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24/01 Strafgesetzbuch;Norm
AVG §38;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des K S in Wien, vertreten durch Dr. Wolfgang G. Kretschmer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wiesingerstraße 6, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 1. Juli 1997, Zl. MA 63-St 99/97, betreffend Zurücknahme des Taxilenkerausweises und Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Duplikates, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund (Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Taxilenkerausweis des Beschwerdeführers gemäß § 13 Abs. 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Z. 3 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr, BGBl. Nr. 951/1993 (BO 1994), auf die Dauer von vier Monaten zurückgenommen und es wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 2. April 1997 auf Ausstellung eines Duplikates des Ausweises abgewiesen. Zur Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, daß der Beschwerdeführer mit rechtskräftiger Strafverfügung des Bezirksgerichtes Donaustadt (vom 6. September 1994) schuldig erkannt worden sei, er habe am 13. Juli 1993 in Wien 22 an einer näher bezeichneten Örtlichkeit als Lenker eines nach dem Kennzeichen bestimmten Pkws unter besonders gefährlichen Verhältnissen, nämlich an dieser Örtlichkeit geradeaus fahrend, bei Rotlicht mit relativ überhöhter Geschwindigkeit den Schutzweg der Fußgängerampel übersetzend, eine Gefahr für die körperliche Sicherheit eines anderen, nämlich einer näher genannten den Schutzweg überquerenden Person, welche er mit seinem Pkw an der Hand gestreift habe, wenn auch nur fährlässig, herbeigeführt, und hiedurch das Vergehen der Gefährdung der körperlichen Sicherheit nach § 89 (§ 81 Z. 1) StGB begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von 40 Tagessätzen verhängt worden sei. Aus dem der Verurteilung zugrundeliegenden Verhalten ergebe sich - so führte die belangte Behörde aus -, daß der Beschwerdeführer wesentliche Verkehrsvorschriften, welche der Sicherheit der Teilnehmer am Straßenverkehr sowie der Sicherung eines geordneten Straßenverkehrs dienten, nicht beachtet und weiters das Leben und die Gesundheit von Menschen nicht entsprechend geachtet habe. Es zeige aber auch, daß sich der Beschwerdeführer im Straßenverkehr rücksichtslos und aggressiv verhalte, obwohl im seine Tätigkeit als Taxilenker ein erhöhtes Verantwortungsbewußtsein im Straßenverkehr abverlange. Dem Beschwerdeführer fehle daher die erforderliche Vertrauenswürdigkeit, die von der Erstbehörde festgesetzte Dauer der Zurücknahme von vier Monaten erscheine im Hinblick auf die schwerwiegende Tat auch unter Berücksichtigung der seit der Tathandlung vergangenen Zeit, in der sich der Beschwerdeführer wohlverhalten habe, angemessen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bekämpft nicht die Annahme der belangten Behörde, daß die im angefochtenen Bescheid genannte Strafverfügung des Bezirksgerichtes Donaustadt in Rechtskraft erwachsen sei, führt jedoch aus, daß er die Strafverfügung nur wegen urlaubsbedingter Abwesenheit und aus Kostengründen habe rechtskräftig werden lassen. Die belangte Behörde hätte nicht die Bindung an die Strafverfügung annehmen dürfen, sondern selbständig die Tat prüfen und im Zuge des erforderlichen Ermittlungsverfahrens auch den Strafakt beischaffen müssen. Die Tat werde vom Beschwerdeführer bestritten, sie sei dem Beschwerdeführer zu Unrecht vom Bezirksgericht Donaustadt angelastet worden. Es sei unrichtig, daß er beim Überqueren des Schutzweges unter Rotlicht mit 50 km/h jemanden "an der Hand gestreift" habe. Die belangte Behörde habe auch die Frage der Vertrauenswürdigkeit unrichtig gelöst, insbesondere hätte sie darauf Bedacht nehmen müssen, daß die Tat bereits ca. 4 Jahre zurückliege und der Beschwerdeführer sich seither wohlverhalten habe. Hätte die belangte Behörde ordnungsgemäß das Gesamtverhalten des Beschwerdeführers gewürdigt, hätte sie zum Ergebnis gelangen müssen, daß dem Beschwerdeführer die Vertrauenswürdigkeit zukomme. Hiebei hätte die belangte Behörde auch beachten müssen, daß es sich um eine Privatfahrt gehandelt habe und der Beschwerdeführer lediglich verkehrsbedingt sein Fahrzeug am Schutzweg zum Stillstand habe bringen müssen.
Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer aber nicht im Recht:
Gemäß § 13 Abs. 1 BO 1994 ist der Taxilenkerausweis von Amts wegen für einen der Schwere des Einzelfalles angemessenen Zeitraum zurückzunehmen, wenn eine der in § 6 bezeichneten Voraussetzungen nicht mehr gegeben ist. § 6 Abs. 1 Z. 3 BO 1994 nennt als eine der Voraussetzungen die Vertrauenswürdigkeit.
