TE Lvwg Erkenntnis 2019/4/9 LVwG-S-2729/001-2018

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.04.2019
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Entscheidungsdatum

09.04.2019

Norm

StVO 1960 §5 Abs1
StVO 1960 §5 Abs5
StVO 1960 §5 Abs9
StVO 1960 §5 Abs10

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch die Richterin
HR Mag. Parich-Gabler über die Beschwerde des A, vertreten durch

B, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 21.11.2018, Zl. ***, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

2.   Das Verwaltungsstrafverfahren wird gemäß § 45 Abs 1 Z 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) eingestellt.

3.   Eine Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1.   Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

Mit Straferkenntnis vom 21.11.2018, Zl. ***, erkannte die Bezirkshauptmannschaft Baden den nunmehrigen Beschwerdeführer der Übertretung des § 5 Abs 1 iVm 99 Abs 1b StVO für schuldig und verhängte über ihn gemäß § 99 Abs 1b StVO eine Geldstrafe in der Höhe von 800 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 168 Stunden). Es wurde dem Beschwerdeführer angelastet, er habe am 07.07.2018, um 22:15 Uhr, das zweirädrige Kleinkraftrad mit dem Kennzeichen *** in ***, auf der Landesstraße ***, ***, Fahrtrichtung stadtauswärts in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand gelenkt.


Die Verwaltungsbehörde stützte ihre Entscheidung im Wesentlichen auf das durch den Polizeiarzt C erstellte Abschlussgutachten, wonach bei der klinischen Untersuchung am 07.07.2018 eindeutig eine Beeinträchtigung zum Zeitpunkt des Lenkens durch Suchtgift und Übermüdung gegeben gewesen sei, sei dies durch die klinischen Symptome nachvollziehbar. Die Blutuntersuchung, bei der eine THC-COOH-Konzentration nachgewiesen worden sei (THC-COOH sei ein Abbauprodukt von THC), bestätige dieses Gutachten, da vom Zeitpunkt des Lenkens bis zur Blutabnahme 61 Minuten vergangen seien, somit wirksames THC in unwirksames THC-COOH abgebaut worden sei. Es sei somit mit sehr großer Wahrscheinlichkeit eine Beeinträchtigung während des Lenkens vorhanden gewesen. Es gebe keine wissenschaftlich belegten Abbauzeiten von THC in THC-COOH. Entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei ein wesentliches Beweisergebnis für die Annahme einer Beeinträchtigung durch Suchtgift nach geltender Rechtslage das Ergebnis der klinischen Untersuchung durch den Arzt, die Blutanalyse diene allenfalls der Bestätigung der ärztlichen Feststellungen und Beeinträchtigung durch Suchtgift, weswegen es für die Annahme des Tatbildes gemäß des § 5 Abs 1 StVO genüge, dass die Fahruntüchtigkeit nicht allein auf die Beeinträchtigung durch Suchtgift, sondern noch auf weitere Ursachen zurückzuführen sei. Die Strafbarkeit sei also auch dann gegeben, wenn die konsumierte Suchtgiftmenge für sich allein noch keine Fahruntüchtigkeit bewirke. Es seien sohin die von D in dessen Gutachten getroffenen Feststellungen für das gegenständliche Verfahren obsolet, da sich die Fahruntüchtigkeit sowohl auf die Suchtgifteinnahme als auch die Übermüdung stütze. Der festgestellte THC-Gehalt alleine sei nicht entscheidungsrelevant.

2.   Zum Beschwerdevorbringen:

In seiner rechtzeitig durch seine rechtsfreundliche Vertretung eingebrachte Beschwerde beantragte der Beschwerdeführer die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides und Einstellung des gegen ihn eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens. Der dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tatvorwurf werde ausdrücklich bestritten, sei er zum Tatzeitpunkt nachweislich nicht durch Suchtgift beeinträchtigt gewesen. Dies sei aufgrund des vorliegenden Blutbefundes des Labors E eindeutig belegt. Es hätten in seinem Armvenenblut keine psychoaktiven Substanzen nachgewiesen werden können, weshalb eine Beeinträchtigung durch Suchtgift auszuschließen sei. Aus diesem Grund sei durch den Verweis auf die klinische Untersuchung und das Abschlussgutachten von C nichts gewonnen.

Tatsache sei, dass in seinem Armvenenblut kein aktives THC nachgewiesen

hätte werden können. Eine Beeinträchtigung sei pharmakologisch denkunmöglich, wenn lediglich die inaktive THC-Carbonsäure als Abbauprodukt feststellbar gewesen sei. Die Blutauswertung des Labors von E attestiere, dass zwar der Konsum bestätigt sein möge, jedoch sich kein Hinweis auf einen zeitnahen aktiven Konsum von Cannabisprodukten ergebe. Er habe darüber hinaus aus freien Stücken ein Gutachten von D (G-Labor) eingeholt, welches die Feststellungen im

