Entscheidungsdatum
02.04.2019Norm
AsylG 2005 §55Spruch
W191 2207516-2/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Rosenauer als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Indien, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Andreas Waldhof, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.11.2018, Zahl 1079158806-151807843, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 53 BFA-VG in Verbindung mit § 57 Abs. 2 AVG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
1. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Vorverfahren:
1.1. Die Beschwerdeführerin (in der Folge BF), eine indische Staatsangehörige, reiste mit einem Visum nach Österreich ein und stellte am 25.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG).
Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wies das BFA mit Bescheid vom 02.02.2017, Zahl 1079158806-1518007843, den Antrag der BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihr den Status einer Asylberechtigten ebenso wie gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Status einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien nicht zu (Spruchpunkt II.) und verband diese Entscheidung in Spruchpunkt III. gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-VG mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde ihr nicht erteilt. Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung der BF nach Indien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).
Der Bescheid blieb unangefochten und erwuchs am 01.03.2017 in Rechtskraft.
1.2. Am 06.11.2017 stellte die BF einen Antrag auf einen Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AsylG.
Mit Bescheid vom 05.09.2018 wies das BFA in Spruchpunkt I. den Antrag der BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG ab und erließ in Spruchpunkt II. gemäß § 10 Abs. 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-VG gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG. In Spruchpunkt III. wurde festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen [richtig: 14 Tage] ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt III.).
1.3. Aufgrund der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung aus dem vorangegangenen Asylverfahren (siehe oben Punkt 1.1.) wurde die BF am 08.09.2018 in Schubhaft genommen und am 10.09.2018 auf dem Luftweg nach Indien überstellt.
2. Gegenständliches Verfahren:
2.1. Mit (Mandats-)Bescheid vom 21.09.2018 wurden der BF gemäß § 53 Abs. 1 BFA-VG in Verbindung mit § 57 Abs. 1 AVG die Kosten der Durchsetzung der gegen sie gesetzten aufenthaltsbeendenden Maßnahme sowie die entstandenen Dolmetschkosten in Höhe von EUR 692,59 auferlegt.
In der Rechtsmittelbelehrung dieses Bescheides (die ebenso wie der Spruch auch auf Punjabi übersetzt wurde) wurde der BF eine Rechtsmittelfrist von zwei Wochen zur Erhebung des Rechtsmittels der Vorstellung gegen diesen Bescheid eingeräumt.
Gegen diesen Bescheid erhob die BF mit Schreiben ihres anwaltlichen Vertreters vom 08.10.2018 das Rechtsmittel der Beschwerde und führte begründend im Wesentlichen aus, dass ihr Antrag gemäß § 55 AsylG mit Bescheid des BFA vom 05.09.2018 abgewiesen, eine Rückkehrentscheidung erlassen und ihr eine Frist für die freiwillige Ausreise binnen zwei Wochen ab Rechtskraft dieser Rückkehrentscheidung gewährt worden sei. Da sie gegen diesen Bescheid fristgerecht Beschwerde eingebracht habe, sei dieser noch nicht rechtskräftig, weswegen sie nicht verpflichtet gewesen wäre, bereits jetzt freiwillig auszureisen. Ihre Abschiebung sei rechtswidrig und beantrage sie daher die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
2.2. Mit Bescheid des BFA vom 22.11.2018 wurde die Beschwerde gemäß § 57 Abs. 2 AVG als unzulässig zurückgewiesen und begründend im Wesentlichen ausgeführt, dass gegen den Mandatsbescheid - wie auch aus der Rechtsmittelbelehrung ersichtlich gewesen sei - nur eine Vorstellung binnen zwei Wochen zulässig sei. Da im gegenständlichen Fall ein Rechtsanwalt eingeschritten sei, müsse die Behörde bezüglich des eingebrachten Rechtsmittels einen strengen Maßstab anlegen und würden seine Ausführungen keinen Spielraum für eine mögliche Umdeutung in eine Vorstellung lassen.
