TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/13 W228 2191916-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.03.2019
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Entscheidungsdatum

13.03.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52

Spruch

W228 2191916-1/23E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald WÖGERBAUER als Einzelrichter in der Beschwerdesache des XXXX alias XXXX , geboren am XXXX 1998, Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch den Rechtsanwalt Mag. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.03.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 06.03.2019 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

III. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 57 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

IV. Der Beschwerde gegen die Spruchpunkt IV., V. und VI. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und die Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 52 FPG in Verbindung mit § 9 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt.

V. Dem Beschwerdeführer wird gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, hat sein Heimatland verlassen, ist illegal in das Bundesgebiet eingereist und hat am 26.09.2016 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 27.09.2016 gab der Beschwerdeführer zu seinem Fluchtgrund an, dass sein verstorbener Bruder für den afghanischen Sicherheitsdienst gearbeitet habe. Die Taliban hätten ihn umgebracht, das Haus abgebrannt und alle Sachen gestohlen.

Der Beschwerdeführer wurde am 16.11.2016 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari im Hinblick auf die Zuständigkeit Österreichs für das Asylverfahren niederschriftlich einvernommen.

Mit Bescheid vom 16.11.2016 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 26.09.2016 gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen. Für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz wurde Bulgarien für zuständig erklärt. Gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer die Außerlandesbringung angeordnet und die Abschiebung nach Bulgarien gemäß § 61 Abs. 2 FPG für zulässig erklärt.

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Erkenntnis vom 12.05.2017, W240 2141311-1/6E, der Beschwerde gegen den Bescheid vom 16.11.2016 stattgegeben und den bekämpften Bescheid behoben.

Der Beschwerdeführer wurde am 08.06.2017 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari niederschriftlich einvernommen. Dabei führte er aus, dass zwei seiner Brüder in Österreich leben würden.

Mit Bescheid vom 06.07.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 26.09.2016 gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen. Für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz wurde Bulgarien für zuständig erklärt. Gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer die Außerlandesbringung angeordnet und die Abschiebung nach Bulgarien gemäß § 61 Abs. 2 FPG für zulässig erklärt.

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Erkenntnis vom 06.11.2017, W240 2141311-2/9E, der Beschwerde gegen den Bescheid vom 06.07.2017 stattgegeben und den bekämpften Bescheid behoben.

Der Beschwerdeführer wurde am 19.02.2018 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er zu seinem Fluchtgrund befragt an, dass seine Onkel väterlicherseits und seine Halbbrüder Verbindungen zu den Taliban gehabt hätten. Sie hätten den älteren Bruder des Beschwerdeführers, der für den Staat gearbeitet habe, mehrmals aufgefordert, seine Arbeit zu beenden, ansonsten würde er getötet werden. Eines Tages, als der Bruder des Beschwerdeführers am Weg zu seiner Dienststelle gewesen sei, habe es eine Explosion gegeben. Bei der Explosion seien der Bruder des Beschwerdeführers und dessen Fahrer verletzt worden. Die drei anderen Soldaten, die auch dabei gewesen seien, seien getötet worden. Der Bruder des Beschwerdeführers habe schließlich seinen Dienstort nach Kabul gewechselt; er habe beim Sicherheitsdienst in der Stadt Kabul Arbeit gefunden. Er sei Vertreter des Sicherheitsdienstes im Präsidentenamt geworden und habe Informationen aus den Provinzen gesammelt und den Präsidenten weitergegeben. Die Onkel väterlicherseits und die Halbbrüder des Beschwerdeführers hätten davon erfahren und hätten dem Bruder des Beschwerdeführers vorgeworfen, Informationen an den Staat weiterzuleiten. Zudem hätten sie dem Beschwerdeführer vorgeworfen, dass er seinen Bruder unterstütze. Als der Bruder des Beschwerdeführers auf dem Weg nachhause gewesen sei, sei er in der Nähe seines Heimatdorfs in seinem Auto getötet worden. Nach dem Tod des Bruders des Beschwerdeführers hätten die Onkel väterlicherseits sowie die Halbbrüder begonnen, die Familie des Beschwerdeführers ungerecht zu behandeln. Sie hätten den Beschwerdeführer, seine Mutter und seine Schwägerin geschlagen. Eines Tages sei das Haus der Familie des Beschwerdeführers in Flammen aufgegangen. Der Beschwerdeführer sei mit seiner Mutter, seiner Schwägerin, seinen Brüdern und seinen Neffen zum Onkel mütterlicherseits geflüchtet. Die Onkel väterlicherseits und die Halbbrüder des Beschwerdeführers hätten den Onkel mütterlicherseits mehrmals nach der Familie des Beschwerdeführers gefragt und ihn bedroht. Daraufhin habe der Beschwerdeführer Afghanistan verlassen.

Mit nunmehr angefochtenem Bescheid vom 19.03.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs.1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Weiters wurde ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

In der Bescheidbegründung traf die belangte Behörde Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, zu seinem Fluchtgrund, zur Situation im Falle seiner Rückkehr und zur Lage in seinem Herkunftsstaat. Es habe keine glaubhafte Gefährdungslage festgestellt werden können. Der Beschwerdeführer habe keine Verfolgung glaubhaft machen können. Dem Beschwerdeführer könne eine Rückkehr nach Afghanistan zugemutet werden.

