TE OGH 2019/4/25 4Ob54/19y

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.04.2019
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.-Prof. Dr. Brenn, Priv.-Doz. Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. S***** K*****, vertreten durch Dr. Andreas Wippel, Rechtsanwalt in Neunkirchen, gegen die beklagte Partei Mag. C***** K*****, vertreten durch Janezic & Schmidt Rechtsanwälte OG in Graz, wegen Unterhalt, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 20. Dezember 2018, GZ 21 R 339/18a-17, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Neumarkt bei Salzburg vom 26. Juli 2018, GZ 1 C 3/16d-13, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass es unter Einschluss der nicht bekämpften und der bestätigten Teile lautet:

„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei einen rückständigen Unterhalt für die Monate Dezember 2017 und Jänner 2018 in Höhe von insgesamt 900 EUR binnen 14 Tagen zu zahlen.

Das Mehrbegehren des Inhalts, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei für den Zeitraum Oktober 2017 bis einschließlich März 2018 einen weiteren Betrag von 1.299,07 EUR an rückständigem Unterhalt binnen 14 Tagen zu zahlen, wird abgewiesen.

Die beklagte Partei ist weiters schuldig, der klagenden Partei ab 1. Mai 2018 einen laufenden Unterhalt von monatlich 645 EUR jeweils zum Monatsersten im Voraus zu zahlen.“

Die Kostenentscheidung bleibt dem Erstgericht vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile haben am 18. 6. 2011 geheiratet; sie haben zwei Kinder im Alter von acht und sechs Jahren. Während der Ehe sind die Streitteile übereinstimmend davon ausgegangen, dass sich die Klägerin bis zum Schuleintritt des jüngeren Kindes (im Herbst 2018) gänzlich der Kinderbetreuung widmet. Die häusliche Gemeinschaft der Streitteile ist seit Oktober 2015 aufgehoben. Mit rechtskräftigem Urteil vom 5. 10. 2017 wurde die Ehe gemäß § 55 Abs 1 EheG iVm § 61 Abs 3 EheG aus dem Alleinverschulden des Beklagten geschieden.

Der Beklagte ist Alleineigentümer einer Liegenschaft samt Einfamilienhaus, das als Ehewohnung diente und in dem die Klägerin mit den Kindern nach wie vor wohnt. Der Beklagte trägt die Kreditrückzahlungsraten und die Betriebskosten. Der fiktive Mietwert ist mit monatlich 1.500 EUR angemessen.

Aufgrund eines im Verfahren geschlossenen Vergleichs verpflichtete sich der Beklagte gegenüber der Klägerin (unter anderem) zur Zahlung eines Unterhalts von monatlich 1.300 EUR vom 1. 3. 2016 bis 31. 8. 2017. Für die Monate Oktober und November 2017 zahlte der Beklagte ebenfalls 1.300 EUR an Unterhalt. Für die Folgemonate reduzierte er die Unterhaltszahlungen, weil er von einer zumutbaren Erwerbstätigkeit der Klägerin ausging. Konkret zahlte er für Dezember 2017, Jänner 2018 und Februar 2018 jeweils 850 EUR, für März 2018 650 EUR und für April 2018 749 EUR.

Mit der vorliegenden (im Verfahren modifizierten) Klage begehrte die Klägerin – neben dem Ersatz von Beiträgen zur freiwilligen Krankenversicherung und der Zahlung eines 25%igen Anteils an einer Nachzahlung des Arbeitgebers des Beklagten – rückständige Unterhaltsdifferenzen für die Monate Dezember 2017 bis März 2018 sowie laufenden Unterhalt ab 1. 4. 2018 in Höhe von monatlich 900 EUR; in der Revision begehrt die Klägerin den laufenden Unterhalt ab 1. 5. 2018. Sie habe am 17. 1. 2018 eine Erwerbstätigkeit aufgenommen. Bis dahin errechne sich ihr Unterhaltsanspruch mit monatlich 1.300 EUR und ab Februar 2018 mit monatlich 900 EUR. Von den Kosten für die Wohnungsversorgung sei nur ein Viertel als Naturalunterhalt zu berücksichtigen. Der Beklagte habe ihren Unterhaltsanspruch nicht zur Gänze befriedigt.