Die BO 1994 enthält keine nähere Begriffsbestimmung der Vertrauenswürdigkeit. Unter Zugrundelegung des allgemeinen Sprachgebrauchs ist davon auszugehen, daß dem Begriff der Vertrauenswürdigkeit inhaltlich die Bedeutung von "Sich verlassen können" zukommt (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1994, Zl. 94/03/0118). Durch das Erfordernis der Vertrauenswürdigkeit soll das Vorhandensein der nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Eigenschaften bei den im Fahrdienst verwendeten Personen hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit gewährleistet werden. Entscheidend ist, ob das bisherigen Verhalten - zutreffend zeigt die Beschwerde in diesem Zusammenhang auf, daß das Gesamtverhalten zu würdigen ist - auf ein Persönlichkeitsbild schließen läßt, das mit jenen Interessen im Einklang steht, deren Wahrung der Behörde im Hinblick auf die Bestimmungen des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes obliegt. Liegt gegen einen Ausweisinhaber eine strafgerichtliche Verurteilung vor, so kommt es für die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit darauf an, auf welche charakterliche Eigenschaften diese Verurteilung schließen läßt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Mai 1989, Zl. 89/03/0086). Das einer strafgerichtlichen Verurteilung zugrundeliegende Verhalten kann derart schwerwiegen, daß es allein die Annahme des Fehlens der Vertrauenswürdigkeit rechtfertigt (vgl. das bereits erwähnte hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1994, Zl. 94/03/0118).
Entscheidend für die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit im Sinne des § 6 Abs. 1 Z. 3 BO 1994 ist im Falle der Begehung einer Straftat das dem Urteil, mit welchem über Schuld und Strafe abgesprochen wurde, zugrunde liegende Verhalten. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers wird jedoch durch die strafgerichtliche Verurteilung in einer für die Verwaltungsbehörde bindenden Weise über die Begehung der Tat abgesprochen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Juli 1995, Zl. 95/03/0003 u.a.). Damit entfaltete aber auch im vorliegenden Fall die rechtskräftige Entscheidung des Strafgerichtes in diesem Umfang bindende Wirkung. Eine eigene Beurteilung durch die Behörde war in diesem Fall nicht mehr zulässig, die belangte Behörde war damit nicht nur berechtigt, sondern vielmehr verpflichtet, die so entschiedene Frage ihrem Bescheid zugrundezulegen. Von dieser Rechtsprechung abzugehen bieten auch die Beschwerdeausführungen keinen Anlaß. Der belangten Behörde war es somit verwehrt, weitere Ermittlungen über das der Bestrafung zugrunde liegende Delikt vorzunehmen, somit ist das zur Straftat in der Beschwerde erstattete Vorbringen nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.
Dem Einwand des Beschwerdeführers, es habe sich um eine "Privatfahrt" gehandelt, ist zu entgegnen, daß der Schutzzweck der Betriebsordnung darauf gerichtet ist, Personen vor der Verletzung jedes durch die Rechtsordnung geschützten Rechtsgutes zu bewahren. Es ist daher bei der Prüfung der Vertrauenswürdigkeit unbeachtlich, ob die strafgerichtliche Verurteilung - hier handelt es sich um ein vom Beschwerdeführer im Straßenverkehr begangenes Delikt - in ursächlichem Zusammenhang mit einer Tätigkeit als Taxilenker erfolgte oder nicht (vgl. die hg. Erkenntnisses vom 18. Jänner 1989, Zl. 88/03/0122, sowie vom 24. Mai 1995, Zl. 94/03/0294, u.a.).
Zu Unrecht erhebt der Beschwerdeführer gegen die belangte Behörde den Vorwurf, sie habe nicht sein "Gesamtverhalten" berücksichtigt. Denn die Behörde ging - entsprechend dem Vorbringen des Beschwerdeführers - davon aus, daß dieser sich in der seit der Tathandlung vergangenen Zeit wohlverhalten habe. Trotz dieses Wohlverhaltens kann es jedoch nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde vom Tatverhalten des Beschwerdeführers auf seine Vertrauensunwürdigkeit bis zum Ablauf der von der Erstbehörde festgesetzten Dauer von vier Monaten ab Bescheidzustellung schloß. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 1996, Zl. 96/03/0119), stellt die Mißachtung des Rotlichtes einen schwerwiegenden Verstoß gegen maßgebliche Sicherheitsvorschriften im Verkehr dar, der die Zuverlässigkeit eines Taxilenkers in Ansehung der Sicherheit der im Rahmen des Taxigewerbes zu befördernden Personen entscheidend beeinträchtigt. Hinzu kommt im vorliegenden Fall, daß der Beschwerdeführer unter besonders gefährlichen Verhältnissen mit relativ überhöhter Geschwindigkeit einen Schutzweg übersetzend eine Gefahr für die körperliche Sicherheit eines den Schutzweg überquerenden Passanten fahrlässig herbeiführte und mit seinem Pkw dessen Hand streifte. Damit zeigte der Beschwerdeführer zumindest seine Gleichgültigkeit gegenüber der körperlichen Unversehrtheit anderer Straßenbenützer auf, somit gleichfalls ein Charakterbild, das ohne Rechtsirrtum auf die Vertrauensunwürdigkeit des Beschwerdeführers als Taxilenker schließen und es geboten erscheinen ließ, auf ein schon länger (fast vier Jahre) zurückliegendes Geschehen Rücksicht zu nehmen.
Was schließlich die Zurücknahmedauer anlangt, kann der belangten Behörde ebenfalls nicht entgegengetreten werden, wenn sie unter Berücksichtigung des Tatgeschehens die Entscheidung der Erstbehörde, eine Zurücknahmedauer von vier Monaten sei gerechtfertigt, billigte.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 17. März 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997030303.X00Im RIS seit
12.06.2001