Gegen verfahrensgegenständlich angefochtenen Bescheid wurde mit Schreiben der damaligen Rechtsvertretung des Beschwerdeführers vom 05.04.2018 Beschwerde erhoben. Darin wurde zunächst das vom Beschwerdeführer in der Einvernahme vom 19.02.2018 erstattete Vorbringen wiederholt und wurde ausgeführt, dass Blutfehde in Afghanistan weit verbreitet sei. Der Beschwerdeführer habe aus Furcht vor Blutrache durch seine Halbbrüder Afghanistan verlassen. In weiterer Folge wurden Ausführungen zur allgemeinen Lage in Afghanistan getätigt und wurde ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer Asyl, zumindest jedoch subsidiärer Schutz zuzuerkennen gewesen wäre.

Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt langten am 10.04.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Am 08.05.2018 übermittelte der Beschwerdeführer diverse Dokumente betreffend seine Integration an das Bundesverwaltungsgericht.

Am 01.03.2019 übermittelte der Beschwerdeführer erneut diverse Dokumente betreffend seine Integration an das Bundesverwaltungsgericht und wurde der Antrag gestellt, Frau Dr. XXXX als Zeugin zur mündlichen Verhandlung zu laden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde in der gegenständlichen Rechtssache am 06.03.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Beisein des Beschwerdeführers und seiner Rechtsvertretung, sowie eines Dolmetschers für die Sprache Dari durchgeführt. Die belangte Behörde entschuldigte ihr Fernbleiben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsbürger, geboren XXXX 1998. Er wurde in der Provinz Nangarhar, Distrikt Behsud, Dorf XXXX geboren, ist dort aufgewachsen und hat bis zu seiner Ausreise aus Afghanistan dort gelebt.

Der Vater des Beschwerdeführers ist bereits verstorben. Die Mutter des Beschwerdeführers lebt beim Onkel mütterlicherseits des Beschwerdeführers im Heimatdorf im Distrikt Behsud.

Der Beschwerdeführer ist volljährig. Er ist gesund und arbeitsfähig. Der Beschwerdeführer gehört der Volksgruppe der Arab an, ist sunnitischer Moslem und spricht Dari. Er hat zehn Jahre lang die Schule besucht.

Der Beschwerdeführer ist illegal spätestens am 26.09.2016 in das Bundesgebiet eingereist. Zwei Brüder des Beschwerdeführers - einer von ihnen ist minderjährig - leben in Österreich. Bis November 2018 haben der Beschwerdeführer und seine beiden in Österreich aufhältigen Brüder gemeinsam gewohnt. Seit November 2018 lebt der Beschwerdeführer nur mit dem älteren seiner beiden in Österreich aufhältigen Brüder zusammen. Der Beschwerdeführer steht mit seinen beiden Brüdern in intensivem Kontakt.

Der Beschwerdeführer hat in Österreich mehrere Deutschkurse besucht und die Deutschprüfung auf dem Niveau B1 bestanden. Er hat den Kurs POLEPosition, ein Projekt zum Nachholen des Pflichtschulabschlusses, besucht. Er hat an einem Werte- und Orientierungskurs teilgenommen. Er war bereits mehrfach ehrenamtlich tätig und hat vom 24.07.-28.07.2017 im Zuge eines Arbeitsprogrammes beim Bauhof der Stadtgemeinde Poysdorf gearbeitet. Der Beschwerdeführer knüpfte während seines Aufenthalts in Österreich soziale Kontakte und ist bereits gut in die österreichische Gesellschaft integriert.

Der Beschwerdeführer war in Afghanistan keiner konkreten individuellen Verfolgung ausgesetzt. Es wird festgestellt, dass dem Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Afghanistan keine Verfolgungsgefahr durch seinen Onkel väterlicherseits sowie seine Halbbrüder droht.

Im Falle einer Verbringung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat droht diesem kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (in der Folge EMRK).

Die Wohnraum- und Versorgungslage ist in Mazar-e Sharif sehr angespannt. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Ansiedelung in der Stadt Mazar-e Sharif kann der Beschwerdeführer jedoch grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, befriedigen, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Er kann selbst für sein Auskommen und Fortkommen sorgen.

Es herrscht derzeit im Westen und Norden Afghanistans - darunter die Provinzen Herat und Balkh - eine Trockenperiode (Dürre). Es kommt zwar zu Wasserknappheit und einer unzureichenden Wasser- bzw. Lebensmittelversorgung im Umland von Mazar-e Sharif und in den ländlichen Gebieten der Provinz Herat, darüber, dass es auch in den Städten Mazar-e Sharif oder Herat keine ausreichende Wasser- oder Lebensmittelversorgung gäbe, ist den aktuellen Berichten jedoch nichts zu entnehmen, zumal insbesondere die Städte Herat und Mazar-e Sharif lediglich der IPC-Kategorie 2 (stressed) zugeordnet sind und die Prognose keine Verschlechterung abzeichnet. Jedenfalls wird auch über entsprechende - teilweise auch international unterstützte - staatliche Reaktionen und Hilfsmaßnahmen berichtet.

Jedoch entwickelt sich die Stadt Mazar-e Sharif wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Im Juni 2017 wurde ein großes Projekt ins Leben gerufen, welches darauf abzielt, die Armut und Arbeitslosigkeit in der Provinz Balkh zu reduzieren. Zudem liegen die Löhne für Gelegenheitsarbeiten in der Stadt Mazar-e Sharif klar über dem Fünfjahresdurchschnitt. Die Provinz Balkh zählt daher zu den stabilsten Provinzen Afghanistans.

Auch wenn die Verwirklichung grundlegender sozialer und wirtschaftlicher Bedürfnisse, wie etwa der Zugang zu Arbeit, Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung aufgrund der aktuellen Dürre nur sehr eingeschränkt möglich ist, so ist die Versorgung der afghanischen Bevölkerung in der Stadt Mazar-e Sharif dennoch zumindest grundlegend gesichert.

Es ist dem Beschwerdeführer möglich nach anfänglichen Schwierigkeiten nach einer Ansiedlung in der Stadt Mazar-e Sharif Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können.

