Entscheidungsdatum
31.01.2019Norm
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13Spruch
W272 2154798-1/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. BRAUNSTEIN Alois als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit XXXX , vertreten durch Mag. FRÜHWIRTH Ronald, gegen den Bescheid des BUNDESAMTES FÜR FREMDENWESEN UND ASYL, Regionaldirektion Steiermark vom 10.04.2017, Zahl XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 21.12.2018 zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I und II des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
II. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt III mit der Maßgabe abgeändert:
"Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Die Rückkehrentscheidung ist vorübergehend unzulässig.
III. Der Spruchpunkt IV des angefochtenen Bescheides wird ersatzlos behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste nach seinen Angaben irregulär und schleppergestützt in Österreich ein und stellte am 19.08.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG)
2. Bei der am 19.08.2015, erfolgten Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab er unter Verwendung eines Dolmetschers für die Sprache Farsi im Wesentlichen Folgendes an:
Er sei am 16.08.1999 in der Provinz Kapisa in Afghanistan geboren und sei von dort vor 2 Jahren in den Iran gezogen, wo er bis zur seiner Flucht gelebt habe. Neben seinen Eltern habe er acht Brüder und 1 Schwester. Er sei Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen und Moslem. Er habe eine Grundschule absolviert und sei als Hilfsarbeiter im Iran tätig gewesen. Sein Vater hab die Familie versorgt und sei als Landwirt tätig gewesen.
Als Fluchtgrund gab er an, dass er aus Afghanistan aufgrund des Krieges in den Iran geflüchtet sei und dort illegal aufhältig. Er habe im Iran Probleme mit den dortigen Behörden und der Polizei gehabt, von denen er auch geschlagen wurde und habe daher den Iran verlassen um nach Schweden zu gehen. Seine Freunde hätten ihm gesagt, dass es in Schweden Arbeit gibt. Nach Afghanistan wolle er nicht zurückkehren da er Angst von den Talibans hat, diese würden ihn irgendwann töten.
3. Bei seiner Einvernahme am 04.11.2016 gab der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Farsi und einer Vertrauensperson an, dass seine bisherigen Angaben im Verfahren der Wahrheit entsprechen und brachte im Wesentlichen Folgendes vor:
Er heiße XXXX und sei am XXXX geboren, wobei er sich auf den 25.08.1997 korrigierte, welches das Datum der Altersfeststellung sei. Er sei Paschtune und sunnitischer Moslem. Er habe im Haus seines Großvaters mit seinen Eltern, acht Brüdern und zwei Schwestern in der Provinz Kapisa im Distrikt Tagab im XXXX gelebt. Er habe fünf Jahre lang die Schule besucht und eine kurze Zeit als Maurer gearbeitet. Wirtschaftlich sei es ihnen nicht schlecht ergangen. Sein Vater sei in der Landwirtschaft tätig gewesen. Auch würden drei Brüder, nämlich Rahim Ahmad und Ailagha als Maurer im Iran arbeiten. Seine Eltern und die restlichen Geschwister würden noch im Dorf Makhel leben und er habe mit ihnen telefonischen Kontakt. Manchmal alle 14 Tage, manchmal nur einmal im Monat. Die Reise in den Iran habe sein Vater finanziert und er sei dort zwei Jahre gewesen. Im Iran habe er selbst gearbeitet und sein Bruder Rahmi habe das Geld für ihn zusammengespart. In Afghanistan habe er keine Probleme mit den Behörden gehabt, jedoch im Iran wäre er einmal angehalten und geschlagen worden. Sie hätten ihm alles weggenommen, was er besessen habe und ließen ihn dann erst gehen.
Zur Flucht gab er Folgendes an:
In Afghanistan hätte er Probleme mit den Taliban gehabt, da er ihre Kultur nicht beachtet habe, indem er nicht die Kleidung und Turban trug, sowie keinen Religionsunterricht besucht habe. Weiters hätten die Taliban behauptet er hätte ihren Sitz im Dorf XXXX in Brand gesetzt und daher würden sie ihn suchen. Er hätte sich vier bis fünf Tage verstecken können und sei dann mit seinem Onkel mütterlicherseits in den Iran geflüchtet. Er sei auch von den Taliban geschlagen worden und man habe ihm beide Daumen gebrochen. Bedroht sei er von ihnen nicht geworden. Nach dem Brand des Sitzes seien die Taliban zum Haus seines Vaters gegangen und hätten nach ihm gefragt. Sonst hätten sie nichts gesagt. Der BF vermutete, dass sie ihn mitnehmen wollten. Den Iran habe er verlassen, da er fürchtete nach Afghanistan abgeschoben zu werden.
Im Falle einer Rückkehr habe der BF Angst vor den Taliban und hätte auch Angst in Kabul vor ihnen.
In Österreich habe er Freunde, welche auch Asylwerber seien. Freizeit habe er keine, da er immer am Lernen sei. Er sei kein Mitglied in einem Verein oder Organisation in Österreich.
Folgende Unterlagen liegen vor:
2 Referenzschreiben, Bestätigung einer ehrenamtlichen Tätigkeit in der Flüchtlingsarbeit in einer Pfarrgemeinde, Schulausweis und Schulbestätigung.
4. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wurde durch das BFA mit Bescheid vom 10.04.2017 der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen. Weiters wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG 2005 nicht erteilt, gegenüber dem BF gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und festgestellt, dass eine Abschiebung des BF nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III). Schließlich sprach das BFA aus, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise des BF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV).
In der Bescheidbegründung traf die belangte Behörde Feststellungen zur Person des BF, dessen Gesundheitszustandes und zur Lage in seinem Herkunftsstaat. Nicht festgestellt werden konnten Verfolgungsgründe, welche stichhaltige Gründe darlegen, die gegen eine Abschiebung nach Afghanistan sprechen würden. Im Falle einer Rückkehr drohe ihm keine Gefahr, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würde.