Gegen diesen Bescheid erhob die BF mit Schreiben ihres Vertreters vom 19.12.2018 das Rechtsmittel Beschwerde und wiederholte im Wesentlichen ihr Vorbringen, wonach sie nach Zustellung des Bescheides am 07.09.2018 der Meinung gewesen sei, dass ihr Aufenthalt weiterhin geduldet sei. Sie halte die Vorgehensweise der Behörde für nicht rechtskonform.
2. Rechtliche Beurteilung und Beweiswürdigung:
2.1. Der oben angeführte Verfahrensgang und dargestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.
2.2. Anzuwendendes Recht:
Gegenständlich sind die Verfahrensbestimmungen des AVG, des BFA-VG, des VwGVG und jene im AsylG enthaltenen sowie die materiellen Bestimmungen des AsylG in der geltenden Fassung samt jenen Normen, auf welche das AsylG verweist, anzuwenden.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung, entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 in der geltenden Fassung, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA das BVwG.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 3 Abs. 2 BFA-VG obliegt dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl
1. die Zuerkennung und die Aberkennung des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten an Fremde in Österreich gemäß dem AsylG,
2. die Gewährung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß dem AsylG,
3. die Anordnung der Abschiebung, die Feststellung der Duldung und die Vollstreckung von Rückführungsentscheidungen von EWR-Staaten gemäß dem 7. Hauptstück des FPG,
4. die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gemäß dem 8. Hauptstück des FPG,
5. die Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde gemäß dem 11. Hauptstück des FPG,
6. die Vorschreibung von Kosten gemäß § 53 und
7. die Führung von Verfahren nach dem Grundversorgungsgesetz - Bund 2005 (GVG-B 2005), BGBl. Nr. 405/1991, mit Ausnahme von Verwaltungsstrafverfahren.
Gemäß § 53 Abs. 1 BFA-VG sind folgende Kosten, die dem Bund entstehen, von dem Fremden - soweit dem nicht Art. 30 Dublin-Verordnung entgegensteht - zu ersetzen:
1. Kosten, die bei der Durchsetzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück des FPG entstehen,
2. Dolmetschkosten im Rahmen von Verfahrenshandlungen gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG.
Gemäß § 57 Abs. 1 AVG ist die Behörde berechtigt, einen Bescheid auch ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren (sog. Mandatsbescheid) zu erlassen, wenn es sich um die Vorschreibung von Geldleistungen nach einem gesetzlich, statutarisch oder tarifmäßig feststehenden Maßstab handelt. Gegen einen solchen Mandatsbescheid kann gemäß § 57 Abs. 2 AVG bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, binnen zwei Wochen das Rechtsmittel der Vorstellung erhoben werden.
Zu Spruchteil A):
2.3. Rechtlich folgt daraus:
Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist ausschließlich, ob die Zurückweisung des Rechtsmittels rechtmäßig erfolgt ist (vgl. VwGH 13.10.2015, Ra 2015/03/0057). Da das BVwG diesbezüglich eine Sachentscheidung zu treffen hat, ist die gegenständliche Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Bei dem angefochtenen Bescheid, mit dem der BF die Kosten der gegen sie gesetzten aufenthaltsbeenden Maßnahmen auferlegt wurden, handelt es sich um einen Mandatsbescheid.
