Artikel 3 EMRK iVm § 8 AsylG 2005 darstellen könnten, wie etwa eine dramatische Versorgungslage (z.B. Hungersnöte), eine massive Beeinträchtigung der Gesundheit oder gar der Verlust des Lebens (vgl. EGMR, Urteil vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599/98, Bensaid gg. das Vereinigte Königreich und Henao gg. die Niederlande, Unzulässigkeitsentscheidung vom 24.06.2003, Beschwerde Nr. 133699/03).

Auch ist die allgemeine Situation in Afghanistan nicht dergestalt, dass schon alleine die Rückkehr eines Antragstellers eine ernsthafte Bedrohung für die durch Artikel 3 EMRK geschützten Rechte bedeuten würde (vgl. VwGH 19.06.2017, Ra 2017/19/0095; EGMR Husseini gg. Schweden vom 13.10.2011, Beschwerdenummer 10611/09, Ziffer 84, sowie das Erkenntnis des EGMR, wonach die allgemeine Situation in Afghanistan nicht so gelagert ist, dass die Ausweisung dorthin automatisch gegen Artikel 3 EMRK verstoße würde: EGMR A.G.R. gg. die Niederlande, 12.01.2016, 13.442/08 - dazu Bezug habend VwGH 23.02.2016, 2015/01/0134; sowie jüngst - seine bisherige Rechtsprechung fortsetzend - EGMR 11.7.2017, E.P. und A.R. gg. Niederlande, Nr. 43538/11 und 63104/11; so etwa auch in inhaltlicher Auseinandersetzung mit dem Gutachten von Friederike Stahlmann vom 28.03.2018 der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 11. Senat, 11.04.2018, A 11 S 1729/17).

Betreffend die Heimatregion des Beschwerdeführers im Distrikt Dahana-e Ghori der Provinz Baghlan ist vor dem Hintergrund der dortigen Sicherheitslage davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr einer realen Gefahr im Sinne von Artikel 2 oder Artikel 3 EMRK ausgesetzt wäre.

Zu prüfen bleibt, ob der Beschwerdeführer aufgrund der allgemeinen Gegebenheiten und seiner persönlichen Umstände auf eine andere Region des Landes - nämlich insbesondere die Städte Herat bzw. Mazar-e Sharif - verwiesen werden kann:

Die Zumutbarkeit des Aufenthaltes in dem als innerstaatliche Fluchtalternative ins Auge gefassten Gebiet ist von der Frage der Schutzgewährung in diesem Gebiet zu trennen. Im Sinne einer unionsrechtskonformen Auslegung ist das Kriterium der "Zumutbarkeit" nach § 11 Abs. 1 AsylG 2005 gleichbedeutend mit dem Erfordernis nach Artikel 8 Abs. 1 Statusrichtlinie, dass vom Asylwerber vernünftigerweise erwartet werden kann, sich im betreffenden Gebiet seines Herkunftslandes niederzulassen (vgl. VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001-5). Dabei ist wiederum eine Einzelfallprüfung durchzuführen, denn ein Antragsteller kann nur unter Berücksichtigung der dortigen allgemeinen Gegebenheiten und seiner persönlichen Umstände auf eine andere Region des Landes verwiesen werden (VfGH 13.09.2013, U 370/2012; 12.03.2013, U 1674/12; 12.06.2013, U 2087/2012).

Die Städte Herat und Mazar-e Sharif sind für Normalbürger, die nicht mit Ausländern zusammenarbeiten, vergleichsweise sichere und über den jeweiligen Flughafen gut erreichbare Städte. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über diese Städte und aus den entsprechenden Länderberichten ergibt sich, dass sich Anschläge hauptsächlich im Nahebereich staatlicher Einrichtungen (etwa Regierungs- und Polizeigebäude) oder NGOs ereignen. Der Zugang zu Unterkunft und grundlegender Versorgung sowie zu Erwerbsmöglichkeiten ist in den genannten Städten jeweils in hinreichendem Umfang gewährleistet.

