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62 Arbeitsmarktverwaltung;Norm
AlVG 1977 §24 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Nowakowski und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des R in D, vertreten durch Mag. Dieter Helbok, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Bergmannstraße 3, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Vorarlberg vom 20. April 1998, Zl. LGSV/3/1217/1998, betreffend Einstellung des Arbeitslosengeldes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde in Bestätigung des Bescheides einer regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom 19. November 1997 der Arbeitslosengeldbezug des Beschwerdeführers mit 1. Oktober 1997 gemäß § 24 Abs. 1 AlVG und § 7 Abs. 1, § 7 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 Z. 2 und § 7 Abs. 4 AlVG i. d.F. BGBl. Nr. 201/1996, eingestellt. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe eine mit 30. September 1997 befristete Arbeitserlaubnis im Sinne des § 14a AuslBG besessen. Er habe am 29. September 1997 die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes beantragt.
Mit Bescheid einer regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom 19. November 1997 sei das Arbeitslosengeld per 1. Oktober 1997 mit der Begründung eingestellt worden, dass der Beschwerdeführer nach Ablauf seiner Arbeitserlaubnis mangels Vorliegens einer Aufenthaltsbewilligung mit dem Zweck unselbständiger Erwerbstätigkeit dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehe.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung habe der Beschwerdeführer vorgebracht, er sei seit 10. September 1990 berufstätig und seit dem 9. Juni 1997 bei einem namentlich genannten Dienstgeber beschäftigt und somit per 30. September 1997 knapp fünf Jahre erwerbstätig gewesen. Bei den Zeiten, in denen er arbeitslos gewesen sei, würde es sich ausschließlich um Zeiten unverschuldeter Arbeitslosigkeit handeln. Er erfülle daher die Voraussetzungen des Art. 6 des Assoziationsratsbeschlusses Nr. 1/80 des Abkommens EWG-Türkei, sodass von einer unbeschränkten Zugangsberechtigung zum Arbeitsmarkt auszugehen sei.
Im Rahmen des Berufungsverfahrens sei dem Beschwerdeführer vorgehalten worden, dass sein Antrag auf "Feststellung der Assoziationsintegration" mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 9. März 1998, Erlassung am 10. März 1998, rechtskräftig abgewiesen worden sei. Fest stehe darüber hinaus, dass gegen den Beschwerdeführer mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft D. vom 10. Oktober 1997 ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden sei. In Beantwortung dieses Vorhaltes habe der Beschwerdeführer vorgebracht, den abweisenden Bescheid der belangten Behörde vom 9. März 1998 beim Verwaltungsgerichtshof mit Beschwerde bekämpfen zu wollen. Aufgrund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens stehe fest, dass der Beschwerdeführer sich nicht zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit in Österreich aufhalten dürfe, weil er nicht im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung mit dem Zweck unselbständiger Erwerbstätigkeit im Sinne des § 7 Abs. 4 Z. 1 AlVG sei. Der Beschwerdeführer könne sich auch nicht auf ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht beruhend auf dem Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei und dem darauf beruhenden Beschluss des Assoziationsrates Nr. 1/1980 berufen. Schließlich sei davon auszugehen, dass gegen den Beschwerdeführer mit Bescheid der BH D. vom 10. Oktober 1997 ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden sei. Der Beschwerdeführer stehe sohin der Arbeitsvermittlung im Sinne des § 7 Abs. 2 AlVG nicht zur Verfügung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte Teile des Verwaltungsaktes vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer macht u.a. geltend, der Tag der Entziehung des Arbeitslosengeldes sei im angefochtenen Bescheid ausdrücklich mit 1. Oktober 1997 angeführt worden. Eine derartige Rückwirkung sei im Gesetz nicht vorgesehen. Die belangte Behörde hätte daher den erstinstanzlichen Bescheid aufheben und aussprechen müssen, dass der Entzug des Arbeitslosengeldes erst mit Zustellung des Erstbescheides wirksam geworden sein könne.
Bereits dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg. Gemäß § 24 Abs. 1 AlVG ist das Arbeitslosengeld einzustellen, wenn eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld wegfällt. Nach dieser Bestimmung ist das Arbeitslosengeld ab einem bestimmten Zeitpunkt (für die Zukunft) einzustellen, wenn es zum Wegfall einer den Anspruch auf eine Leistung begründenden Voraussetzung kommt, also der Arbeitslose z.B. eine Arbeit aufnimmt. Eine Einstellung von (schon bezahltem) Arbeitslosengeld für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum kommt daher schon begrifflich nicht in Frage (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 21. September 1993, Zlen. 91/08/0145, 0146, vom 5. September 1995, Zl. 94/08/0184, und vom 24. Juni 1997, Zlen. 96/08/0029, 0030, 0038).
Dass die belangte Behörde mit ihrem Bescheid die Zuerkennung von Arbeitslosengeld widerrufen wollte, weil sich dessen Zuerkennung nachträglich als gesetzlich nicht begründet herausgestellt habe, somit ein bloßes Vergreifen im Ausdruck vorliegt, kann aufgrund des insofern eindeutigen Wortlautes des Spruches des angefochtenen Bescheides nicht gesagt werden. In Bestätigung eines Bescheides einer regionalen Geschäftsstelle wurde vielmehr das Arbeitslosengeld unter Berufung auf § 24 Abs. 1 AlVG ausdrücklich "eingestellt".
Die belangte Behörde führte in der Gegenschrift zum diesbezüglichen Vorbringen des Beschwerdeführers aus, dass die Auszahlung der Leistungen nach dem AlVG gemäß § 51 Abs. 2 leg. cit. jeweils an einem bestimmten Tag im Monat für einen Monat bar im Nachhinein erfolge, sodass insofern immerhin noch eine rechtzeitige Einstellung des Arbeitslosengeldes im Sinne des § 24 Abs. 1 AlVG vorliege.
Dem ist zu erwidern, dass im angefochtenen Bescheid keine Feststellungen über die tatsächliche Auszahlung oder Nichtauszahlung des Arbeitslosengeldes an den Beschwerdeführer enthalten sind und darüber hinaus solches auch nicht aus den vorgelegten Aktenteilen zu entnehmen ist. Somit steht nicht fest, dass die bescheidmäßige Einstellung des Arbeitslosengeldes wegen der schon zuvor verfügten Einstellung der Zahlungen mit 1. Oktober 1997 ausgesprochen wurde, (vgl. zur Zulässigkeit einer derartigen Einstellung gemäß § 24 Abs. 1 die hg. Erkenntnisse vom 2. Juli 1996, Zl. 95/08/0095, und vom 16. Februar 1999, Zl. 98/08/0200). Die belangte Behörde hat sohin ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, sodass er bereits aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 16. März 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998080321.X00Im RIS seit
18.10.2001