Index
62 Arbeitsmarktverwaltung;Norm
AlVG 1977 §36a;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Nowakowski und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der S in W, vertreten durch Dr. Lukas Kozak, Rechtsanwalt in Wien III, Landstraßer Hauptstraße 47-49, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 17. September 1997, Zl. LGS-W Abt. 12/1218/56/1997, betreffend Berichtigung der Bemessung und Rückforderung von Notstandshilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die 1943 geborene Beschwerdeführerin ist Mutter des 1970 geborenen Sohnes Patrick Sch. Ihre 1980 mit Bernhard R. geschlossene Ehe wurde mit Urteil eines französischen Gerichtes vom 4. Juni 1986 geschieden. Dabei wurde Bernhard R. u.a. dazu verurteilt, der Beschwerdeführerin eine monatliche Rente in der Höhe (ab 1. April 1991) von FF 2.000 bis zum Ableben eines der beiden geschiedenen Ehegatten zu bezahlen. Das Urteil enthält auch eine Klausel über die Wertsicherung dieser Rente (Seite 31 ff der Verwaltungsakten).
Im Juli 1995 beantragte die Beschwerdeführerin Arbeitslosengeld. Im Antragsformular gab sie zur Frage nach ihrem "eigenen Einkommen" an, dieses betrage monatlich S 5.000,--. Ihre Angabe zur Art dieses Einkommens bestand darin, dass sie von den im Formular beispielsweise aufgezählten Einkommensarten das Wort "Alimente" (und nicht das daneben stehende Wort "Unterhaltsleistung") unterstrich. Seite 1 des Antrags enthält ergänzende Eintragungen des Prüfers (in roter Schrift) und deren zusätzliche Unterfertigung durch die Beschwerdeführerin. Die ergänzenden Eintragungen betreffen einerseits den Sohn der Beschwerdeführerin und dessen Vater (wobei ein Einkommen des Sohnes nicht aufscheint) und andererseits das Scheidungsurteil (Angabe des Gerichtes und des Datums der Übersetzung vom 15. September 1986 als angebliches Entscheidungsdatum).
Im Jänner 1996 beantragte die Beschwerdeführerin neuerlich Arbeitslosengeld. Im Antrag führte sie diesmal selbst ihren Sohn und dessen Geburtsdatum an, wobei sie die Frage nach einem Einkommen des Sohnes verneinte. Die Frage nach "eigenem Einkommen" bejahte sie, wobei sie die Höhe des Einkommens nun mit S 4.000,-- angab und die Art des Einkommens durch Unterstreichung (wie im Antrag vom Juli 1995) und zusätzliche Eintragung des Wortes "Alimente" in das für die Angabe der Einkommensart vorgesehene Feld bezeichnete. Auch dieser Antrag weist Spuren der Bearbeitung durch den Prüfer auf (in roter Schrift, datiert mit dem bei der Ausgabe des Formulars festgesetzten Abgabetag). Diese Bearbeitung bestand u. a. darin, dass die Beantwortung der Frage nach dem eigenen Einkommen durch Ausstreichung des von der Beschwerdeführerin im Antwortfeld "ja" angebrachten Kreuzes, Ankreuzen des Feldes "nein" und Vermerk der Zahl "0" beim Wort "Alimente" verändert und auf Seite 1 des Formulars beim Sohn der Beschwerdeführerin der Vermerk "Student 4.000,-- Ali v KV" angebracht wurde. Eine gesonderte Unterfertigung dieser Veränderungen durch die Beschwerdeführerin fand nicht statt.
Am 22. Februar 1996 beantragte die Beschwerdeführerin (im Hinblick auf die Erschöpfung ihres Anspruches auf Arbeitslosengeld am 16. März 1996) Notstandshilfe. Im Antragsformular verneinte sie diesmal die Frage nach einem eigenen Einkommen. Auch einen Angehörigen gab sie nicht an. Vom Prüfer wurde (wieder in roter Farbe) die Verneinung eines eigenen Einkommens abgehakt und auf Seite 1 des Antrages eine Bezugnahme auf das Scheidungsurteil (wie im Juli 1995) sowie die Eintragung des Sohnes mit Angabe des Geburtsdatums und des Kindesvaters und dem Zusatz "Unterlagen v. Sohn s. Bl. 18!" angebracht. Diese Angaben wurden (wie im Antrag vom Juli 1995) von der Beschwerdeführerin durch eine zusätzliche Unterschrift auf Seite 1 des Antragsformulars bestätigt. Blatt 18 des Leistungsaktes ist ein Schreiben der Beschwerdeführerin vom 14. Februar 1996, mit dem sie hinsichtlich ihres Sohnes eine Bestätigung über den Bezug der Familienbeihilfe, eine Kopie des Meldezettels und eine Inskriptionsbestätigung übermittelt hatte. Die Notstandshilfe wurde für die gesetzliche Höchstdauer von 52 Wochen gewährt, wobei in ihrem Bezug aber vom 27. September 1996 bis zum 25. Oktober 1996 eine (durch das Ruhen des Anspruchs aufgrund des Bezuges von Krankengeld bedingte) Unterbrechung eintrat.