Abschlussgutachten von C widerlege. C komme in seinem „Gutachten“ zum Schluss, dass sich 61 Minuten nach der klinischen Untersuchung das aktive THC in THC-Carbonsäure umgewandelt haben solle. Diese Feststellung widerspreche sowohl toxikologischen als auch medizinischen Erkenntnissen. D halte in seinem Gutachten ausdrücklich fest, „das Vorhandensein von THC-Carbonsäure in dem am 07.07.2018 um 23:16 Uhr dem A entnommenen Blut ist aus toxikologischer Sicht keine hinreichende Voraussetzung dafür, dass die Aufnahme THC-haltiger Produkte mit der erforderlichen Sicherheit ursächlich für die festgestellte Beeinträchtigung seiner Fahrtüchtigkeit am 07.07.2018 um 22:15 Uhr war.“ Dieser führe weiters aus: „Aufgrund der langsameren Abbaugeschwindigkeit der THC-Carbonsäure im Vergleich zu der des THC, darf daher aus toxikologischer Sicht aus einem – wie hier positiven Blutbefund – auf bloß THC-Carbonsäure nicht geschlossen werden, dass eine Stunde zuvor die THC-Konzentration jedenfalls über der Nachweisgrenze gelegen ist. Derartige Überlegungen mögen in Erwägung gezogen werden, wenn ein viele Stunden umfassendes Zeitfenster zwischen Vorfall und Blutentnahme vorliegt, dies war aber hier nicht der Fall.“ In einem Telefonat zur Gutachtenserörterung habe D festgestellt, dass die niedrige Konzentration an Carbonsäure typisch für die Aufnahme von CBD-Produkten sei. Zumal die Führerscheinentzugs- und Verwaltungsstrafverfahren, auch vom Verkehrsamt in ***, umgehend eingestellt werden, gebe es auch nur ein Judikat zu dieser Thematik. Dies sei das Judikat GZ. ***. In jenem Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich habe der THC-COOH 51 ng/ml betragen, in seinem Fall betrage dieser Wert 3,6 ng/ml. In Deutschland sei im Gegensatz zu Österreich ein Grenzwert von 1 ng aktivem THC etabliert. Bayern habe einen Grenzwert von 2 ng aktivem THC eingeführt. Das deutsche Bundesverfassungsgericht judiziere, dass sich eine rechtsrelevante THC-Wirkung unter 1 ng/ml aktivem THC nicht belegen lasse. In seinem Fall habe überhaupt kein aktives THC festgestellt werden können. Die belangte Behörde begründe das Straferkenntnis, indem sie sich vor allem auf die klinische Untersuchung als Beweismittel berufe. Es sei davon auszugehen, dass sie sich auf das Judikat VwGH vom 02.05.2018, Ra 2018/02/0134, beziehe, wonach das „wesentliche Beweisergebnis für die Annahme einer Beeinträchtigung durch Suchtgift das Ergebnis der klinischen Untersuchung durch den Arzt“ darstelle. Die belangte Behörde übersehe dabei, dass sich der VwGH in diesem Erkenntnis ebenso auf die nachgewiesenen aktiven Substanzen der Cannabinoid-Gruppe berufe. In dieser Rechtsache sei beim Beschwerdeführer im Gegensatz zu seiner Anhaltung aktives THC von über 1 ng/ml im Blut festgestellt worden. Die Feststellung einer Beeinträchtigung durch Suchtgift setze selbstredend auch nach der Rechtsprechung des VwGH voraus, dass sich überhaupt Suchtgift im Blutkreislauf befinde. In seinem Fall habe kein Suchtgift festgestellt werden können. Die Interpretation der belangten Behörde würde dazu führen, dass der Amtsarzt auch dann eine Suchtgiftbeeinträchtigung feststellen könne, wenn im Blut des Betroffenen keine Suchtgiftwirkstoffe nachgewiesen werden könnten. Die in § 5 Abs 10 StVO festgelegte Verpflichtung zur Durchführung einer Blutuntersuchung nach positiver klinischer Untersuchung würde nach dieser Auffassung überflüssig werden. Der Proband hätte keine Möglichkeit, mit negativem Blutbefund zu belegen, dass er nicht durch Suchtgift beeinträchtigt ist, wenn einzig und allein der Amtsarzt darüber zu entscheiden habe. Es könnte nach dieser Auffassung wahllos Personen der Führerschein entzogen werden, die nachweislich vollkommen nüchtern ein Fahrzeug

gelenkt haben, nur weil der Amtsarzt vermeine, eine Beeinträchtigung erkannt

zu haben. Dass das Ergebnis der Blutuntersuchung neben der klinischen Untersuchung Voraussetzung für die Annahme einer Beeinträchtigung darstelle, sei in § 5 Abs 10 StVO unmissverständlich geregelt. Aus eben diesem Grund habe der Gesetzgeber auch die Verweigerung der Blutuntersuchung mit den strengsten Sanktionen belegt. Sämtliche Judikate des Verwaltungsgerichtshofes, die eine Strafbarkeit mit der Feststellung von Suchtgiften und anderen Ursachen, wie Übermüdung, rechtfertigen würden, beziehen sich auf die Feststellung aktiver Wirkstoffe. Bei ihm sei lediglich kaum quantifizierbare inaktive Carbonsäure festgestellt worden. Er habe den Meldungslegern gegenüber angegeben, einen CBD-Joint konsumiert zu haben. Die handelnden Meldungsleger hätten die Substanz

