Entscheidungsdatum
20.12.2018Norm
AlVG §24Spruch
L525 2166695-2/3E
L525 2166697-2/3E
L525 2166700-2/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Johannes ZÖCHLING als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Mag. REINTHALER und Mag. KORNINGER über die Anträge von 1. XXXX, SVNr. XXXX und 2. XXXX GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer XXXX, alle vertreten durch Mag. Pamela KELLERMAYR, Rechtsanwältin in 4563 Micheldorf, Welser Straße 11/1, auf Wiederaufnahme der mit Erkenntnissen vom jeweils 5.10.2018 abgeschlossenen Verfahren L525 2166695-1, L525 2166697-1 und L525 2166700-1, nach Durchführung einer nichtöffentlichen Sitzung beschlossen:
A) Die Anträge auf Wiedereinsetzung werden gemäß § 32 Abs. 1 Z 2
VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Mit Erkenntnissen vom jeweils 5.10.2018 wurden die Beschwerden gegen die Bescheide des AMS Kirchdorf vom jeweils 11.4.2017 als unbegründet abgewiesen. Diesen hg. Verfahren lag zugrunde, dass der Wiederaufnahmewerberin (Wiederaufnahmewerberin 1) vom 8.3.2017 bis zum 31.3.2017 der Bezug der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe in der Höhe von € 699,60 widerrufen wurde und sie zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Leistungen verpflichtet wurde (vgl. das hg. Verfahren zu L525 2166697-1) bzw. wurde der Bezug der Notstandshilfe für den Zeitraum vom 1.4.2017 bis zum 4.4.2017 widerrufen bzw. rückwirkend berichtigt (vgl. das hg. Verfahren zu L525 2166700-1).
Mit Bescheid vom 11.4.2017 wurde die Wiederaufnahmewerberin (Wiederaufnahmewerberin 2), vertreten durch seinen handelsrechtlichen Geschäftsführer, zur Zahlung eines Sonderbeitrages zur Arbeitslosenversicherung in der Höhe von €
236,12 verpflichtet. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, als dass der Wiederaufnahmewerber zur Zahlung eines Sonderbeitrages in der Höhe von € 236,16 verpflichtet wurde (vgl. das hg. Verfahren zu L525 2166695-1).
Begründend wurde in beiden Verfahren ausgeführt, dass die Wiederaufnahmewerberin im Zuge einer Kontrolle durch die Finanzpolizei bei der Tätigkeit als Bürokraft angetroffen worden sei, obschon diese im aufrechten Leistungsbezug der Arbeitslosenversicherung gestanden sei. Eine zeitgerechte Meldung der Arbeitnehmerin sei unterblieben.
Die Erkenntnisse wurden der Vertreterin der Wiederaufnahmewerber am 5.10.2018 zugestellt und erwuchsen in weiterer Folge in Rechtskraft.
