TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/24 W105 2198858-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.01.2019
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Entscheidungsdatum

24.01.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W105 2198858-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald BENDA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.05.2018, Zahl: 1111049509-160507296, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 21.01.2019 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005, § 8 Abs. 1 AsylG 2005, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG, § 57 AsylG 2005 sowie §§ 46, 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 09.04.2016 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vom 10.04.2016 gab der Antragsteller an, Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken zu sein und vier Jahre die Schule besucht zu haben. Im österreichischen Bundesgebiet verfüge er über keinerlei verwandtschaftliche Bindungen. Er leide an keinerlei Beschwerden oder Krankheiten. Befragt nach seinem Fluchtgrund gab der Antragsteller an, sein Herkunftsland wegen Grundstücksstreitigkeiten verlassen zu haben; sein Bruder sei getötet worden und habe auch er aus Angst um sein Leben flüchten müssen, da er von dieser Feindschaft betroffen gewesen sei.

2. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vom 26.04.2018 gab der Antragsteller an, am 27.02.2000 einen XXXX/Provinz Nangarhar geboren zu sein. Er sei gesund und nehme keine Medikamente.

Inhaltlich gab der Antragsteller an wie folgt:

F: Wie heißen Sie?

A: Ich heiße XXXX

F: Wann und wo sind Sie geboren?

A: Ich bin am XXXX in XXXX geboren

F: Welche Staatsangehörigkeit haben Sie?

A: Afghanistan

F: Aus welcher Provinz bzw. welcher Region Ihres Heimatstaates kommen Sie?

A: Aus der Provinz Nangarhar, Distrikt XXXX, Ortschaft XXXX

F: Was ist Ihre Muttersprache?

A: Dari

F: Welche Sprachen sprechen Sie?

A: Dari, Paschtu

F: Können Sie in diesen Sprachen lesen und schreiben?

A: Ein bisschen

F: Welcher Volksgruppe gehören Sie an?

A: Paschtune

F: Welcher Religion gehören Sie an?

A: Muslim, Sunnit

F: Verstehen Sie die Dolmetscherin einwandfrei?

A: Ja

F: Haben Sie im Verfahren bis dato, bei den bisherigen Befragungen, der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht?

A: Ja

F: Wurde Ihnen die Niederschrift, die die Polizei im Rahmen der Erstbefragung mit Ihnen aufgenommen hat, rückübersetzt?

A: Ich wurde gefragt, aber es wurde nicht rückübersetzt.

Anmerkung: Sie haben die Niederschrift blind unterschrieben?

A: Ja

F: Haben Sie den Dolmetscher in der Einvernahme vor der Polizei im Rahmen der Erstbefragung gut verstanden?

A: Ja

F: Sind Sie heute psychisch und physisch in der Lage die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten?

A: Ja

F: Wie geht es Ihnen gesundheitlich?

A: Ich bin ganz gesund

F: Nehmen Sie Medikamente?

A: Nein

F: Sind Sie in ärztlicher Behandlung oder Therapie?

A: Nein

F: Haben Sie Personaldokumente?

A: Ich habe meine Tazkira mitgehabt, in Bulgarien habe ich sie verloren.

F: Hatten Sie jemals Identitätsdokumente?

A: Nur Tazkira

F: Mussten Sie je in Ihrem Heimatland Ihre Identität nachweisen?

A: Nur meine Tazkira

F: Haben Sie Identitätsdokumente, die Sie heute zur Vorlage bringen können?

A: Nein

F: Haben Sie Dokumente, die sich noch in Ihrem Heimatland befinden?

A: Nein

F: Können Sie in einer angemessenen Frist Dokumente vorlegen, welche Ihre Identität beweisen?

A: Nein

F: Haben Sie irgendwelche anderen Dokumente oder Beweismittel, die Sie vorlegen können (Tazkira, ...)?

A: Nichts

F: Habe Sie Deutschkurse besucht?

A: 3 Monate in einem Kurs, 1 1/2 Monate in einer Schule, Bestätigungen liegen keine vor

F: Wo waren Sie im Sommer 2017?

A: Ich und meine Freunde wollten einen Freund in XXXX besuchen. Aus Versehen sind wir nach Deutschland und weiter nach Frankreich, vermutlich in Strasburg. Ich musste in Deutschland und Frankreich Fingerabdrücke abgeben. In Frankreich wurde ich krank und war dort im Krankenhaus. Mir wurden dort die Fingerabdrücke genommen und kann sein, dass ich dort einen Asylantrag gestellt habe.

F: Wurden Sie gefragt von wo Sie kommen?

A: Ja, ich sagte von Österreich

F: Haben Sie immer Ihren richtigen Namen angegeben?

A: Ja

F: Wo sind die Unterlagen der Polizei und vom Krankenhaus?

A: Ich habe nichts bekommen.

F: Womit haben Sie sich ausgewiesen?

A: In Deutschland habe ich meine weiße Karte vorgewiesen, sie haben meine Fingerabdrücke genommen, dann wurde ich in eine Unterkunft in einem Wald gebracht. Dort hat es uns aber nicht gefallen und wir sind nach ca. 1 1/2 Stunden von dort weg. Aus Versehen sind wir in Frankreich gelandet. Meine Weiße Karte wurde mir nicht mehr zurückgegeben.

F: Wie lange und womit waren Sie unterwegs, von Deutschland nach Frankreich?