Beweiswürdigend führte das BFA (zusammengefasst) aus, dass der BF bezüglich seiner behaupteten Herkunftsregion, Volks- und Staatsangehörigkeit aufgrund seiner Sprach- und Lokalkenntnisse glaubwürdig wäre. Bezüglich seines Alters erfolgte die Festlegung des Geburtstages mit 25.08.1997 aufgrund des Gutachtens der Medizinischen Universität Wien vom 06.11.2015.
Die Feststellungen bezüglich der illegalen Ausreise aus Afghanistan ergab sich aus den glaubhaften Angaben. Das einmalige - zu verurteilende - Schlagen durch die Taliban wurde aufgrund der glaubhaften Angaben festgestellt sowie, dass keine weiteren Bedrohungen durch die Taliban erfolgten. Dem fluchtauslösenden Grund des BF bezüglich der Suche nach ihm durch die Taliban wurde aufgrund der nicht detaillierten Erzählweise, mangelhaften Begründung nicht Glauben Geschenk werden. Da trotz Nachfrage kein konkreter logischer Hinweis darauf gegeben werden konnte, warum gerade er von den Taliban einmalig gesucht wurde und keine Drohungen oder weitere "Besuche" der Taliban erfolgten. Noch von Drohungen nach seiner Ausreise gegenüber seiner Familie berichtet wurden. Glaubhaft war vielmehr, dass der BF das Land aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Situation und der angespannten Sicherheitslage verlassen habe, zumal auch bei der Erstbefragung der eigentliche Grund die Flucht nach Schweden aufgrund der dortigen Arbeitsmöglichkeit angegeben wurde.
Subsidiärer Schutz wurde ihm nicht zuerkannt, da im Falle einer Rückkehr des BF in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur GFK oder eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt oder im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes nicht gegeben sei, zumal der BF eine Schulausbildung, Berufserfahrung und auch über soziale Anknüpfungspunkte in Kapisa verfüge.
5. Gegen diese Bescheid brachte der BF fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Verletzung von Verfahrensvorschriften ein.
In der Beschwerdebegründung wurde im Wesentlichen die Ermittlungstätigkeit des BFA kritisiert und moniert, dass der BF aufgrund seines westlichen und damit "unislamischen" Lebensstils seitens der Taliban verfolgt worden sei und ihm dadurch die Daumen gebrochen worden seien. Weiters habe das BFA mangelhafte und veraltete Länderberichte verwendet, indem nicht die relevanten Berichte von Menschen, die eine westliche bzw. liberale Einstellung bzw. eine nicht-extremistische Religiosität aufweisen und daher von den Taliban bzw. anderen extremistischen Gruppen verfolgt werden, verwendet wurden. Auch würde nicht der iranische Dialekt des BF beurteilt worden sein. Dies würde ein asylrelevanter Grund sein, da er zur Gruppe von Afghanen zählen würde, welcher länger im Iran aufhältig waren. Auch hätte sich die Behörde keineswegs mit den Integrationsbemühungen des BF auseinandergesetzt und hinreichend gewürdigt.
Beantragt wurde unter anderem auch eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Mit vorgelegt wurden weitere sieben Empfehlungs-/Referenzschreiben, zwei Seminarbestätigungen (A1.1 und A1.2)
6. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem BVwG am 28.04.2018 vom BFA vorgelegt.
7. Am 08.09.2017 wurde eine Vollmachtsänderung sowie eine Beschwerdeergänzung vorgelegt, welche keine Ausdehnung der bisherigen Beschwerde darstellt und wiederum auf die westliche Orientierung und der damit folgenden Gefahr der Verfolgung durch die Taliban abstellt. Weiters wurden mitvorgelegt:
Zertifikat ÖSD
Zertifikat A2,
Seminarbestätigung (A1.3),
Teilnahmebestätigung (Werte- und Orientierungskurs)
8. Das BVwG führte am 21.12.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Beisein
eines Dolmetschers für die Sprache Paschtu durch, zu der der BF persönlich in Begleitung seines Vertreters erschienen ist. Miteingebracht wurden in das Verfahren, das aktuelle Länderinformationsblatt vom 29.06.2018 zuletzt aktualisierst am 23.11.2018, sowie die UNHCR-Richtlinie v. 30.08.2018) Weiters wurde ein Zeuge zum Beweis der Integration des BF in Österreich einvernommen.
Mitvorgelegt wurde:
Jahreszeugnis 1 BS-Klasse Praxis - Handelsschule 2017/18, Abgelegte Deutsch-Prüfung B1, Empfehlungsschreiben XXXX , Schulbesuchsbestätigung Handelsschule Voitsberg, drei Empfehlungsschreiben ( XXXX , XXXX und XXXX bez. Integration), Vorlage einer Diagnose von 30.08.2018, Empfehlungsschreiben von Frau XXXX vom 12.12.2018, Fotos vom BF im Rahmen des Fussballvereines, Hockeyvereines, Vortrages und beim Buschenschank
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Auf Grundlage des Verwaltungsaktes der belangten Behörde und der in diesem Verfahren herangezogenen Hintergrundberichte zur aktuellen relevanten Lage in Afghanistan sowie der mündlichen Verhandlung wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes Folgendes festgestellt:
1.1. Zur Person:
Der BF führt den Namen XXXX , er wurde spätestens am XXXX in Kapisa geboren und ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan. Weiters ist er Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Muttersprache des BF ist Paschtu, er spricht jedoch aus sehr gut Farsi und er verfügt über Deutschkenntnisse.