Am 20. Februar 1997 wurde ein Antragsformular für die neuerliche Beantragung der Notstandshilfe durch die Beschwerdeführerin ausgegeben. Die Abgabe des Antrages und seine Prüfung erfolgten am 25. März 1997. Die Beschwerdeführerin hatte die Frage nach einem eigenen Einkommen nun wieder bejaht, die Höhe des Einkommens mit S 5.000,-- angegeben und seine Art in gleicher Weise wie im Antrag vom Jänner 1996 mit "Alimente" bezeichnet. Den Sohn hatte sie nicht angegeben. Vom Prüfer wurde diesmal das Wort "Alimente" durchgestrichen und durch das Wort "Unterhalt" ersetzt, der Sohn mit dem Vermerk "wohnt nicht bei Partei" eingetragen und zur Angabe der Beschwerdeführerin, sie sei geschieden, der Vermerk "laut Kopie von Scheidungsurt." angebracht.
Am 25. März 1997 wurde - abgesehen von der Aufnahme weiterer Urkunden mit der Beschwerdeführerin in Bezug auf ihren neuen Antrag - mit der Beschwerdeführerin auch eine Niederschrift zum Gegenstand "Unterhaltsleistung" aufgenommen (Akt Seite 30). Die Beschwerdeführerin unterschrieb folgende Aussage: "Ich erhalte momentan 5111,- (je nach Wechselkurs, 2000 Francs) Unterhalt von meinem geschiedenen Gatten!". Hiezu wurde eine Kopie des Scheidungsurteils (Akt Seite 31 bis 37) sowie (möglicherweise erst später) die Kopie eines Kontoauszuges vom 3. März 1997, wonach der Beschwerdeführerin zum 21. Februar 1997 ein Scheck von Bernhard R. über FF 2.498,52 mit öS 5.111,-- gutgeschrieben wurde (Akt Seite 38), zum Akt genommen.
Am 3. April 1997 nahm das Arbeitsmarktservice eine interne Berechnung vor, die von der belangten Behörde in der Gegenschrift dahingehend erläutert wird, sie habe in der monatlichen Anrechnung von S 5.111,-- auf die Notstandshilfe für die Zeiträume vom 17. März 1996 bis zum 26. September 1996 und vom 26. Oktober 1996 bis zum 28. Februar 1997 (umgerechnet auf eine tägliche Anrechnung und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass 1996 ein Schaltjahr gewesen sei) bestanden und eine Berichtigung der Höhe der Notstandshilfe um bestimmte Differenzbeträge ergeben.
Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 10. April 1997 wurde wie folgt entschieden:
"Gemäß § 38 in Verbindung mit § 24 Abs. 2 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977 in der geltenden Fassung, wird der Bezug der Notstandshilfe für den nachstehend angeführten Zeitraum widerrufen bzw. die Bemessung rückwirkend berichtigt und gemäß § 38 in Verbindung mit § 25 Abs. 1 AlVG werden Sie zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe in dem nachstehend angeführten Gesamtbetrag verpflichtet.
RÜCKF.GES.S 53.656.-N.OFFEN
S 53.635.-V.17.3.-26.9.96+V.26.10.96-28.2.97
05650.008 BUNDESSOZIALAMT F. WIEN, NÖ., BGL.
Soferne Sie im Leistungsbezug stehen, wird die Rückforderung von Ihren Ansprüchen einbehalten. Stehen Sie nicht im Leistungsbezug, ist die Rückforderung binnen 14 Tagen auf das oben angeführte Postscheckkonto unter Angabe Ihrer regionalen Geschäftsstelle und Ihrer Sozialversicherungsnummer einzuzahlen."