CBD nicht gekannt und seien unzutreffend von dem Konsum eines gewöhnlichen

Cannabisjoints ausgegangen. Der vorliegende Blutbefund beweise eindeutig, dass es sich um einen CBD-Joint gehandelt haben müsse, da andernfalls aktive Wirkstoffe im Blut festgestellt hätten werden müssen. Bei CBD handle es sich zwar um ein Cannabisprodukt, welches allerdings keine Rauschwirkung erzeuge und daher legal in zahlreichen Geschäften erworben werden könne. Die Anhaltung sei erfolgt, ohne dass Fahrauffälligkeiten beobachtet hätten werden können. Wie der Bericht über die Fahrtüchtigkeit belege, hätten sich auch keine drogentypischen Ausfallserscheinungen gefunden. Abgesehen von einer vermeintlich verzögerten Reaktion und einer trägen Pupillenreaktion hätten von den Meldungslegern keine Auffälligkeiten festgestellt werden können. Ohne psychoaktive Wirkstoffe im Blut seien drogeninduzierte körperliche Symptome schlicht denkunmöglich. Wenn der Amtsarzt im Nachtragsgutachten behaupte, dass er trotz Kenntnis des negativen Blutbefundes von einer Beeinträchtigung durch THC ausgehe und die Symptome darauf zurückführe, widerspreche er naturwissenschaftlichen Gesetzen.

Er habe aus den angeführten Gründen keine Verwaltungsübertretung im Sinne des

§ 99 Abs 1b StVO iVm § 5 Abs 1 StVO begangen, sei zum Tatzeitpunkt nicht durch Suchtgift beeinträchtigt gewesen. Das Straferkenntnis leide daher an materieller Rechtswidrigkeit und an formeller Rechtswidrigkeit, da die belangte Behörde weder die Ergebnisse der Blutuntersuchung noch das Gutachten von D gewürdigt habe. Das Straferkenntnis verstoße zudem gegen das verfassungsrechtlich garantierte Willkürverbot. Obwohl das Nichtvorliegen einer Suchtgiftbeeinträchtigung durch Gutachten und Blutbefund objektiviert sei, habe die belangte Behörde das verfahrensgegenständliche Straferkenntnis erlassen. Der Beschwerde wurde das Gutachten des D vom 14.10.2018 beigelegt, wonach aus toxikologischer Sicht das Vorhandensein von THC-Carbonsäure in dem am 07.07.2018 um 23:16 Uhr dem A entnommene Blut keine hinreichende Voraussetzung dafür ist, dass die Aufnahme THC-haltiger Produkte mit der erforderlichen Sicherheit ursächlich für die festgestellte Beeinträchtigung seiner Fahrtüchtigkeit am 07.07.2018 um 22:15 Uhr war. Der Gutachter führt in seinem Gutachten auch aus, dass aufgrund der langsameren Abbaugeschwindigkeit THC-Carbonsäure im Vergleich des THC aus toxikologischer Sicht aus einem positiven Blutbefund auf THC-Carbonsäure nicht geschlossen werden dürfe, dass eine Stunde zuvor die THC-Konzentration jedenfalls über der Nachweisgrenze gelegen ist.

3.   Zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren:

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich ersuchte im Rahmen des Beschwerdeverfahrens den medizinischen Amtssachverständigen F um gutachtliche Äußerung dahingehend, ob aufgrund der vorliegenden Befunde davon ausgegangen werden kann, dass sich der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befunden hat.

Der Amtssachverständige erstattete am 11.03.2019 folgendes Gutachten:

„Amtsärztliches Gutachten

Befund

1.   Fragestellung:

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich ersucht im Verwaltungsstrafverfahren des Herrn A betreffend den Vorwurf, dieser habe ein Kleinkraftrad am 07.07.2018 in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand gelenkt, um gutachtliche Äußerung dahingehend, ob aufgrund der im Akt befindlichen Befunde davon ausgegangen werden kann, dass sich A zum Tatzeitpunkt in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befunden hat.

2.   Sachverhalt:

Am 07.07.2018 wurde Hr. A um 22:15 von der Polizei angehalten. Auf Grund von

Auffälligkeiten im Rahmen der Amtshandlung wurde eine polizeiärztliche Untersuchung veranlasst. Diese ergab eine Beeinträchtigung durch Übermüdung und Suchtgift. Von der untersuchenden Amtsärztin wurde auch Blut abgenommen. Die Analyse der Blutprobe (E, Gutachten vom 22.7.2018) ergab einen Carboxy-TCH Gehalt von 3, 6 ng/ml.

3.   Im vorgelegten Akt vorhandene Befunde:

Gutachten E, 22.7.2018(Auszug):

Carboxy-THC 3,6 ng/ml; THC und 11-OH-THC nicht nachweisbar;

„Wegen der niedrigen Konzentration des inaktiven THC-Metaboliten Carboxy THC erlaubt das analytische Untersuchungsergebnis keinen Hinweis auf einen zeitnahen Konsum von Cannabisprodukten. Das analytische Ergebnis ist mit länger zurückliegendem Konsum oder der Aufnahme geringer Wirkstoffmengen vereinbar.“

Gutachten D, Forensicher Toxikologe, 14.10.2018 (Auszug):

„Es ergeben sich aus der Literatur keine Hinweise, dass THC-Carbonsäure ein die

Fahrtüchtigkeit beeinflussendes Wirkungsprofil aufweist.“

Gutachten:

Hauptabbaumetabolit nach Konsum von Cannabis ist THC.

THC (Tetrahydrocannabinol):

THC wird rasch verstoffwechselt, zunächst entsteht 11-OH TC und in weiterer Folge THC-COOH. Während 11-OH TC noch eine psychotrope Wirkung aufweist zeigt THC-COOH keine diesbezügliche Wirkung mehr.

