Entscheidungsdatum
13.03.2019Norm
ASVG §410Spruch
L510 2139907-1/18E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. INDERLIETH als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX, vertreten durch Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH, gegen den Bescheid der XXXX Gebietskrankenkasse vom 13.07.2016, GZ.: XXXX, zu Recht erkannt:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid gem. § 28 Abs. 2 und 5 VwGVG idgF behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. Mit im Spruch genannten Bescheid sprach die XXXX Gebietskrankenkasse (folgend kurz: "GKK") aus, dass die beschwerdeführende Partei (folgend kurz: "bP"), XXXX, als Dienstgeberin verpflichtet sei,
1.) die von der XXXX Gebietskrankenkasse mit der Beitragsabrechnung vom 28.06.2016/Prüfbericht vom 29.06.2016 für den Prüfzeitraum 01.01.2007 - 31.12.2014 nachverrechneten Sozialversicherungsbeiträge betreffend XXXX in der Höhe von EUR 15,983,62 an die XXXX Gebietskrankenkasse zu entrichten.
2.) Verzugszinsen für den Prüfzeitraum 01.01.2007 - 31.12.2014 gem. § 59 Abs. 1 ASVG in der Höhe von EUR 7.376,45 an die XXXX Gebietskrankenkasse zu entrichten.
Dieser Bescheid erging aufgrund eines entsprechenden diesbezüglichen Antrages auf Erlassung eines Bescheides seitens der bP mit 18.12.2015.
2. Gegen diesen Bescheid erhob die damalige Vertretung der bP binnen offener Frist Beschwerde und legte unter noch weiterreichenden Ausführungen u. a. dar, dass der angefochtene Bescheid voraussetze, dass jene Person, die die nachverrechneten Sozialversicherungsbeiträge betreffen würde, überhaupt dem Grunde nach im Zeitraum 01.01.2007 bis 31.12.2014 gemäß § 4 Abs. 2 ASVG der Voll- (Kranken-, Unfall- und Pension-) und Arbeitslosenversicherung unterlegen wäre. Die belangte Behörde glaube, sich dabei auf den "Versicherungspflichtbescheid vom 13.07.2016" berufen zu können. Dieser sei jedoch nicht rechtskräftig.
Im Zeitraum Oktober 2010 bis Oktober 2013 hätten keinerlei Prüfungshandlungen stattgefunden, sodass Verjährung eingetreten sei.
Der Prüfbericht sei rechnerisch nicht nachvollziehbar.
Des Weiteren sei nicht erkennbar, was es rechtlich bedeuten soll, "angeführte Anlagen" würden einen "integrierten Bestandteil" des Bescheides darstellen. Selbst wenn damit der Prüfbericht, die Beitragsabrechnung, der Versicherungspflichtbescheid, Meldungen iSd § 109a EStG bzw. Buchhaltungskonten bzw. Provisionsabrechnungen gemeint seien, müsste dies in einer für die BF verständlich und vor allem auch nachvollziehbaren Form geschehen, was aber nicht der Fall sei.
Es wurde der Antrag gestellt den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben, in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und der belangten Behörde die Ergänzung des Ermittlungsverfahrens aufzutragen (wobei sich eine neuerliche Entscheidung erübrige, wenn die belangte Behörde richtig zu dem Ergebnis komme, dass XXXX nicht versicherungspflichtig gewesen sei). Es wurde gemäß § 414 Abs. 2 ASVG die Entscheidung durch einen Senat beantragt. Es wurde beantragt, dass gemäß § 24 VwGVG eine mündliche Verhandlung durchgeführt werde.
3. Die Beschwerde wurde in der Folge dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zur Entscheidung vorgelegt.
4. Mit Beschluss des BVwG vom 30.12.2016, GZ: L510 2139907-1/7Z, wurde das gegenständliche Verfahren gem. § 17 VwGVG iVm § 38 AVG bis zur rechtskräftigen Entscheidung in dem zur Zahl L510 2139906-1 anhängigen Verfahren, in welchem es um die Feststellung der Versicherungspflicht dem Grunde nachging, ausgesetzt.
5. Mit Beschluss des VwGH v. 06.09.2018, Zlen. Ra 2018/08/0070 bis 0073, 0075, 0078 bis 0080 und 0084-5, wurde u.a. die Revisionen gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. März 2018, L510 2139906-1/10E, betreffend des Bestehens der Pflichtversicherung von Frau G. nach dem ASVG und dem AlVG, zurückgewiesen.
6. Mit Schriftsatz der damaligen Vertretung der bP vom 29.11.2018 wurde der Antrag auf Entscheidung durch einen Senat im Rahmen der Beschwerdeerhebung vom 31.03.2016 zurückgezogen.
7. Mit Schriftsatz der damaligen Vertretung der bP vom 11.12.2018 wurde der Antrag der bP vom 18.12.2015 auf Erlassung eines Bescheides zurückgezogen.
8. Mit Schriftsatz vom 19.12.2018 wurde die Beendigung des Vollmachtverhältnisses zur bP seitens Schuppich Sporn & Winischhofer Rechtsanwälte GmbH bekannt gegeben.
9. Mit Schriftsatz vom 18.02.2019 wurde seitens Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH das Vollmachtverhältnis zur bP bekannt gegeben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die GKK hat den verfahrensgegenständlichen Bescheid aufgrund des Antrages der bP vom 18.12.2015 erlassen.
Mit 29.11.2018 wurde der ursprüngliche Antrag auf Entscheidung durch einen Senat im Zuge der Beschwerdeerhebung zurückgezogen.
Der Antrag vom 18.12.2015 auf Erlassung eines Bescheides wurde seitens der bP mit 11.12.2018 zurückgezogen.
2. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich unbestritten aus der Aktenlage.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Der ursprüngliche Antrag der bP auf Entscheidung durch einen Senat wurde zurückgezogen. Gegenständlich liegt gem. § 414 Abs. 2 ASVG iVm § 410 Abs. 1 ASVG somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A)
1. Gem. § 13 Abs. 7 AVG können Anbringen in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden.
§ 17 VwGVG lautet:
Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
2. Entsprechend der Judikatur des VwGH v. 23.01.2014, Zl. 2013/07/0235, hat die Behörde das Verfahren formlos einzustellen, wenn die Zurückziehung eines Antrags vor Erlassung des Bescheides erster Instanz erfolgt. Befindet sich das Verfahren hingegen infolge einer Berufung gegen den den Antrag erledigenden Erstbescheid bereits auf der Ebene der Berufungsbehörde, so bewirkt die Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrags den Wegfall der Zuständigkeit der Behörde zur Erlassung des Erstbescheides und damit (nachträglich) dessen Rechtswidrigkeit.
Ein solch rechtswidrig gewordener Bescheid wird jedoch nicht durch die Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrages quasi unter einem beseitigt, er muss vielmehr durch die Berufungsbehörde aufgehoben werden. Um allerdings den rechtswidrig gewordenen Erstbescheid als Berufungsbehörde aufheben zu können, bedarf es einer unverändert offenen Berufung, die der Berufungsbehörde die Zuständigkeit zu einem solchen Vorgehen verschafft.
Entsprechend entschied der VwGH auch mit Erkenntnis v. 19.11.2014, Zl. Ra 2014/22/0016. Demnach bewirkt die (konkludente) Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrags den Wegfall der Zuständigkeit der Behörde zur Erlassung des Bescheides und damit (nachträglich) dessen Rechtswidrigkeit (vgl. das Erkenntnis vom 23. Jänner 2014, Zl. 2013/07/0235). Das Verwaltungsgericht wäre somit angehalten gewesen, den bekämpften Bescheid zu beheben.
Demgemäß entschied der VwGH mit Erkenntnis v. 25.07.2013, Zl. 2013/07/0099, dass entscheidend für die Zulässigkeit der Zurückziehung allein ist, ob ein Antrag noch unerledigt ist und daher zurückgezogen werden kann. Mit der Erlassung eines Bescheides und den damit sofort einhergehenden Rechtswirkungen ist der Antrag als erledigt anzusehen. Nur dann, wenn die materielle Rechtskraft des Bescheides dadurch beseitigt wird, dass dagegen eine - zulässige und fristgerechte - Berufung erhoben wird, ist sowohl der verfahrenseinleitende Antrag als auch der Berufungsantrag offen. Beide Anträge können dann auch bis zur Erlassung des Berufungsbescheides zurückgezogen werden (vgl. dazu Hengstschläger-Leeb, AVG Rz 42 zu § 13).
3. Gegenständlich befindet sich das Verfahren aufgrund des Antrag vom 18.12.2015 im Stande der Beschwerde. Der Antrag ist somit noch unerledigt und konnte zurückgezogen werden.
Da mit 11.12.2018 der verfahrenseinleitende Antrag zurückgezogen wurde, war der bekämpfte Bescheid iSd Judikatur des VwGH zu beheben.
Eine Verhandlung konnte gem. § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG unterbleiben.
Es war spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die getroffene Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Antragszurückziehung, ersatzlose BehebungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:L510.2139907.1.00Zuletzt aktualisiert am
22.05.2019