Die Begründung lautete - abgesehen von einer auszugsweisen Wiedergabe von Gesetzesstellen - wie folgt:
"Das Ermittlungsverfahren hat ergeben:
SIE HABEN DEM ARBEITSMARKTSERVICE VERSICHERUNGSDIENSTE NICHT
GEMELDET, DASS SIE VON IHREM GESCHIEDENEN GATTEN EINE
UNTERHALTSLEISTUNG ERHALTEN. DESWEGEN WURDE IHR
NOTSTANDSHILFEANSPRUCH NEU BERECHNET, WESHALB ES ZU OBIGER
RÜCKFORDERUNG KOMMT."
In ihrer Berufung gegen diesen Bescheid behauptete die Beschwerdeführerin, es sei aktenkundig, dass sie immer angegeben habe, sie erhalte laut Scheidungsurteil monatlich FF 2.000 (indexangepasst) Unterhalt. Offensichtlich liege ein Irrtum eines Mitarbeiters des Arbeitsmarktservice vor.
In einer Eingabe (offenbar vom 14. Juli 1997) ergänzte die Beschwerdeführerin ihr Berufungsvorbringen dahin gehend, dass sie im Zeitraum vom 1. November 1995 bis zum 31. Juli 1996 (neun Monate lang) keine Alimentationszahlungen erhalten und deshalb diese einmal auf einem Antrag nicht angegeben habe. Sie habe dies jedoch der damaligen Sachbearbeiterin mitgeteilt und sei nicht aufgeklärt worden, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe bei einem S 3.740,-- übersteigenden Einkommen ruhe (Akt Seite 90).
Mit dieser Eingabe legte die Beschwerdeführerin u.a. eine Bankbestätigung darüber vor, dass auf ihrem Konto im Zeitraum vom 1. November 1995 bis 31. Juli 1996 "keine Eingänge aus Frankreich" eingelangt seien (Akt Seite 88).
Am 24. Juli 1997 wurde vor der belangten Behörde folgende Niederschrift mit der Beschwerdeführerin aufgenommen:
"Ich habe am Antrag vom 22.2.96 die Unterhaltsleistung nicht angegeben, da ich in der Zeit vom 1.11.95 bis 31.7.96 keinen Unterhalt von meinem Ex-Mann erhielt. Ich dachte immer Alimente und Unterhalt ist das Gleiche. Der Unterschied war mir nicht bewußt. In den Anträgen (außer 22.2.96) habe ich immer angegeben Alimente zu erhalten, deshalb war mir auch nicht bewußt, daß ich zuviel Geld erhalte, da ich alles ordnungsgemäß gemeldet habe. Mir hat auch die Sachbearbeiterin nicht gesagt, daß ich sofort melden muß, wenn ich die Nachzahlung erhalte. Es wurde mir jetzt erst der Unterschied zwischen Alimenten und Unterhalt erklärt."
Weitere Hinweise auf eine "Nachzahlung" (und nicht nur die Wiederaufnahme der Zahlungen) durch den geschiedenen Ehegatten der Beschwerdeführerin sind dem Akt nicht entnehmbar.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Der Spruch des angefochtenen Bescheides lautet wie folgt:
"Über Ihre Berufung vom 15.4.97 gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Versicherungsdienste vom 10.4.97 betreffend Widerruf der Zuerkennung der Notstandshilfe vom 17.3.96 bis 26.9.96 und vom 26.10.96 bis 28.2.97 gemäß § 24 Abs. 2 und Differenzrückforderung des unberechtigt Empfangenen in Höhe von S 53.635,-- gemäß § 25 Abs. 1 in Verbindung mit § 38 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (BGBl. Nr. 609/1977 - AlVG) in geltender Fassung hat die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien durch den gemäß § 56 Abs. 3 und 4 in Verbindung mit § 59 AlVG zuständigen Ausschuß mit Beschluß entschieden:
Ihrer Berufung wird keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt."
Die Begründung enthält eine auszugsweise Wiedergabe von Rechtsvorschriften, die Wiederholung der schon im Spruch enthaltenen Behauptung, die Notstandshilfe sei mit dem erstinstanzlichen Bescheid für die angeführten Zeiträume "widerrufen" worden, eine Darstellung des Vorbringens der Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren und darüber hinaus folgende Ausführungen:
"Im Berufungsverfahren wurde folgendes festgestellt:
In den Anträgen vom 3.7.95 und vom 15.1.96 gaben Sie immer Alimentationszahlungen an. Am 22.2.96 haben Sie weder Alimentationszahlungen noch Unterhalt angegeben.