Nach Konsum einer Haschisch/Marihuana Zigarette steigt der THC Gehalt im Blut

zunächst stark an (über 100 ng/l) um dann in der Folge innerhalb einiger Stunden wieder schnell vollständig abgebaut zu werden. Nach Konsum einer einzigen THC hältigen Zigarette beträgt die Nachweisbarkeit im Serum ca. 6 Stunden (Quelle: Madea, Verkehrsmedizin, Fahreignung, Fahrsicherheit, Unfallrekonstruktion siehe auch Abb. 1). Konsumiert man regelmäßig THC hältige Substanzen so verlängert sich die Nachweisbarkeit im Blut deutlich. Denn bei häufigem Konsum wird THC als Depot im Fettgewebe des Körpers gespeichert. Bei abfallender Konzentration im Blut werden diese Depots im Fettgewebe wieder langsam entleert und gelangen in die Blutbahn (wodurch sich der Blutspiegel wieder erhöht).

Erwiesen ist auch, dass die Konzentrations/Zeitverläufe von Person zu Person schwanken können. Es erfolgt auch keine lineare Elimination wie z.B. bei Alkohol (daher ist auch eine Rückrechnung nicht möglich).

11-OH THC:

Nach einmaligem Konsum einer THC hältigen Zigarette kommt es zu einem raschen

Abbau im Blut, die Nachweisbarkeit wird mit 4-6 h angegeben (Madea, Verkehrsmedizin) Konsumiert man höhere Dosen THC hältiger Produkte oder raucht man regelmäßig, so verlängert sich die Nachweisbarkeit im Blut deutlich.

 

THC-COOH (Carboxy THC):

Das pharmakodynamische Verhalten von THC-COOH wird in der nachfolgenden

Abbildung dargestellt:

[Abweichend vom Original – Bild nicht wiedergegeben]

„…

…“

(Quelle: Madea, „Verkehrsmedizin“).

Man kann dieser Abbildung entnehmen, dass noch ca. 4 h nach Cannabiskonsum die THC-COOH Werte zwischen 20 und 40 ng/ml vorhanden sind (in Abhängigkeit der Konsummenge).

Der inaktive Metabolit THC-COOH bleibt auch längere Zeit im Plasma nachweisbar als die anderen Metaboliten (THC, 11-OH-THC).

Dazu Daten aus der Literatur:

Madea, „Verkehrsmedizin“: Halbwertszeit 25-37 Stunden. Nachweisbarkeitsdauer 2-3

Tage im Blut bei einmaligem Konsum, bei regelmäßigen Konsum bis zu 3 Wochen.

Haffner, „Begutachtungen im Verkehrsrecht“: Plasmaeliminationshalbwertzeiten zwischen 25-55 Stunden bis zu 6,8 Tagen.

Schubert, „Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrzeugseignung“: in Abhängigkeit von

Konsumpraxis und Metabolismus mehrere Tage; bei Dauerkonsum 2-3 Wochen.

 

TCH-COOH wird meistens zur Beurteilung der längerfristigen Konsumgewohnheiten

herangezogen.

So besteht nach einer Richtlinie des Ministeriums für Nordrhein-Westfalen ein

regelmäßiger Konsum, wenn der THC-COOH Wert über 75 ng/ml liegt. Ein erheblicher Konsum (Verdacht auf regelmäßigen Konsum) ist gegeben wenn der Wert zwischen 5 und 75 ng/ml liegt.

Wird ein Wert von kleiner 5 ng/ml. THC-COOH gemessen so besteht entweder ein

einmaliger Konsum oder der Verdacht auf gelegentlichen Konsum (mindestens 2 maliger Cannabiskonsum) bzw. auf ein länger zurückliegendes Ereignis.

Beurteilung:

Im gegenständlichen Fall wurden keine psychoaktiven Stoffwechselprodukte (THC oder 11-Hydroxy-THC) im Blut von Hrn. A nachgewiesen. Nur der nicht psychoaktive Metabolit THC-Carbonsäure (Carboxy THC) war in einer geringen Konzentration nachweisbar.

Folgende Schlüsse können darauf gezogen werden.

-Hr. A hat Cannabis konsumiert.

-Der Konsum von Cannabis muss schon längere Zeit vor der Inbetriebnahme des KFZ erfolgt sein, da nur ein geringer THC-COOH Wert vorhanden war (siehe dazu Abbildung 1 bzw. obige zitierte Daten aus der Literatur) und THC bzw. 11-OH THC nicht mehr nachweisbar waren.

-Es lag kein regelmäßiger Missbrauch in den letzten Tagen/Wochen vor der Blutabnahme vor, denn sonst wäre THC-Carbonsäure in einer höheren Konzentration nachweisbar

(Vergleiche: Richtlinie Nordrhein-Westfalen)

-Eine Beeinträchtigung der Fahreignung zum Tatzeitpunkt von Hrn. A durch die

psychotrope Wirkung von Cannabis ist nicht möglich, da die diesbezüglich wirksamen Abbauprodukte THC und 11-OH THC nicht nachweisbar waren und THC-COOH nicht psychoaktiv wirksam ist (und in niedriger Konzentration vorliegt).“

Das amtsärztliche Gutachten wurde den Parteien des Verfahrens zur Stellungnahme übermittelt, erstatteten diese Stellungnahmen wie folgt:

a)   Stellungnahme der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 14.03.2019:

„Zum ärztlichen Gutachten vom 11.3.2019, zur Zahl LVwG-S-2729-001-2018, erstellt

von F, wird seitens der BH Baden innerhalb offener Frist nachfolgende

Stellungnahme abgegeben:

Im Gutachten wird zwar dargestellt, das eine Beeinträchtigung der Fahreignung zum

Tatzeitpunkt durch die psychotrope Wirkung von Cannabis nicht möglich sei, da die

diesbezüglich wirksamen Abbauprodukte THC und 11-OH TCH nicht nachweisbar

gewesen wäre und THC nicht psychoaktiv wirksam gewesen wäre (und in niedriger

Konzentration vorliege). Gleichzeitig wird jedoch im zweiten Absatz, Seite 4 des

gegenständlichen Gutachtens dargelegt, dass bei einem Wert von kleiner 5 ng/ml

THC-COOH entweder ein einmaliger Konsum oder der Verdacht auf gelegentlichen

Konsum vorliegt. Da der Betroffene im Zuge der Amtshandlung vor den

einschreitenden Polizeiorganen zugegeben hat, einen Joint geraucht zu haben, ging

die Behörde zurecht von einem Konsum von Cannabis aus, wenngleich dieser auch

einmalig gewesen sein könnte, was auch im vorliegenden Gutachten als Möglichkeit

beschrieben wird.

Die Beurteilung des Gutachtens von Herrn F ist daher nicht schlüssig

und nachvollziehbar zu beurteilen, da dieses einerseits in sich widersprüchlich ist.

Zudem geht der Gutachter auf Seite 4 davon aus, dass der Konsum längere Zeit vor

Inbetriebnahme des Kraftfahrzeuges erfolgt sei, wodurch sich das Gutachten auch

mit den Angaben des Beschuldigten widerspricht.

Wie bereits im Straferkenntnis vom 21.11.2018 ausgeführt, ist weiters nicht alleine

der festgestellte THC Wert für gegenständliche Fahrunfähigkeit maßgeblich,

sondern treten im vorliegenden Fall noch zusätzliche Ursachen hinzu, welche zur

Strafbarkeit nach § 5 StVO geführt haben.

Die BH Baden orientiert sich dabei an der Judikatur des VwGH (vgl. VwGH vom

24.10.2016, Ra 2016/02/0133), wonach als wesentliches Beweisergebnis für die

Annahme einer Beeinträchtigung durch Suchtgift nach geltender Rechtslage das

Ergebnis der klinischen Untersuchung durch den Arzt herangezogen wird. Die

Blutanalyse dient allenfalls der Bestätigung der ärztlichen Feststellung einer

Beeinträchtigung durch Suchtgift.

Für die Annahme des Tatbildes des § 5 Abs. 1 StVO genügt es, dass die

Fahruntüchtigkeit nicht allein auf die Beeinträchtigung durch Suchtgift, sondern noch

auf weitere Ursachen (wie etwa Ermüdung, Krankheit, Medikamenteneinnahme)

zurückzuführen ist. Die Strafbarkeit ist also auch dann gegeben, wenn die

konsumierte Suchtgiftmenge für sich alleine noch keine Fahruntüchtigkeit bewirkt

hätte.

Seitens der BH Baden wird daher beantragt, der Beschwerde nicht stattzugeben.“

b)   Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 25.03.2019:

„In umseits bezeichneter Verwaltungsstrafsache erstatte ich in Replik auf die

Stellungnahme der BH Baden zum amtsärztlichen Gutachten vom 14.03.2019

nachstehende

Stellungnahme

und begründe diese wie folgt:

1.

Das Gutachten von F ist schlüssig und nachvollziehbar. Es

gelangt zu völlig identen Schlussfolgerungen wie jenes von D und E.

Eine Beeinträchtigung durch Suchtgift zum Zeitpunkt der Anhaltung hat nicht

vorgelegen. Es konnten keine psychoaktiven Wirkstoffe nachgewiesen

werden.

Die belangte Behörde verkennt, dass selbst ein allfälliger Konsum eines Joints

(in meinem Fall handelt es sich um einen legalen CBD-Joint, der nicht

geeignet ist eine Beeinträchtigung auszulösen) keine taugliche

Rechtsgrundlage für das Straferkenntnis darstellt.

 

Es ist auch unerheblich, wann konkret ein allfälliger Konsum stattgefunden

hat. Entscheides Kriterium ist einzig und allein er Umstand, ob sich

psychoaktive Wirkstoffe im Blut befunden haben. Sämtliche der Behörde

vorliegenden Gutachten gelangen zum übereinstimmenden Ergebnis, dass

eine psychoaktive Wirkung pharmakologisch nicht vorgelegen haben kann.

 

Aus Sicht des Beschwerdeführers ist es unerträglich, dass die belangte

Behörde trotz Vorliegens von mittlerweile drei (!) Gutachten, die allesamt eine Beeinträchtigung durch Suchtgift ausschließen, mit allen Mitteln versucht die

Strafbarkeit mit einer geradezu grotesken Argumentation zu rechtfertigen.

 

Es steht fest, dass eine Beeinträchtigung durch Suchtgift auszuschließen ist.

Insofern liegt ein evidenter Verstoß gegen das Willkürverbot der staatlichen

Verwaltung vor, wenn die belangte Behörde dennoch an einer Bestrafung

festhält und naturwissenschaftliche Gesetze ignoriert.

 

2.

Der belangten Behörde ist zwar insofern beizupflichten, als neben dem

festgestellten THC-Wert auch noch zusätzliche Ursachen die

Fahruntauglichkeit bewirkt haben können. Bei der zitierten Jud des VwGH

waren aber stets aktive THC-Werte verfahrensgegenständlich.