Zur Situation im Herkunftsland Afghanistan wird Folgendes festgestellt:

Nangahar

In den letzten Jahren hat sich die Sicherheitslage in der Provinz Nangarhar verschlechtert; Nangahar war seit dem Sturz des Taliban-Regimes eine der relativ ruhigen Provinzen im Osten Afghanistans, jedoch versuchen bewaffnete Aufständische in den letzten Jahren ihre Aktivitäten in der Provinz auszuweiten. Begründet wird das damit, dass seit dem Fall des Talibanregimes von weniger Vorfällen berichtet worden war. In den letzten Jahren versuchen Aufständische der Taliban und des IS in abgelegenen Distrikten Fuß zu fassen. Befreiungsoperationen, in denen auch Luftangriffe gegen den IS getätigt werden, werden in den unruhigen Distrikten der Provinz durchgeführt. Angriffe auch auf lokale Beamte und Sicherheitskräfte in der Provinz werden regelmäßig von Aufständischen der Taliban und dem IS durchgeführt. Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 795 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

Nangarhar war die Provinz mit den meisten im Jahr 2017 registrierten Anschlägen.

Im gesamten Jahr 2017 wurden in Nangarhar 862 zivile Opfer (344 getötete Zivilisten und 518 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Bodenoffensiven, gefolgt von IEDs und gezielten Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 1% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016.

In der Provinz werden regelmäßig militärische Operationen ausgeführt, um gewisse Distrikte von Aufständischen zu befreien. Ebenso werden Luftangriffe durchgeführt; in manchen Fällen wurden Aufständische getötet, darunter auch IS-Kämpfer.

Anhänger der Taliban, als auch des IS haben eine Präsenz in gewissen Distrikten der Provinz; zu diesen werden mehrere südliche Distrikte gezählt. Nachdem die Grausamkeit des IS ihren Höhepunkt erreicht hat, sind die Taliban in Nangarhar beliebter geworden und haben an Einfluss gewonnen. Auch ist es dem IS nicht mehr so einfach möglich, Menschen zu rekrutieren.

Obwohl militärische Operationen durchgeführt werden, um Aktivitäten der Aufständischen zu unterbinden, sind die Taliban in einigen Distrikten der Provinz aktiv. In Nangarhar kämpfen die Taliban gegen den IS, um die Kontrolle über natürliche Minen und Territorium zu gewinnen; insbesondere in der Tora Bora Region, die dazu dient, Waren von und nach Pakistan zu schmuggeln. Bewaffnete Zusammenstöße zwischen Taliban und IS fanden statt, dabei ging es um Kontrolle von Territorium. In einem Falle haben aufständische Taliban ihren ehemaligen Kommandanten getötet, da ihm Verbindungen zum IS nachgesagt wurden. Seit dem Jahr 2014 tauchen immer mehr Berichte zu einem Anstieg von Aktivitäten des IS in manchen abgelegenen Teilen der Provinz - dazu zählt auch der Distrikt Achin. Der IS zeigte weiterhin große Widerstandsfähigkeit, wenngleich die afghanischen und internationalen Kräfte gemeinsame Operationen durchführten. Die Gruppierung führte mehrere Angriffe gegen die zivile Bevölkerung und militärische Ziele aus - insbesondere in Kabul und Nangarhar. Eine Anzahl Aufständischer der Taliban und des IS haben sich in der Provinz Nangarhar dem Friedensprozess angeschlossen. Im Zeitraum 1.1.2017 - 31.1.2018 wurden in der Provinz Nangharhar IS-bezogene Vorfälle (Gewalt gegen Zivilisten, Auseinandersetzungen mit den Streitkräften und Gewalt) gemeldet.

Mazar-e Sharif:

Mazar-e Sharif ist die Hauptstadt der Provinz Balkh. Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana und Pul-e-Khumri und ist gleichzeitig ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst.

In Mazar-e Sharif gibt es einen internationalen Flughafen, durch den die Stadt sicher zu erreichen ist.

Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans, sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan. Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften.

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.382.155 geschätzt.

2. Beweiswürdigung:

Hinsichtlich der Herkunft, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, Sprache, Arbeitsfähigkeit stützt sich das Bundesverwaltungsgericht auf die Angaben des Beschwerdeführers.

Die Feststellung, wonach die Mutter des Beschwerdeführers beim Onkel mütterlicherseits des Beschwerdeführers im Heimatdorf im Distrikt Behsud lebt, ergibt sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers in der Einvernahme vor dem BFA am 19.02.2018. Er gab zwar in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 06.03.2019 an, dass seine Mutter mit der gesamten Familie des Onkels mütterlicherseits in den Iran gegangen sei, weil sie vom Onkel väterlicherseits und den Halbbrüdern des Beschwerdeführers bedroht worden seien. Da jedoch - wie beweiswürdigend noch ausgeführt wird - der vorgebrachten Verfolgung der Familie des Beschwerdeführers durch den Onkel väterlicherseits und die Halbbrüder des Beschwerdeführers keine Glaubwürdigkeit zukommt, ist davon auszugehen, dass eine Ausreise der Mutter des Beschwerdeführers sowie des Onkels mütterlicherseits nicht stattgefunden hat und diese nach wie vor - wie vom Beschwerdeführer am 19.02.2018 angegeben - im Heimatdorf im Distrikt Behsud leben.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan einer Verfolgung durch seinen Onkel väterlicherseits und seine Halbbrüder ausgesetzt wäre, ist aus folgenden Erwägungen nicht glaubhaft:

Beweiswürdigend ist zunächst festzuhalten, dass der erkennende Richter den Asylantrag des Beschwerdeführers aus Ungarn angefordert hat und übersetzen ließ und auch mit der bulgarischen Behörde Kontakt aufgenommen hat um einen Abgleich der Angaben des Beschwerdeführers vornehmen zu können.