Der Beklagte trat den Unterhaltsforderungen der Klägerin entgegen. Jedenfalls ab Dezember 2017 müsse sie sich ein von ihr erzielbares Einkommen anrechnen lassen. Zudem sei der anteilige fiktive Mietwert für die Überlassung der Ehewohnung zu berücksichtigen.

Das Erstgericht wies das modifizierte Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin teilweise Folge und sprach ihr für die Monate Dezember 2017 und Jänner 2018 insgesamt 820 EUR an rückständigem Unterhalt zu; das Mehrbegehren wies es ab. Dabei modifizierte das Berufungsgericht – unter Zugrundelegung des Lohnkontos des Beklagten bzw der Gehaltsabrechnung der Klägerin – die vom Erstgericht ermittelte Bemessungsgrundlage aus dem Einkommen des Beklagten (6.724 EUR statt 6.239,69 EUR) sowie das Eigeneinkommen der Klägerin (1.664 EUR statt 1.634,30 EUR) und ermittelte – unter Berücksichtigung des fiktiven Mietwerts für die Wohnversorgung – den rechnerischen Unterhaltsanspruch der Klägerin für Dezember 2017 und Jänner 2018 mit jeweils 1.260 EUR sowie ihren Anspruch auf Ergänzungsunterhalt ab Februar 2018 in Höhe von monatlich 520 EUR. Davon ausgehend sprach es der Klägerin – nach Abzug der Unterhaltszahlungen des Beklagten – für die Monate Dezember 2017 und Jänner 2018 die Unterhaltsdifferenz von insgesamt 820 EUR zu; die übrigen Begehren (Unterhaltsdifferenz für die Monate Februar und März 2018; laufender Unterhalt ab 1. 4. 2018; Ersatz der Krankenversicherungsbeiträge und 25%iger Anteil an der Arbeitgebernachzahlung) wies es ab; die Kostenentscheidung behielt es bis zur rechtskräftigen Erledigung der Hauptsache vor. Aufgrund der Scheidung der Ehe aus dem Alleinverschulden des Beklagten stehe der Klägerin gemäß § 69 Abs 2 EheG der Unterhaltsanspruch des § 94 ABGB wie bei aufrechter Ehe zu. Die Kosten für die Wohnversorgung seien nur im angemessenen Umfang anzurechnen, wobei der nach Köpfen anteilige fiktive Mietwert maßgebend sei. Nach Ansicht des Berufungsgerichts sei der Unterhaltspflichtige in die Kopfteilberechnung aber nur so lange einzubeziehen, als er selbst in der Wohnung lebt oder in diese zurückkehren kann. Nach der Scheidung sei die Einbeziehung des Unterhaltspflichtigen in die Kopfteilberechnung nicht mehr angemessen, weil für ihn ab diesem Zeitpunkt keine Rückkehrmöglichkeit mehr gegeben sei. Im Anlassfall komme es daher zu einem Abzug von monatlich 500 EUR. Seit Aufnahme ihrer Erwerbstätigkeit (ab Februar 2018) betrage der Anspruch der Klägerin auf Ergänzungsunterhalt monatlich 520 EUR. Den laufenden Unterhalt begehre sie ab April 2018. Da der Beklagte der Klägerin auch für April 2018 freiwillig einen ihren Unterhaltsanspruch übersteigenden Geldunterhalt (749 EUR) geleistet habe, fehle es für das Begehren auf laufenden Unterhalt am Rechtsschutzbedürfnis. Der Beklagte habe den Unterhaltsanspruch der Klägerin nicht bestritten, sondern nur behauptet, dass ihr ab Dezember 2017 die Aufnahme einer Teilzeitbeschäftigung zumutbar gewesen sei. Dass der Beklagte seine Unterhaltsverpflichtung künftig zu verletzen drohe, stehe nicht fest. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil das Berufungsgericht von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zur Einbeziehung des Unterhaltspflichtigen in die Kopfteilberechnung hinsichtlich der Wohnversorgung abgewichen sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin mit dem Antrag, ihr für die Monate Dezember 2017 und Jänner 2018 einen Unterhaltsrückstand von insgesamt 900 EUR zuzusprechen und ihren Anspruch auf laufenden Unterhalt ab 1. 5. 2018 mit monatlich 645 EUR festzusetzen.