Mit Schriftsätzen vom jeweils 20.11.2018 beantragten die Wiederaufnahmewerber die rechtskräftig abgeschlossenen hg Verfahren wiederaufzunehmen (prot. zu L525 2166697-2; L525 2166700-2; L525 2166695-2). Begründend führten diese aus, dass es am 6.11.2018 zu einer mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich gekommen sei, in denen - neben anderen Zeugen - auch die Wiederaufnahmewerberin 1 und der handelsrechtliche Geschäftsführer der Wiederaufnahmewerberin 2 einvernommen worden seien. Es hätte sich im Zuge der Verhandlung herausgestellt, dass die Wiederaufnahmewerberin 1 am 4.4.2017 keiner Tätigkeit iSd § 12 AlVG nachgegangen sei. Aufgrund dieses Umstandes sei vom Vertreter des Finanzamtes Kirchdorf in den Schlussausführungen anerkannt worden, dass eine Übertretung des ASVG nicht vorliege, da keine Beschäftigung vorgelegen sei. Auch der die Amtshandlung durchführende Finanzpolizist habe eine Arbeitstätigkeit der Wiederaufnahmewerberin 1 verneint. Vielmehr sei durch die Aussage bekannt geworden, dass die Wiederaufnahmewerberin 1 gesundheitliche psychische Probleme gehabt hätte und auch seit der Kontrolle am 4.4.2017 wieder habe und ihr durch das SPES-Projekt über das AMS ein neuer beruflicher Einstieg ermöglicht hätte werden sollen. Das Wohnhaus der Wiederaufnahmewerberin 1 befinde sich gleich gegenüber den Büroräumlichkeiten und daher sei es oft vorgekommen, dass die Wiederaufnahmewerberin 1 in das Büro gegangen sei um einen Kaffee zu trinken. Der handelsrechtliche Vertreter der Wiederaufnahmewerberin 2 hätte an diesem Tag gar nicht gewusst, dass die Wiederaufnahmewerberin 1 in den Büroräumlichkeiten gewesen sei. Da im Falle der Wiederaufnahmewerberin 1 beabsichtigt gewesen sei, dass sie in naher Zukunft einer Beschäftigung über das SPES-Projekt aufnehme und hätte sie dort schon einen Platz und einen PC erhalten, welchen sie jedoch für die Abklärung ihrer privaten Angelegenheiten verwendet habe. Aufgrund ihrer gesundheitlichen Probleme seien zahlreiche Angelegenheiten unerledigt geblieben und hätte sie hier Ordnung schaffen wollen. Es sei zu keiner Zeit ein Arbeitsverhältnis vorgelegen und habe die Wiederaufnahmewerberin 1 auch keine beruflichen Tätigkeiten ausgeübt. Bei den neu hervorgekommenen Tatsachen handle es sich um solche, die bei Abschluss des nun wiederaufzunehmenden Verfahrens schon vorhanden gewesen seien, aber erst nach Abschluss des Verfahrens hervorgekommen seien. Die Tatsachen hätten deshalb auch von der Partei im Verfahren nicht geltend gemacht werden können und von der Behörde nicht berücksichtigt werden können. Beide Wiederaufnahmewerber würde kein Verschulden treffen, dass diese neu hervorgekommene Tatsachen bei der Erlassung der Erkenntnisse nicht berücksichtigt worden seien. Die Wiederaufnahmewerber hätten im abgeschlossenen Verfahren diverse Beweisanträge gestellt, so auch die Einvernahme der Partei und die Einvernahme von Zeugen. Ein Unterlassen durch die Behörde liege nicht in ihrem Verschulden. Die Wiederaufnahmewerber würde auch sonst kein Verschulden treffen, dass die neuen Tatsachen nicht geltend gemacht worden wären. Durch die neu hervorgekommenen Tatsachen, insbesondere durch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, hätte sich im wiederaufzunehmenden Verfahren ein Erkenntnis mit einem anderen Spruch ergeben. Das Bundesverwaltungsgericht wäre zum Entschluss gekommen, dass die Wiederaufnahmewerberin 1 keiner Arbeitstätigkeit nachgegangen sei. Den Anträgen auf Wiederaufnahme der Verfahren wurde jeweils das Protokoll einer öffentlichen mündlichen Verhandlung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich am 6.11.2018 beigelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der relevante Sachverhalt ergibt sich aus den unter Punkt I (mit Ausnahme der vorgebrachten inhaltlichen Wiederaufnahmegründe) getroffenen Ausführungen.
2. Beweiswürdigung:
Das erkennende Gericht hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben.
Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.
3. Rechtliche Beurteilung:
§ 32 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 2/2017 lautet:
"Wiederaufnahme des Verfahrens
§ 32. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn
1. das Erkenntnis durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder
2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten, oder
3. das Erkenntnis von Vorfragen (§ 38 AVG) abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde oder
4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren des Verwaltungsgerichtes die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.
(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.
(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.
(4) Das Verwaltungsgericht hat die Parteien des abgeschlossenen Verfahrens von der Wiederaufnahme des Verfahrens unverzüglich in Kenntnis zu setzen.
(5) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind die für seine Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Paragraphen sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse."
Die Antragswerber stützen ihre Anträge im Wesentlichen darauf, dass in der mündlichen Verhandlung in einer Verwaltungsstrafsache vor dem LVwG hervorgekommen sei, dass die Wiederaufnahmewerberin 1 eben am 4.4.2017 nicht bei der Wiederaufnahmewerberin 2 gearbeitet hätte. Hätte das Bundesverwaltungsgericht den Beweisanträgen auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung stattgegeben, so wäre eben hervorgekommen, dass die Wiederaufnahmewerberin 1 zu keinem Zeitpunkt einer Beschäftigung iSd § 12 AlVG nachgegangen sei. Die Aussagen im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem LVwG seien neu hervorgekommen und seien ohne Schuld der Wiederaufnahmewerberinnen nicht geltend gemacht worden und nicht von der Behörde (gemeint wohl: dem Bundesverwaltungsgericht) berücksichtigt worden.
Damit wird kein Wiederaufnahmegrund aufgezeigt.
Die Wiederaufnahmegründe sind in § 69 Abs. 1 AVG taxativ aufgezählt (VwSlg 2078 A/1951; VwGH vom 21.09.1995, Zl. 95/07/0117; vom 10.08.2000, Zl. 99/07/0219). Nur wenn eine der Tatbestandsvoraussetzungen des § 69 Abs. 1 AVG erfüllt ist, darf die seinerzeitige Entscheidung im Wiederaufnahmeverfahren neu aufgerollt werden (VwGH vom 24.11.1993, Zl. 93/02/0272). Das Vorliegen der Wiederaufnahmegründe ist, da sie eine Durchbrechung der Rechtskraft und damit einen Eingriff in die Rechtssicherheit ermöglichen, "streng" zu prüfen (VwGH vom 26.04.1984, Zl. 81/05/0081)
Die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens nach § 69 Abs. 1 Z 2 AVG setzt voraus, dass neue Tatsachen oder Beweise hervorgekommen sind, die im Zeitpunkt der Bescheiderlassung bereits bestanden haben, aber nicht bekannt waren und im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht "geltend gemacht" werden konnten. Es muss sich um Tatsachen oder Beweise handeln, die bei Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens schon vorhanden waren, aber erst danach hervorgekommen sind.
§ 69 Abs. 1 Z 2 AVG stellt auf die sog "nova reperta" ab (VwSlg 7721 A/1970; VwGH vom 20.02.1992, Zl. 91/09/0196; vom 17.02.2006, Zl. 2006/18/0031), deren Verwertung der Partei ohne ihr Verschulden erst nachträglich möglich wurde (VwGH vom 04.07.2000, Zl. 2000/05/0105; vom 19.10.2005, Zl. 2005/09/0140) bzw. die der Behörde im rechtskräftig durchgeführten Verfahren nicht zugänglich waren (VwGH vom 28.03.1990, Zl. 89/03/0283; vom 19.01.1999, Zl. 97/05/0115).
Mit dem "Abschluss" des wiederaufzunehmenden Verfahrens ist bei einer Wiederaufnahme auf Antrag der Partei der Eintritt der formellen Rechtskraft gemeint, weil die Partei ihr vorher bekannt gewordene Tatsachen oder Beweise noch im Rechtsmittelweg geltend machen kann (VwGH vom 16. 2. 1994, Zl. 90/13/0003; vom 27.02.1995, Zl. 90/10/0137; vom 24.04.2007, Zl. 2005/11/0127).