Der Beschwerdeführer hat im Verfahren vor der belangten Behörde eine Vielzahl an Fotos vorgelegt, darunter zwei Fotos auf denen Dokumente betreffend die angebliche Tätigkeit des älteren Bruders des Beschwerdeführers ("Memorandum for Reccord, Subject: Exception to Policy) abgebildet sind. Die beiden Dokumente sind datiert mit 04.05.2011 und 05.05.2011. Zu den Fotos ist festzuhalten, dass diese beiden fotografierten Dokumente stark voneinander abweichen. Im Dokument vom 05.05.2011 fehlt oben rechts ein Logo, welches im Dokument vom 04.05.2011 abgebildet ist. Zudem hat sich sowohl der Name (einmal XXXX , einmal XXXX ), als auch die Nummerierung (einmal XXXX , einmal XXXX ) geändert. Weiters ist im Dokumente vom 05.05.2011 die im Dokument vom 04.05.2011 enthaltene Befristung der Tätigkeit auf die Dauer von sechs Monaten verschwunden. Hingegen wurden im Dokument vom 05.05.2011 eine Pistolenberechtigung sowie die Nummerntafel und Marke des Autos ergänzt. Der Beschwerdeführer konnte diese Unterschiede in den beiden Fotos in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht erklären.

Festzuhalten ist weiters, dass in dem Dokument vom 05.05.2011 geschrieben steht, dass es sich beim Auto des Bruders des Beschwerdeführers um einen silberfarbenen Corola handelt. Sowohl der Beschwerdeführer in seinem Verfahren als auch die beiden Brüder des Beschwerdeführers in deren Verfahren haben ausgesagt, dass ihr verstorbener Bruder einen weißen Corola gefahren sei. Auf entsprechenden Vorhalt in der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass es Fotos gebe, wo der weiße Corola zu sehen sei. Während der Verhandlung wurden sohin die vom Beschwerdeführer vor der belangten Behörde vorgelegten Fotos durchgesehen und wurde festgestellt, dass kein Foto von einem weißen Corola im Akt ist. In weiterer Folge wurden seitens des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung zwei digitale Fotos vorgelegt, auf denen ein weißer Corola zu sehen ist. Zu diesen Fotos ist jedoch festzuhalten, dass das darauf ersichtliche Kennzeichen XXXX nicht mit dem Dokument vom 05.05.2011, in dem das Kennzeichen XXXX angeführt ist, übereinstimmt.

Zu den anderen vom Beschwerdeführer im Verfahren vor der belangten Behörde vorgelegten Fotos, welche belegen sollen, dass sein Bruder für die Polizei und den Präsidenten gearbeitet habe, ist auszuführen, dass diesen Fotos keinerlei Beweiskraft zukommt, zumal aus den Fotos keineswegs ersichtlich ist, dass es sich bei der abgebildeten Person tatsächlich um den Bruder des Beschwerdeführers handelt.

In einer Gesamtschau kann aufgrund der eben dargelegten Erwägungen nicht von einer Tätigkeit des Bruders des Beschwerdeführers für die Regierung ausgegangen werden und geht eine auf dieser Tatsache aufbauende Verfolgung des Beschwerdeführers durch seinen Onkel väterlicherseits und seine Halbbrüder daher ins Leere. Darüber hinaus sollen einige weitere Unstimmigkeiten in der Fluchtgeschichte hervorgehoben werden:

Es ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sein Vorbringen dahingehend steigerte, dass er erstmals ausführte, dass es zwei Explosionen gegeben habe. Bei der ersten Explosion sei niemand getötet worden, bei der zweiten Explosion seien drei Soldaten getötet und sein Bruder und der Fahrer verletzt worden. Auf entsprechenden Vorhalt, warum der Beschwerdeführer die erste Explosion bei der Einvernahme vor dem BFA nicht erwähnte, gab er unsubstanziiert an, dass die Einvernahme kurz gewesen sei und ihm gesagt worden sei, dass er nur die wichtigsten Ereignisse erzählen solle, weil nicht viel Zeit zur Verfügung stehe. Es ist jedoch anzumerken, dass die Einvernahme vor dem BFA zweieinhalb Stunden gedauert hat. Zudem ist festzuhalten, dass auch in der Beschwerde nur von einer einzigen Explosion die Rede war.

Zu den Vorfällen, welche sich nach der Ermordung des älteren Bruders des Beschwerdeführers ereignet hätten, finden sich im Vorbringen des Beschwerdeführers unstimmige Angaben. Während der Beschwerdeführer im Verfahren vor der belangten Behörde und in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht angab, dass er, seine Mutter und seine Schwägerin vom Onkel väterlicherseits und den Halbbrüdern geschlagen worden seien, hatte er in seiner Befragung in Ungarn von telefonischen Bedrohungen gesprochen. XXXX , einer der in Österreich aufhältigen Brüdern des Beschwerdeführers, gab hingegen in seinem Verfahren an, dass es persönliche Bedrohungen gegeben habe.