Mit seiner Revisionsbeantwortung beantragt der Beklagte, die Revision der Gegenseite zurückzuweisen, in eventu, dieser den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs in mehrfacher Hinsicht abgewichen ist. Dementsprechend ist die Revision auch berechtigt.

Im Revisionsverfahren sind noch die restlichen Unterhaltsbeträge für Dezember 2017 und Jänner 2018 sowie der Anspruch auf laufenden Unterhalt ab 1. 5. 2018 strittig.

Die Klägerin vertritt in ihrer Revision dazu den Standpunkt, dass hinsichtlich der Wohnversorgung auch der Kopfteil des Beklagten zu berücksichtigen sei. Der Unterhaltsanspruch nach § 69 Abs 2 EheG gebühre wie bei aufrechter Ehe. Außerdem sei eine Rückkehrmöglichkeit des Unterhaltspflichtigen in die Ehewohnung jedenfalls bis zum Abschluss des Aufteilungsverfahrens gegeben. Zum Anspruch auf laufenden Unterhalt sei das rechtliche Interesse an der Unterhaltsfestsetzung zu bejahen. Der Beklagte habe ihre Unterhaltsansprüche zu gering berechnet und ihr Begehren bestritten. Ihren Anspruch auf künftigen Geldunterhalt habe er nicht anerkannt. Außerdem sei im Fall eines Vorversterbens des Beklagten ihr Anspruch auf Witwenpension von der gerichtlichen Unterhaltsfestsetzung abhängig.

Der Oberste Gerichtshof hat dazu erwogen:

I. Zu den Kosten der Wohnversorgung:

1. Grundsätzlich ist nach Aufhebung der ehelichen Hausgemeinschaft der gesamte angemessene Unterhalt des Unterhaltsberechtigten in Geld zu leisten (RIS-Justiz RS0009414). Hat der Unterhaltsberechtigte aber nicht für die Kosten der Wohnversorgung aufzukommen, so bedarf er regelmäßig nicht mehr des gesamten Geldunterhalts, um seinen vollständigen Bedarf zu decken (RS0047254). Die sich wirtschaftlich ergebende Wohnkostenersparnis ist angemessen zu berücksichtigen und als Naturalunterhalt in einem Umfang anzurechnen, der dem persönlichen Bedarf des Unterhaltsberechtigten entspricht (RS0047254 [T1]). Die Rechtsprechung lässt in dieser Hinsicht zumindest bei durchschnittlichen Verhältnissen eine Kürzung des Geldunterhaltsanspruchs aus dem Titel der Wohnversorgung lediglich um rund ein Viertel zu. Gebührt dem unterhaltsberechtigten Ehegatten aufgrund seines Eigeneinkommens ein Ergänzungsunterhalt, so ist dieses Viertel aus dem Eigeneinkommen und dem Ergänzungsunterhalt zu ermitteln (8 Ob 41/16m; 3 Ob 164/17i mwN). Die angemessenen Wohnungsbenützungskosten sind nach Köpfen auf alle die Wohnung benützenden Personen, die in einer unterhaltsrechtlichen Beziehung zum Unterhaltspflichtigen stehen, zu gleichen Teilen aufzuteilen und auf deren Unterhaltsansprüche anzurechnen (RS0123487). Steht die Wohnung im Miteigentum der Ehegatten, so ist die fiktive Mietersparnis im Ausmaß der Miteigentumsanteile zu berücksichtigen (4 Ob 142/06w). Für die Frage, welcher Vorteil dem Unterhaltsberechtigten zukommt, ist der anteilige fiktive Mietwert der Wohnung maßgebend (1 Ob 203/14f; 8 Ob 41/16m; 3 Ob 164/17i).