Der BF hat eine fünfjährige Schulausbildung in Afghanistan abgeschlossen und besitzt Berufserfahrungen als Stuckateur. Er lebte bis zwei Jahre vor Einreise in Österreich in Afghanistan und kennt die afghanische Kultur. Der BF verbrachte zuletzt zwei Jahre im Iran bei seinem Bruder.
Der BF ist ledig und hat keine Kinder.
Seine Eltern und sieben Geschwister verblieben im Iran im Dorf XXXX . Er hat ein bis zweimal pro Monat Kontakt mit seinen Eltern sowie mit seinem Bruder im Iran.
Der BF ist grundsätzlich seinem Alter entsprechend entwickelt und hat keine groben gesundheitlichen Einschränkungen. Die Brüche - schwere Prellung - an den Daumen hindern den BF nicht erwerbsmäßig tätig zu werden.
Der BF ist in seinem Herkunftsstaat nicht vorbestraft, war dort nie inhaftiert, war kein Mitglied einer politischen Partei oder sonstigen Gruppierung, er hat sich nicht politisch betätigt und hatte keine Probleme mit staatlichen Einrichtungen oder Behörden im Herkunftsland. Aufgrund der Volksgruppenzugehörigkeit zu den Paschtunen in Afghanistan droht ihm keine gegen ihn gerichtete psychische bzw. physische Gewalt. Der BF hat in Österreich keine Familienangehörige, viele österreichische Freunde, ist Mitglied bei einem Fußballverein und einem Hockeyverein. Er hält Kontakt zu Österreichern und nähert sich der österreichischen Kultur an. Er besucht die 2. Klasse der Praxis-Handelsschule Voitsberg und hat gute bis sehr gute Erfolge. Er hat in Österreich den B1-Level positiv absolviert und spricht Deutsch.
Der BF lebt von der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig.
Der BF reiste illegal vor dem 19.08.2015 nach Österreich ein.
1.2. Zu den Fluchtgründen des BF:
Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF wegen Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter bedroht oder verfolgt gewesen wäre. Der BF konnte glaubhaft Vorbringen, dass er seinen Herkunftsstaat Afghanistan aufgrund der Probleme mit den Taliban Richtung den Iran verlassen hat.
1.3. Zur Situation im Fall einer Rückkehr des BF in sein Herkunftsland.
Es konnte vom BF glaubhaft vermittelt werden, dass er im Falle der Rückkehr in die Herkunftsprovinz seines Herkunftsstaates einer Verfolgung aus Gründen unterstellter politischen bzw. religiöser Ansichten von dritter Seite einer Bedrohung ausgesetzt werden würde.
Es kann nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass dem BF bei einer Rückkehr nach Afghanistan in die Herkunftsprovinz Kapisa aufgrund der dort herrschenden volatilen Sicherheitslage ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen würde.
Dem BF steht jedoch ein zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative in der Stadt Mazar-e-Sharif oder Herat zur Verfügung. Es ist ihm möglich ohne Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft befrieden zu können, bzw. ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten, zu leben. Dem BF würde bei seiner Rückkehr in eine dieser Städte kein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen. Der BF hat auch die Möglichkeit, finanzielle Unterstützung in Form der Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen. Er kann selbst für sein Auskommen und Fortkommen sorgen und zumindest vorrübergehend verschiedene Hilfsprogramme in Anspruch nehmen, die in bei der Ansiedlung in Mazar- e Sharif oder Herat unterstützen. Dem BF würde nicht wegen Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung in einen den beiden Städten Verfolgung drohen.
Es ist dem Beschwerdeführer möglich nach anfänglichen Schwierigkeiten nach einer Ansiedlung in der Stadt Mazar-e Sharif oder Herat Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können. Der BF wird den Vorteil gegenüber andere Bewerber für Arbeitsplätze auch in den beiden Städten haben, wenn er eine entsprechende Schulausbildung absolviert hat.
Die Städte Mazar-e-Sharif und Herat sind von Österreich aus sicher mit dem Flugzeug zu erreichen.
Der BF ist nicht in einer so exponierten Stellung, dass die Taliban in den großen Städten wie Herat oder Mazar-e Sharif suchen bzw. finden würden.
Aufgrund seines 3 - 4-jährigen Aufenthalt und Annäherung an die europäische Kultur - "Verwestlichung" - erfolgt keine Verfolgung in Afghanistan.
Der BF hat keine individuellen gefahrenerhöhenden Umstände aufgezeigt, die unter Beachtung seiner persönlichen Situation innewohnenden Umstände eine Gewährung von subsidiären Schutz auch bei einem niedrigen Grad willkürlicher Gewalt angezeigt hätte.
1.4. Zum Herkunftsstaat:
Das BVwG trifft folgende Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat unter Auszug aus dem Länderinformationblatt, welches auch für die Feststellungen des BFA verwendet wurden.
...
Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformation:
KI vom 23.11.2018, Anschläge in Kabul (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage)
Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt kamen am 20.11.2018 ca. 55 Menschen ums Leben und ca. 94 weitere wurden verletzt (AJ 21.11.2018; vgl. NYT 20.11.2018, TS 21.11.2018, LE
21.11.2018) . Der Anschlag fand in der Hochzeitshalle "Uranus" statt, wo sich Islamgelehrte aus ganz Afghanistan anlässlich des Nationalfeiertages zu Maulid an-Nabi, dem Geburtstag des Propheten Mohammed, versammelt hatten (AJ 21.11.2018; vgl. TS 21.11.2018, TNAE 21.11.2018, IFQ 20.11.2018, Tolonews 20.11.2018). Quellen zufolge befanden sich zum Zeitpunkt der Explosion zwischen 1.000 und 2.000 Personen, darunter hauptsächlich Islamgelehrte und Mitglieder des Ulemarates, aber auch Mitglieder der afghanischen Sufi-Gemeinschaft und andere Zivilisten, in der Hochzeitshalle (AJ 21.11.2018; vgl. LE 21.11.2018, NYT 20.11.2018, DZ 20.11.2018, IFQ 20.11.2018). Gemäß einer Quelle fand die Detonation im ersten Stock der Hochzeitshalle statt, wo sich zahlreiche Geistliche der afghanischen Sufi-Gemeinschaft versammelt hatten. Es ist nicht klar, ob das Ziel des Anschlags das Treffen der sufistischen Gemeinschaft oder das im Erdgeschoss stattfindende Treffen der Ulema und anderer Islamgelehrten war (LE 21.11.2018; vgl. TNAE 21.11.2018). Weder die Taliban noch der Islamische Staat (IS) bekannten sich zum Angriff, der dennoch von den Taliban offiziell verurteilt wurde (LE 21.11.2018; vgl. AJ 21.11.2018, IFQ 20.11.2018).
Am 12.11.2018 kamen bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt ca. sechs Personen ums Leben und 20 weitere wurden verletzt (Tolonews 12.11.2018; vgl. DZ 12.11.2018, ANSA12.11.2018) . Anlass dafür war eine Demonstration in der Nähe des "Pashtunistan Square" im Stadtzentrum, an der hunderte von Besuchern, darunter hauptsächlich Mitglieder und Unterstützer der Hazara-Gemeinschaft, teilnahmen, um gegen die während des Berichtszeitraums anhaltenden Kämpfe in den Provinzen Ghazni und Uruzgan zu demonstrieren (Tolonews 12.11.2018; vgl. DZ 12.11.2018, KP 12.11.2018). Der IS bekannte sich zum Anschlag (DZ 12.11.2018; vgl. AJ 12.11.2018) .
Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt kamen am 31.10.2018 ca. sieben Personen ums Leben und weitere acht wurden verletzt (Dawn 1.11.20181; vgl. 1TV 31.10.2018, Pajhwok 31.10.2018) . Unter den Opfern befanden sich auch Zivilisten (Pajhwok 31.10.2018; vgl. 1TV 31.10.2018) . Die Explosion fand in der Nähe des Kabuler Gefängnisses Pul-i-Charkhi statt und hatte dessen Mitarbeiter zum Ziel (Dawn 1.11.2018; vgl. 1TV 31.10.2018, Pajhwok 31.10.2018). Der IS bekannte sich zum Anschlag (Dawn 1.11.2018, vgl. 1TV 31.10.2018).
1TV (31.10.2018): Suicide attack kills seven outside Kabul prison, http://www.1tvnews.af/en/news/
afghanistan/36271-suicide-attack-kills-seven-outside-kabul-prison?
fbclid=IwAR2WADPVHTuF8LZMwm0-LYci05vz1p06BvgjhELlFr-wLKNDNo8XQRLXnuQ.
Zugriff
22.11.2018
AJ - Al Jazeera (21.11.2018): 'Brutal and barbaric': Victims recount horror of Kabul attack. https:// www.aljazeera.com/news/2018/11/barbaric-victims-recount-horror-kabul-attack-
181121162807917.html. Zugriff 22.11.2018
AJ - Al Jazeera (12.11.2018): Kabul: Suicide bomber targets protesters demanding security,
https://www.aljazeera.com/news/2018/11/afghanistan-suicide-bomber-targets-protesters-kabul-
181112094659291 .html. Zugriff 22.11.2018
DZ - Die Zeit (12.11.2018): Mehrere Tote bei Anschlag nahe Anti-Taliban-Demo.
https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-11/kabul-anschlag-explosion-demonstration-taliban-
regierungstruppen-ghasni. Zugriff 12.11.2018
IFQ - Il Fatto Quotidiano (20.11.2018): Afghanistan. attacco kamikaze a Kabul durante incontro religioso: almeno 50 morti e 80 feriti gravi.
https://www.ilfattoquotidiano.it/2018/11/20/afghanistanattacco-kamikaze-a-kabul-durante-incontro-religioso-almeno-40-morti-e-80-feriti/4779194/.
Zugriff
22.11.2018
KP - Khaama Press (12.11.2018): Protesters gather near Presidential Palace in Kabul over recent wave of violence.
https://www.khaama.com/protesters-gather-near-presidential-palace-in-kabulover-recent-wave-of-violence-02722/?
fbclid=IwAR2cNvRcLjWNmzaEoWNieBq37J1eVAKL2aT 4vCqbU9HdYKpr30O1NoXe-g. Zugriff
22.11.2018
LE - L'Express (21.11.2018): Attentat a Kaboul : la lecture de verset du Coran soudain interrompue. raconte un blesse. https://www.lexpress.fr/actualites/1/monde/attentat-a-kaboul-lalecture-de-versets-du-coran-soudain-interrompue-raconte-un-blesse_2049660.html.
Zugriff
22.11.2018
NYT - New York Times (20.11.2018): At Leas 55 Killed in Bombing of Afghan Religious Gathering.
https://www.nvtimes.com/2018/11/20/world/asia/afghanistan-wedding-hall-bombing.html.
