TE Vwgh Erkenntnis 1999/3/16 99/08/0024

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Veröffentlicht am 16.03.1999
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §79 Abs47 idF 1998/I/167;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Nowakowski und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des A, vertreten durch Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom 12. Jänner 1999, Zl. 1288/Nr. 1391/98-12, betreffend Anspruch auf Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach dem im angefochtenen Bescheid festgestellten Sachverhalt hat der Beschwerdeführer am 25. Juni 1998 bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Perg die Zuerkennung von Notstandshilfe beantragt. Diesem Antrag wurde mit Bescheid vom 9. Juli 1998 mangels Zugehörigkeit zum berechtigten Personenkreis gemäß § 79 Abs. 40 AlVG keine Folge gegeben. Die Berufung gegen diesen Bescheid blieb erfolglos. (Gegen den Berufungsbescheid vom 8. September 1998 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Dieses Verfahren wurde mit Beschluss dieses Gerichtshofes vom 16. Dezember 1998, B 2012/98, unter Hinweis auf die Aufhebung dieses Bescheides durch das Inkrafttreten des § 79 Abs. 47 AlVG eingestellt.)

Am 15. Dezember 1998 beantragte der Beschwerdeführer die neuerliche Beurteilung seines ursprünglichen Notstandshilfeantrages gemäß § 79 Abs. 47 AlVG.

Daraufhin wurde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 12. Jänner 1999 die seinerzeitige Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Perg vom 9. Juli 1998 mit folgender Begründung zurückgewiesen:

"Durch das rückwirkende Inkrafttreten der Bestimmungen mit 1.4.1998 und der Regelung im letzten Satz des § 79 Abs. 47 AlVG ist über Antrag in Fällen, in denen seit 1.4.1998 unter Anwendung der Bestimmungen des § 79 Abs. 40 AlVG die Notstandshilfe versagt wurde eine Neubeurteilung der seinerzeitigen Entscheidung durchzuführen. In derartigen Fällen ist ab der seinerzeitigen Geltendmachung der Notstandshilfe das Vorliegen der Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 AlVG (neu) zu prüfen.

Die Beantragung im Sinne des § 79 Abs. 47 3. Satz AlVG führt zum Wegfall der rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag. Der Berufung wurde damit die Grundlage entzogen und war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Ihr Antrag vom 25. 6. 1998 wird vom Arbeitsmarktservice Perg neuerlich beurteilt."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Notstandshilfe als verletzt und begründet seine Beschwerde im Wesentlichen damit, dass die belangte Behörde inhaltlich über die Berufung des Beschwerdeführers hätte absprechen müssen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit Bundesgesetz BGBl. I Nr. 167/1998, ausgegeben am 10. November 1998, wurde dem § 34 AlVG in der Fassung BGBl. I Nr. 78/1997 ein Abs. 3 und in § 79 folgender Absatz 47 angefügt:

"(47) § 34 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 167/1998 tritt mit 1. April 1998 in Kraft und gilt bei erstmaliger Zuerkennung von Notstandshilfe nach Erschöpfung des Anspruches auf Arbeitslosengeld, Karenz(urlaubs)geld oder Notstandshilfe gemäß § 34 Abs. 4 in der Fassung vor dem 1. April 1998. § 33 Abs. 2 lit. a in der Fassung vor dem 1. April 1998 ist in diesen Fällen nicht anzuwenden. Wurde die Gewährung von Notstandshilfe auf Grund des Abs. 40 versagt, hat auf Antrag eine neuerliche Beurteilung zu erfolgen."

Im vorliegenden Fall wurde die Notstandshilfe aufgrund des § 79 Abs. 40 AlVG versagt. Nach den beiden letzten Sätzen der soeben erwähnten Übergangsbestimmung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 167/1998 ist in einem solchen Fall auf Antrag eine neuerliche Beurteilung zulässig und dabei § 33 Abs. 2 lit. a in der Fassung vor dem 1. April 1998 (diese Bestimmung beinhaltete das Erfordernis der österreichischen Staatsbürgerschaft für die Gewährung der Notstandshilfe) nicht anzuwenden.