Verlässt der unterhaltspflichtige Ehegatte bei aufrechter Ehe grundlos die Ehewohnung und bleibt der Unterhaltsberechtigte dort allein zurück, so ist der Unterhaltspflichtige so zu behandeln, als wäre er in der Wohnung verblieben, weshalb die von ihm allein getragenen Wohnungskosten nur zur Hälfte als Naturalleistung für den Geldunterhaltsanspruch des anderen Ehegatten zu berücksichtigen sind (RS0114742). Wird die Wohnung von mehreren zueinander in einer unterhaltsrechtlichen Beziehung stehenden Personen benützt, so ist der anzurechnende Betrag (fiktive Mietwert) nach Köpfen aufzuteilen (RS0123487). In diesem Zusammenhang ist dem freiwilligen Auszug des Unterhaltspflichtigen auch eine Wegweisung oder eine entsprechende einstweilige Verfügung gleichzuhalten (4 Ob 42/10w; 3 Ob 164/17i). Der ausziehende Ehegatte ist also so zu behandeln, als ob er in der Wohnung verblieben wäre, es sei denn, ein Weiterverbleib in der Wohnung war ihm aus in der Person des Unterhaltsberechtigten liegenden Gründen nicht mehr zumutbar oder er hat mit dem Unterhaltsberechtigten eine entsprechende Vereinbarung getroffen. Für diese Ausnahmetatbestände ist der Unterhaltspflichtige beweispflichtig (4 Ob 42/10w; 3 Ob 164/17i).

2. Das Berufungsgericht ist – so wie auch das Erstgericht – von diesen Grundsätzen abgewichen und hat den auf den Beklagten entfallenden „Kopfanteil“ daher zu Unrecht nicht berücksichtigt.

Richtig ist, dass das Verlassen der Ehewohnung durch den unterhaltspflichtigen Ehegatten nicht in jedem Fall zwingend dazu führt, dass er bei der fiktiven Aufteilung des Mietwerts zu berücksichtigen ist. Entscheidend ist in dieser Hinsicht, aus welchem Grund er die Ehewohnung verlassen hat. Wenn aber kein Einvernehmen der Ehegatten nach § 91 ABGB vorliegt und es dem Unterhaltspflichtigen auch nicht gelingt, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 92 ABGB zu beweisen, oder wenn er nicht darlegt, dass das weitere Zusammenwohnen mit dem Unterhaltsberechtigten aus besonderen Gründen nicht mehr zumutbar ist, ist er in die Aufteilung des fiktiven Mietwerts der Wohnung miteinzubeziehen (vgl RS0123488; 3 Ob 164/17i). Dabei ist zu berücksichtigen, dass es durch die Anrechnung der Wohnversorgung nicht zu einer unangemessenen Verkürzung des Geldunterhalts kommen darf, weil dem unterhaltsberechtigten Ehegatten ausreichende Geldmittel zur Verfügung stehen müssen, um seine Bedürfnisse jenseits des Wohnens angemessen befriedigen zu können. Außerdem handelt es sich bei der Ermittlung des Unterhaltsanspruchs nach dem von der Rechtsprechung entwickelten Berechnungsmodell (Prozentsatzmethode) um eine Orientierungshilfe und nicht um eine exakte mathematische Ausmittlung (10 Ob 58/13x). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kommt es aber nicht darauf an, ob der Unterhaltspflichtige wahrscheinlich in die Wohnung zurückkehrt oder dorthin zurückkehren kann. Im Anlassfall kommt noch hinzu, dass der Beklagte bei seiner Berechnung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin (ON 11) seinen „Kopfanteil“ selbst berücksichtigt und dementsprechend nur 25 % des fiktiven Mietwerts abgezogen hat.

3. Aus den dargelegten Grundsätzen folgt, dass der „Kopfanteil“ des Beklagten bei Ermittlung der auf den Unterhalt der Klägerin anzurechnenden Wohnversorgung zu berücksichtigen ist und vom fiktiven Mietwert daher nur ein Viertel als Naturalunterhalt der Klägerin angerechnet werden darf (1.500 EUR : 4 = 375 EUR). Davon ausgehend bemisst sich der Unterhaltsanspruch der Klägerin für Dezember 2017 und Jänner 2018 nach folgender Rechnung:

Von der Unterhaltsbemessungsgrundlage (6.724 EUR) stehen ihr unbestritten 25 % (33 % - 8 %) zu; dies ergibt 1.681 EUR; davon sind als anteilige Wohnversorgung 375 EUR abzuziehen; dies ergibt einen Geldunterhaltsanspruch in Höhe von monatlich 1.306 EUR; abzüglich der Zahlung des Beklagten von 850 EUR verbleibt eine berechtigte Unterhaltsdifferenz von 456 EUR für jeden der beiden Monate. Da die Klägerin dafür nur 900 EUR (2 x 450 EUR) begehrt hat, ist ihr dieser Betrag an rückständigem Unterhalt zuzusprechen.