Zugriff
22.11.2018
Pajhwok Afghan News (31.10.2018): Suicide blast in front of Pul-i-Charhi prison leave 6 people dead.
https://www.pajhwok.com/en/2018/10/31/suicide-blast-front-pul-i-charkhi-prison-leave-6- people-dead. Zugriff 22.11.2018
KI vom 29.10.2018, Parlamentswahlen und UNAMA-Update zu zivilen Opfern (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage und Abschnitt 2/Politische Lage)
Am 20. und am 21.10.2018 fand in Afghanistan die Wahl für das Unterhaus (Wolesi Jirga, Anm.) in 32 der 34 Provinzen statt (AAN 21.10.2018b; vgl. LS 21.10.2018). In der Provinz Ghazni wurde die Parlamentswahl verschoben, voraussichtlich auf den 20.4.2019, wenn u. a. auch die Präsidentschafts- und Distriktwahlen stattfinden sollen (siehe hierzu KI der Staatendokumentation vom 19.10.2018). In der Provinz Kandahar fand die Wahl am 27.10.2018 mit Ausnahme der Distrikte Nesh und Maruf statt (AAN 26.10.2018; vgl. CNN 27.10.2018). Grund für die Verzögerung war die Ermordung u.a. des lokalen Polizeichefs General Abdul Raziq am 18.10.2018 (AJ 19.10.2018; vgl. LS 21.10.2018). Während der Wahl in der Provinz Kandahar wurden keine sicherheitsrelevanten Vorfälle gemeldet (CNN 27.10.2018). Die Wahl, die für den 20.10.2018 geplant war, wurde um einen Tag verlängert, weil die Wähler aus sicherheits- und technischen Gründen in zahlreichen Provinzen nicht wählen konnten:
Lange Wartezeiten vor den Wahllokalen sowie verspätete Öffnungszeiten, Mangel an Wahlunterlagen, Probleme bei der biometrischen Verifizierung der Wähler, sicherheitsrelevante Vorfälle usw. waren die Hauptprobleme während der beiden Wahltage (AAN 20.10.2018; vgl. AAN 21.10.2018a). Von den ca. neun Millionen Afghanen und Afghaninnen, die sich für die Wahl registriert hatten, wählten laut Schätzungen der Independent Election Commission (IEC) zwischen drei und vier Millionen (CNN 27.10.2018; vgl. RN 21.10.2018, AAN 21.10.2018b). In den Städten und Gebieten, die als sicherer gelten, war der Wahlandrang höher als in den ländlichen Gegenden, in denen die Taliban Einfluss ausüben (AAN 20.10.2018; vgl. RN 21.10.2018, AAN 21.10.2018a).
Während der beiden Wahltage fanden Quellen zufolge landesweit ca. 200 sicherheitsrelevante Vorfälle statt und ca. 170 Zivilisten kamen während des ersten Wahltages ums Leben bzw. wurden verwundet: In Kabul wurden 15 Tote, in Baghlan 12, in Nangarhar 11 und in Kunduz 3 Tote verzeichnet. Auch Mitglieder der afghanischen Sicherheitskräfte befanden sich unter den Opfern (vgl. AAN 21.10.2018a, RN 21.10.2018, AFP 20.10.2018).
Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte zwischen 1.1.2018 und 30.9.2018 im Zusammenhang mit den Parlamentswahlen insgesamt 366 zivile Opfer (126 Tote und 240 Verletzte) (UNAMA 10.10.2018).
Zivile Opfer
Insgesamt wurden im selben Berichtszeitraum 8.050 zivile Opfer (2.798 Tote und 5.252 Verletzte) verzeichnet. Die meisten zivilen Opfer wurden durch Selbstmord- und Nicht-Selbstmord-IED [Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen, Anm.] regierungsfeindlicher Gruppierungen verursacht. Zusammenstöße am Boden, gezielte Tötungen, Luftangriffe und explosive Kampfmittelrückstände waren weitere Ursachen für zivile Opfer (UNAMA 10.10.2018).
Zivilisten in den Provinzen Nangarhar, Kabul, Helmand, Ghazni und Faryab waren am stärksten betroffen. In Nangarhar wurde bis 30.9.2018 die höchste Zahl an zivilen Opfern (1.494) registriert:
davon 554 Tote und 940 Verletzte (UNAMA 10.10.2018).
Regierungsfeindliche Gruppierungen verursachten 65% der zivilen Opfer (5.243): davon 1.743 Tote und 3.500 Verletze. 35% der Opfer wurden den Taliban, 25% dem Islamic State Khorasan Province (ISKP) und 5% unidentifizierten regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben (darunter 1% selbsternannten Mitgliedern des ISKP) (UNAMA 10.10.2018).
Regierungsfreundliche Gruppierungen waren für 1.753 (761 Tote und 992 Verletzte) zivile Opfer verantwortlich: 16% wurden durch die afghanischen, 5% durch die internationalen Sicherheitskräfte und 1% durch regierungsfreundliche bewaffnete Gruppierungen verursacht (UNAMA 10.10.2018).
KI vom 19.10.2018, Aktualisierung: Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2018
Allgemeine Sicherheitslage und sicherheitsrelevante Vorfälle
Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt volatil (UNGASC 10.9.2018). Am 19.8.2018 kündigte der afghanische Präsident Ashraf Ghani einen dreimonatigen Waffenstillstand mit den Taliban vom 20.8.2018 bis 19.11.2018 an, der von diesen jedoch nicht angenommen wurde (UNGASC 10.9.2018; vgl. Tolonews 19.8.2018, TG 19.8.2018, AJ 19.8.2018). Die Vereinten Nationen (UN) registrierten im Berichtszeitraum (15.5.2018 - 15.8.2018) 5.800 sicherheitsrelevante Vorfälle, was einen Rückgang von 10% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres bedeutet. Bewaffnete Zusammenstöße gingen um 14% zurück, machten aber weiterhin den Großteil der sicherheitsrelevanten Vorfälle (61%) aus. Selbstmordanschläge nahmen um 38% zu, Luftangriffe durch die afghanische Luftwaffe (AAF) sowie internationale Kräfte stiegen um 46%. Die am stärksten betroffenen Regionen waren der Süden, der Osten und der Süd-Osten, wo insgesamt 67% der Vorfälle stattfanden. Es gibt weiterhin Bedenken bezüglich sich verschlechternder Sicherheitsbedingungen im Norden des Landes:
Eine große Zahl von Kampfhandlungen am Boden wurde in den Provinzen Balkh, Faryab und Jawzjan registriert, und Vorfälle entlang der Ring Road beeinträchtigten die Bewegungsfreiheit zwischen den Hauptstädten der drei Provinzen (UNGASC 10.9.2018).
Zum ersten Mal seit 2016 wurden wieder Provinzhauptädte von den Taliban angegriffen: Farah- Stadt im Mai, Ghazni-Stadt im August und Sar-e Pul im September (UNGASC 10.9.2018; vgl. Kapitel 1., KI 11.9.2018, SIGAR 30.7.2018, UNGASC 6.6.2018). Bei den Angriffen kam es zu heftigen Kämpfen, aber die afghanischen Sicherheitskräfte konnten u.a. durch Unterstützung der internationalen Kräfte die Oberhand gewinnen (UNGASC 10.9.2018; vgl. UNGASC 6.6.2018, GT 12.9.2018). Auch verübten die Taliban Angriffe in den Provinzen Baghlan, Logar und Zabul (UNGASC 10.9.2018). Im Laufe verschiedener Kampfoperationen wurden sowohl Taliban- als auch ISKP-Kämpfer (ISKP, Islamic State Khorasan Province, Anm.) getötet (SIGAR 30.7.2018).
Sowohl die Aufständischen als auch die afghanischen Sicherheitskräfte verzeichneten hohe Verluste, wobei die Zahl der Opfer auf Seite der ANDSF im August und September 2018 deutlich gestiegen ist (Tolonews 23.9.2018; vgl. NYT 21.9.2018, ANSA 13.8.2018, CBS 14.8.2018).
Trotzdem gab es bei der Kontrolle des Territoriums durch Regierung oder Taliban keine signifikante Veränderung (UNGASC 10.9.2018; vgl. UNGASC 6.6.2018). Die Regierung kontrollierte - laut Angaben der Resolute Support (RS) Mission - mit Stand 15.5.2018 56,3% der Distrikte, was einen leichten Rückgang gegenüber dem Vergleichszeitraum 2017 (57%) bedeutet. 30% der Distrikte waren umkämpft und 14% befanden sich unter Einfluss oder Kontrolle von Aufständischen. Ca. 67% der Bevölkerung lebten in Gebieten, die sich unter Regierungskontrolle oder -einfluss befanden, 12% in Gegenden unter Einfluss bzw. Kontrolle der Aufständischen und 23% lebten in umkämpften Gebieten (SIGAR 30.7.2018).
Der Islamische Staat - Provinz Khorasan (ISKP) ist weiterhin in den Provinzen Nangarhar, Kunar und Jawzjan aktiv (USGASC 6.6.2018; vgl. UNGASC 10.9.2018). Auch war die terroristische Gruppierung im August und im September für öffentlichkeitswirksame Angriffe auf die schiitische Glaubensgemeinschaft in Kabul und Paktia verantwortlich (UNGASC 10.9.2018; vgl. KI vom 11.9.2018, KI vom 22.8.2018). Anfang August besiegten die Taliban den in den Distrikten Qush Tepa und Darzab (Provinz Jawzjan) aktiven "selbsternannten" ISKP (dessen Verbindung mit dem ISKP in Nangarhar nicht bewiesen sein soll) und wurden zur dominanten Macht in diesen beiden Distrikten (AAN 4.8.2018; vgl. UNGASC 10.9.2018).
Global Incident Map zufolge wurden im Berichtszeitraum (1.5.2018 - 30.9.2018) 1.969 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.
Zivile Opfer
Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im Berichtszeitraum (1.1.2018 - 30.6.2018) 5.122 zivile Opfer (1.692 Tote und 3.430 Verletzte), ein Rückgang von 3% gegenüber dem Vorjahreswert. 45% der zivilen Opfer wurden durch IED [Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen, aber auch Selbstmordanschläge, Anm.] regierungsfeindlicher Gruppierungen verursacht. Zusammenstöße am Boden, gezielte Tötungen, Luftangriffe und explosive Kampfmittelrückstände waren weitere Ursachen für zivile Opfer. Zivilisten in den Provinzen Kabul, Nangarhar, Faryab, Helmand und Kandahar waren am stärksten betroffen. Wobei die Zahl der durch Zusammenstöße am Boden verursachten zivilen Opfer um 18% und die Zahl der gezielten Tötungen deutlich zurückging. Jedoch ist die Opferzahl bei komplexen und Selbstmordangriffen durch regierungsfeindliche Gruppierungen gestiegen (um 22% verglichen mit 2017), wobei 52% der Opfer dem ISKP, 40% den Taliban und der Rest anderen regierungsfeindlichen Gruppierungen zuzuschreiben ist (UNAMA 15.7.2018).
Regierungsfeindliche Gruppierungen waren im UNAMA-Berichtszeitraum (1.1.2018 - 30.6.2018) für 3.413 (1.127 Tote und 2.286 Verletzte) zivile Opfer verantwortlich (67%): 42% der Opfer wurden den Taliban, 18% dem IS und 7% undefinierten regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben. Im Vergleich mit dem ersten Halbjahr 2017 stieg die Anzahl ziviler Opfer von gezielten Angriffen auf Zivilisten um 28%, was hauptsächlich auf Angriffe auf die öffentliche Verwaltung und Vorfälle mit Bezug auf die Wahlen zurückzuführen ist (UNAMA 15.7.2018).
