Entscheidungsdatum
12.03.2019Norm
BBG §42Spruch
I407 2184137-1/11E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Stefan MUMELTER als Vorsitzenden und den Richter Dr. Harald NEUSCHMID sowie der fachkundigen Laienrichterin Mag. Dr. Elisabeth RIEDER als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX, XXXX, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Tirol vom 21.12.2017 wegen der Abweisung des Antrags auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
A)
Das Beschwerdeverfahren wird gemäß §§ 28 Abs. 1 iVm 31 Abs. 1, 7 Abs. 2 VwGVG wegen Zurückziehung der Beschwerde eingestellt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit formularmäßigem Vordruck des Sozialministeriumservice, Landesstelle Tirol (in der Folge: belangte Behörde), beantragte Herr
XXXX (in der Folge: Beschwerdeführer) am 28.11.2017 die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass.
2. Die belangte Behörde wies am 21.12.2017 nach Durchführung eines medizinischen Beweisverfahrens mit Bescheid die Ausstellung eines Behindertenpasses ab.
3. Mit Schreiben vom 15.01.2018 erhob der Beschwerdeführer mit näherer Begründung fristgerecht Beschwerde.
4. Das Bundesverwaltungsgericht beauftragte am 22.10.2018 einen Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie mit der Erstellung eines medizinischen Gutachtens über den Beschwerdeführer.
5. Das Bundesverwaltungsgericht übermittelte dieses Gutachten den Parteien am 04.01.2019 zum rechtlichen Gehör.
6. Am 08.03.2019 richtete der Beschwerdeführer folgendes Schreiben an das Bundesverwaltungsgericht: "Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte meine Beschwerde gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Tirol (SMS) vom 21. 12. 2017, Zl. 59739905800040/BSP/PASS-PAZ wegen §§ 42 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) widerrufen.
Ich danke hochachtungsvoll für die Kenntnisnahme
XXXX."
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt)
Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht nachstehender entscheidungswesentlicher Sachverhalt als erwiesen fest:
1.1. Der Beschwerdeführer hat am 28.11.2017 die Ausstellung eines Behindertenpasses beantragt.
1.2. Der Beschwerdeführer hat am 08.03.2019 seine Beschwerde vor dem BVwG zurückgezogen.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akt der belangten Behörde und den Gerichtsakten und sind unbedenklich.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht
§§ 6 und 7 Abs. 1 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes, BVwGG, in der Stammfassung BGBl I 2013/10 lauten wie folgt:
Einzelrichter
§ 6. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Senate
§ 7. (1) Die Senate bestehen aus einem Mitglied als Vorsitzendem und zwei weiteren Mitgliedern als Beisitzern. Für jeden Senat sind mindestens ein Stellvertreter des Vorsitzenden und mindestens zwei Ersatzmitglieder (Ersatzbeisitzer) zu bestimmen.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Über die vorliegende Beschwerde war daher durch einen aus zwei Berufsrichtern und einem fachkundigen Laienrichter bestehenden Senat zu entscheiden.
Die §§ 1, 7 Abs. 2, 17, 28 und 58 Abs. 1 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes VwGVG BGBl I 2013/33 in der geltenden Fassung lauten wie folgt:
§ 1. Dieses Bundesgesetz regelt das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes.
§ 7 (2) Eine Beschwerde ist nicht mehr zulässig, wenn die Partei nach der Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat.
§ 17. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.2. Entfall einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur vergleichbaren Regelung des § 67d AVG (vgl. VwGH 24.04.2003, 2002/07/0076) wird die Durchführung der Verhandlung damit ins pflichtgemäße Ermessen des Verwaltungsgerichts gestellt, wobei die Wendung "wenn es dies für erforderlich hält" schon iSd rechtsstaatlichen Prinzips nach objektiven Kriterien zu interpretieren sein wird (vgl. VwGH 20.12.2005, 2005/05/0017). In diesem Sinne ist eine Verhandlung als erforderlich anzusehen, wenn es nach Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 Abs. 2 GRC geboten ist, wobei gemäß Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes der Umfang der Garantien und des Schutzes der Bestimmungen ident sind. Zudem wurde vom Beschwerdeführer kein Vorbringen erstattet, welches eine weitere Erörterung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung notwendig erschienen ließ.
Die Einstellung des Beschwerdeverfahrens wegen Zurückziehung der Beschwerde kommt inhaltlich einer Zurückweisung gleich. Für eine Zurückweisung sieht § 24 Abs. 1 Z 1 VwGVG ausdrücklich die Möglichkeit des Entfalls der mündlichen Verhandlung vor.
Im Hinblick auf obige Überlegungen sah der erkennende Senat daher unter Beachtung der Wahrung der Verfahrensökonomie und -effizienz von einer mündlichen Verhandlung ab, zumal auch eine weitere Klärung der Rechtssache hierdurch nicht zu erwarten war.
Spruchpunkt A)
3.3. Einstellung des Beschwerdeverfahrens
Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG die Entscheidungen und Anordnungen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Beschluss.
In welchen Fällen das Verfahren einzustellen ist, regelt das VwGVG nicht. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht, worunter auch der Fall der Zurückziehung der Beschwerde zu subsumieren ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 28 VwGVG, Anm. 5).
Die Zurückziehung einer Beschwerde ist in jeder Lage des Verfahrens ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung möglich (§ 7 Abs. 2 VwGVG, § 17 VwGVG iVm. § 13 Abs. 7 AVG).
Der angefochtene Bescheid ist aufgrund der vom Beschwerdeführer erklärten Zurückziehung der Beschwerde rechtskräftig geworden. Damit ist einer Sachentscheidung insoweit die Grundlage entzogen, weshalb in diesem Umfang mit Beschluss die Einstellung des betreffenden Verfahrens auszusprechen ist.
Spruchpunkt B)
3.4. Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Da sich das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung daher auf eindeutige Rechtsvorschriften gestützt hat, liegt keine erhebliche Rechtsfrage vor (vgl. OGH 11.08.2008, 1 Ob 137/08s; 30.03.1998, 8 ObA 296/97f und 22.03.1992, 5 Ob 105/90).
Schlagworte
Verfahrenseinstellung, ZurückziehungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:I407.2184137.1.00Zuletzt aktualisiert am
21.05.2019