 

In meinem Fall konnte kein aktives (psychoaktives) THC festgestellt werden.

Die belangte Behörde zitiert daher die Rsp in nicht korrekter Art und Weise.

Es ist anhand der Blutuntersuchung auszuschließen, dass auch nur eine

geringfügige Beeinträchtigung durch Suchtgift vorgelegen haben kann.

Möglicherweise verwechselte der begutachtende Amtsarzt Symptome einer

Übermüdung mit jener von THC.

 

Würde man der irrigen Rechtsansicht der belangten Behörde folgen, wäre ein

Entzug der Lenkberechtigung zulässig, selbst wenn der Beschwerdeführer mit

einer Blutanalyse bestätigt, dass er zum Zeitpunkt der Anhaltung vollkommen

nüchtern gewesen war.

Während Deutschland und die Schweiz erst ab 2 bzw. 3ng aktivem THC von

einer rechtsrelevanten Beeinträchtigung ausgehen, versucht die belangte

Behörde eine Beeinträchtigung zu konstruieren, die naturwissenschaftlich

nicht erklärbar ist.

Das Gutachten von F hält fest, dass eine Beeinträchtigung der

Fahreignung zum Tatzeitpunkt nicht möglich war.

 

Es steht daher fest, dass nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren

nötigen Sicherheit nicht nachgewiesen werden kann, dass ich die mir zur Last

gelegte Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 iVm § 99 Abs. 1b StVO

begangen habe.

Ich halte daher aufrecht den

ANTRAG

 

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich möge der Beschwerde

stattgeben und den angefochtenen Bescheid der BH Baden vom 21.11.2018,

GZ: *** ersatzlos wegen Rechtswidrigkeit beheben.“

Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens legt das erkennende Gericht nachstehenden Sachverhalt seiner Entscheidung als erwiesen zu Grunde:

4.   Feststellungen:

Der Beschwerdeführer lenkte das zweirädrige Kleinkraftrad mit dem Kennzeichen

*** der Marke Generic am 07.07.2018 auf der *** im Gemeindegebiet ***, stadtauswärts. Er wurde im Zuge eines Planquadrats um 22:15 Uhr auf Höhe *** von Polizisten der Polizeiinspektion *** angehalten und einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle unterzogen. Der an Ort und Stelle durchgeführte Alkovortest ergab ein Messergebnis von 0,00 mg/l. Zumal im Zuge der Anhaltung durch die Beamten Symptome einer Beeinträchtigung festgestellt wurden (lichtstarre Pupillen, gerötete Augenbindehäute, verlangsamte Reaktion) und der Alkovortest negativ verlief, wurde der Lenker zur Durchführung einer Urin- bzw. Blutabnahme sowie zur amtsärztlichen Untersuchung in die Polizeiinspektion *** verbracht. Die Urinuntersuchung war nicht möglich, da trotz langer Wartezeit seitens des Angehaltenen zu wenig Urin abgegeben wurde. Bei der durch den Polizeiarzt, C, durchgeführten Untersuchung, an welcher der Beschwerdeführer mitwirkte, stellte C trockene Schleimhäute, gerötete und wässrige glänzende Augen, eine träge Pupillenreaktion fest. Beim Ein-Bein-Stehtest stellte er fest, dass der Beschwerdeführer unsicher war, beim Balancieren schwankte, den Fuß rasch abstellte. Beim Finger-Finger-Test stellte er fest, dass dieser zittrig und hektisch war und beim Finger-Nase-Test stellte er fest, dass der Proband die Nase nicht traf. Er stellte des Weiteren ein Zittern des Körpers und der Augenlieder, ein benommenes Bewusstsein, eine Desorientiertheit, eine verminderte Konzentration und eine gestörte Aufmerksamkeit fest. Aufgrund dieser Auffälligkeiten, welche aus seiner Sicht den Verdacht einer Beeinträchtigung durch Suchtmittel ergaben und des Umstandes, dass der Untersuchte gegenüber den Polizisten angegeben hatte, dass er am Abend einen Joint geraucht habe, kam der Polizeiarzt zu dem Urteil, dass der Beschwerdeführer aufgrund einer Beeinträchtigung durch Übermüdung und Suchtgift fahruntauglich sei. Aufgrund dieses Untersuchungsergebnisses wurde dem Beschwerdeführer um 23:16 Uhr Blut abgenommen und dieses von der H GmbH durch E untersucht. Das Gutachten des E ergab, dass in der vom 07.07.2018 stammenden Serumprobe von Herrn A mittels kombinierter Chromatographie-Tandem-Massenspektrometrie der Wirkstoff Carboxy THC in einer Konzentration von 3,6 ng/ml nachgewiesen werden konnte. Wegen dieser niedrigen Konzentration des inaktiven THC-Metaboliten Carboxy-THC erlaubt das analytische Untersuchungsergebnis keinen Hinweis auf einen zeitnahen Konsum von aktiven Cannabisprodukten. Das analytische Ergebnis ist mit länger zurückliegendem Konsum oder der Aufnahme geringer Wirkstoffmengen vereinbar.

