Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Andreas Mörk (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Nicolai Wohlmuth (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A***** D*****, vertreten durch Knirsch-Braun-Fellner Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei H***** Ges.m.b.H., *****, vertreten durch Schneider Rechtsanwalts KG in Wien, wegen Feststellung (Interesse 21.800 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. August 2018, GZ 9 Ra 54/18d-18, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 2 ASGG, § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Das Vorliegen der Voraussetzungen für eine gerechtfertigte vorzeitige Auflösung des Dienstverhältnisses kann immer nur aufgrund der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Dies begründet regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO, soweit nicht ein grober Auslegungsfehler aus dem Grund der Rechtssicherheit zu korrigieren ist (RIS-Justiz RS0106298; RS0105955 [T3]; RS0103201 [T1]).
Die Vorinstanzen haben die Entlassung des Klägers, der als Produktmanager in einem Großhandelsunternehmen angestellt war, wegen grober telefonischer Beschimpfung eines Kunden („Geh scheißen, du Oasch“) und beharrlichen Leugnens dieses Vorfalls gegenüber dem Geschäftsführer, als gerechtfertigt angesehen.
Die außerordentliche Revision des Klägers argumentiert, in § 27 Z 6 AngG sei der Entlassungsgrund der Ehrverletzung gegenüber dem Dienstgeber, dessen Angehörigen und den Mitbediensteten eigens geregelt, und möchte daraus den Umkehrschluss gezogen haben, dass Ehrverletzungen gegenüber anderen Personen, insbesondere Kunden des Dienstgebers, eine Entlassung nicht rechtfertigen könnten.
Damit wird jedoch keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt.
Beim Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit kommt es ganz allgemein darauf an, ob ein Fehlverhalten des Dienstnehmers als so schwerwiegend angesehen werden muss, dass vom Standpunkt vernünftigen kaufmännischen Ermessens für den Dienstgeber die objektiv gerechtfertigte Befürchtung besteht, dass seine Interessen und Belange durch den Angestellten gefährdet sind (Pfeil in Neumayr/Reissner ZellKomm³, § 27 AngG Rz 21). Wenn die Vorinstanzen diese Voraussetzungen hier bejaht haben, zumal dem Kläger nicht nur die grobe Beschimpfung eines Kunden, sondern auch das wahrheitswidrige Abstreiten des Vorfalls anzulasten war, haben sie den ihnen bei ihrer Beurteilung offen stehenden Ermessensspielraum nicht überschritten.
Textnummer
E125077European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2019:008OBA00067.18P.0429.000Im RIS seit
23.05.2019Zuletzt aktualisiert am
22.08.2019