Ungefähr 1.047 (20%) der verzeichneten zivilen Opfer wurden regierungsfreundlichen Gruppierungen zugeschrieben: 17% wurden von den afghanischen Sicherheitskräften, 2% durch die internationalen Streitkräfte und 1% von regierungsfreundlichen bewaffneten Gruppierungen verursacht. Gegenüber 2017 sank die den regierungstreuen Gruppen zugerechnete Zahl ziviler Opfer von Zusammenstößen am Boden um 21%. Gleichzeitig kam es jedoch zu einem Anstieg der Opfer von Luftangriffen um 52% (Kunduz, Kapisa und Maidan Wardak) (UNAMA 15.7.2018; vgl. UNAMA 25.9.2018a, UNAMA 25.9.2018b).
Auch wurden von UNAMA zivile Opfer durch Fahndungsaktionen, hauptsächlich durch die Spezialkräfte des National Directorate of Security (NDS) und regierungsfreundliche bewaffnete Gruppierungen wie die Khost Protection Force (KPF) verzeichnet (UNAMA 15.7.2018).
Dennoch unternahm die afghanische Regierung weiterhin Anstrengungen zur Reduzierung der Zahl ziviler Opfer, was hauptsächlich während Bodenoperationen einen diesbezüglichen Rückgang zur Folge hatte. Die Regierung verfolgt eine "nationale Politik für zivile Schadensminimierung und - prävention" und das Protokol V der "Konvention über bestimmte konventionelle Waffen in Bezug auf explosive Kriegsmunitionsrückstände", welche am 9.2.2018 in Kraft getreten ist. Bei Bodenoperationen regierungfeindlicher Gruppierungen (hauptsächlich Taliban) wurde ein Rückgang der zivilen Opfer um 23% im Vergleich zu 2017 verzeichnet. So sank etwa die Zahl der zivilen Opfer der hauptsächlich von den Taliban eingesetzten Druckplatten-IEDs um 43% (UNAMA 15.7.2018).
Wahlen
Zwischen 14.04.2018 und 27.7.2018 fand die Wählerregistrierung für die Parlaments- sowie Distriktwahlen statt. Offiziellen Angaben zufolge haben sich im genannten Zeitraum 9,5 Millionen Wähler registriert, davon 34% Frauen (UNGASC 10.9.2018). Die Registrierung der Kandidaten für die Parlaments- sowie Distriktwahlen endete am 12.6.2018 bzw. 14.6.2018 und die Kandidatenliste für die Parlamentswahlen wurde am 2.7.2018 veröffentlicht (UNGASC 10.9.2018). Am 25.9.2018 wurde vom Sprecher der Independent Electoral Commission (IEC) verkündet, dass die landesweiten Distriktwahlen sowie die Parlamentswahlen in der Provinz Ghazni am 20.10.2018 nicht stattfinden werden (im Rest des Landes hingegen schon). Begründet wurde dies mit der niedrigen Anzahl registrierter Kandidaten für die Distriktwahlen (nur in 40 von 387 Distrikten wurden Kandidaten gestellt) sowie mit der "ernst zu nehmenden Sicherheitslage und anderen Problematiken". Damit wurden beide Wahlen (Distriktwahlen landesweit und Parlamentswahlen in Ghazni) de facto für 2018 abgesagt. Obwohl noch nicht feststeht, wann diese nachgeholt werden sollen, ist der 20.4.2019, an dem u.a. die Präsidentschafts- sowie Provinzwahlen stattfinden sollen, als neuer Termin wahrscheinlich (AAN 26.9.2018). Die Registrierung der Kandidaten für die Präsidentschaftswahl ist für den Zeitraum 11.11.2018 - 25.11.2018 vorgesehen; die vorläufige Kandidatenliste soll am 10.12.2018 bereitstehen, während die endgültige Aufstellung am 16.1.2019 veröffentlicht werden soll (AAN 9.10.2018). Ohne die Provinz Ghazni sank die Zahl der registrierten Wähler mit Stand Oktober 2018 auf ungefähr 8.8 Milionen (AAN 9.10.2018; vgl. IEC o. D.). Die Verkündung der ersten Wahlergebnisse für die Parlamentswahlen (ohne Provinz Ghazni) ist für den 10.11.2018 vorgesehen, während das Endergebnis voraussichtlich am 20.12.2018 veröffentlicht werden soll (AAN 9.10.2018).
Im April und Oktober 2018 erklärten die Taliban in zwei Stellungnahmen, dass sie die Wahl boykottieren würden (AAN 9.10.2018). Angriffe auf mit der Ausstellung von Tazkiras sowie mit der Wahlregistrierung betraute Behörden wurden berichtet. Sowohl am Wahlprozess beteiligtes Personal als auch Kandidaten und deren Unterstützer wurden von regierungsfeindlichen Gruppierungen angegriffen. Zwischen 1.1.2018 und 30.6.2018 wurden 341 zivile Opfer (117 Tote und 224 Verletzte) mit Bezug auf die Wahlen verzeichnet, wobei mehr als 250 dieser Opfer den Anschlägen Ende April und Anfang Mai in Kabul und Khost zuzuschreiben sind. Auch wurden während des Wahlregistrierungsprozesses vermehrt Schulen, in denen Zentren zur Wahlregistrierung eingerichtet worden waren, angegriffen (39 Angriffe zwischen April und Juni 2018), was negative Auswirkungen auf die Bildungsmöglichkeiten von Kindern hatte (UNAMA 15.7.2018). Seit dem Beginn der Wählerregistrierung Mitte April 2018 wurden neun Kandidaten ermordet (AAN 9.10.2018).
Von den insgesamt 7.366 Wahllokalen werden aus Sicherheitsgründen letztendlich am Tag der Wahl 5.100 geöffnet sein (AAN 9.10.2018; vgl. UNAMA 17.9.2018, Tolonews 29.9.2018). Diese sollen während der fünf Tage vor der Wahl von 54.776 Mitgliedern der Afghan National Security Forces (ANSF) bewacht werden; 9.540 weitere stehen als Reserven zur Verfügung (Tolonews 29.9.2018; vgl. AAN 9.10.2018).