THC wurde im Blut des Beschwerdeführers nicht festgestellt. Lediglich das pharmakologisch inaktive Stoffwechselprodukt THC-COOH (Carboxy-THC) wurde in der niedrigen Konzentration von 3,6 ng/ml festgestellt. Daraus ergibt sich, dass der Konsum von THC (Cannabiswirkstoff) bestätigt ist, jedoch kein zeitnaher aktiver Konsum vorliegt. Der seitens des Gerichtes bestellte medizinische Amtssachverständige F führte in seinem amtsärztlichen Gutachten vom 11.03.2019 aus, dass keine psychoaktiven Stoffwechselprodukte THC oder 11-Hydroxy-THC im Blut des Beschwerdeführers nachgewiesen wurden. Nur der nicht psychoaktive Metabolit THC-Carbonsäure (Carboxy-THC) war in einer geringen Konzentration nachweisbar. Daraus kann man schließen, dass der Beschwerdeführer Cannabis konsumiert hat, dieser Konsum jedoch schon längere Zeit vor der Inbetriebnahme des KFZ erfolgt sein muss, da nur ein geringer THC-COOH-Wert vorhanden war und THC bzw. 11-OH-THC nicht mehr nachweisbar waren, sowie, dass kein regelmäßiger Missbrauch in den letzten Tagen/Wochen vor der Blutabnahme vorlag, sonst wäre THC-Carbonsäure in einer höheren Konzentration nachweisbar. Eine Beeinträchtigung der Fahreignung zum Tatzeitpunkt durch die psychotrope Wirkung von Cannabis zum Tatzeitpunkt ist nicht möglich, da die diesbezüglich wirksamen Abbauprodukte THC und 11-OH-THC nicht nachweisbar waren und THC-COOH nicht psychoaktiv wirksam ist und darüber hinaus in niedriger Konzentration vorlag.

5.   Beweiswürdigung:

Die für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Feststellungen ergeben sich in schlüssiger Weise aus dem vorgelegten Akt der belangten Behörde, insbesondere dem Gutachten über die Blutuntersuchung des E, sowie dem Gutachten des medizinischen Amtssachverständigen F. Beide Gutachter kamen zum Ergebnis, dass THC-Carbonsäure nicht psychoaktiv wirkt, sohin die Fahrtüchtigkeit nicht beeinflusst. Auch D kommt in seinem Gutachten zu diesem Ergebnis.


Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erachtet diese Gutachten als schlüssig und nachvollziehbar.

Die belangte Behörde ist diesen fachlich fundierten Feststellungen nicht auf annähernd gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Die im Abschlussgutachten des Polizeiarztes C ausgeführte These, dass sich das wirksame THC innerhalb von 61 Minuten in unwirksames THC-COOH abbaut, es keine wissenschaftlich belegten Abbauzeiten von THC-COOH gebe, aus diesem Grund es auch möglich sei, nach 61 Minuten kein wirksames THC mehr im Blut zu haben, ist durch das Gutachten des medizinischen Amtssachverständigen F widerlegt, wonach nach dem Konsum einer einzigen THC-hältigen Zigarette die Nachweisbarkeit im Serum ca. 6 Stunden (Quelle: Madea) betrage, die Nachweisbarkeit des Abbauproduktes 11-OH-TC, das noch eine psychotrope Wirkung aufweist, mit 6 Stunden angegeben wird. Ca. 4 Stunden nach Cannabiskonsum sind noch THC-COOH-Werte zwischen 20 und 40 ng/ml vorhanden. Die Ausführungen des Amtsarztes C stehen sohin zu den schlüssigen Ausführungen des medizinischen Amtssachverständigen

F im Widerspruch. Es ist den Ausführungen des C, die offensichtlich auf wissenschaftlich nicht belegbaren Annahmen beruhen, nicht zu folgen.

6.   Rechtlich wurde seitens des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich wie folgt erwogen:

Wer sich in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, darf gemäß

§ 5 Abs 1 StVO ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen.

Gemäß § 99 Abs 1b StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 800 Euro bis 3.700 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe von ein bis sechs Wochen zu bestrafen, wer in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt.

§ 5 Abs 5 StVO:

„Die Organe der Straßenaufsicht sind [...] berechtigt, Personen, von denen

vermutet werden kann, dass sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten

Zustand befinden, zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung

durch Alkohol zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden, bei einer

Landespolizeidirektion tätigen, bei einer öffentlichen Krankenanstalt

diensthabenden oder im Sinne des § 5a Abs. 4 ausgebildeten und von der

Landesregierung hierzu ermächtigten Arzt zu bringen, sofern eine Untersuchung

gemäß Abs. 2

1. keinen den gesetzlichen Grenzwert gemäß Abs. 1 erreichenden

Alkoholgehalt ergeben hat oder

2. aus in der Person des Probanden gelegenen Gründen nicht möglich war.

Wer zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol

zu einem Arzt gebracht wird, hat sich einer Untersuchung durch diesen zu unterziehen; die genannten Ärzte sind verpflichtet, die Untersuchung

durchzuführen.“

Die Bestimmungen des Abs. 5 gelten gemäß § 5 Abs. 9 StVO auch für Personen,

von denen vermutet werden kann, dass sie sich in einem durch Suchtgift

beeinträchtigten Zustand befinden; wer zum Arzt gebracht wird, hat sich der

Untersuchung zu unterziehen. Die in Abs. 5 leg.cit. genannten Ärzte sind verpflichtet, die Untersuchung durchzuführen.

Der als Verfassungsbestimmung konzipierte § 5 Abs. 10 StVO normiert, dass an

Personen, die gemäß Abs. 9 zu einem Arzt gebracht werden, nach Feststellung

einer Beeinträchtigung, die auf eine Suchtgifteinnahme schließen lässt, eine

Blutabnahme vorzunehmen ist. Die Betroffenen haben die Blutabnahme

vornehmen zu lassen.