A: 1 1/2 Tage, mit dem Zug. Wir wollten aber nach Österreich zurück, uns wurde der falsche Weg gezeigt. Wir haben im Freien übernachtet, am nächsten Tag hatte ich am ganzen Körper einen Juckreiz. Ich bin mit meinen Freunden in eine Unterkunft und dort hat man uns die Fingerabdrücke genommen. Im Krankenhaus war ich 5 Tage. Anschließend war ich wieder in dieser Unterkunft und nach ca. 24 Stunden wurde ich in eine Asylunterkunft gebracht. Dort war ich ca. 4 oder 5 Monate, dann bin ich wieder nach Österreich.

F: Welche Nationalitäten waren in dieser Unterkunft?

A: Afghanen und Schwarzafrikaner

F: Wo war diese Unterkunft?

A: Weiß ich nicht, ich war die ganze Zeit im Zimmer

F: Nennen Sie Ihren heutigen Familienstand und den Familienstand, den Sie zum Zeitpunkt der Ausreise aus Ihrem Heimatland hatten.

A: Ledig

F: Haben Sie uneheliche Kinder?

A: Nein

F: Können Sie einen kurzen Lebenslauf bezüglich Ihrer Person schildern? z.B.: Wo sind Sie aufgewachsen, welche Schulausbildung haben Sie absolviert, welchen Beruf haben Sie ausgeübt etc.?

A: Ich bin in XXXX geboren und aufgewachsen, ich habe 4 Jahre die Schule besucht. Ca. 6 Monate war ich Taxifahrer, ich war ca. 13 oder 14 alt. Manchmal habe ich meinem Vater auf der Baustelle geholfen (ich habe Tee gebracht, Wasser gebracht oder von zu Hause Essen gebracht).

F: Wo war Ihr letzter Wohnort in Afghanistan und wie lange haben Sie dort gewohnt?

A: XXXX, XXXX, von der Geburt bis zur Ausreise

F: Handelt es sich bei Ihrer oben angegebenen Wohnadresse um ein Haus oder eine Wohnung?

A: Mein Elternhaus

F: Wem gehörte dieses Haus?

A: Meinem Vater

F: Wer lebt derzeit an dieser Adresse?

A: Meine Eltern, meine 4 Schwestern und meine 3 Brüder und die Familie meines älteren Bruders

F: Wann genau haben Sie sich dazu entschlossen, dass Sie Ihr Heimatland verlassen?

A: Am Abend vor meiner Ausreise

F: Wann haben Sie Ihr Heimatland tatsächlich verlassen?

A: Vor ca. 2 Jahren und 8 Monaten

F: Wo haben Sie die letzte Nacht vor der Ausreise verbracht?

A: In Kabul bei einem Schlepper

F: Schildern Sie Ihre Ausreise aus dem Heimatstaat und den Reiseweg (Welche Provinzen und Reisemittel)?

A: Von zu Hause mit meinem Onkel nach Kabul. Von dort mit dem Schlepper mit Auto und Bus nach Kandahar an der pakistanischen Grenze. Von Pakistan (2 - 3 Tage) in den Iran (Durchreise) Türkei (ca. 3 Monate), Bulgarien (ca. 20 Tage), Serbien (6 Tage), Ungarn (4 - 5 Tage) und Österreich.

F: Wovon haben Sie in der Türkei gelebt?

A: Der Schlepper hat gesagt, wir müssen hier warten

F: Sind Sie schlepperunterstützt nach Österreich gereist?

A: Bis nach Ungarn mit dem Schlepper

F: Wie war der Name des Schleppers?

A: Nesam (Türkei bis Serbien),

F: Wer hat die Reise organisiert?

A: Mein Vater

F: Wie viel haben Sie für die Reise bezahlt?

A: Weiß ich nicht, mein Vater hat alles organisiert und finanziert

F. Woher stammte das Geld für den Schlepper?

A: Weiß ich nicht

F: Wie sind Sie in Österreich eingereist?

A: Illegal

F: Seit wann halten Sie sich in Österreich auf?

A: Ich weiß es nicht

F: Haben Sie in einem anderen Land außer Österreich um Asyl angesucht?

A: Nein

F: Weshalb haben Sie nicht schon einen Asylantrag in einem der bereits sicheren Länder, durch die Sie gereist sind, gestellt?

A: Ich wollte nicht, es hat mir nicht gefallen

F: Welches Land war das Ziel Ihrer Reise?

A: Ich habe kein Zielland gehabt

Vorhalt: Wenn ich auf der Flucht bin, suche ich im ersten sicheren Land um Asyl an. Was sagen Sie dazu?

A: Ich habe von den anderen Flüchtlingen gehört, dass Österreich ein gutes Land ist, in dem man gut leben kann.

F: Welche Familienangehörigen leben noch in Ihrem Herkunftsstaat (Name, Geburtsdatum, Wohnort, was arbeiten diese, Staatsangehörigkeit)?

A: Vater: XXXX, ca. XXXX, Bauarbeiter, XXXX

Mutter: XXXX, ca. XXXX alt, Hausfrau

4 Brüder: XXXX, ca. XXXX, blind, XXXX, ca. XXXX, Bauarbeiter, XXXX,XXXX, ca. XXXX, XXXX, ca. XXXX, Schüler

4 Schwestern: XXXX, ca. XXXX, XXXX, ca. XXXX, XXXX, ca. XXXX, XXXX, ca. XXXX

Alle außer XXXX wohnhaft in XXXX, XXXX und XXXX sind verlobt, aber noch zu Hause

F: Haben Sie weitere Verwandte im Heimatland?

A: 1 Onkel (Bauarbeiter) und eine Tante mütterlicherseits in XXXX, 2 Halbonkeln und 1 Tante väterlicherseits in XXXX

F: Wovon lebt die Familie im Heimatland?

A: Mein Vater arbeitet auf der Baustelle

F: Hat Ihre Familie irgendwelche Besitztümer in Ihrem Heimatland, z. B. Häuser, Grund?

A: Nur das Elternhaus

F: Welche engeren Freunde leben noch in Ihrem Herkunftsstaat (Name, Geburtsdatum, Wohnort, was arbeiten diese, Staatsangehörigkeit)?

A: Mein bester Freund ist mein Cousin, XXXX, Schneider, XXXX

F: Wie besteht der Kontakt zu den im Herkunftsstaat befindlichen Familienangehörigen und Freunden?

A: Internet

F: Wie oft haben Sie Kontakt mit diesen?

A: Selten, seit ich von Frankreich zurück bin nur einmal

F: Wann hatten Sie das letzte Mal Kontakt mit diesen?

A: Vor ca. 3 oder Tagen

F: Wie wurde der Kontakt hergestellt?

A: Internet, IMO

F: Haben Sie ein Facebook-Account?

A: Ja

F: Haben Sie damit auch Kontakt nach Afghanistan?

A: Nein

F: Wie hat Ihr Alltag in XXXX ausgesehen, was haben Sie den ganzen Tag gemacht?

A: Zwischen unserem Haus und der Baustelle

F: Schildern Sie die Gründe, warum Sie Ihr Heimatland verlassen und einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, von sich aus vollständig, detailliert und wahrheitsgemäß.

Sie werden darauf hingewiesen, dass falsche Angaben die Glaubwürdigkeit Ihres Vorbringens beeinträchtigen können.

Soweit Sie auf Ereignisse Bezug nehmen, werden Sie auch aufgefordert, den Ort und die Zeit zu nennen, wann diese stattfanden und die Personen, die daran beteiligt waren.

A: Mein Leben war in Gefahr, deshalb musste ich Afghanistan verlassen. Mein Vater hat ein Grundstück von meinem Großvater geerbt im Dorf XXXX. Neben diesem Dorf war ein anderes Dorf namens XXXX. In diesem Dorf hat eine unbekannte Familie gelebt, der Mann dieser Familie wollte unbedingt das Grundstück, das mein Vater geerbt hat, bekommen.

Dieser Mann war Mitglied der Taliban, generell in XXXX und XXXX waren Großteil Taliban. Dieser Mann wollte unbedingt das Grundstück, aber mein Vater tat alles, damit er es nicht bekommt. Mein Vater war bei den Dorfältesten in XXXX, es ist das Grundstück das ich von meinem Vater geerbt habe und ihr seid Zeugen und ich werde dort zu arbeiten anfangen. Dann hat mein Vater und mein verstorbener Bruder angefangen dort zu arbeiteten.

Bei einer Streiterei hat dieser Mann meinen Bruder erschossen. Als die Einwohner kamen, konnte dieser Mann flüchten. Mein Vater hat Angst um mein Leben gehabt, dass ich auch umgebracht werde. Am selben Tag als mein Bruder umgebracht wurde, hat mein Vater beschlossen, dass ich aus Afghanistan flüchten muss. Er hat mit meinen Onkel gesprochen und dieser hat mich am nächsten Tag abgeholt. Ich war nicht am Begräbnis und ich habe die Leiche nicht gesehen.

Das Grundstück besitzt jetzt die Regierung, um herauszufinden, wer meinen Bruder umgebracht hat.

Das war der Grund, warum ich Afghanistan verlassen habe.

F: Beantworten Sie die nachstehenden Fragen mit "ja" oder "nein". Sie haben später noch die Gelegenheit, sich ausführlich zu diesen Fragen zu äußern:

F: Sind Sie vorbestraft?

A: Nein

F: Waren Sie in Ihrem Heimatland inhaftiert?

A: Nein

F: Hatten Sie Probleme mit den Behörden in der Heimat?

A: Nein

F: Bestehen gegen Sie aktuelle staatliche Fahndungsmaßnahmen wie Haftbefehl, Strafanzeige, Steckbrief, etc.?

A: Nein

F: Sind oder waren Sie politisch tätig?

A: Nein

F: Sind oder waren Sie Mitglied einer politischen Partei?

A: Nein

F: Sind oder waren Familienangehörige Mitglieder einer politischen Partei?

A: Nein

F: Sind oder waren Freunde Mitglieder einer politischen Partei?

A: Nein

F: Hatten Sie in ihrem Herkunftsstaat aufgrund Ihres Religionsbekenntnisses irgendwelche Probleme?

A: Nein

F: Hatten Sie in ihrem Herkunftsstaat aufgrund Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit irgendwelche Probleme?

A: Nein

F: Hatten Sie gröbere Probleme mit Privatpersonen (Blutfehden, Racheakte etc.)?

A: Ja

F: Nahmen Sie in ihrem Heimatland an bewaffneten oder gewalttätigen Auseinandersetzungen aktiv teil?

A: Nein

F: Wurden Sie persönlich bedroht?

A: Nein

F: Wurden Ihre Familienangehörigen bedroht?

A: Ja

F: Möchten Sie von sich aus noch etwas zu Ihrem Fluchtgrund angeben?

A: Mein Vater hat mir erzählt nach dem ich weg, haben die Leute, die das Grundstück besitzen wollten, haben nach mir gesucht.

F: Haben Sie sämtliche Gründe, warum Sie die Heimat verlassen haben, vollständig geschildert?

A: Ja

F: Was würde Sie konkret erwarten, wenn Sie jetzt in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssten?

A: Dasselbe das mit meinem Bruder passierte wird mit mir gemacht, sie werden mich umbringen.

F: Verstehen Sie die Dolmetscherin einwandfrei?

A: Ja

Es wird rückübersetzt. ASt wird aufgefordert genau aufzupassen und sofort bekannt zu geben, wenn etwas nicht korrekt sein sollte bzw. er noch etwas zu ergänzen hat.

Nach erfolgter Rückübersetzung gibt ASt an, dass alles richtig und vollständig ist und alles richtig wiedergegeben wurde.

F: Warum haben Sie nur so wenig Kontakt zu Ihren Eltern?

A: Dort wo meine lebt, ist die Verbindung nicht so gut

F: Wie können Ihre weiteren Familienangehörigen weiter in Ihrer Heimat leben, ohne zur Flucht gezwungen zu sein?

A: Vielleicht weil er so alt ist. Er kann die Familie nicht alleine lassen, er versorgt die Familie

F: Wann hat Ihr Vater das Grundstück geerbt?

A: Als er das Grundstück geerbt hat, war ich noch nicht auf der Welt

F: Wann ist Ihr Großvater gestorben?

A: ich habe ihn nie gesehen, ich war noch nicht auf der Welt

F: Hatte Ihr Großvater irgendwelche Probleme mit anderen Personen?

A: Weiß ich nicht

F: Wer war dieser unbekannte Mann?

A: Seinen Namen weiß ich nicht, er war unbekannt und ich habe ihn persönlich nie gesehen

F: Warum wollte dieser Mann das Grundstück?

A: Weiß ich nicht, kann ich nicht erklären

F: Was war der Grund des Streites, bei dem Ihr Bruder umgebracht wurde?

A: Es war eine Streiterei über das Grundstück, ich war nicht persönlich dort

F: Wie wurde Ihr Bruder umgebracht?

A: Mein Vater hat gesagt, er ist erschossen worden

F: Schildern Sie Ihre Probleme mit den Privatpersonen?

A: Die Feinde der Familie sind die Feinde der gesamten Familie. Der Feind der meinen Bruder umgebracht hat, ist auch mein Feind.

Vorhalt: Der Mörder Ihres Bruders hat einen Grund zu flüchten, nicht Sie.

A: Ich kann nur sagen, er war Mitglied der Taliban

F: Wie wurde Ihre Familie bedroht?

A: Diese Unbekannten haben meinen Vater bedroht und er darf nicht mehr auf diesem Grundstück arbeiten. Deshalb hat er Angst.

F: wie wurde Ihr Vater bedroht?

A: Weiß ich nicht

F: Haben Ihre Brüder Probleme mit diesen Leuten?

A: Nein

F: Waren die Leute die das Grundstück haben wollten bei Ihrem Vater zu Hause?

A: Diese Personen waren in unserem Dorf und haben nach mir gefragt

F: Sie haben angegeben, die Regierung sucht nach diesen Leuten, die Ihren Bruder umgebracht haben. Wieso hat Ihr Vater nicht gemeldet, dass diese Leute nach ihnen suchen und in unserem Dorf waren?

A: Die Polizei kann nicht in dieses Dorf, weil es zu gefährlich ist

F: Warum suchen diese Leute nach Ihnen, Sie haben ihnen nichts getan?

A: Ich kann es nicht erklären, mein Bruder war auch unschuldig, sie werden mich auch umbringen

F: Wie lebt Ihre Familie in Afghanistan?

A: Sie erzählen mir, dass es der Familie gut geht

F: Hat Ihre Familie irgendwelche Probleme?

A: Nein

F: Wohnt Ihre Familie noch immer in XXXX?

A: Ja

F: Wie sah Ihr Sozialleben in Afghanistan aus?

A: In Afghanistan habe ich nicht so viele Freunde gehabt, nur mit der Familie und den Verwandten, mit den Kindern Fußball gespielt

F: In welchen anderen Provinzen Ihres Heimatstaates waren Sie schon in Ihrem Leben?

A: XXXX, XXXX und Kandahar durchgereist

F: Haben Sie Bekannte oder Verwandte in Kabul?

A: Nein

F: Haben Sie Angehörige in Europa oder in einem anderen Land?

A: Mein Cousin XXXX, aber ich weiß nicht wo

F: Haben Sie nahe Verwandte in Österreich? Wenn ja welche und wo wohnen diese? Wie gestaltet sich der Kontakt zu diesen?

A: Nein

F: Haben Sie Deutschkurse besucht bzw. positive Prüfungen abgelegt?

A: Ich habe an einem Deutschkurs teilgenommen, aber keine Bestätigung und keine Prüfung abgelegt.

F: Haben Sie in Österreich eine Schule besucht bzw. eine Ausbildung genossen? Wenn ja welche und wie lange?

A: 1 1/2 Monate in XXXX, welche Schule weiß ich nicht

F: Arbeiten Sie in Österreich bzw. haben Sie in der Vergangenheit in Österreich gearbeitet?

A: Nein

F: Wie sehen Ihre sozialen Kontakte/Aktivitäten in Österreich aus?

A: Leider habe ich keine österreichischen Freunde, da ich nicht so gut Deutsch kann. Ich habe nur 3 oder 4 afghanische Freunde

F: Sind Sie arbeitsfähig?

A: Ja

F: In welcher Sprache verständigen Sie sich in Österreich?

A: Deutsch

F: Wo wohnen Sie in Österreich? (Wenn möglich auf Deutsch)

A: XXXX, genaue Adresse ist unbekannt

F: Beschreiben Sie den gestrigen Tag, was haben Sie von der Früh bis zum Abend gemacht? Auf Deutsch

A: AW kann keine zusammenhängende Sätze bilden, nur einzelne Wörter, AW sagt, er kann ein paar Wörter, aber nicht zu viele

F: Wovon leben Sie in Österreich?

A: Ich lebe von der Grundversorgung

F: Was erwarten Sie sich in Österreich und wovon möchten Sie in Österreich leben?

A: Ich will mich weiterbilden und arbeiten gehen.

Vorhalt: Sie sind fast 2 Jahre in Österreich und haben noch keinen einzigen Deutschkurs belegt. Was sagen Sie dazu?

A: Ich wollte, aber die Betreuer haben immer gesagt, dass kein Platz ist oder am nächsten Deutschkurs.

F: Haben Sie Privatbesitz in Österreich?

A: Nein

F: Sind Sie in einem Verein aktiv tätig? Wenn ja, wo und wie lange? Ist die Vorlage einer Bestätigung möglich?

A: Nein

F: Sind Sie ein gläubiger Moslem?

A: Ja

F: Beten Sie jeden Tag?

A: Ja

F: Fasten Sie im Ramadan?

A: Ja

F: Haben Sie in Österreich eine Freundin oder Lebensgefährtin? Wenn ja wie heiß sie?

A: Nein

F: Sind Sie in Österreich in irgendeiner Art mit dem Gesetz in Konflikt geraten?

A: Nein

F: Haben Sie mit der Polizei zu tun gehabt?

A: Nein

F: Sind Sie je von einer gerichtlichen Untersuchung als Zeuge oder Opfer in Österreich betroffen gewesen?

A: Nein

F: Sind Sie je von einem zivil- oder strafrechtlichen Gerichtsverfahren oder eine (einstweiligen) gerichtlichen Verfügung in Österreich betroffen gewesen?

A: Nein

F: Gehen Sie einer ehrenamtlichen Tätigkeit nach? Wenn ja, wo und wie lange? Ist die Vorlage einer Bestätigung möglich?

A: Nein

F: Ich beende jetzt die Befragung. Hatten Sie Gelegenheit alles vorzubringen, was Ihnen wichtig erscheint oder wollen Sie noch etwas hinzufügen?

A: Alles gesagt

F: Wurde Ihnen ausreichend Zeit eingeräumt, Ihre Probleme vollständig und so ausführlich, wie Sie es wollten, zu schildern?

A: Ja

F: Wollen Sie noch etwas angeben, was Ihnen besonders wichtig erscheint?

A: Nein

F: Wären Sie im Fall einer Rückkehrentscheidung an einer freiwilligen Rückkehr und Integrationsprojekten in Afghanistan interessiert?

A: Nein

F: Wen ja, dürfen Ihre Daten an die Organisation der Rückkehrhilfe weitergegeben werden?

A: ---

V: Die Länderinformationsblätter zu Afghanistan liegen bei der ho. Behörde auf, diese behandeln die Lage in Afghanistan, unter anderem unter Einbeziehung der Sicherheitslage in ganz Afghanistan und auch Ihrer Herkunftsprovinz, der Versorgungslage, aktueller Vorfälle usw.

Sie haben das Recht diese Länderinformationsblätter bei der Behörde jetzt einzusehen, Stellung zu nehmen oder eine schriftliche Ausfertigung der Länderinformationsblätter zwecks Stellungnahme, Frist 1 Woche, zu verlangen.

AW verzichtet auf die Länderinformationsblätter und die damit verbundene Stellungnahme

F: Haben Sie die Dolmetscherin während der gesamten Einvernahme einwandfrei verstanden?

A: Ja

F: Es wird rückübersetzt. ASt wird aufgefordert genau aufzupassen und sofort bekannt zu geben, wenn etwas nicht korrekt sein sollte bzw. er noch etwas zu ergänzen hat.

F: Haben Sie nun nach Rückübersetzung Einwendungen gegen die Niederschrift selbst, wurde Ihre Einvernahme richtig und vollständig protokolliert?

A: Es ist alles in Ordnung

F: Hat die Dolmetscherin das rückübersetzt, was Sie gesagt haben?

A: Ja

Ich beende jetzt die Befragung, wollen Sie eine Kopie von der Befragung?

A: Ja

3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV). Es wurde gemäß I 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan gemäß 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Schließlich wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt VI.).

4. Die belangte Behörde führte aus, dass nicht habe festgestellt werden können, dass dem Antragsteller im Falle der Rückkehr nach Afghanistan eine Verfolgung durch Taliban drohe. Weiters drohe dem Antragsteller generell keine Verfolgung aus einem der Gründe der Genfer Flüchtlingskonvention. Der Antragsteller sei arbeitsfähig. Er verfüge über Angehörige in Afghanistan. Er verfüge über eine vierjährige Schulbildung sowie Berufserfahrung als Taxifahrer und könne für seinen Unterhalt grundsätzlich sorgen.