Quellen:
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AAN - Afghanistan Analysts Network (9.10.2018): Afghanistan Election Conundrum (16): Basic facts about the parliamentary elections,
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AAN - Afghanistan Analysts Network (26.9.2018): Afghanistan Election Conundrum (14): Districtcouncil and Ghazni parliamentary elections
quietly dropped,
https://www.afghanistan-analysts.org/afghanistan-election-conundrum-14district-counciland-ghazni-parliamentary-elections-quietly-dropped/, Zugriff 2.10.2018
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AAN - Afghanistan Analysts Network (4.8.2018): Qari Hekmat's Islan Overrun: Taleban defeat 'ISKP' in Jawzjan, https://www.afghanistan-analysts.org/qari-hekmats-islandoverrun-taleban-defeat-iskp-in-jawzjan/, Zugriff 31.8.2018
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AJ - Al Jazeera (19.8.2018): Afghanistan's Ghani declares Eid ceasefire with Taliban,
https://www.aljazeera.com/news/2018/08/afghanistan-ghani-declares-eid-ceasefire-taliban- 180819143135061.html, Zugriff 31.8.2018
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ANSA - Agenzia Nationale Stampa Associata (13.8.2018):
Afghanistan: a Ghazni 120 morti, http://www.ansa.it/sito/notizie/mondo/asia/2018/08/13/afghanistan-a-ghazni-120- morti_695579f5-407b-4e4f-8814-afcd60397435.html, Zugriff 31.8.2018
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BFA Staatendokumentation (15.10.2018b): grafische Darstellung der sicherheitsrelevanten Vorfälle Q2 und Q3, liegt im Archiv der Staatendokumentation vor
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CBS News (14.8.2018): Taliban overruns Afghan base,
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GT - Gulf Today (12.9.2018): Scores killed in Afghan suicide attack,
http://gulftoday.ae/portal/efd26c1a-5e54-42e8-a810-7e18341d14e4.aspx, Zugriff 2.10.2018
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IEC - Independent Election Commission of Afghanistan (o.D.), http://www.iec.org.af/pdf/vr- 2018/vr-statistics.pdf, Zugriff 19.10.2018
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NYT - The New York Times (21.9.2018): The Death Toll for Afghan Forces Is Secret. Here's Why,
https://www.nytimes.com/2018/09/21/world/asia/afghanistan-securitycasualties-taliban.html, Zugriff 3.10.2018
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UNGASC - General Assembly Security Council (10.9.2018): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, Report of the Secretary General https://unama.unmissions.org/sites/default/files/sg_report_on_afghanistan_12_sept.pdf
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UNGASC - General Assembly Security Council (6.6.2018): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, Report of the Secretary General https://unama.unmissions.org/sites/default/files/sg_report_on_afghanistan_6_june.pdf, Zugriff 31.8.2018
KI vom 11.9.2018, Angriffe des Islamischen Staates (IS/ISKP) in Kabul, Anschläge und Aktivitäten der Taliban in den Provinzen Sar-i Pul und Jawzjan (Sicherheitslage)
IS-Angriff während Massoud-Festzug in Kabul 9.9.2018
Bei einem Selbstmordanschlag im Kabuler Stadtteil Taimani kamen am 9.9.2018 mindestens sieben Menschen ums Leben und ungefähr 24 weitere wurden verletzt. Der Anschlag, zu dem sich der Islamische Staat (IS/ISKP) bekannte, fand während eines Festzugs zu Ehren des verstorbenen Mudschahedin-Kämpfers Ahmad Shah Massoud statt (AJ 10.9.2018; vgl. Khaama Press 10.9.2018b)
IS-Angriff auf Sportverein in Kabul 5.9.2018
Am Mittwoch, dem 5.9.2018, kamen bei einem Doppelanschlag auf einen Wrestling-Klub im Kabuler Distrikt Dasht-e Barchi mindestens 20 Personen ums Leben und ungefähr 70 weitere wurden verletzt (AJ 6.9.2018; vgl. CNN 6.9.2018, TG 5.9.2018). Zuerst sprengte sich innerhalb des Sportvereins ein Attentäter in die Luft, kurz darauf explodierte eine Autobombe in der sich vor dem Klub versammelnden Menge (SO 5.9.2018) Der Islamische Staat (IS/ISKP) bekannte sich zum Anschlag (RFE/RL 5.9.2018).
Quellen:
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AFP - Agence France-Presse (11.9.2018): Student killed in twin bomb attack near Afghan girls' school, https://www.afp.com/en/news/23/student-killed-twin-bomb-attack-near-afghan-girls-schooldoc-1904hc1, Zugriff 11.9.2018
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AJ - Al Jazeera (10.9.2018): Afghanistan: Bomb attack hits Ahmed Shah Massoud supporters,
https://www.aljazeera.com/news/2018/09/afghanistan-bomb-attack-hits-ahmed-shah-massoudsupporters-180909112746171.html, Zugriff 11.9.2018
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AJ - Al Jazeera (6.9.2018): Afghanistan: Two journalists among 20 killed in Kabul blasts,
https://www.aljazeera.com/news/2018/09/afghanistan-deadly-suicide-attack-kabul-sports-club- 180905142909428.html, Zugriff 11.9.2018
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CNN - Cable News Network (6.9.2018): Two journalists among 20 killed in wrestling club blasts in Kabul, https://edition.cnn.com/2018/09/06/asia/kabul-attack-wrestling-intl/index.html, Zugriff 11.9.2018
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Khaama Press (10.9.2018b): ISIS claims suicide attack on the s