Es sollen in weiterer Folge noch diverse Widersprüche, die zwar nicht den konkreten Fluchtgrund des Beschwerdeführers betreffen, jedoch generell gegen seine persönliche Glaubwürdigkeit sprechen, hervorgehoben werden. In der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht gab der Beschwerdeführer an, dass er acht Tage im Iran unterwegs gewesen sei, bei der Erstbefragung sprach er von zehn Tagen. In Ungarn gab er widersprüchlich dazu an, dass er vier Nächte im Iran gewesen sei und konnte er diese widersprüchlichen Angaben nicht aufklären. Weiters hat der Beschwerdeführer nach Mitteilung der bulgarischen Behörden in Bulgarien den Namen XXXX , folglich einen anderen Namen als in Österreich, angegeben. In der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht brachte der Beschwerdeführer vor, dass die Schleppung von seinem Onkel mütterlicherseits organisiert worden sei. Dies stimmt zwar mit seinen in Ungarn getätigten Angaben überein, nicht aber mit der Einvernahme vor der Polizei in Österreich, wo er angab, dass seine Mutter die Schleppung organisiert habe. In der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht gab der Beschwerdeführer an, dass die Ausreise aus Afghanistan Ende 2015/Anfang 2016 stattgefunden habe. In Ungarn hatte er angegeben, er sei im März 2016 ausgereist. In der Einvernahme vor dem BFA wiederum gab er an, dass er Anfang 2015 ausgereist sei.

In einer Gesamtschau erscheint eine konkrete Bedrohung des Beschwerdeführers durch seinen Onkel väterlicherseits und seine Halbbrüder nicht glaubhaft. Widersprüche wurden versucht im Verlauf der jeweiligen Verfahren aufzulösen, indem Aussagen aneinander angepasst wurden, was sich augenscheinlich aus der abweichenden Aussage des jüngsten Bruders beim BFA ergibt, welche dieser beim Bundesverwaltungsgericht ins seiner Verhandlung vereinheitlichend anpasste. Ebenso nahmen die anderen Brüder Anpassungen an die Aussagen des jüngsten Bruders zum Zwecke der Vereinheitlichung der Fluchtgeschichte vor, was der Glaubwürdigkeit der drei Brüder abträglich war. Die Widersprüche ergaben sich auch nicht nur in unwesentlichen, nebensächlichen Details, sondern durchgehend über viele Bereiche der Aussage des Beschwerdeführers.

Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat ergeben sich aufgrund des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation (Gesamtaktualisierung am 29.06.2018) dem EASO-Bericht "Afghanistan Security Situation - Update" vom Mai 2018 und der UNHCR-RL vom 30.08.2018.

Die Feststellungen zu den Folgen einer Ansiedlung des Beschwerdeführers in der Stadt Mazar-e Sharif, ergeben sich - unter Berücksichtigung der von UNHCR aufgestellten Kriterien für das Bestehen einer internen Schutzalternative für Afghanistan - aus den o. a. Länderberichten zu Mazar-e Sharif.

Der Beschwerdeführer verfügt über eine langjährige Schulbildung. Er ist zudem im erwerbsfähigen Alter, volljährig, gesund und arbeitsfähig. Das Gericht geht daher auf Grund dieser Umstände davon aus, dass sich der Beschwerdeführer nach anfänglichen Schwierigkeiten, in Mazar-e Sharif niederlassen und sich dort eine Existenz ohne unbillige Härte aufbauen könnte.

Die Feststellungen zu den Aktivitäten des Beschwerdeführers in Österreich sowie zur abgelegten Deutschprüfung ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers sowie aus den vorgelegten Bestätigungen.

Die Feststellung betreffend den intensiven Kontakt des Beschwerdeführers zu seinen beiden in Österreich aufhältigen Brüdern ergibt sich insbesondere aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, wo dieser ausführte, dass sie in der Zeit, in der sie alle drei gemeinsam gewohnt haben, ihre Freizeit stets gemeinsam verbracht hätten, miteinander Sport getrieben hätten und der Beschwerdeführer oftmals für sich und seine beiden Brüder das Abendessen gekocht habe. Er gab weiters an, dass er mit seinem jüngsten Bruder gelernt und ihm beispielsweise in Mathematik geholfen habe und führte aus, dass er nunmehr, obwohl er seit November 2018 nur mehr mit seinem zweitjüngsten Bruder zusammenwohne, nicht jedoch mit seinem jüngsten Bruder, jenen dennoch zwei- oder dreimal unter der Woche treffe, fast täglich mit ihm telefoniere und sie jedes Wochenende zu dritt gemeinsam verbringen würden. Die diesbezüglichen Ausführungen des Beschwerdeführers wurden durch die Angaben von Dr. XXXX , welche in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht als Zeugin einvernommen wurde, untermauert. Diese gab an, dass der Beschwerdeführer einen sehr liebevollen Umgang mit seinen beiden jüngeren Brüdern habe und Verantwortung für sie übernehme.

Dass der Beschwerdeführer in Österreich über zahlreiche soziale Kontakte verfügt und bereits gut in die österreichische Gesellschaft integriert ist, ergibt sich aus seinen Angaben, welche durch zahlreiche vorgelegte Unterstützungsschreiben bestätigt werden, sowie aus den Angaben der in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht einvernommenen Zeugen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn (Z 1) der der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder (Z 2) die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Letztere Variante traf unter Berücksichtigung der in ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 VwGVG vertretenen Ansicht über den prinzipiellen Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auf die gegenständliche Konstellation zu (vgl. dazu etwa VwGH 28.07.2016, Zl. Ra 2015/01/0123).

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides

Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht gemäß § 3 AsylG 1991 setzt positiv getroffene Feststellungen von Seiten der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 11.06.1997, Zl. 95/01/0627). Im Asylverfahren stellt das Vorbringen des Asylwerbers die zentrale Entscheidungsgrundlage dar. Dabei genügen aber nicht bloße Behauptungen, sondern bedarf es, um eine Anerkennung als Flüchtling zu erwirken, hierfür einer entsprechenden Glaubhaftmachung durch den Asylwerber (vgl. VwGH 04.11.1992, Zl. 92/01/0560). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Aufgabe des Asylwerbers, durch ein in sich stimmiges und widerspruchsfreies Vorbringen, allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel, einen asylrelevanten Sachverhalt glaubhaft zu machen (VwGH 25.03.1999, 98/20/0559).