II. Zum laufenden Unterhalt ab 1. 5. 2018:

4. Die Verpflichtung zur Leistung von noch nicht fälligem (künftigem) Unterhalt ist nach der Rechtsprechung zulässig, wenn die Unterhaltspflicht bereits verletzt wurde oder verletzt zu werden droht (RS0041109; RS0047184). Künftiger Unterhalt kann daher etwa auch dann begehrt werden, wenn der Unterhaltspflichtige mit den Unterhaltsleistungen nicht säumig war, er die Unterhaltspflicht jedoch mit der Behauptung bestreitet, die Ehegattin habe den Unterhaltsanspruch verwirkt (RS0037998), oder wenn er weitere Unterhaltsleistungen in Zweifel zieht oder erklärt, dass er freiwillig bzw ohne Rechtspflicht leiste (10 Ob 58/13x). Außerdem ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass den Unterhaltspflichtigen auch die Verpflichtung trifft, die gesetzlichen Voraussetzungen für einen allfälligen öffentlich-rechtlichen Versorgungsanspruch der unterhaltsberechtigten Ehegattin (zB nach § 258 Abs 4 ASVG oder § 19 PG) zu schaffen (vgl RS0038005). Stützt sich die unterhaltsberechtigte Ehegattin auf einen solchen Versorgungsanspruch, so ist das Rechtsschutzbedürfnis an der Verurteilung des Unterhaltspflichtigen zu den künftig fällig werdenden Unterhaltsleistungen ebenfalls zu bejahen (10 Ob 58/13x).

5. Im Anlassfall hat der Beklagte seine Unterhaltspflicht verletzt. Zudem hat er die von der Klägerin geltend gemachten Unterhaltsforderungen, so auch den Anspruch auf laufenden Unterhalt, jedenfalls der Höhe nach bestritten (vgl 10 Ob 58/13x), diesen nur mit monatlich 468 EUR errechnet sowie sich die Rückforderung der Überzahlungen vorbehalten. Nach Aufnahme der Erwerbstätigkeit durch die Klägerin leistete er die monatlichen Zahlungen in unterschiedlicher Höhe, sodass auch daraus nicht erkennbar ist, ob und gegebenenfalls welchen Betrag der Beklagte als Unterhaltsanspruch „anerkennt“. Aus diesen Gründen kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beklagte die Unterhaltszahlungen in der berechtigten Höhe als Rechtspflicht ansieht, weshalb zumindest mit einer (weiteren) Herabsetzung der Unterhaltszahlungen gerechnet werden muss. Der Klägerin ist schon aus diesen Gründen ein schutzwürdiges Interesse an der Festsetzung ihres Unterhaltsanspruchs auch für die Zukunft zuzubilligen, um sie von der Sorge um ihren laufenden Unterhalt zu befreien (vgl 1 Ob 588/88). Außerdem hat sich die Klägerin auf die Sicherung ihrer Ansprüche aus einer künftigen Witwenpension berufen. Auch aus diesem Grund ist das Begehren auf Schaffung eines gerichtlichen Exekutionstitels für die in Zukunft fällig werdenden Unterhaltsbeträge gerechtfertigt (vgl RS0009555; 10 Ob 58/13x).

6. Es ist somit auch dem Begehren der Klägerin auf laufenden Unterhalt ab 1. 5. 2018 stattzugeben. Dieser Anspruch ergibt sich aus folgender Berechnung:

Vom Familieneinkommen (6.724 EUR + 1.664 EUR = 8.388 EUR) gebühren ihr 32 % (40 % - 8 %) abzüglich des Eigeneinkommens, also 2.684 EUR - 1.664 EUR = 1.020 EUR; davon ist der Anteil an der Wohnversorgung (375 EUR) abzuziehen, sodass sich ein Betrag von monatlich 645 EUR ergibt.

III. Ergebnis:

7. Insgesamt hält die Entscheidung des Berufungsgerichts der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof nicht stand. In Stattgebung der Revision der Klägerin war die Entscheidung des Berufungsgerichts daher entsprechend abzuändern.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 3 ZPO.

Textnummer

E125065

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0040OB00054.19Y.0425.000

Im RIS seit

23.05.2019

Zuletzt aktualisiert am

21.11.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten