TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/26 I413 2206562-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.03.2019
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Entscheidungsdatum

26.03.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

I413 2206562-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. LIBYAN ARAB JAMAHIRIYA, vertreten durch MigrantInnenverein St. Marx in 1090 Wien, Pulverturmgasse 4/2/R01gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Wien (BAW) vom XXXX, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.12.2018 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 31.10.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz, welchen er damit begründete, dass sein Vater Offizier beim Militär gewesen und im April 2016 ermordet worden sei. Im Mai 2016 seien unbekannte Männer zum Beschwerdeführer gekommen, er vermute, dass diese Männer von der Miliz waren. Diese Männer hätten Papiere seines Vaters gewollt und hätten sie den Beschwerdeführer immer wieder verfolgt und versucht, ihn umzubringen, indem sie auf sein Auto geschossen haben Auch die Familie des Beschwerdeführers habe diesbezügliche Probleme; sein Bruder sei seit Mai 2016 verschwunden; er vermute, dass er entführt oder getötet worden sei. Aus Angst um sein Leben habe der Beschwerdeführer beschlossen, Libyen zu verlassen.

2. Am 17.07.2018 wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde erneut einvernommen und gab er im Rahmen dieser niederschriftlichen Einvernahme zusammengefasst an, dass sein Vater von den "Fajer Libiya Milizen" ermordet worden sei. Ende April sei er von unbekannten Personen angerufen worden, die Dokumente seines Vaters gewollt haben; er habe diese Dokumente allerdings nicht gefunden und sei er daraufhin telefonisch mit den Worten "Anscheinend willst du das gleiche Schicksal wie dein Vater erleiden" bedroht worden. Anfang Mai 2016 sei er mit seinem Auto von einem großen Geländewagen mit maskierten Personen darin von der Straße gedrängt worden; von diesem Unfall habe er Verletzungen davongetragen. Der Beschwerdeführer habe daraufhin eine Anzeige gegen Unbekannte bei der Polizei erstattet. Am 29.05.2016 sei sein Bruder entführt worden. Am 10.06.2016 sei der Beschwerdeführer in seinem Auto am Weg von der Arbeit nach Hause von zwei Fahrzeugen attackiert worden: Man habe auf sein Auto geschossen, doch sei der Beschwerdeführer nicht getroffen worden. Daraufhin habe der Beschwerdeführer das Auto verlassen und sei in ein fremdes Haus gelaufen; die dort lebende Frau habe ihn versteckt. Der Beschwerdeführer habe dann seine Schwester angerufen, welche gesagt habe, dass er nicht nach Hause kommen solle. So sei er in die Stadt Agalat geflüchtet, wo Freunde seines Vaters ihn versteckt haben. Währenddessen sei das Haus des Beschwerdeführers gestürmt und durchsucht worden; seine Familie sei währenddessen auf dem Feld gewesen.

3. Mit gegenständlichen Bescheid vom XXXX, Zl. XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Libyen (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.), stellte fest, dass seine Abschiebung nach Libyen zulässig ist (Spruchpunkt V.) und sprach aus, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt VI.).

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene vollumfängliche Beschwerde vom 21.09.2018, welche der Beschwerdeführer im Wesentlichen damit begründete, dass die belangte Behörde es verabsäumt habe, sich mit der konkreten Situation des Beschwerdeführers und der aktuellen Situation in Libyen auseinanderzusetzten. Weiters sei die Beweiswürdigung des BFA nicht nachvollziehbar.

4. Mit Schriftsatz vom 25.09.2018, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 26.09.2018, legte die belangte Behörde die Beschwerde und den Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

5. Am 07.12.2018 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher der Beschwerdeführer als Partei einvernommen wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos, Staatsangehöriger von Libyen und bekennt sich zum sunnitisch-moslemischen Glauben. Er gehört der Volksgruppe der Araber an. Seine Identität steht fest.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.

Er hält sich seit (mindestens) 31.10.2016 in Österreich auf. Davor, nämlich vom 15.10.2014 bis 14.04.2015 war der Beschwerdeführer bereits mit einem Visum D in Österreich. Ein weiteres Visum C vom 16.10.2016 lief am 15.11.2016 ab.

Die Familie des Beschwerdeführers bestehend aus seiner Mutter und seinen Geschwistern sowie weitere Verwandte leben in Libyen. Der Beschwerdeführer hat nicht mit seiner Familie und seinen Verwandten gebrochen und kann im Falle seiner Rückkehr auf dieses familiäre und soziale Netzwerk zurückgreifen. In Österreich verfügt er über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.

Der Beschwerdeführer besuchte 12 Jahre lang die Schule und studierte anschließend fünf Jahre lang Erdölwissenschaften. Nach Universitätsabschluss arbeitete er acht Jahre lang als Ingenieur. Aufgrund seiner Ausbildung und Arbeitserfahrung ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführerin in Libyen auch hinkünftig eine Chance hat, am Arbeitsmarkt unterzukommen.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht vorbestraft.

Er geht in Österreich keiner Beschäftigung nach und bezieht Leistungen von der staatlichen Grundversorgung. Er ist somit nicht selbsterhaltungsfähig.

Der Beschwerdeführer hat die Sprachprüfung Deutsch A2 absolviert und einen Deutschkurs B1 besucht. Er hat in Österreich Freunde, mit denen er Unternehmungen, wie etwa Fußballspielen, tätigt; es kann jedoch nicht festgestellt werden, dass dieser Freundeskreis über den Grad der persönlichen Bekanntschaft hinausgehende, für Freundschaften typische Merkmale besonderer Vertrautheit aufweist. Darüber hinaus weist er in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Libyen aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt werden würde.

Der Beschwerdeführer wird im Fall seiner Rückkehr nach Libyen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Libyen:

Politische Lage

In Libyen herrschen seit dem Sturz und dem Tod des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 Chaos und Gewalt. Neben zwei rivalisierenden Regierungen und Parlamenten gibt es auch konkurrierende Milizen, die um die Kontrolle der Ölvorkommen kämpfen (DS 17.9.2017).

Seit Mitte 2014 gab es zwei konkurrierende Lager:

* Das im Juni 2014 gewählte Parlament (Rat der Volksvertreter) mit der Regierung Abdallah al-Thani zog sich im August 2014 unter dem Eindruck der Offensive westlibyscher Milizen in die ostlibyschen Städte Tobruk (Parlament, HoR) bzw. Beida (Regierung) zurück und integrierte die militärischen Kräfte, die sich ab Mai 2014 unter Führung von General Khalifa Haftar unter dem Namen "Würde" (Karama) formiert hatten. Im Südwesten von Tripolis unterstellten sich Karama nominell auch Verbände der Stadt Zintan und des Warshefana-Stammes. Etwa 40 hauptsächlich westlibysche Abgeordnete haben von Beginn an nicht an den Sitzungen des 182 Mitglieder zählenden Parlaments teilgenommen (AA 6.2017a).

* Im Westen ließ die "Morgenröte" (Fajr) genannte militärische Allianz aus islamistischen Milizen und Revolutionären aus der wichtigen Hafenstadt Misrata den im Juni 2014 abgewählten Allgemeinen Volkskongress (GNC) wieder auferstehen und bildete eine Gegenregierung "der Nationalen Rettung". Ihren Legitimitätsanspruch stützte Fajr seit dem 6.11.2014 auf ein Urteil des Obersten Gerichtshofes, der die Gesetze, die zur Wahl des Parlaments führten, für verfassungswidrig erklärt hatte (AA 6.2017a).

Unter Vermittlung von Bernardino León, dem Libyen-Sondergesandten des UN-Generalsekretärs, sowie seinem Nachfolger, dem deutschen Diplomaten Martin Kobler, fanden seit September 2014 kontinuierlich Verhandlungen zwischen den verschiedenen Streitparteien statt, um im Wege der Machtteilung die seit Juli 2014 eskalierenden Auseinandersetzungen zu beenden (AA 6.2017a; vgl. LVAk 10.2016). Seit August 2017 ist Ghassan Salamé neuer UN-Gesandter für Libyen (DS 22.9.2017). Keine der beiden Regierungen konnte in der Folgezeit politisch oder militärisch großräumig effektive Macht ausüben. Libyen fragmentierte in zahlreiche Kampfzonen mit jeweils eigener Dynamik. Die zunehmende Einnistung der Terrorgruppe IS, insbesondere an der zentrallibyschen Küste (Großraum Sirte), verstärkte jedoch lagerübergreifend das Bewusstsein, einen gemeinsamen Feind zu haben (AA 6.2017a). Am 17.12.2015 konnte das Politische Abkommen (Libyan Political Agreement - LPA) in Skhirat, Marokko, unterzeichnet werden (AA 6.2017a; vgl. LVAk 10.2016).

Dieses LPA bewirkte die Einrichtung eines neunköpfigen Präsidialausschusses sowie des Government of National Accord (GNA), geführt von Premier Fayez Serraj, im März 2016 (HRW 12.1.2017; vgl. LVAk 10.2016). Die USA und führende europäische Staaten sicherten der Einheitsregierung ihre Unterstützung zu und gaben in einer gemeinsamen Stellungnahme bekannt, diese als einzige legitime Vertretung Libyens anzuerkennen. Hardliner beider libyscher Machtblöcke werfen der Einheitsregierung jedoch vor, sie sei von außen etabliert worden und nicht aus einem internen politischen Prozess entstanden und daher abzulehnen (LVAk 10.2016). Die bis zum Zeitpunkt der Anerkennung der GNA international als legitim anerkannte Regierung in Baida und das HoR in Tobruk legitimierten das neue Kabinett - die GNA - nicht (HRW 12.1.2017).

Die mit der libyschen Einheitsregierung rivalisierende Regierung im Osten des Landes hat im September 2017 die internationale Gemeinschaft aufgerufen, sie als legitime Autorität anzuerkennen. Seine Regierung sei gewählt und kontrolliere den Großteil des nordafrikanischen Landes, sagte der Chef der international nicht anerkannten Regierung, Abdullah al-Thani. Seine provisorische Regierung ziehe ihre Legitimation aus den Wahlurnen. Ihre Armee wird von Khalifa Haftar geführt. Al-Thani war Libyens international anerkannter Regierungschef, bis 2015 im Zuge von Verhandlungen unter Vermittlung der UNO eine Einheitsregierung unter der Führung von Fayez al-Sarraj eingesetzt wurde. Die in der Hauptstadt Tripolis ansässige Einheitsregierung hat jedoch Probleme, ihre Autorität durchzusetzen. Außerdem wird sie von internen Streitigkeiten geplagt (DS 17.9.2017).

Der UN-Gesandte für Libyen, Ghassan Salamé, hat im September 2017 einen neuen, mehrstufigen Aktionsplan vorgestellt. Kernstück sind Änderungen am politischen Abkommen von Skhirat (LPA), das im Dezember 2015 geschlossen, aber nie umgesetzt wurde. So wird etwa vorgeschlagen, den Präsidialrat, dem der international anerkannte Premier Fayaz al-Serraj vorsteht, von neun auf drei Mitglieder zu verkleinern und von der Regierung zu trennen. Die Mitglieder der neu definierten Exekutive sollen dann von einer Nationalen Konferenz bestimmt werden. Ihr sollen Vertreter aller bisherigen politischen Organe und jener gesellschaftlichen Kreise angehören, die sich derzeit ausgeschlossen fühlen. Hauptanliegen ist es, alle staatlichen Institutionen, die heute zum Teil doppelt oder gar dreifach bestehen, wieder zu vereinheitlichen und funktionsfähig zu machen. Der UN-Gesandte sieht für die Umsetzung des Aktionsplanes etwa ein Jahr vor (DS 22.9.2017).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (6.2017a): Libyen - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Libyen/Innenpolitik_node.html, Zugriff 16.10.2017

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AA - Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Libyen (Stand November 2018)

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DS - Der Standard (17.9.2017): Zweite libysche Regierung verlangt internationale Anerkennung,

https://derstandard.at/2000064200326/Zweitelibysche-Regierung-verlangt-internationale-Anerkennung, Zugriff 16.10.2017

-

DS - Der Standard (22.9.2017): UN-Aktionsplan soll Libyens Niedergang beenden,

https://derstandard.at/2000064504135/Auswege-fuer-Libyen-gesucht?ref=rec, Zugriff 16.10.2017

-

HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Libya, http://www.ecoi.net/local_link/334710/463157_en.html, Zugriff 16.10.2017

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LVAk - Landesverteidigungsakademie Wien (10.2016): IFK Monitor:

Libyens Einheitsregierung - eine neue Hoffnung?

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage in Libyen bezeichnete UN Gesandter Ghassan Salamé im September 2017 als "fragil, sich aber nicht verschlimmernd", weil es in vielen Regionen, vor allem im Westen, eine "ausgehandelte Sicherheit" gebe - das heißt, Politiker und Geschäftsleute, die sich mit lokalen bewaffneten Gruppen arrangieren. Zudem gebe es auch im Westen Ansätze zu einer Republikanischen Garde, einer Armee und einer Küstenwache, und im Osten könne man weitgehend von einer einheitlichen bewaffneten Kraft unter General Khalifa al-Haftar sprechen, wogegen es im Süden keine Sicherheit gebe (DS 22.9.2017).

Sowohl das französische, als auch das deutsche, österreichische und schweizerische Außenministerium warnen ihre Staatsbürger weiterhin eindringlich vor Reisen nach Libyen. Eventuell aufhältige Staatsbürger der jeweiligen Länder werden zur Ausreise aufgefordert (FD 16.10.2017; vgl. AA 16.10.2017, BMEIA 16.10.2017, ED 16.10.2017).

Die Lage im ganzen Land ist extrem unübersichtlich und unsicher. Es kommt immer wieder zu gewaltsamen Auseinandersetzungen (AA 16.10.2017; vgl. EDA 16.10.2017). Davon können auch die Städte Tripolis und Bengasi betroffen sein (EDA 16.10.2017). Die staatlichen Sicherheitsorgane können keinen ausreichenden Schutz garantieren (AA 16.10.2017; vgl. FD 16.10.2017, HRW 12.1.2017). Bewaffnete Gruppen mit zum Teil unklarer Zugehörigkeit treten häufig als Vertreter der öffentlichen Ordnung auf, sind jedoch nicht ausgebildet und wenig berechenbar (AA 16.10.2017) bzw. agieren straffrei im de-facto rechtsfreien Raum (HRW 12.1.2017). In großen Teilen des Landes herrschen bewaffnete Milizen oder sonstige bewaffnete Kräfte (EDA 16.10.2017; vgl. FD 16.10.2017). Im ganzen Land besteht ein hohes Risiko von Anschlägen und Entführungen. Die Kriminalität ist hoch. Zudem muss davon ausgegangen werden, dass Waffen aus dem Bürgerkrieg von 2011 in die Hände von Kriminellen geraten sind (EDA 16.10.2017).

Terroristische Elemente [Anm. SB Std.: Kämpfer des IS und anderer islamistischer Gruppen] sind v.a. in Benghazi und Derna im Osten Libyens, sowie in Oubari in Südlibyen, als auch in Sabratha, Zawiyya sowie Sirte in Westlibyen aktiv (FD 16.10.2017).

Knapp acht Monate nach Beginn der Offensive gegen den IS in Sirte hat Libyens Ministerpräsident Fayez al-Sarraj Ende Dezember 2016 die Rückeroberung der IS-Hochburg Sirte verkündet. Sirte war das letzte größere vom IS kontrollierte Gebiet in Libyen (DS 23.12.2016). Im zweiten Halbjahr 2017 erstarkt der IS wieder in der Gegend um Sirte. Schätzungsweise etwa 1.000 IS Kämpfer sind noch in Libyen aktiv, die Mehrheit in der Gegend um Sirte (TT 18.8.2017). US-amerikanische Militäreinheiten flogen im September 2017 Luftangriffe auf IS-Ziele in Libyen (WT 11.10.2017).

Ende August 2017 überrannten die Dschihadisten des IS Al-Fuqaha, einen abgelegenen Außenposten der Armee in der libyschen Wüste und enthaupteten elf Menschen. Die libysche Regierung schätzt, dass der IS derzeit über rund tausend Kämpfer im Land verfügt. Weil sie damit zahlenmäßig den Milizen der Regierung und der verschiedener Warlords unterlegen sind, versuchen sie gar nicht erst, Gebiete zurückzuerobern und dauerhaft zu kontrollieren. Stattdessen setzt der IS auf eine Guerillataktik. Die weitläufige Wüste, in der sich zahllose Höhlen befinden, bietet dafür einen idealen Rückzugsraum (SO 7.9.2017).

Bewaffnete Gruppen in Libyen operieren mit Langwaffen, aber auch Mörser- und Artilleriegranaten und nehmen dabei zivile Opfer in Kauf. Kampfmittel wie Minen und Sprengfallen werden genutzt. Die VN haben zwischen Januar und Ende Oktober 2018 landesweit 510 unbeteiligte zivile Opfer bewaffneter Kampfhandlungen gezählt, darunter 175 Tote. Bei den bewaffneten Kampfhandlungen zwischen Milizen im August und September 2018 im Raum Tripolis wurden mindestens 34 Zivilisten getötet. Insgesamt soll die Zahl der getöteten Zivilisten seit 2011 laut der VN-Mission UNSMIL bei rund

4.500 Opfern liegen, darunter rund 150 im ersten Halbjahr 2018. Allerdings zielen bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Milizen oft nicht direkt auf Menschen (AA-Bericht 2018)

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (16.10.2017): Libyen: Reisewarnung, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/LibyenSicherheit_node.html, Zugriff 16.10.2017

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AA - Auswärtiges Amt (AA-Bericht 2108): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Libyen (Stand: November 2018)

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BMEIA (16.10.2017): Reiseinformation Libyen, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/libyen/, Zugriff 16.10.2017

-

DS - Der Standard (23.12.2016): Libyens Regierungschef verkündete offiziell "Befreiung" von Sirte, http://derstandard.at/2000049489235/Libyens-Regierungschef-verkuendete-offiziell-Befreiung-von-Sirte, Zugriff 16.10.2017

-

DS - Der Standard (22.9.2017): UN-Aktionsplan soll Libyens Niedergang beenden,

https://derstandard.at/2000064504135/Auswege-fuer-Libyen-gesucht?ref=rec, Zugriff 16.10.2017

-

EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (16.10.2017): Reisehinweise für Libyen, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/libyen/reisehinweise-fuer-libyen.html, Zugriff 16.10.2017

-

FD - France Diplomatie (16.10.2107a): Conseils par pays - Libye - Sécurité,

http://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays/libye/, Zugriff 16.10.2017

-

HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Libya, http://www.ecoi.net/local_link/334710/463157_en.html, Zugriff 16.10.2017

-

SO - Spiegel Online (7.9.2017): Dschihadisten in Nordafrika - Der IS ist zurück in Libyen,

http://www.spiegel.de/politik/ausland/islamischer-staat-das-comeback-des-is-in-libyen-a-1166244.html, Zugriff 19.10.2017

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TT - The Times (18.8.2017): Isis regroups in Libya after defeats across Iraq and Syria,

https://www.thetimes.co.uk/article/isis-regroups-in-libya-after-defeats-across-iraq-and-syria-ph0zvtrdp, Zugriff 19.10.2017

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WT - The Waashington Times (11.10.2017): Military heats up battle in Libya as Islamic State militants seek refuge, https://www.washingtontimes.com/news/2017/oct/11/isis-draws-battle-to-libya-us-military-responds/, Zugriff 19.10.2017

Rechtsschutz / Justizwesen

Die Verfassungserklärung gewährleistet eine unabhängige Justiz und legt fest, dass jede Person das Recht hat, auf das Justizsystem zurückzugreifen. Dennoch haben Tausende von Inhaftierten keinen Zugang zu einem Anwalt und keine Information über die gegen sie erhobene Anklage. Richter sind Drohungen, Einschüchterungen und Gewalt ausgesetzt. Mangelnde Sicherheit in und um die Gerichte verhindert die Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit. Im Jahr 2016 operierten die Gerichte in Tripolis, außerhalb war deren Funktionieren abhängig von der lokalen Sicherheitslage (USDOS 3.3.2017). Das Justizsystem befand sich im Jahr 2016 weiterhin in einem kollabierten Zustand, wobei Gerichte unfähig waren, die Prozesse von Tausenden Inhaftierten abzuwickeln, wobei einige zurück ins Jahr 2011 reichten. Tausende Häftlinge werden weiterhin ohne Verfahren in offiziellen Gefängnissen sowie in inoffiziellen Haftanstalten bewaffneter Gruppen festgehalten (AI 22.2.2017).

Die Verfassungserklärung gewährleistet die Unschuldsvermutung und das Recht auf anwaltliche Vertretung, im Bedarfsfall kostenlos. Sowohl staatliche als auch nicht-staatliche Akteure missachten diese Vorgaben. Es gibt zahlreiche Berichte, dass andere Prozessrechte (Verweigerung eines fairen und öffentliche Prozesses, der Anwaltswahl, der Zeugenbefragung, des Schutzes vor erzwungener Aussage, des Rechts auf Berufung) missachtet werden (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

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AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Libya, https://www.ecoi.net/local_link/336527/479199_de.html, Zugriff 17.10.2017

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USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): World Report 2017 - Libya, https://www.ecoi.net/local_link/337212/479975_de.html, Zugriff 17.10.2017

Sicherheitsbehörden

Die Regierung [Anm.: libysche Einheitsregierung, Government of National Accord - GNA] übt keine Kontrolle über die Streitkräfte des Kommandanten der Libyschen Nationalarmee (Libyan National Army - LNA) Khalifa Haftar aus, obwohl es Bestrebungen gegeben hat, ihn dazu zu bewegen, sich den Sicherheitskräften der Regierung zu unterstellen. Einige Milizen unterstehen der Einheitsregierung. Ihnen gelang die Vertreibung des IS aus Sirte Ende 2016. Die LNA setzt im Osten Libyens ihren Kampf gegen gewalttätige extremistische Organisationen fort. Andere extralegale bewaffnete Gruppen füllen das Sicherheitsvakuum in verschiedenen Landesteilen. Weder die GNA noch das ehemals international anerkannte und nunmehrige Gegenparlament (HoR) in Tobruk haben Kontrolle über diese Gruppen (USDOS 3.3.2017).

In Abwesenheit staatlicher Kontrolle über das gesamte Territorium, setzen sich Dutzende rivalisierende Milizen und militärische Streitkräfte mit unterschiedlichen Zielsetzungen und Allianzen straffrei über internationales Recht hinweg (HRW 12.1.2017; vgl. FCO 20.7.2017).

Quellen:

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FCO - Foreign and Commonwealth Office (20.7.2017): Human Rights and Democracy Report 2016 - CHAPTER VI: Human Rights Priority Countries - Libya,

https://www.ecoi.net/local_link/344417/487969_de.html, Zugriff 17.10.2017

-

HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Libya, http://www.ecoi.net/local_link/334710/463157_en.html, Zugriff 16.10.2017

-

USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): World Report 2017 - Libya, https://www.ecoi.net/local_link/337212/479975_de.html, Zugriff 17.10.2017

Folter und unmenschliche Behandlung

Obwohl die Verfassungserklärung und nach-revolutionäre Gesetzgebung Folter verbietet, kommt es sowohl in von der Regierung kontrollierten als auch in extralegalen Haftanstalten zu Folter (USDOS 3.3.2017). Rivalisierende Milizen und militärische Streitkräfte entführen Personen und lassen diese verschwinden, foltern, inhaftieren willkürlich und führen ungesetzliche Tötungen durch (HRW 12.1.2017; vgl. FCO 20.7.2017). Folter und andere unmenschliche Behandlung bleibt weit verbreitet und wird unter Straffreiheit begangen, vor allem während der Haft in offiziellen und inoffiziellen Gefängnissen (AI 22.2.2017).

Es gibt zahlreiche Berichte darüber, dass pro-GNA (libysche Einheitsregierung, Government of National Accord) sowie anit-GNA Milizen, Einheiten der LNA (Libysche Nationalarmee, Libyan National Army), sowie Kämpfer des IS und anderer extremistischer Gruppen willkürliche und ungesetzliche Tötungen durchführen. Bewaffnete Gruppen unter Regierungskontrolle bzw. auch jene, die nicht unter Regierungskontrolle stehen, lassen Personen verschwinden (USDOS 3.3.2017; vgl. HRW 12.1.2017).

Quellen:

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AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Libya, https://www.ecoi.net/local_link/336527/479199_de.html, Zugriff 17.10.2017

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FCO - Foreign and Commonwealth Office (20.7.2017): Human Rights and Democracy Report 2016 - CHAPTER VI: Human Rights Priority Countries - Libya,

https://www.ecoi.net/local_link/344417/487969_de.html, Zugriff 17.10.2017

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HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Libya, http://www.ecoi.net/local_link/334710/463157_en.html, Zugriff 16.10.2017

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USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): World Report 2017 - Libya, https://www.ecoi.net/local_link/337212/479975_de.html, Zugriff 17.10.2017

Allgemeine Menschenrechtslage

Die Aktionsmöglichkeiten für die zwischen 2011 und 2014 entstandene Zivilgesellschaft sind wegen des Konflikts sehr eingeschränkt. Die Zivilgesellschaft hat sich polarisiert, lagerübergreifender Einsatz für nationale Anliegen ist die Ausnahme. Repressionen gegen abweichende Meinungen gibt es insbesondere im Raum Tripolis. Bemerkenswert sind zahlreiche lokale Initiativen für Waffenstillstand und Gefangenenaustausch sowie zur Marginalisierung radikaler Akteure. Während sie in Westlibyen zum Teil zu konkreten Ergebnissen führten, waren sie im Süden (Gegend von Sebha und Kufra, Konflikt Tuareg/Tebu) bisher weniger erfolgreich (AA 6.2017a).

Die schwerwiegendsten Menschenrechtsprobleme resultieren aus der Abwesenheit effektiver Regierungsführung und Kontrolle, sowie aus mangelnden Justiz- und Sicherheitsinstitutionen. Dies führt zu Misshandlungen und Menschenrechtsverletzungen durch bewaffnete Gruppen, sowohl durch regierungstreue als auch durch oppositionelle, sowie durch Terroristen und Kriminelle (USDOS 3.3.2017).

Hauptleidtragende der Auseinandersetzungen sind die libysche Zivilbevölkerung sowie die ausländischen Flüchtlinge und Migranten, nicht nur infolge zahlreicher Angriffe auf zivile Ziele, sondern auch in Gestalt von irregulärer Haft, extralegalen Hinrichtungen, endemischer Folter (AA 6.2017a; vgl. HRW 12.1.2017, USDOS 3.3.2017), Unterdrückung der Meinungsfreiheit durch die verschiedenen Akteure (AA 6.2017a; vgl. USDOS 3.3.2017), willkürliche Angriffe und Gewaltanwendung (HRW 12.1.2017; vgl. USDOS 3.3.2017), sowie Entführungen und Verschwindenlassen (HRW 12.1.2017).

Etwa eine Million Libyer sollen als Folge der Konflikte das Land verlassen haben (AA 6.2017a). Die Zahl der Binnenflüchtlinge beläuft sich nach Erhebungen von UNHCR und IOM (International Organization for Migration) auf etwa 435.000 (AA 6.2017a; vgl. HRW 19.1.2017). In Libyen befinden sich geschätzte 1 bis 1,2 Millionen (Arbeits-)Migranten, überwiegend aus Ägypten sowie Sub-Sahara Afrika. Libyen ist Haupttransitland auf der zentralen Mittelmeerroute nach Italien (AA 6.2017a).

Angriffe auf politische Gegner sind verbreitet, insbesondere auf Politiker, Menschenrechtsverteidiger, Journalisten, Juristen, religiöse Führer und (angebliche) ehemalige Anhänger Gaddafis. Grundsätzlich nimmt die Vulnerabilität von verfolgten und ausgegrenzten Personen zu, wenn sie sich aus dem sozialen Netzwerk ihrer angestammten Umgebung herausbegeben. Der soziale und wirtschaftliche Schutz der eigenen Familie und des eigenen Stammes fällt dann weg. Umgekehrt kann es für eine verfolgte Person zusätzlichen Schutz bedeuten, sich in den Einflussbereich der eigenen Familie und des eigenen Stammes zu begeben.

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (6.2017a): Libyen - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Libyen/Innenpolitik_node.html, Zugriff 16.10.2017

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AA - Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Libyen (Stand November 2018)

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HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Libya, http://www.ecoi.net/local_link/334710/463157_en.html, Zugriff 16.10.2017

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USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): World Report 2017 - Libya, https://www.ecoi.net/local_link/337212/479975_de.html, Zugriff 17.10.2017

Grundversorgung

Die libysche Wirtschaft leidet unter erheblichen Strukturmängeln:

Sie ist extrem abhängig vom Öl- und Gassektor, der 2013 70 Prozent des BIP, 99 Prozent der Exporte und 97 Prozent der Staatseinnahmen stellte. Der starke Rückgang des Weltmarktpreises hat extreme Auswirkungen, Ansätze zu einer Ausweitung der Privatwirtschaft wurden durch die krisenhafte Zuspitzung im 2. Halbjahr 2014 unterlaufen. Die Haushaltsausgaben fließen zu jeweils 40 Prozent in Gehälter und Subventionen. Sie sind gegenwärtig zu weniger als der Hälfte durch Einnahmen, sondern durch Aufbrauchen der Währungsreserven gedeckt. Die massiven Subventionen insbesondere von Benzin, Strom und Grundnahrungsmitteln belasten nicht nur den Staatshaushalt, sondern destabilisieren auch: Sie begünstigen den Schmuggel mit den Nachbarländern, der wiederum das Rückgrat zahlreicher Milizen darstellt. Der Arbeitsmarkt wird durch die (Beschwichtigungs-)Politik der unproduktiven Gehalts- bzw. Rentenzahlungen verzerrt, das Staatsbudget wird hierdurch erheblich belastet (AA 6.2017b).

Die (vor allem von der Zentralbank bestimmte) libysche Finanzpolitik zielt daher auf eine Reduzierung der Gehaltszahlungen (Vermeidung von Doppelzahlungen durch Bindung der Zahlungen an die sog. Nationale Identitätsnummer), Reduzierung der Subventionen (insb. bei Grundnahrungsmitteln) und Importrestriktionen für devisenträchtige Luxusimporte. In allen drei Bereichen gab es begrenzte Fortschritte. Deswegen konnte das Abschmelzen der Reserven gegenüber früheren Schätzungen etwas verlangsamt werden (auf ca. zwei Jahre, statt weniger Monate). Dennoch ist die Lage weiterhin kritisch. Die angespannte Haushaltslage führte zu Liquiditätsengpässen (Bargeld-Ausgabe an Automaten), zur restriktiven Erteilung von Akkreditiven, zu Kapitalflucht und zu einem starken Kursverfall des LYD (Schwarzmarkt). Ein hoher Anteil der staatlichen Gelder versickert zudem in der Korruption (AA 6.2017b).

Die einst reiche Nation ist nun mit einer Finanzkrise konfrontiert (LVAk 10.2016). Die konfliktbedingte Wirtschaftskrise hat zu einem rapiden Einbruch der Lebensverhältnisse geführt (AA 6.2017b; vgl. LVAk 10.2016). Besonders betroffen sind das Gesundheitswesen, das wegen Medikamentenmangel und Krankenhausschließungen in einem sehr prekären Zustand ist, sowie in einigen Landesteilen die Versorgung mit Lebensmitteln und sauberem Wasser. Schulen werden in mehreren Städten (u.a. Benghazi) zur Unterbringung von Binnenflüchtlingen genutzt und sind daher teilweise geschlossen (AA 6.2017b). Die Vereinten Nationen gehen in einem im November 2015 veröffentlichten Hilfsappell davon aus, dass 2,4 Millionen Libyer (1/3 der Wohnbevölkerung) hilfsbedürftig sind (AA 6.2017b; vgl. LVAk 10.2016).

Nach Libyen zurückkehrende Libyer können grundsätzlich auf die Unterstützung durch ihre Kernfamilie oder ihren Stamm zählen, sofern das individuelle Verhältnis der jeweiligen Personen zur Bezugsgruppe nicht belastet und abgerissen ist (AA - Bericht, Stand 2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (6.2017b): Libyen - Wirtschaft & Umwelt, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Libyen/Innenpolitik_node.html, Zugriff 19.10.2017

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AA - Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Libyen (Stand November 2018)

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LVAk - Landesverteidigungsakademie Wien (10.2016): IFK Monitor:

Libyens Einheitsregierung - eine neue Hoffnung?

Medizinische Versorgung

Die medizinische Versorgung im Lande ist mit Europa nicht zu vergleichen und ist insbesondere außerhalb der Hauptstadt vielfach technisch, apparativ und/ oder hygienisch problematisch. Zunehmend gewalttätig ausgetragene Konflikte und die Ausreise des häufig ausländischen Pflegepersonals der staatlichen Krankenhäuser und privaten Kliniken stellen eine zusätzliche Belastung für das angeschlagene Gesundheitssystem dar (AA 16.10.2017).

Die konfliktbedingte Wirtschaftskrise hat zu einem rapiden Einbruch der Lebensverhältnisse geführt. Besonders betroffen sind das Gesundheitswesen, das wegen Medikamentenmangel und Krankenhausschließungen in einem sehr prekären Zustand ist (AA 6.2017b). Die Entwicklungen in Libyen haben große Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung gehabt, die nur noch als mangelhaft bezeichnet werden kann. Es herrscht darüber hinaus erheblicher Personalmangel im medizinischen Bereich (FD 16.10.2017b).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (16.10.2017): Libyen: Reisewarnung, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/LibyenSicherheit_node.html, Zugriff 16.10.2017

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AA - Auswärtiges Amt (6.2017b): Libyen - Wirtschaft & Umwelt, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Libyen/Innenpolitik_node.html, Zugriff 19.10.2017

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FD - France Diplomatie (16.10.2017b): Conseils par pays - Libye - Santé,

http://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays/libye/, Zugriff 16.10.2017

Behandlung von Rückkehrern

Konkrete Fälle staatlicher Repression spezifisch gegen nach Libyen zurückkehrende, abgelehnte Asylantragsteller sind nicht bekannt.

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AA - Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Libyen (Stand November 2018)

Eine nach Libyen zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz, in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Libyen sowie durch Einvernahme des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 07.12.2018.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit, familiären Beziehung, Herkunft, Glaubens- und Volkszugehörigkeit sowie Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde (Protokoll vom 17.07.2018) sowie im Rahmen seiner Einvernahme in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Die Feststellungen zu seinen familiären Verhältnissen basieren auf seinen Aussagen im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 07.12.2018 und seinen Angaben im Rahmen der Erstbefragung (Protokoll vom 31.10.2016, S 2) sowie vor der belangten Behörde am 17.07.2018 (Protokoll S. 3 ff). Danach wohnen sowohl die Mutter, ein Bruder und eine Schwester mit deren Familien in Libyen, zu denen er ein bis zwei Mal im Monat Kontakt hat (Protokoll vom 17.07.2018, S. 4). Außerdem hat weitere Verwandte - Onkel, Tanten, Nichten und Neffen, die hauptsächlich in Tripolis wohnen (Protokoll vom 17.07.2018, S. 4). Wenn der Beschwerdeführer nur wenige Monate später in der mündlichen Verhandlung am 07.12.2018 angibt, er habe überhaupt keinen Kontakt mehr zu seinen Verwandten, lediglich zu seiner Mutter bestehe ein Kontakt (Protokoll vom 07.12.2018, S 20), so ist diese Angabe vor dem Hintergrund der am 17.07.2018 getätigten vorzitierten Aussage, die einen engen Kontakt bestätigt, nicht glaubhaft. Ebensowenig glaubhaft ist der nunmehr geschilderte Erbschaftsstreit mit seinem Onkel, der seit 2011 andauern soll. Mit keinem Wort wird dieser Streit wenige Monate zuvor im Rahmen der Einvernahme vor der belangten Behörde am 17.07.2018 erwähnt. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb der von der belangten Behörde am 17.07.2018 ausführlich zu sämtlichen relevanten Umständen befragte Beschwerdeführer diesen - offenbar so fundamentalen - Streit nicht schilderte, der dazu geführt haben soll, dass kein Kontakt mehr zu seiner Familie besteht, insbesondere unter dem Aspekt, dass er zum Kontakt zu seiner Familie befragt wurde und diesen mit ein- bis zweimal im Monat angegeben hatte. Daher erscheint der nunmehr erstmalig vorgebrachte angebliche Erbschaftsstreit nicht glaubhaft. Zum einen ist dieses Vorbringen als gesteigertes Vorbringen zu qualifizieren, dem keine Glaubhaftigkeit zukommt, zum anderen sind die Angaben des Beschwerdeführers auch nicht glaubhaft, weil sie im Widerspruch zu seinen vor der belangten Behörde am 17.07.2018 getätigten Aussage über seine Kontakte zur Familie stehen. Das Bundesverwaltungsgericht erhielt im Rahmen der mündlichen Verhandlung den persönlichen Eindruck von Beschwerdeführer, dass er peinlich bemüht war, sich als vulnerable Person zu präsentieren, welcher mangels sozialem Rückhalt in seiner Familie eine Rückkehr nach Libyen verunmöglicht ist. Das Bundesverwaltungsgericht vermag daher den diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 07.12.2018 keinen Glauben zu schenken. Aufgrund seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben im Rahmen der Einvernahme durch die belangte Behörde am 17.07.2018, konnten die Feststellungen zur Familie des Beschwerdeführers und zu seinem familiären Rückhalt in Libyen getroffen werden. Dass der Beschwerdeführer in Österreich keine Familie hat, ergibt sich aus seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 07.12.2018 (Protokoll S.4 und 20), welche sich mit seinen Angaben vor der belangten Behörde am 1

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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