Diese Bestimmung ist mit Ablauf des 10. November 1998 in Kraft getreten. Sie hat zur Folge, dass der vor dem Verfassungsgerichtshof angefochtene Bescheid der belangten Behörde vom 9. Juli 1998 einer neuerlichen Beurteilung des Anspruches des Beschwerdeführers nicht mehr entgegensteht und der Beschwerdeführer daher seit 11. November 1998 in die Lage versetzt wurde, durch einfache Antragstellung eine neuerliche Beurteilung seines Antrages vom 2. April 1998 unter Außerachtlassung des Erfordernisses der österreichischen Staatsbürgerschaft herbeizuführen (vgl. den hg. Beschluss vom 19. Jänner 1999, Zl. 98/08/0350, im Anschluss an den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 5. Dezember 1998, B 1241/98).

Die belangte Behörde ging offenbar davon aus, dass aufgrund des vom Beschwerdeführer am 15. Dezember 1998 gestellten, auf § 79 Abs. 47 AlVG gestützten Neubeurteilungsantrages der vor dem Verfassungsgerichtshof angefochtene Bescheid der belangten Behörde vom 8. September 1998 aus dem Rechtsbestand beseitigt wurde, sodass die belangte Behörde neuerlich über die Berufung des Beschwerdeführers abzusprechen hatte.

Ferner scheint die belangte Behörde der Auffassung zu sein, dass der Neubeurteilungsantrag in weiterer Folge die Wirkung hat, auch nicht rechtskräftige Bescheide der ersten Instanz auf eine solche Weise aus dem Rechtsbestand zu beseitigen, dass eine vormals zulässigerweise erhobene Berufung mangels eines tauglichen Berufungsgegenstandes nicht mehr als zulässig erachtet werden könne.

Der genannten Übergangsbestimmung kann aber nicht unterstellt werden, Bescheide in weiterreichendem Umfang aus dem Rechtsbestand beseitigt zu haben, als zur Eröffnung einer neuerlichen Beurteilung des Anspruchs nötig ist.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher der Auffassung der belangten Behörde nicht beizutreten, dennoch hat sie den Beschwerdeführer im Ergebnis nicht in seinen Rechten verletzt:

Die gesetzliche Anordnung in § 79 Abs. 47 AlVG, es sei auf Antrag "eine neuerliche Beurteilung" vorzunehmen, regelt nicht ausdrücklich die Frage, wo ein solcher "Neubeurteilungsantrag" zu stellen ist. Je nach dem Bescheid, der durch die genannte Übergangsbestimmung beseitigt wurde, käme dafür die Behörde erster Instanz, aber auch die Berufungsbehörde in Betracht. Gegen letzteres spricht freilich der Umstand, dass der Gesetzgeber - mag ihm das hier erörterte Problem auch verborgen geblieben sein - keine neuerliche Entscheidung über eine anhängige Berufung anordnet, sondern lediglich eine "neuerliche Beurteilung" der Sache. Da Zuständigkeiten von Behörden wegen des Rechtsstaatprinzips in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise vom Gesetz selbst festgelegt werden müssen (vgl. VfSlg. 2909/1955; 8349/1978; 9937/1984; 13916/1994 uva), ist eine verfassungskonforme Interpretation des § 79 Abs. 47 AlVG vorzunehmen: Aus dem Fehlen einer ausdrücklichen Regelung, wie nach Außerkrafttreten eines Berufungsbescheides, insbesondere im Hinblick auf die nun wieder offene Berufung, vorzugehen sei, ist zu schließen, dass die Neubeurteilung des Antrages immer durch die Behörde erster Instanz zu erfolgen hat und dieser Neubeurteilung bisherige Bescheide über den gleichen Gegenstand, sofern in ihnen (ausdrücklich oder der Sache nach) gemäß § 79 Abs. 40 AlVG die am 30. März 1998 geltende Fassung der §§ 33 und 34 AlVG angewendet worden ist, nicht entgegenstehen.

Es hat daher die belangte Behörde bei dieser Sachlage überhaupt keine Verpflichtung getroffen, über die Berufung des Beschwerdeführers abzusprechen und demgemäß den Beschwerdeführer dadurch, dass sie dessen

Berufung - überflüssigerweise - zurückgewiesen hat, nicht in seinen Rechten verletzt.

Da somit bereits aus der vorliegenden Beschwerde entnommen werden kann, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 16. März 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999080024.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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