So erscheint es im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht unschlüssig, wenn den ersten Angaben, die ein Asylwerber nach seiner Ankunft in Österreich macht, gegenüber späteren Steigerungen erhöhte Bedeutung beigemessen wird (vgl. VwGH 08.07.1993, Zl. 92/01/1000; VwGH 30.11.1992, Zl. 92/01/0832; VwGH 20.05.1992, Zl. 92/01/0407; VwGH 19.09.1990, Zl. 90/01/0133). Der Umstand, dass ein Asylwerber bei der Erstbefragung gravierende Angriffe gegen seine Person unerwähnt gelassen hat (hier Schläge, Ziehen an den Haaren, Begießen mit kaltem Wasser) spricht gegen seine Glaubwürdigkeit (VwGH 16.09.1992, Zl. 92/01/0181). Die gilt umso mehr für Widersprüche (vgl. zur Erstbefragung nach § 19 Abs. 1 AsylG 2005 auch VwGH 02.01.2017, Zl. Ra 2016/18/0323, Rz 8). Auch unbestrittene Divergenzen zwischen den Angaben eines Asylwerbers bei seiner niederschriftlichen Vernehmung und dem Inhalt seines schriftlichen Asylantrages sind bei schlüssigen Argumenten der Behörde, gegen die in der Beschwerde nichts Entscheidendes vorgebracht wird, geeignet, dem Vorbringen des Asylwerbers die Glaubwürdigkeit zu versagen (Vgl. VwGH 21.06.1994, Zl. 94/20/0140). Eine Falschangabe zu einem für die Entscheidung nicht unmittelbar relevanten Thema (vgl. VwGH 30.09.2004, Zl. 2001/20/0006, zum Abstreiten eines früheren Einreiseversuchs) bzw. Widersprüche in nicht maßgeblichen Detailaspekten (vgl. VwGH vom 23.01.1997, Zl. 95/20/0303 zu Widersprüchen bei einer mehr als vier Jahre nach der Flucht erfolgten Einvernahme hinsichtlich der Aufenthaltsdauer des BFs in seinem Heimatdorf nach seiner Haftentlassung) können für sich allein nicht ausreichen, um daraus nach Art einer Beweisregel über die Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers die Tatsachenwidrigkeit aller Angaben über die aktuellen Fluchtgründe abzuleiten (vgl. dazu auch VwGH 26.11.2003, Zl. 2001/20/0457). Auch oberflächlich und allgemein gehaltene Angaben, welche jeden konkreten, (insbesondere zeitlich) nachprüfbaren Anhaltspunkt vermeiden, und die trotz mehrfacher Aufforderungen, Details zu schildern, erfolgen, sind grundsätzlich geeignet, in einer schlüssigen Begründung zur Verneinung der Glaubwürdigkeit dieser Angaben betreffend eine drohende individuelle Verfolgung herangezogen zu werden (vgl. etwa VwGH 26.06.1996, Zl. 95/20/0205).

Die amtswegigen Ermittlungspflichten im Asylverfahren sind im § 18 Abs. 1 AsylG 2005 geregelt, der inhaltlich nahezu wortgleich der Vorgängerbestimmung des § 28 AsylG 1997 entspricht. Der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 Abs. AsylG 1997 folgend stellt diese Gesetzesstelle eine Konkretisierung der aus § 37 AVG in Verbindung mit § 39 Abs. 2 AVG hervorgehende Verpflichtung der Verwaltungsbehörden dar, den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen, begründet aber keine über den Rahmen der angeführten Vorschriften hinausgehende Ermittlungspflicht (vgl. VwGH 08.04.2003, Zl. 2002/01/0522). Grundsätzlich obliegt es dem Asylwerber, alles Zweckdienliche, insbesondere seine wahre Bedrohungssituation in dem seiner Auffassung nach auf ihn zutreffenden Herkunftsstaat, für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung vorzubringen (Vgl. VwGH 31.05.2001, Zl. 2001/20/0041; VwGH 23.07.1999, Zl. 98/20/0464). Nur im Fall hinreichend deutlicher Hinweise im Vorbringen eines Asylwerbers auf einen Sachverhalt, der für die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung im Sinne der Flüchtlingskonvention in Frage kommt, hat die Behörde gemäß § 28 AsylG 1997 in geeigneter Weise auf eine Konkretisierung der Angaben des Asylwerbers zu dringen. Aus dieser Gesetzesstelle kann aber keine Verpflichtung der Behörde abgeleitet werden, Asylgründe, die der Asylwerber gar nicht behauptet hat, zu ermitteln (Vgl. VwGH 14.12.2000, Zl. 2000/20/0494; VwGH 06.10.1999, Zl. 98/01/0311; VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0222). Die Ermittlungspflicht der Behörde geht auch nicht soweit, den Asylwerber zu erfolgversprechenden Argumenten und Vorbringen anzuleiten (vgl. VwGH vom 21.09.2000, Zl. 98/20/0361; VwGH 04.05.2000, Zl. 99/20/0599)

Aufgrund der Beweiswürdigung ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, wohlbegründete Furcht vor Verfolgung aus Gründen der GFK glaubhaft zu machen:

Wie bereits in der Beweiswürdigung hinlänglich ausgeführt wurde, ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, sein behauptetes individuelles Fluchtvorbringen, im Herkunftsland eine konkrete Verfolgung durch seinen Onkel väterlicherseits sowie seine Halbbrüder befürchten zu müssen, glaubhaft zu schildern.

Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides

Wird ein Asylantrag "in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten" abgewiesen, so ist dem Asylwerber gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, "wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde". Nach § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung dieses Status mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 AsylG 2005 zu verbinden.

Gemäß Art. 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden. Letzteres wurde wiederum durch das Protokoll Nr. 6 beziehungsweise Nr. 13 zur Abschaffung der Todesstrafe hinfällig. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Gemäß § 8 Abs. 3 und 6 AsylG 2005 ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich dieses Status abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offensteht oder wenn der Herkunftsstaat des Asylwerbers nicht festgestellt werden kann. Daraus und aus mehreren anderen Vorschriften (§ 2 Abs. 1 Z 13, § 10 Abs. 1 Z 2, § 27 Abs. 2 und 4 AsylG 2005) ergibt sich, dass dann, wenn dem Asylwerber kein subsidiärer Schutz gewährt wird, sein Antrag auf interanationalen Schutz auch in dieser Beziehung förmlich abzuweisen ist.

Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("a sufficiently real risk") im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, Zl. 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen (zB VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294; 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438; 30.05.2001, Zl. 97/21/0560). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (vgl. VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427; 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028; siehe dazu vor allem auch EGMR 20.07.2010, N. gg. Schweden, Zl. 23505/09, Rz 52ff; 13.10.2011, Husseini gg. Schweden, Zl. 10611/09, Rz 81ff).

Im Fall des Beschwerdeführers ergeben sich aus den Feststellungen zu seiner persönlichen Situation vor dem Hintergrund der spezifischen Länderfeststellungen keine konkreten Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Hindernisses der Rückverbringung in seinen Herkunftsstaat Afghanistan.

Der Beschwerdeführer stammt aus der Provinz Nangahar, welche - wie aus den Länderberichten ableitbar - eine der Provinzen mit volatiler Sicherheitslage in Afghanistan ist. Eine Rückkehr des Beschwerdeführers in seine Heimatprovinz ist daher nicht möglich.

Trotz der weiterhin als instabil zu bezeichnenden allgemeinen Sicherheitslage scheint eine Rückkehr nach Afghanistan im Hinblick auf die regional und sogar innerhalb der Provinzen von Distrikt zu Distrikt unterschiedliche Sicherheitslage nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Der Beschwerdeführer kann nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes, unter Berücksichtigung der von UNHCR aufgestellten Kriterien für das Bestehen einer internen Schutzalternative für Afghanistan, in zumutbarer Weise auf die Übersiedlung in andere Landesteile Afghanistans, konkret in die Stadt Mazar-e Sharif, verwiesen werden:

Was die Sicherheitslage betrifft, wird seitens des erkennenden Gerichts im Hinblick auf die Länderfeststellungen zwar nicht verkannt, dass die Situation (auch) in der Stadt Mazar-e Sharif nach wie vor angespannt ist. Dennoch ist festzuhalten, dass die afghanische Regierung die Kontrolle über die Hauptstadt Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktszentren hat. Darüber hinaus ist Mazar-e Sharif über den Luftweg aufgrund des vorhandenen Flughafens eine sicher erreichbare Stadt.

Aus dem vorliegenden Berichtsmaterial geht hervor, dass Anschläge, insbesondere auf Einrichtungen mit Symbolcharakter, nicht auszuschließen sind und in unregelmäßigen Abständen auch stattfinden. Hierzu ist auszuführen, dass die weltweit zu verzeichnende Zunahme von Terroranschlägen für sich alleine betrachtet noch nicht die Schlussfolgerung zu tragen vermag, dass die Ausweisung in einen von Terroranschlägen betroffenen Staat automatisch gegen Art. 3 EMRK verstoßen würde bzw. für den Betroffenen unzumutbar wäre. Die verzeichneten Anschläge ereignen sich hauptsächlich im Nahebereich staatlicher Einrichtungen und richten sich mehrheitlich gezielt gegen die Regierung und internationale Organisationen sowie Restaurants, Hotels oder ähnliche Einrichtungen, in denen vorwiegend ausländische Personen verkehren. Die genannten Gefährdungsquellen sind in reinen Wohngebieten nicht anzunehmen, weshalb die Sicherheitslage in der Stadt Mazar-e Sharif nach wie vor als ausreichend sicher zu bewerten ist.

Auch wenn die Verwirklichung grundlegender sozialer und wirtschaftlicher Bedürfnisse, wie etwa der Zugang zu Arbeit, Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung häufig nur sehr eingeschränkt möglich ist, so ist die Versorgung der afghanischen Bevölkerung in diesen Städten dennoch zumindest grundlegend gesichert.

Laut den Richtlinien des UNHCR müssen die schlechten Lebensbedingungen sowie die prekäre Menschenrechtslage von intern vertriebenen afghanischen Staatsangehörigen bei der Prüfung der Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative berücksichtigt werden, wobei angesichts des Zusammenbruchs des traditionellen sozialen Gefüges der Gesellschaft auf Grund jahrzehntelang währender Kriege, massiver Flüchtlingsströme und interner Vertreibung hierfür jeweils eine Einzelfallprüfung notwendig ist (zur Indizwirkung von UNHCR-Richtlinien vgl. u.a. VwGH 10.12.2014, Ra 2014/18/0103).

Wie festgestellt wurde, ist der Beschwerdeführer gesund, arbeitsfähig sowie im erwerbsfähigen Alter. Er verfügt über eine langjährige Schulausbildung. Der Beschwerdeführer gehört auch keinem Personenkreis an, von dem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, die ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann. Es ist davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer in Mazar-e Sharif innerhalb kurzer Zeit Ortskenntnisse aneignen kann. Der Beschwerdeführer kann auch Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen. Es ist deshalb auch nicht zu befürchten, dass er bereits unmittelbar nach seiner Rückkehr und noch bevor er in der Lage wäre, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen, in eine existenzbedrohende bzw. wirtschaftlich ausweglose Lage geraten würde.