Zur Allgemeinsituation wurden umfangreiche Feststellung aufgrund des vorliegenden und herangezogenen Länderinformationsblattes der Staatendokumentation getätigt.

5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde, in welcher der Antragsteller vorbringt, er habe Afghanistan verlassen müssen aufgrund der Ermordung seines Bruders und der Bedrohungen von Mitgliedern der Taliban. Insgesamt sei die Sicherheitslage in Afghanistan prekär, sodass eine Rückkehr nicht zugemutet werden könne. In diesem Zusammenhang verwies der Antragsteller auf erfolgte Selbstmordanschläge in Afghanistan im Jahr 2018.

6. Am 21.01.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher der Beschwerdeführer teilnahm und der eine Dolmetscherin für die Sprachen Dari und Farsi beigezogen wurde. Das BFA verzichtete anlässlich der Beschwerdevorlage auf die Teilnahme an der Verhandlung.

Das Beschwerderechtsgespräch stellte sich wie nachstehend dar:

Beginn der Befragung

I. Zum aktuellen Zustand des BF:

R: Wie geht es Ihnen gesundheitlich (sowohl in psychischer als auch in physischer Hinsicht [die Begriffe werden mit dem BF abgeklärt, sodass ihm diese geläufig sind]): Sind Sie insbesondere in ärztlicher Behandlung, befinden Sie sich in Therapie, nehmen Sie Medikamente ein?

BF: Nein, eigentlich nehme ich nichts ein, mir geht es gut, wobei ich vor einigen Monaten von der Unterkunftsbetreuung zum Psychologen geschickt worden bin, ich weiß aber nicht warum.

II. Zum Verfahren vor dem BFA bzw. den Organen des öffentlichen

Sicherheitsdienstes:

R: Sie wurden bereits beim BFA bzw. vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Polizei) niederschriftlich einvernommen. Haben Sie dort immer die Wahrheit gesagt oder möchten Sie etwas richtig stellen?

BF: Ich habe die Wahrheit angegeben, nur das Geburtsdatum habe ich nicht angegeben. Ich habe damals gesagt, dass ich 16 Jahre alt bin. Weitere Daten kann ich nicht angeben. Ich weiß jetzt mein Geburtsdatum. Ich bin am XXXX geboren.

R: Liegt Ihnen eine Tazkira vor?

BF: Nein, ich habe sie in Bulgarien verloren.

R: Wurden Ihnen die Niederschriften, die die Polizei im Rahmen der Erstbefragung und das BFA im Zuge Ihrer Einvernahme mit Ihnen aufgenommen haben, rückübersetzt?

BF: Ja.

III. Zur persönlichen Situation des BF:

a) in Österreich:

R: Leben Sie in Österreich alleine oder leben Sie mit jemandem zusammen? Wie ist Ihre aktuelle Wohnsituation? Leben Sie in einer Flüchtlingspension?

BF: Ich lebe noch in einer Unterkunft und teile mein Zimmer mit 2 weiteren Personen. Das sind zwei Brüder.

R: Sprechen Sie auch schon ein wenig Deutsch? Welches Sprachniveau haben Sie? Besuchen Sie Sprachkurse oder sonstige Kurse, Schule, Vereine oder Universität?

BF: A1 habe ich nicht gemacht. Ich habe nur die Prüfung abgegeben, aber den Kurs selber nicht gemacht. Ich bin auch nicht Mitglied in einem Verein.

R: Woher konnten Sie dann schon Deutsch?

BF: Ich kann schreiben und lesen, aber sprechen eher schlecht.

R: Haben Sie sich das selbst beigebracht?

BF: Ja.

R: Welches Niveau haben Sie in Deutschkursen gemacht und können Sie dazu Abschlüsse vorlegen?

BF: A1.

R: Haben Sie in Österreich familiäre Bindungen ?

BF: Nein.

R: Wie sieht Ihr Kontakt zu Ihren Familienangehörigen aus?

BF: Ich habe Kontakt über Imo, das ist so etwas wie Whatsapp.

R: Gehen Sie in Österreich einer Beschäftigung nach?

BF: Nein.

R: Haben Sie in Österreich schon einmal Probleme mit der Polizei oder Staatsanwaltschaft gehabt?

BF: Nein.

R: Im Akt habe ich einige Unterlagen, dass es einen Aufgriff oder eine Anzeige nach dem Suchtmittelgesetz gegeben hat. Stimmt das?

BF: Nein. Ich habe so etwas nicht angegriffen. Ich bin auch nicht strafrechtlich verurteilt.

R: Das Gericht kann sich auf Grund Ihrer Angaben nunmehr ein Bild über ihre privaten sowie familiären Bindungen in Österreich machen und erscheinen hierzu seitens des Gerichts keine weiteren Fragen offen. Wollen Sie sich noch weitergehend zu Ihren privaten und familiären Bindungen in Österreich bzw. ihrer Integration äußern?

BF: Ich habe einen Cousin in Europa, wo genau weiß ich nicht. Aber meine Familie hält sich in XXXX auf.

b) im Herkunftsstaat:

R: Im angefochtenen Bescheid des BFA wurde u.a. bereits festgestellt, dass Sie aus Afghanistan stammen. Geben Sie bitte nochmals an, welcher Volksgruppe und Religionsgemeinschaft Sie angehören? Welche Sprachen sprechen Sie?