Gegen Mandatsbescheide im Sinne von § 57 Abs. 1 AVG steht gemäß Abs. 2 binnen einer Frist von zwei Wochen das remonstrative Rechtsmittel der Vorstellung an jene Behörde, die den Mandatsbescheid erlassen hat, offen. Die Behörde hat bei jeder rechtzeitig eingebrachten und zulässigen Vorstellung gemäß § 57 Abs. 3 AVG binnen zwei Wochen nach Einlangen der Vorstellung das Ermittlungsverfahren einzuleiten. Das von der Behörde nach Erhebung der Vorstellung durchzuführende Ermittlungsverfahren dient dazu, den Sachverhalt unter Beachtung des Parteiengehörs klarzustellen und die Verwaltungssache auf Basis des ermittelten Sachverhalts neu zu entscheiden, also die Vorstellung abzuweisen (und so das Mandat zu bestätigen), das Mandat zu beheben (beseitigen) oder abzuändern. Prozessgegenstand des Verfahrens über die Vorstellung ist somit das erlassene Mandat. Dieses ist in jede Richtung, das heißt in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht sowie auf die zweckmäßige Ermessensübung, zu überprüfen (VwGH 10.10.2003, 2002/18/0241). Der neue Bescheid ersetzt das angefochtene Mandat und kann mit Beschwerde an das Verwaltungsgericht angefochten werden.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) kommt es bei der Beurteilung, ob ein gegen einen Mandatsbescheid erhobenes Rechtsmittel als Vorstellung oder als unzulässige Beschwerde (vormals Berufung) zu werten ist, nicht ausschließlich auf seine Bezeichnung an. Lässt sich das Rechtsmittel auf Grund des darin gestellten Begehrens (auch) als Vorstellung deuten, hat dies zu geschehen. Entscheidend ist dabei, ob sich aus dem Begehren eindeutig ergibt, die Entscheidung welcher Behörde der Rechtsmittelbewerber beantragt. Lässt sich aus dem Begehren nichts anderes schließen, als dass eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts (vormals Berufungsbehörde) beantragt wird, so ist eine Deutung des Rechtsmittels als Vorstellung ausgeschlossen (vgl. VwGH 23.10.2015, Ra 2015/02/0029).
Im vorliegenden Fall wurde vom anwaltlichen Vertreter der BF ein als Beschwerde bezeichnetes Rechtsmittel erhoben. Aus der mehrfachen Bezeichnung des Schriftsatzes als "Beschwerde" sowie dem Antrag auf "ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides" ist eindeutig erkennbar, dass nicht eine Entscheidung des BFA, sondern des BVwG begehrt wird, weshalb eine Deutung des erhobenen Rechtsmittels als Vorstellung nicht in Betracht kommt (vgl. auch das Erkenntnis des VwGH vom 21.03.1997, 97/02/0037, in einem gleichgelagerten Fall, wonach an ein von einem Rechtsanwalt verfasstes Rechtsmittel ein strenger Maßstab anzulegen ist).
Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass auch eine inhaltliche Behandlung des Rechtsmittels für die BF nicht zum Erfolg geführt hätte:
Entgegen der Ansicht der BF war ihre Abschiebung und die darauffolgende Auferlegung der Kosten nicht rechtswidrig, sondern beruhte die Durchsetzung der aufenthaltsbeenden Maßnahme auf dem rechtskräftigen Bescheid des BFA vom 02.02.2017.
Das BVwG verkennt nicht, dass die Einräumung einer Frist für die freiwillige Ausreise im Bescheid vom 05.09.2018, mit dem der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vom BFA abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde, durchaus geeignet war, bei der BF irrtümlich die Annahme hervorzurufen, sie könne in dieser Zeit nicht abgeschoben werden, weshalb nachvollzogen werden kann, dass die Abschiebung für die BF und ihre Familienangehörigen überraschend kam.
Jedoch ist festzuhalten, dass die BF nach der rechtskräftigen Abweisung ihres Antrags auf internationalen Schutz im März 2017 nicht innerhalb der ihr damals eingeräumten Frist von 14 Tagen freiwillig ausgereist, sondern weiterhin - und damit unrechtmäßig - im Bundesgebiet verblieben ist. Daran vermochte auch die Stellung eines Antrags auf Gewährung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG nichts zu ändern, der nach § 58 Abs. 13 AsylG kein Aufenthalts- oder Bleiberecht begründete und der Erlassung sowie Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegenstand.
Zu Spruchteil B):
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH zu Rechtsmitteln gegen Mandatsbescheide ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des VwGH auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zum Teil zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich weitestgehend gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Aufenthaltstitel, Dolmetschgebühren, Mandatsbescheid,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W191.2207516.2.00Zuletzt aktualisiert am
23.05.2019