Der Beschwerdeführer ist im erwerbsfähigen Alter und leidet an keinen schweren Erkrankungen. Er hat nur etwa ein Jahr lang die Koranschule besucht, spricht aber Usbekisch, Dari und Paschtu und beherrscht in Dari das Lesen und das Schreiben. Der Beschwerdeführer verfügt über keine berufliche Ausbildung, hat aber Berufserfahrung in der familieneigenen Landwirtschaft. Er ist mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates vertraut und hat die Möglichkeit, sich allenfalls durch Gelegenheitstätigkeiten eine Existenzgrundlage zu sichern. Der Beschwerdeführer hat Familienangehörige in Baghlan sowie einen Bruder im Iran, der die Familie in Afghanistan finanziell unterstützt und zu dem der Beschwerdeführer weiterhin Kontakt hat. Auch wenn der Beschwerdeführer über keine Schuldbildung und über nur rudimentäre Arbeitserfahrung in der Landwirtschaft verfügt, ist dennoch davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer nach einer Rückkehr nach Afghanistan - auch bei einer Neuansiedlung in Herat oder Mazar-e Sharif - im Stande ist, selbständig allenfalls auch durch Gelegenheitsarbeiten für ein ausreichendes Leben zu sorgen, zumal er auch keine Ehefrau und keine Kinder hat, die er mitzuversorgen hätte. Der Beschwerdeführer gehört darüber hinaus keinem Personenkreis an, von dem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung. Er kann zudem allenfalls Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen, wodurch er Unterstützung für die Existenzgründung bei einer Rückkehr erlangen kann. Dafür, dass der Beschwerdeführer in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse (z.B. Nahrung, Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre, gibt es keine hinreichenden Hinweise. Insgesamt bestehen keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre.

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Situation von Rückkehrern nicht, dass sich insbesondere die Arbeitssuche und die Wohnraumbeschaffung in Herat oder Mazar-e Sharif zunehmend schwierig gestalten. Rückkehrer nach Afghanistan sind zunächst oft - wie auch große Teile der dort ansässigen Bevölkerung - auf gering qualifizierte Beschäftigungen oder Gelegenheitstätigkeiten angewiesen (vgl. hiezu auch EASO Country of Origin Information Report "Afghanistan Key socio-economic indicators, state protection, and mobility in Kabul City, Mazar-e Sharif, and Herat City" vom August 2017, u.a. Pkt. 2.2.2. bzw. 2.3.3.). Wie aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 29.06.2018 bzw. auch aus dem aktuellen Informationsblatt "RESTART II - Reintegrationsunterstützung für Freiwillige Rückkehrer/innen nach Afghanistan und Iran" des IOM hervorgeht, können Rückkehrer finanzielle Unterstützung, temporäre Unterkunft und Unterstützung bei Aus- und Weiterbildung sowie bei Gründung von bzw. Beteiligung an einem Unternehmen erhalten.

Hinsichtlich der Auswirkungen der aktuell die Provinzen Balkh und Herat betreffenden Dürre auf die dortige Versorgungslage (s. den unter Pkt. III.C.3. der UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018 dahingehenden Hinweis) ist auf die Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation vom 13.09.2018 (Pkt. II.1.4.5.) und von ACCORD vom 12.10.2018 (Pkt. II.1.4.6.) hinzuweisen. Aus diesen Anfragebeantwortungen geht zwar auf der einen Seite hervor, dass die Dürre in diesem Jahr zu einer wesentlich geringeren Getreideernte in Afghanistan führt und in der Provinz Herat eine starke Landflucht nach sich zieht, was für die Betroffenen teilweise mit prekären Lebensbedingungen einhergeht. Es wird jedoch auf der anderen Seite von internationalen Hilfsprogrammen für die vor Dürre geflohene Bevölkerung, v.a. in der Provinz Herat, berichtet und weiters festgehalten, dass an die von Dürre betroffene Bevölkerung u.a. Trinkwasser und Nahrungsmittel verteilt würden, und schließlich ausgeführt, dass die Getreidepreise trotz geringerer Ernten aufgrund guter Ernten in Pakistan und im Iran im Mai 2018 nicht über dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre liegen würden.

Vor diesem Hintergrund wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes zwar keineswegs v

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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