Bei neu hervorgekommene Tatsachen bzw. Beweismittel, die im Verfahren mangels Gewährung von Parteiengehör nicht geltend gemacht werden konnten, handelt es sich um keine "nova reperta" und da Verfahrensfehler, wie die Verletzung des Parteiengehörs, ohnedies im Rechtsmittelweg geltend gemacht werden können stellen diese daher keinen Wiederaufnahmegrund gemäß § 69 Abs. 1 Z 2 AVG dar (VwGH vom 16.06.1999, Zl. 98/01/0411; Hengstschläger 3 Rz 583; Walter/Mayer Rz 588).
Um keine "nova reperta" iSd § 69 Abs 1 Z 2 AVG und damit um keinen Wiederaufnahmegrund handelt es sich bei einer nachträglich hervorgekommenen gerichtlichen Entscheidung, weil sie weder eine Tatsache noch - für sich - ein Beweismittel ist. Auch kann eine in einem anderen Verfahren geäußerte Rechtsansicht, selbst wenn sie in den im anderen Verfahren ergangenen Bescheid eingeflossen ist, keinen solchen Wiederaufnahmegrund darstellen (VwGH vom 29.09.1993, Zl. 93/02/0173; vom 17.02.2006, Zl. 2006/18/0031). Genauso wenig bildet das nachträgliche Erkennen, dass im abgeschlossenen Verwaltungsverfahren Verfahrensmängel unterlaufen sind, einen Wiederaufnahmegrund (VwGH vom 29.11.1994, Zl. 94/20/0077; vom 16.11.2004, Zl. 2000/17/0022). Die Wiederaufnahme nach § 69 Abs. 1 Z 2 AVG dient nicht dazu, allfällige Versäumnisse einer Partei in einem Ermittlungsverfahren (VwGH vom 16.02.1994, Zl. 90/13/0003; vom 22.12.2005, Zl. 2004/07/0209) oder die Unterlassung der Erhebung eines Rechtsmittels zu sanieren (VwGH vom 27.07.2001, Zl. 2000/07/0240).
Auch eine unrichtige rechtliche Beurteilung (VwGH vom 19.02.1992, Zl. 90/12/0224; vom 20.11.2003, Zl. 2002/09/0153; vom 17.02.2006, Zl. 2006/18/0031), das heißt neue Erkenntnisse in Bezug auf die rechtliche Beurteilung von Sachverhaltselementen, sind keine "Tatsachen", die eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu rechtfertigen vermögen (VwGH vom 23.04.1998, Zl. 95/15/0108), gleichgültig ob diese später durch Änderung der Verwaltungspraxis oder der Rechtsprechung des VfGH oder VwGH (VwGH vom 16.03.1987, Zl. 84/10/0072; vom 16.11.2004, Zl. 2000/17/0022), durch eine Entscheidung eines Gerichts oder einer Verwaltungsbehörde in einer bestimmten Rechtssache (VwGH vom 17.12.1999, Zl. 99/02/0270; vom 24.04.2007, Zl. 2005/11/0127) oder nach Unkenntnis der Gesetzeslage oder vorheriger Fehlbeurteilung durch die Partei (VwGH vom 06.04.1987, Zl. 87/10/0029; vom 23.11.1988, Zl. 88/01/0225) durch bessere Einsicht gewonnen werden (VwSlg 2255 A/1951; VwGH vom 10.04.1987, Zl. 86/04/0233; vom 04.09.2003, Zl.2000/17/0024).
Ebenso ergibt sich aus dem klaren Wortlaut der Norm, dass Tatsachen, die bereits im wiederaufzunehmenden Verfahren geltend gemacht wurde, jedenfalls keinen Wiederaufnahmegrund (vgl. VwGH vom 14.9.1994, Zl. 92/12/0043). Dies gilt auch für Vorbringen, die im Wesentlichen nur eine Wiederholung von bereits während des ersten Verwaltungsverfahrens vorgebrachten Umständen oder eine Bekämpfung der von der Behörde vorgenommenen Beweiswürdigung (VwGH vom 24.2.2011, Zl. 20110/09/0198, mwN).
Gegenständlich ergibt sich daher:
Die Wiederaufnahmewerberinnen stützen ihre Anträge darauf, dass das Bundesverwaltungsgericht in den rechtskräftigen abgeschlossenen, wiederaufzunehmenden Verfahren von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand nahm und die beantragten Zeugen bzw. Parteien nicht einvernahm. Erst die Durchführung der mündlichen Verhandlung vor dem LVwG hätte ergeben, dass die Wiederaufnahmewerberin 1 dort eben keiner Beschäftigung nachgegangen sei. Eine neu hervorgekommene Tatsache ist darin aber nicht zu erblicken, sondern wird damit vielmehr die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichtes angegriffen, was - wie oben dargelegt - eben keinen Grund für eine Wiederaufnahme darstellt, zumal nicht aufgezeigt wurde, in wie fern die nun vorgenommene Zeugen- bzw. Parteieneinvernahme neu hervorgekommene Tatsachen darstellen, die nicht geltend gemacht werden konnten. Vielmehr hätten die Wiederaufnahmewerberinnen Rechtsmittel an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts erheben müssen, falls sie der Meinung waren, dass die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes rechtlich verfehlt waren. Dies wurde aber unterlassen. Das Wiederaufnahmeverfahren bildet indes keine Gelegenheit nicht ergriffene Rechtsmittel zu sanieren. Soweit die Anträge ausführen, im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem LVwG hätte sich ergeben, dass die Wiederaufnahmewerberin 1 psychische Probleme hatte und seit der Kontrolle durch die Finanzpolizei am 4.4.2018 auch wieder hat und ihr durch das SPES-Projekt über das AMS ein neuer beruflicher Einstieg ermöglicht hätte werden sollen, so ist auch dem entgegenzuhalten, dass dies keine neu hervorgekommenen Tatsachen sind, sondern vielmehr auch bereits in den abgeschlossenen Verfahren vorlagen und auch berücksichtigt wurden.
Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung:
§ 24 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 24/2017 lautet:
"Verhandlung
§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden."
§ 21 Abs. 7 BFA-VG erlaubt das Unterbleiben einer Verhandlung, und zwar selbst dann, wenn deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Aus dieser Regelung, die im Übrigen im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, ergibt sich, dass die Unterlassung einer Verhandlung nur dann einen relevanten, zur Aufhebung führenden Verfahrensmangel begründet, wenn ein entscheidungswesentlicher Sachverhalt klärungsbedürftig ist. Bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen kommt der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung besondere Bedeutung zu, und zwar sowohl in Bezug auf die (allenfalls erforderliche) Gefährdungsprognose als auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art. 8 EMRK (sonst) relevanten Umstände. Daraus ist aber noch keine "absolute" (generelle) Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Verfahren über aufenthaltsbeendende Maßnahmen abzuleiten. Der Verwaltungsgerichtshof hat nämlich unter Bezugnahme auf in diesem Sinn ergangene Vorjudikatur dargelegt, dass in eindeutigen Fällen, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Verwaltungsgericht von ihm einen (positiven) persönlichen Eindruck verschafft, auch eine beantragte Verhandlung unterbleiben kann (vgl. den Beschluss des VwGH vom 17.11.2016, Ra 2016/21/0316, mwN).
Eine mündliche Verhandlung kann trotz Beantragung unterbleiben, wenn das Bundesverwaltungsgericht ohnehin alle für den Beschwerdeführer ins Treffen geführte Umstände zu seinen Gunsten berücksichtigte (vgl. bereits den Beschluss des VwGH vom 21.12.2017, Ra 2017/21/0219, mwN). Abgesehen davon, dass in den Anträgen die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt wurde, zeigen diese keine Umstände auf, die eine mündliche Verhandlung notwendig machen würden.
Aufgrund der oa. Ausführungen von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Beweiswürdigung, mündliche Verhandlung, Wiederaufnahme,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:L525.2166695.2.00Zuletzt aktualisiert am
21.05.2019