Gemäß § 99 Abs. 1b StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer

Geldstrafe von 800 Euro bis 3.700 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit

Freiheitsstrafe von einer bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer in einem durch

Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb

nimmt.

Wesentliches Beweisergebnis für die Annahme einer Beeinträchtigung

durch Suchtgift ist nach geltender Rechtlage das Ergebnis der klinischen

Untersuchung durch den Arzt. Die nachfolgende Blutanalyse dient allenfalls der

Bestätigung der ärztlichen Feststellung einer Beeinträchtigung durch Suchtgift.

Wird aufgrund dieser Maßnahmen eine Beeinträchtigung durch Suchtgift, die zur

Fahruntüchtigkeit führt, festgestellt, stellt das Lenken oder Inbetriebnehmen eines

Fahrzeuges einen Verstoß gegen § 5 Abs. 1 StVO dar (VwGH 24. Oktober 2016,

Ra 2016/02/0133).

Für die Annahme des Tatbildes des § 5 Abs. 1 StVO genügt es daher, wenn die

Fahruntüchtigkeit nicht allein auf die Beeinträchtigung durch Suchtgift zurückzuführen ist. Die Strafbarkeit ist also bereits dann gegeben, wenn die konsumierte Suchtgiftmenge für sich alleine noch keine Fahruntauglichkeit bewirkt hätte.

Dem Beschwerdeführer wurde im Rahmen der klinischen Untersuchung durch den Polizeiarzt C eine Fahruntauglichkeit aufgrund von Übermüdung und Suchtgiftbeeinträchtigung attestiert. Bei diesem Arzt handelt es sich um einen im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arzt im Sinne des

§ 5 Abs 5 StVO, der zur Durchführung solcher Untersuchungen befugt ist.

Durch die vorgenommene Blutanalyse des Analyseinstitut H GmbH, E, wurde im verfahrensgegenständlichen Fall die ärztliche Feststellung der Suchtgiftbeeinträchtigung jedoch nicht bestätigt, es wurde kein psychoaktiver Suchtgiftgehalt im Blut des Beschwerdeführers festgestellt, sondern festgestellt, dass sich in dem Blut des Herrn A zum Tatzeitpunkt eine niedrige Konzentration des inaktiven THC-Metaboliten Carboxy-THC befand, was keinen Hinweis auf einen zeitnahen aktiven Konsum von Cannabisprodukten ergibt, sondern mit einem länger zurückliegenden Konsum oder der Aufnahme geringer Wirkstoffmengen vereinbar ist. Zum gleichen Ergebnis kam der seitens des erkennenden Gerichtes bestellte medizinische Amtssachverständige F in seinem Gutachten. Dieser führte aus, dass eine Beeinträchtigung der Fahreignung zum Tatzeitpunkt des Beschwerdeführers durch die psychotrope Wirkung von Cannabis nicht möglich war, da die diesbezüglich wirksamen Abbauprodukte THC und 11-OH-THC nicht nachweisbar waren und THC-COOH, das in niedriger Konzentration vorlag, nicht psychoaktiv wirksam ist.

Eine Beeinträchtigung durch Suchtgift, die die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigte, lag sohin beim Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt nicht vor. Das von der belangten Behörde ins Treffen geführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.10.2016, Ra 2016/02/0133, ist nicht einschlägig, zumal in diesem Fall bei der Blutanalyse aktives THC von 1,2 ng/ml festgestellt wurde. Auch im Erkenntnis des VwGH vom 26.01.2017, Ra 2016/02/0168 wurde im Blut des Revisionswerbers THC festgestellt, auch dieses Erkenntnis ist somit nicht einschlägig.

Aufgrund des Umstandes, dass beim Beschwerdeführer weder aktives THC noch das Abbauprodukt 11-OH-THC nachweisbar waren, und die festgestellte THC-Carbonsäure von 3,6 ng/ml keine Fahruntüchtigkeit im Sinne des § 5 Abs 1 iVm

§ 99 Abs 1b StVO bewirken kann, kann dem Beschwerdeführer eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs 1 StVO schon in objektiver Hinsicht nicht angelastet werden. Es kann sohin nicht davon ausgegangen werden, dass die seitens des Polizeiarztes festgestellte Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit durch den Konsum von Suchtgift herbeigeführt wurde. Wenn nur mehr THC-Carbonsäure im Blut nachgewiesen wird, fehlt aus toxikologischer Sicht die wissenschaftlich fundierte Grundlage, um von einer THC bedingten Beeinträchtigung ausgehen zu können.

Durch den beim Beschwerdeführer – wie bereits mehrfach dargelegt – festgestellten THC-COOH-Wert von 3,6 ng/ml kann gemäß den im Akt einliegenden Gutachten des E sowie D, forensischer Toxikologe, sowie Gutachtens des

F eine Beeinträchtigung der Fahrtauglichkeit nicht nachgewiesen werden.

Es war daher der Beschwerde stattzugeben, das behördliche Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

7.   Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Schlagworte

Verkehrsrecht; Straßenverkehr; Verwaltungsstrafe; Lenker; Suchtgift;

Anmerkung

VwGH 24.07.2019, Ra 2019/02/0105-6, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.S.2729.001.2018

Zuletzt aktualisiert am

29.07.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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