TE Lvwg Beschluss 2019/4/5 VGW-151/V/050/3522/2019

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.04.2019
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Entscheidungsdatum

05.04.2019

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VwGVG §33 Abs1
VwGVG §33 Abs2 Z2
VwGVG §33 Abs4

Text

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Gamauf-Boigner über den Antrag der Frau A. B., geb. 1978, StA: Iran - Islamische Republik, vertreten durch RA, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der öffentlich mündlichen Verhandlung vom 21. Februar 2019 den

                                             B e s c h l u s s

gefasst.

I. Gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG wird der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 04.03.2019 abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

B e g r ü n d u n g

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 35, vom 15. Oktober 20118 wurde der Antrag von Frau A. B. vom 02. Jänner 2018 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „ausgenommen Erwerbstätigkeit“ gemäß § 11 Abs. 2 Z. 4 iVm Abs. 5 NAG – mit näherer Begründung – abgewiesen.

Dagegen wurde durch die rechtsfreundlich vertretene Antragstellerin fristgerecht mit Schriftsatz vom 08. November 2018 das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben.

Anlässlich der Beschwerde wurde nach Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung im Verhandlungssaal 13, am 21. Februar 2019 zur Zahl VGW-151/050/15629/2018 dahingehend entschieden, dass die Beschwerde abgewiesen wurde.

Mit dem an das Verwaltungsgericht Wien gerichteten Schriftsatz vom 04. März 2019 brachte die Antragstellerin durch ihren Rechtsvertreter einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein. Begründend wurde ausgeführt, dass sich sowohl Herr DI C. D., als Zeuge, als auch Herr Dr. E. F., als Konzipient des ausgewiesenen Vertreters in der Zeit von 13:15 bis 13:40 Uhr im Verwaltungsgericht Wien im zweiten Stock am Gang schräg gegenüber des Verhandlungssaales 13 befunden hätten. Auf Nachfrage, um 13:40 Uhr, wann die Verhandlung beginne, sei ihnen mitgeteilt worden, dass die Verhandlung bereits geschlossen wurde. Es sei kein Aufruf der Sache durch die zuständige Richterin während des gesamten Zeitraumes ergangen, bzw. weder von Herrn Dr. F. als auch DI D. wahrgenommen worden.

Die Antragstellerin sei daher durch ein unvorhergesehenes und unvorhersehbares Ereignis an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozesshandlung gehindert und erleide dadurch einen Rechtsnachteil.

Es sei sohin der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur rechtzeitigen Vornahme der befristeten Prozesshandlung insofern zu bewilligen, als eine neuerliche Durchführung der mündlichen Verhandlung vorgenommen werde.

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die Ladung vom 14. Jänner 2019, in das Verhandlungsprotokoll, sowie in den am 21. Februar 2019 durch die erkennende Richterin angefertigten Aktenvermerk.

Aus der Ladung vom 14. Jänner ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin zur Verhandlung im Verhandlungssaal 13 (Zimmer Nr. D 2.21) geladen wurde. Die Ladung wurde dem rechtsfreundlichen Vertreter der Beschwerdeführerin durch persönliche Übernahme am 17. Jänner 2019 zugestellt.

In dem Aktenvermerk wurde festgehalten wie folgt:

„Die Verhandlung wurde ordnungsgemäß durch die Schriftführung um 13:30 Uhr aufgerufen. Es ist niemand erschienen. Durch die Schriftführerin wurde auch bei der Sicherheitsschleuse nachgefragt, ob allenfalls dort noch jemand warte. Die Richterin hat selbst nochmals etwa um 13:40 Uhr Nachschau gehalten, ob jemand vor dem Verhandlungssaal wartet. Weder beim Aufruf noch bei der Nachschau war jemand zu sehen. Daraufhin erfolgte die Verkündigung des Erkenntnisses in Abwesenheit der Partei.

Um 13:45 Uhr erschien Herr Dr. E. F. und meinte, er wäre jetzt hier, und man könnte verhandeln. Er habe vor Verhandlungssaal 14 gewartet. Dem BfV wird mitgeteilt, dass die Entscheidung bereits verkündet ist und er allenfalls einen Antrag auf Wiedereinsetzung stellen kann.“

Das Verwaltungsgericht hat hierzu erwogen:

Gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG ist, wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis – so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat – eine Frist

oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

§ 2 leg. cit. ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Vorlageantrags auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil die anzufechtende Beschwerdevorentscheidung fälschlich ein Rechtsmittel eingeräumt und die Partei das Rechtsmittel ergriffen hat oder die Beschwerdevorentscheidung keine Belehrung zur Stellung eines Vorlageantrags, keine Frist zur Stellung eines Vorlageantrags oder die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.

§ 3 leg. cit. ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. In den Fällen des Abs. 2 ist der Antrag binnen zwei Wochen

         1.       nach Zustellung eines Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung, der bzw. die das Rechtsmittel als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.

         2.       nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Stellung eines Antrags auf Vorlage Kenntnis erlangt hat,

bei der Behörde zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.

§ 4 leg. cit. hat über den Antrag bis zur Vorlage der Beschwerde die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. § 15 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden. Die Behörde oder das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

Im Wiedereinsetzungsantrag wurde im Wesentlichen dargelegt, dass der rechtsfreundliche Vertreter vor dem Verhandlungssaal gewartet hat und nicht aufgerufen wurde.

Aus dem im Akt einliegenden Verhandlungsprotokoll ist ersichtlich, dass die Verhandlung, im Verhandlungssaal 13, Zimmer D 2.21, ordnungsgemäß um 13.30 Uhr durch die Schriftführerin aufgerufen wurde. Es ist niemand erschienen, um 13.43 Uhr wurde die Verhandlung nach Verkündung des Erkenntnisses geschlossen.

Aus der Aktenlage ergibt sich weiters, dass Herr Dr. E. F. um 13:45 Uhr erschienen ist und ausgeführt hat, dass er vor dem Verhandlungssaal 14 gewartet hat.

Dieser Verhandlungssaal befindet sich im Riegel E Zimmer 2.30. Der gegenständliche Verhandlungssaal befindet sich aber im Riegel D Zimmer 2.21. des Verwaltungsgerichtes Wien.

Für das erkennende Gericht kommt den Angaben unmittelbar nach Versäumung der Verhandlung, wonach der Rechtsvertreter vor dem falschen Verhandlungssaal gewartet hätte, höhere Glaubwürdigkeit zu, da diese unmittelbar danach getätigt wurden, als die spätere Verantwortung, die sich der Wiedereinsetzungswerber in Folge der längeren Zeitspanne überlegen und zurechtlegen konnte.

Diesbezüglich wird darauf hingewiesen, dass ein minderer Grad des Versehens nur dann vorliegt, wenn es sich um leichte Fahrlässigkeit handelt. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit nicht die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und die ihr nach ihren persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben (vgl. VwGH vom 4.3.1994, Zl. 93/02/0256 mit dort zitierter Vorjudikatur). Ausgeschlossen ist die Wiedereinsetzung daher, wenn dem Wiedereinsetzungswerber Vorsatz oder auffallende Sorglosigkeit zur Last gelegt werden kann. Auffallende Sorglosigkeit ist ein extremes Abweichen von der gebotenen Sorgfalt, wenn also etwas unbeachtet blieb, was im gegebenen Fall jedem leicht einleuchten musste. Auffallend ist eine so schwere Sorgfaltswidrigkeit, dass sie einem ordentlichen Menschen in der gegebenen Situation keinesfalls unterlaufen würde (siehe dazu z.B. VwGH vom 28.4.1994, 94/16/0066 oder VwGH vom 27.6.1990, 90/18/0077 oder VwGH vom 6.7.1994, 93/16/0075). Das vom Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin gesetzte Verhalten hinsichtlich des Wartens vor einem falschen Verhandlungssaal kann nicht als minderer Grad des Versehens angesehen werden.

 

Bei gebotener Sorgfalt wäre dem Parteienvertreter ohne Weiteres zumutbar gewesen sich zu erkundigen, ob er an der richtigen Stelle wartet bzw. sich durch einen Blick in die Ladung zu vergewissern.

Nach ständiger Judikatur ist das Verschulden des Parteienvertreters stets einem Verschulden der Partei selbst gleichzusetzen, ein Verschulden der Angestellten eines Rechtsanwaltes ist diesem als Verschulden anzurechnen, wenn der Rechtsanwalt selbst die gebotene und ihm zumutbare Kontrolle gegenüber seinen Angestellten unterlassen hat (VwGH 17.05.1990, 90/06/0062; 10.10.1994, 94/20/0446; 20.01.1988, 86/01/0188).

Das Vorbringen des Rechtsvertreters stellt im Hinblick auf obige Ausführungen somit keinen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund dar.

Aus den dargestellten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien konnte gemäß § 24 VwGVG abgesehen werden, zumal eine solche nicht beantragt wurde, die Durchführung derselben eine weitere Klärung der Rechtsache nicht erwarten lässt und dem Entfall der Verhandlung hier weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen, zumal im Lichte des Antragsvorbringens und vor dem Hintergrund der obzitierten höchstgerichtlichen Judikatur bloß Rechtsfragen ohne besondere Komplexität zu klären waren (vgl. zB EGMR 5.9.2002, Appl. Nr. 42.057/98, Speil [ÖJZ 2003, 117]; 7.3.2017, Appl. Nr. 24.719/12, Tusnovics).

Zur Zulässigkeit der ordentlichen Revision

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand; Verhandlung; Versäumung; Wiedereinsetzungsgrund

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.151.V.050.3522.2019

Zuletzt aktualisiert am

21.05.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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