In Zusammenschau ergibt sich, dass für den Beschwerdeführer die Möglichkeit für eine den durchschnittlichen afghanischen Verhältnissen entsprechende einfache Lebensführung realistisch ist und keine konkreten Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre. Unter diesen Gesichtspunkten kann davon ausgegangen werden, dass er auch nach seiner Rückkehr in seine Heimat in der Lage sein wird, sich seinen Lebensunterhalt zu sichern.

Dem Beschwerdeführer ist es daher aufgrund der dargelegten Umstände möglich, sich in Mazar-e Sharif - etwa auch durch Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten - eine Existenz aufzubauen und diese zu sichern sowie eine (einfache) Unterkunft zu finden. Dafür, dass der Beschwerdeführer in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse (z.B. Nahrung, Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre, gibt es keine hinreichenden Anhaltspunkte.

Der Beschwerdeführer hat auch nicht mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos dargelegt, dass gerade ihm im Falle einer Rückführungsmaßnahme eine Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (VwGH 19.0.2017, Ra 2017/19/0095).

Unter Berücksichtigung der Länderberichte und der persönlichen Situation des Beschwerdeführers ist in einer Gesamtbetrachtung nicht zu erkennen, dass er im Fall seiner Abschiebung nach Afghanistan und einer Ansiedlung in der Stadt Mazar-e Sharif in eine ausweglose Lebenssituation geraten und real Gefahr laufen würde, eine Verletzung seiner durch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der durch die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention geschützten Rechte zu erleiden. Es liegen keine exzeptionellen Gründe vor, die einer Ansiedlung in der Stadt Mazar-e Sharif entgegenstehen würden. Die Prüfung der maßgeblichen Kriterien führt im konkreten Fall zu dem Ergebnis, dass dem Beschwerdeführer eine Ansiedlung in der Stadt Mazar-e Sharif möglich und auch zumutbar ist.

Tatsächlich ist den aktuellen UNHCR Richtlinien vom 30.08.2018 zu entnehmen, dass junge alleinstehende Männer, ohne besondere Vulnerabilität, sich auch ohne familiäre Unterstützung in urbanen oder semi-urbanen Gebieten mit ausreichender Infrastruktur und unter staatlicher Kontrolle niederlassen können. Eine solche Infrastruktur und staatliche Kontrolle ist in der Stadt Mazar-e Sharif vorhanden, sodass nach den aktuellen UNHCR-Richtlinien eine Ansiedlung des Beschwerdeführers in der Stadt Mazar-e Sharif möglich und auch zumutbar ist.

Das Gericht verkennt zwar nicht, dass aufgrund einer Trockenperiode (Dürre) derzeit die Situation in den Provinzen Herat und Balkh angespannt ist und es zu Wasserknappheit und einer unzureichenden Wasser- bzw. Lebensmittelversorgung im Umland von Mazar-e Sharif und in den ländlichen Gebieten der Provinz Herat kommt. Jedoch ist den Länderberichten nicht zu entnehmen, dass die Grundversorgung der Bevölkerung (mit Nahrungsmittel und Trinkwasser) in den Städten Mazar-e Sharif und Herat generell nicht mehr gewährleistet oder das Gesundheitsversorgungssystem zusammengebrochen wäre. Weder wird in den in das Verfahren eingeführten Berichten eine bestehende (oder unmittelbar drohende) Hungersnot noch eine (herannahende) humanitäre Katastrophe in den Städten Mazar-e Sharif und Herat geschildert.

Auch wenn die Verwirklichung grundlegender sozialer und wirtschaftlicher Bedürfnisse, wie etwa der Zugang zu Arbeit, Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung aufgrund der aktuellen Dürre daher nur sehr eingeschränkt möglich ist, so ist der Zugang zu Unterkunft, grundlegender Versorgung wie sanitärer Infrastruktur, Gesundheitsdiensten und Bildung sowie Erwerbsmöglichkeiten in der Stadt Mazar-e Sharif grundsätzlich gegeben.

Die Situation aufgrund der Dürre in der Stadt Mazar-e Sharif ist daher nicht so gelagert, dass schon alleine die Rückkehr eines Asylwerbers dorthin eine ernsthafte Bedrohung für die durch Art. 3 EMRK geschützten Rechte bedeuten würde.

Die Rückverbringung des Beschwerdeführers nach Afghanistan steht daher nicht im Widerspruch zu § 8 Abs. 1 AsylG 2005, weshalb dem Beschwerdeführer nach den genannten Bestimmungen der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan nicht zuzuerkennen ist.

Spruchpunkt III. und IV. des Bescheides - Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß dem 7. Hauptstück des AsylG - Rückkehrentscheidung - Zulässigkeit der Abschiebung

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wird sowie kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige. Der Beschwerdeführer ist als Staatsangehöriger von Afghanistan kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu. Im vorliegenden Verfahren liegt auch kein Fall der §§ 8 Abs 3a oder 9 Abs 2 AsylG vor.

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Der Beschwerdeführer befindet sich seit Oktober 2015 im Bundesgebiet und ist sein Aufenthalt nicht geduldet. Er ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG liegen daher nicht vor.

§ 9 BFA-VG normiert den Schutz des Privat- und Familienlebens betreffend:

"(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, eine der Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes von mehr als fünf Jahren gemäß § 53 Abs. 3 Z 6, 7 oder 8 FPG liegt vor, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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