Erst am 25.3.97 gaben Sie beim Arbeitsmarktservice Versicherungsdienste niederschriftlich bekannt, daß Sie monatlich eine Unterhaltszahlung von S 5.111,-- erhalten und Sie legten auch das Scheidungsurteil vor.
Aufgrund der Tatsache, daß Sie die Meldung über die Unterhaltszahlung erst am 25.3.97 niederschriftlich bekanntgegeben haben wurde entschieden, daß die Rückforderung zu Recht besteht und der erstinstanzliche Bescheid zu bestätigen ist. Weiters wurde festgestellt, daß Ihnen der Unterschied zwischen einer Alimentationszahlung und einer Unterhaltsleistung schon bekannt sein müßte.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Gemäß § 24 Abs. 2 in Verbindung mit § 38 AlVG ist die Zuerkennung der Notstandshilfe "zu widerrufen oder die Bemessung rückwirkend zu berichtigen", wenn sich "die Zuerkennung oder die Bemessung" der Notstandshilfe "nachträglich als gesetzlich nicht begründet herausstellt".
Gemäß § 25 Abs. 1 erster Satz in Verbindung mit § 38 AlVG ist der Empfänger der Notstandshilfe u.a. bei "Widerruf oder Berichtigung" einer Leistung "zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte".
Für die Frage, ob und in welcher Höhe der Beschwerdeführerin die Notstandshilfe trotz der von ihrem geschiedenen Ehegatten entrichteten Unterhaltsbeträge gebühren konnte, sind vor allem folgende Vorschriften maßgeblich:
Gemäß § 33 Abs. 2 AlVG ist Voraussetzung für die Gewährung der Notstandshilfe u.a., dass sich der Arbeitslose in Notlage befindet. Gemäß § 33 Abs. 3 AlVG liegt Notlage vor, wenn dem Arbeitslosen die Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse unmöglich ist.
Die "näheren" Voraussetzungen "im Sinne des § 33 Abs. 4" (gemeint seit der Novelle BGBl. Nr. 416/1992: § 33 Abs. 3) AlVG, unter denen Notlage als gegeben anzusehen ist, sind gemäß § 36 Abs. 2 AlVG in den nach dem ersten Absatz dieser Bestimmung zu erlassenden Richtlinien festzulegen.
Gemäß § 2 der aufgrund dieser Bestimmung erlassenen Notstandshilfeverordnung BGBl. Nr. 352/1973, in der hier zeitraumbezogen maßgebenden Fassung der Verordnung BGBl. Nr. 388/1989, liegt Notlage vor, wenn das Einkommen des (der) Arbeitslosen und das seines Ehepartners (Lebensgefährten bzw. seiner Lebensgefährtin) zur Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse des (der) Arbeitslosen nicht ausreicht (§ 2 Abs. 1 NH-VO). Bei der Beurteilung der Notlage sind die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des (der) Arbeitslosen selbst sowie des mit dem Arbeitslosen (der Arbeitslosen) im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehepartners (Lebensgefährten bzw. der Lebensgefährtin) zu berücksichtigen. Durch eine vorübergehende Abwesenheit (Kur-, Krankenhausaufenthalt, Arbeitsverrichtung an einem anderen Ort u. ä.) wird der gemeinsame Haushalt nicht aufgelöst. Gleiches gilt, wenn der (die) Arbeitslose die Hausgemeinschaft mit dem Ehepartner (Lebensgefährte bzw. der Lebensgefährtin) nur deshalb aufgegeben hat oder ihr ferngeblieben ist, um der Anrechnung des Einkommens "zu entgehen" (§ 2 Abs. 2 NH-VO).
§ 5 NH-VO (in den hier anzuwendenden Fassungen der Verordnungen BGBl. Nr. 329/1995 und BGBl. Nr. 240/1996) enthält Einzelheiten darüber, wie bei der Anrechnung von Einkommen des Arbeitslosen vorzugehen ist. In dieser Regelung wird u.a. auch auf Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 7 EStG 1988 Bezug genommen (§ 5 Abs. 3 NH-VO in beiden hier anzuwendenden Fassungen).