BF: Ich stamme aus der Provinz Nangarhar, ich bin Moslem, ich bin Tadschike und Sunnit und spreche Dari.

R: Erzählen Sie mir etwas von Ihrem Leben in Afghanistan: Wo sind Sie geboren und aufgewachsen?

BF: Ich bin in XXXX geboren und lebte dort bis zu meinem 14., 15. Lebensjahr, dann bin ich schon ausgereist. Ich besuchte dort 4 Jahre die Schule und habe 6 Monate als Chauffeur gearbeitet.

R: Wohnen in Ihrer Herkunftsstadt ausschließlich Tadschiken oder auch andere Volksgruppenangehörige?

BF: Die Paschtunen sind dort in der Mehrheit. Ich kann nämlich auch sehr gut Paschtu, sogar besser als meine Muttersprache, aber die Schule besuche ich in Paschtu.

R: Wer hat in Afghanistan für Ihren Lebensunterhalt gesorgt?

BF: Mein Vater.

R: Was war der Vater vom Beruf?

BF: Er hat auf der Baustelle gearbeitet. Meine Mutter war Hausfrau.

R: Welche Verwandten haben Sie und wo leben diese?

BF: In Cheknauri ist mein Heimatdorf. Dort bin ich auch zur Welt gekommen. Dort leben sie alle. Ich habe vier Schwestern und vier Brüder. Die Eltern sind auch am Leben und leben dort. Einen Brduer habe ich, der nicht mehr dort zu Hause lebt. Er heißt XXXX.

R: Wie war die finanzielle Situation Ihrer Familie?

BF: Wir haben unser tägliches Brot gehabt.

R: Was hat Ihre Flucht gekostet und wer hat die Flucht finanziert?

BF: Das weiß ich nicht, das hat der Vater finanziert.

R: Waren Sie in Ihrem Heimatland politisch tätig oder gehörten Sie einer politischen Partei an?

BF: Nein.

R: Hatten Sie persönlich jemals Probleme mit den Behörden (oder staatsähnlichen Institutionen) Ihres Heimatlandes?

BF: Nein.

R: Gab es in Afghanistan persönliche Bedrohungen gegen Sie?

BF: Nein.

R: Wurden Sie in Ihrem Heimatland wegen Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit oder Ihrer Religion verfolgt?

BF: Nein.

R: Haben Sie sich in Afghanistan, jemals außerhalb Ihrer Heimatprovinz, zum Beispiel in Kabul-Stadt, Herat oder in Mazar-e Sharif gewohnt oder sich aufgehalten?

BF: Nein, nur beruflich bin ich nach Kabul gefahren. Ich bin mit meinem Vater dorthin gegangen und habe meinem Vater bei der Arbeit geholfen.

IV. Fluchtgründe des BF:

R: Können Sie nun schildern, warum Sie Afghanistan verlassen haben?

BF: Mein Leben war dort in Gefahr.

R: Können Sie das konkretisieren?

BF: Mein Vater hatte ein Grundstück in XXXX und es gab mit weiteren Personen diesbezüglich Streitereien und sie wollten unser Grundstück wegnehmen.

R: Gibt es noch andere Gefährdungsmomente, ich verweise Sie auf die Genfer Flüchtlingskonvention. Politische Gründe, ...

BF: Nein, wegen diesem Grundstück wurde mein Bruder getötet. Mein Vater wurde auch bedroht. Diese Leute haben gesagt, er muss sein Grundstück hergeben und mein Vater hat gesagt, nein, er wird sein Grundstück nicht hergeben, sie haben meine Familie bedroht und aus Angst, dass sie mich auch töten, bin ich geflüchtet.

R: Verstehe ich Sie aber richtig? Ihre gesamte Familie lebt seit Ihrer Ausreise weiterhin am Herkunftsort?

BF: Ja, sie haben in Cheknauri gelebt, aber jetzt momentan weiß ich nicht, wo sie sich aufhalten.

R: Wenn Sie mit Ihrem Vater telefonieren, was erzählt er ihnen?

BF: Mein Vater erzählte mir, dass einige Männer bei ihm zuhause waren und ihn bedroht haben, aber jetzt erzählt er mir nichts mehr. Meine Mutter erzählt mir nichts von diesen Vorfällen, wir reden nur darüber wie es mir geht und sie sagen, dass es ihnen auch gut geht.

R: Wenn Ihre Familie jetzt seit Ihrer Ausreise im Jahr 2015/2016 nach wie vor in Afghanistan lebt, wo liegt dann überhaupt das Problem?

BF: Ja, sie leben in Afghanistan. Mein Bruder XXXX, er ist blind, kann leider nichts mehr sehen. Mein Vater ist schon ein alter Mann und ich habe zwei kleinere Brüder, XXXX und XXXX alt, die können noch nicht arbeiten und die Familie versorgen.

R: Wie alt ist Ihr Vater?

BF: XXXX alt.

R: Welche konkrete Bedrohung gegen Ihre Person würden Sie jetzt befürchten, wenn Sie nach Afghanistan zurückkehren müssten?

BF: Ich kann dort nicht mehr leben und es wird mir das gleiche passieren wie meinem Bruder.