Was unter "Einkommen" im Sinne des AlVG zu verstehen ist, ergibt sich aus § 36a AlVG in den zeitraumbezogen anzuwendenden Fassungen der Novellen BGBl. Nr. 297/1995, Nr. 201/1996, Nr. 411/1996 und Nr. 417/1996. Diesen Fassungen der erwähnten Bestimmung ist gemeinsam, dass sie sich u.a. auf die Feststellung des Einkommens für die Anrechnung auf die Notstandshilfe beziehen (§ 36a Abs. 1 AlVG), nach § 36a Abs. 2 AlVG als Einkommen das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 mit - soweit hier wesentlich - den Hinzurechnungen des § 36a Abs. 3 AlVG gilt und nach § 36a Abs. 3 Z. 1 und 2 AlVG dem Einkommen nach § 2 Abs. 2 EStG 1988 bestimmte der steuerfreien Bezüge gemäß § 3 (und die nach § 112 Z. 1) EStG 1988 sowie bestimmte weitere im EStG 1988 genannte Beträge, soweit sie bei der Ermittlung des Einkommens abgezogen wurden, hinzuzurechnen sind. Dieser Regelung liegt eine Gesetzesänderung zugrunde, die in den Materialien zum Strukturanpassungsgesetz, BGBl. Nr. 297/1995, im Wesentlichen damit erklärt wurde, es solle "in Hinkunft der strengere Einkommensbegriff nach dem Studienförderungsgesetz gelten" (134 BlgNR 19. GP 78).
Im vorliegenden Fall teilt der Verwaltungsgerichtshof zunächst die Kritik der Beschwerdeführerin an dem - der Art nach wohl auf die Rückforderungsvoraussetzungen des § 25 Abs. 1 AlVG abstellenden - Begründungselement im Bescheid der belangten Behörde, es sei "festgestellt" worden, dass der Beschwerdeführerin "der Unterschied zwischen einer Alimentationszahlung und einer Unterhaltsleistung schon bekannt sein müßte". Diesem Begründungselement steht nicht nur entgegen, dass die erwähnten Begriffe sich in ihrem Inhalt nicht unterscheiden und die belangte Behörde sich wohl nur auf die umgangssprachliche Gewohnheit beziehen kann, den Begriff der "Alimente" (nicht: "Alimentationszahlung") auf Unterhaltszahlungen für Kinder anzuwenden; die Hervorhebung des vermeintlichen Unterschiedes trägt zur Begründung auch deshalb nichts bei, weil der angefochtene Bescheid sich ausschließlich auf Zeiträume bezieht, für die die Beschwerdeführerin auch keine "Alimente" angegeben hatte. Im gegenteiligen Fall hätte die belangte Behörde aber wohl auch zu prüfen gehabt, wie es zu den vom Prüfer vorgenommenen Korrekturen im Antrag vom Jänner 1996 gekommen war.
Einer näheren Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Rückforderung des von der belangten Behörde angenommenen Überbezuges einer Überprüfung standhielte, bedarf es nicht, weil der angefochtene Bescheid schon hinsichtlich der Berichtigung der Bemessung der Leistung nicht Bestand haben kann:
Die Beschwerdeführerin macht in dieser Hinsicht geltend, die vorgenommene Einkommensanrechnung sei nicht nachvollziehbar, weil dem Bescheid nicht entnehmbar sei, welche Beträge im Einzelnen angerechnet worden seien. Diese Kritik ist schon unter dem Gesichtspunkt berechtigt, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid behauptet, einen "Widerruf der Zuerkennung der Notstandshilfe" zu bestätigen, und damit gerade diejenige der im erstinstanzlichen Bescheid nicht unterschiedenen Sanktionen ("widerrufen bzw. die Bemessung rückwirkend berichtigt") für den Inhalt ihrer Entscheidung zu halten scheint, um die es sich - nach dem Inhalt des Berechnungsblattes und den nunmehrigen Ausführungen der belangten Behörde in der Gegenschrift - im erstinstanzlichen Bescheid offenbar nicht handeln sollte. Danach wurde der Beschwerdeführerin nämlich, was die belangte Behörde in der Gegenschrift als "im Bescheid nachvollziehbar" bezeichnet, monatlich ein Betrag von S 5.111,-- auf die (jeweils höhere) Leistung angerechnet.
Diese unterschiedslose Anrechnung hatte in der Aussage der Beschwerdeführerin in der Niederschrift vom 25. März 1997, sie erhalte "momentan 5111,- (je nach Wechselkurs, 2000 Francs)", von Anfang an keine taugliche Grundlage. Im Berufungsverfahren hatte die Beschwerdeführerin aber auch ausdrücklich geltend gemacht, sie habe während eines erheblichen Teils des verfahrensgegenständlichen Zeitraumes überhaupt keine Unterhaltsleistungen erhalten. Dieses Vorbringen ist in der Darstellung des Verfahrensganges im angefochtenen Bescheid - ohne Erwähnung des Umstandes, dass die Beschwerdeführerin über das Ausbleiben der Überweisungen auch eine Bankbestätigung vorgelegt hatte - auch wiedergegeben. In der Würdigung der Verfahrensergebnisse durch die belangte Behörde wird darauf aber nicht Bezug genommen, woran die Beschwerdeführerin mit Recht Anstoß nimmt.
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich aus Anlass des vorliegenden Falles aber auch genötigt, sich mit der von der belangten Behörde als selbstverständlich vorausgesetzten und in der Beschwerde nicht gezielt bestrittenen Annahme auseinanderzusetzen, die tatsächlich geleisteten Unterhaltszahlungen des geschiedenen Ehegatten der Beschwerdeführerin seien auf die Notstandshilfe anzurechnen. Diese teleologisch naheliegende Annahme trifft seit dem Strukturanpassungsgesetz, BGBl. Nr. 297/1995, nicht mehr zu, weil der Gesetzgeber den "strengeren Einkommensbegriff nach dem Studienförderungsgesetz" übernommen hat und § 36a AlVG nun eine Legaldefinition des "Einkommens im Sinne dieses Bundesgesetzes" enthält, die "das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988" für maßgeblich erklärt. Diese Verweisung wird - wie im StudFG - durch ein System u.a. von Hinzurechnungen ergänzt, aus denen sich ergibt, dass mit dem "Einkommen nach § 2 Abs. 2 EStG 1988" (so der Einleitungssatz des § 36a Abs. 3 AlVG) nur das steuerpflichtige Einkommen gemeint ist (vgl. dazu etwa Quantschnigg/Schuch, ESt-HB, § 3, Tz 4). Die Hinzurechnungen weichen in § 36a Abs. 3 Z. 1 AlVG hinsichtlich der steuerfreien Bezüge nach § 3 EStG 1988 von den in § 9 Z. 1 StudFG vorgesehenen zum Teil ab, stimmen in § 36a Abs. 3 Z. 2 AlVG (abgesehen von der späteren Einfügung des § 10a EStG 1988) mit § 9 Z. 2 StudFG aber wörtlich überein, wobei die Hinzurechnung wiederkehrender Bezüge im Sinne des § 29 Z. 1 zweiter Satz EStG 1988, zu denen aus familienrechtlichen Pflichten entspringende Unterhaltszahlungen gehören, nicht vorgesehen ist.
Im System des StudFG entspricht dem die nicht durch Hinzurechnung zum "Einkommen" im Sinne des StudFG, sondern gesondert mit Hilfe des zuvor ermittelten Einkommens als eine der Berechnungsgrößen vorgesehene Berücksichtigung von Unterhalt (allerdings nur der Eltern und des Ehegatten; vgl. dazu §§ 30 bis 32 in Verbindung mit §§ 8 bis 10 StudFG). Mit der Nutzbarmachung des "strengeren" Einkommensbegriffes nach dem StudFG für die Zwecke des AlVG (und des Strukturanpassungsgesetzes 1995) in der derzeit in § 36a AlVG vorgesehenen Form hat der Gesetzgeber aus dem StudFG aber auch die Besonderheit, dass Bezüge im Sinne des § 29 Z. 1 zweiter Satz EStG 1988 nicht das Einkommen erhöhen, für den Bereich des AlVG übernommen. Die Legaldefinition des "Einkommens im Sinne dieses Bundesgesetzes" in § 36a AlVG ist u.a. bei der Anwendung der Notstandshilfeverordnung zu beachten, wobei die ausdrückliche gesetzliche Regelung der Frage, was "für die Anrechnung auf die Notstandshilfe" als "Einkommen" zu berücksichtigen ist, in diesem Punkt auch kein Ausweichen auf den Generaltatbestand der "gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse" des Arbeitslosen zulässt. Die Anrechnung der Unterhaltszahlungen findet im Gesetz in der hier anzuwendenden Fassung daher keine Grundlage.
Der angefochtene Bescheid war aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 16. März 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997080554.X00Im RIS seit
21.02.2002