R: Gibt es konkrete Anhaltspunkte für die Aktualität Ihre Befürchtungen, oder nehmen Sie das nur an?

BF: Derzeit, aktuell gibt es nichts. Ich muss ehrlich sagen, es wird mir nichts erzählt. Ich bin schon seit einigen Jahren weg.

R: Ich habe zu ihrem Verfahren keine weiteren Fragen. Wollen Sie noch etwas angeben?

BF: Es gibt sonst nichts mehr.

R: Möchten Sie zu den Unterlagen, die Ich Ihnen oder Ihrer Vertretung übermittelt habe, etwas ergänzen?

BF: Nein, aber vielleicht möchte mein Vertreter etwas dazu sagen.

BFV: Ich verweise auf die eingebrachte Beschwerde und auf die schweizerische Flüchtlingshilfe zum Thema Blutrache 07.06.2017.

R gibt RV die Gelegenheit, Fragen zu stellen.

RV: Haben Sie den Vorfall mit dem Bruder selbst gesehen?

BF: Nein. Ich war zu Hause.

RV: Nach dem Tod des Bruders, wie lange waren Sie noch in Afghanistan?

BF: Mein Onkel mütterlicherseits hat mich zu einem Schlepper gebracht und am nächsten Tag in der Früh bin ich dann mitgegangen. Ich habe noch Tanten und mehrere Onkel in Afghanistan.

RV: Keine weiteren Fragen.

R: Die Dolmetscherin wird Ihnen jetzt die gesamte Verhandlungsschrift rückübersetzen. Bitte passen Sie gut auf, ob alle Ihre Angaben korrekt protokolliert wurden. Sollten Sie einen Fehler bemerken oder sonst einen Einwand haben, sagen Sie das bitte.

BF: Ich bitte um eine Rückübersetzung.

Die vorläufige Fassung der bisherigen Niederschrift wird durch die D dem BF rückübersetzt.

Keine Einwendungen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist ein volljähriger Staatsangehöriger Afghanistans und führt den von ihm im Verfahren angegebenen Namen. Er ist Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken und sunnitischer Moslem. Seine Muttersprache ist Dari. Der Antragsteller verfügt über eine vierjährige Schulbildung und hat Berufserfahrung als Fahrer gesammelt.

Der Antragsteller leidet unter keinerlei psychischen oder physischen Beeinträchtigungen.

Der Antragsteller hat während seines Aufenthaltes in Österreich mehrere Integrationsbemühungen unternommen, darunter Kursteilnahmen sowie Sprachkurse.

Zu den geltend gemachten Fluchtgründen wird vom erkennenden Gericht Folgendes festgehalten:

Der Antragsteller war daher in der Vergangenheit in Afghanistan keinerlei Verfolgung ausgesetzt. Es kann auch nicht erkannt werden, dass der Antragsteller pro futuro im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan einer solchen ausgesetzt wäre.

Der Antragsteller habe ich Verfahren auch keinerlei aktuelle individuell-konkrete Verfolgungsgefährdung aufgezeigt.

Weiters konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer ohne Hinzutreten weiterer wesentlicher individueller Merkmale mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine gegen ihn gerichtete Verfolgung oder Bedrohung durch staatliche Organe oder (von staatlichen Organen geduldet) durch Private, sei es vor dem Hintergrund seiner ethnischen Zugehörigkeit (Tadschike), seiner Religion (sunnitischer Islam), Nationalität (Afghanistan), Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung zu erwarten hätte.

Auch die Kumulierung verschiedener Merkmale begründet keine asylrelevante Verfolgungsgefahr.

Der Beschwerdeführer ist in Afghanistan weder vorbestraft noch wurde er dort jemals inhaftiert und hatte auch mit den Behörden des Herkunftsstaates keine Probleme. Der Beschwerdeführer war nie politisch tätig und gehörte nie einer politischen Partei an. Es gibt insgesamt keinen stichhaltigen Hinweis, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan einer (asylrelevanten) Verfolgung ausgesetzt wäre.

Der Beschwerdeführer ist jung, arbeitsfähig, gesund und steht nicht wegen schwerwiegender Krankheitsbilder in ärztlicher Behandlung.

Der Antragsteller verfügt an seinem letzten Wohnort bzw. seiner Herkunftsregion über eine Mehrzahl familiärer Anknüpfungspunkte in Form enger Familienangehöriger.

Er ist mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates und einer der in Afghanistan gesprochenen Sprache (Dari) vertraut. Er ist in einem afghanischen Familienverband aufgewachsen und hat eine Schule besucht. Er kann lesen und schreiben. Angesichts seiner Arbeitsfähigkeit und seiner Berufserfahrung, ist es ihm zumutbar sich dort bei Rückkehr eine Existenz aufbauen und diese - zumindest anfänglich - mit Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten zu sichern.

Der Beschwerdeführer konnte auch bisher durch einfache Arbeiten für sich sorgen. Ihm wäre daher auch der Aufbau einer Existenzgrundlage in Kabul, Mazar-e Sharif oder Herat möglich. Der Beschwerdeführer ist in der Lage, in Kabul, Mazar-e Sharif oder Herat eine einfache Unterkunft zu finden. Der Beschwerdeführer hat zudem die Möglichkeit, finanzielle Unterstützung in Form der Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen.

Im Ergebnis ist aufgrund der bisherigen Berufserfahrung von einer Selbsterhaltungsfähigkeit des Bes

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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