TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/19 W140 2215649-1

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Veröffentlicht am 19.03.2019
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Entscheidungsdatum

19.03.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs1
B-VG Art.133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z1
VwGVG §35

Spruch

W 140 2215649-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. HÖLLER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Mongolei, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.02.2019, Zl. 1216650001 - 190208053, und gegen die Anhaltung in Schubhaft von 28.02.2019 bis 06.03.2019 zu Recht erkannt:

A.)

I. Der Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG idgF iVm § 76 Abs. 2 Z 1 FPG idgF stattgegeben und der Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.02.2019 aufgehoben. Gleichzeitig wird die darauf gestützte Anhaltung in Schubhaft von 28.02.2019 bis 06.03.2019 für rechtswidrig erklärt.

II. Gemäß § 35 VwGVG iVm Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 517/2013, hat der Bund (Bundesminister für Inneres) dem Beschwerdeführer Aufwendungen in Höhe von € 737,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

III. Der Antrag auf Kostenersatz der belangten Behörde wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

B.)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 28.02.2019, Regionaldirektion XXXX , wurde über den Beschwerdeführer (BF) gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet. Die Verwaltungsbehörde führte u. a. Folgendes aus:

"Verfahrensgang

-

Sie haben sich vom 13.12.2016 bis Juni 2018 in der Tschechischen Republik aufgehalten.

-

Sie befinden sich seit Juni 2018 in Österreich. Sie sind illegal eingereist.

(...)

-

Sie haben am 08.01.2019 auf der PI XXXX einen Asylantrag gestellt. Sie wurden am 08.01.2019 in das PAZ Wien Hernalser Gürtel eingeliefert und im Anschluss in das PAZ Wien Roßauer Lände. Im Zuge der Amtshandlung im Rahmen des Asylantrages konnte eruiert werden, dass gegen Sie eine Festnahmeanordnung Staatsanwaltschaft XXXX besteht.

-

Sie wurden am 08.01.2019 um 18:20 Uhr aufgrund einer Anordnung zur Festnahme Staatsanwaltschaft XXXX im Bundesgebiet der Republik Österreich festgenommen und am 09.01.2019 um 08:50 Uhr in die Justizanstalt XXXX eingeliefert.

-

Sie wurden am 29.01.2019 von einem Beamten der PI XXXX Fremdenpolizei AGM in der Justizanstalt XXXX erstbefragt.

(...)

-

Sie haben sich vom 09.01.2019, 08:50 Uhr bis 26.02.2019, 15:30 Uhr in der Justizanstalt XXXX in Anhaltung und Untersuchungshaft befunden.

-

Sie wurden am 26.02.2019 aus der Justizanstalt XXXX entlassen.

-

Sie wurden am 26.02.2019 auf Anordnung der Behörde festgenommen und in das PAZ Wien Hernalser Gürtel eingeliefert.

-

Mit Verfahrensanordnung vom 28.02.2019 wurde Ihnen ein Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.

(...)

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG können Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, festgenommen oder angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme zu sichern; das gilt auch dann, wenn es der Erlassung einer neuerlichen Rückkehrentscheidung gemäß § 59 Abs. 5 FPG nicht bedarf. Für die Anordnung der Schubhaft muss Fluchtgefahr und Verhältnismäßigkeit vorliegen. Abgesehen von dem hier nicht relevanten Fall der Antragsstellung während einer Anhaltung aufgrund eines Festnahmeauftrags muss der Aufenthalt des Fremden eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit entsprechend der Kriterien des § 67 FPG darstellen.

(...)

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung insbesondere auch ein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an der baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit überwiegt.

Gemäß § 67 Abs. 1 FPG ist Voraussetzung, dass das persönliche Verhalten die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

Durch Ihr persönliches Verhalten ist die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet und stellen Sie auch eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr dar, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, weil Sie durch Ihr Verhalten gezeigt haben, dass nicht davor zurückschrecken Personen mit einem Messer am Körper zu verletzen.

Auch wurde Ihr Verhalten in Bezug auf den Zweck Ihres Aufenthalts in Österreich berücksichtigt. Sie dürfen im Bundesgebiet keiner geregelten Beschäftigung nachgehen. Sie haben sich ein halbes Jahr illegal in Österreich aufgehalten und haben es nicht der Mühe wert gefunden, sich im Bundesgebiet behördlich zu melden.

Daher liegt in Ihrem Fall eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit iSd §§ 67 FPG und 76 Abs. 2 Z 1 FPG vor.

(...)

Die Behörde gelangt daher zum Ergebnis, dass sowohl die gesetzlichen Formalerfordernisse vorliegen, als auch, dass die Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis steht und im Interesse des öffentlichen Wohls dringend erforderlich und geboten ist."

Mit Mandatsbescheid des BFA vom 06.03.2019, Regionaldirektion XXXX , wurde über den BF gemäß Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung iVm § 76 Abs. 2 Z 3 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Überstellungsverfahrens angeordnet.

Mit Verfahrensanordnung vom 28.02.2019 wurde dem Beschwerdeführer durch das BFA gemäß § 52 Abs 1 BFA-VG für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe amtswegig zur Seite gestellt.

Mit Schriftsatz vom 07.03.2019 erhob der BF durch seine Vertretung Beschwerde. In der Beschwerde wird u. a. Folgendes ausgeführt:

"l. Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde

Der angefochtene Schubhaftbescheid wurde dem BF am 28.02.2019 ausgefolgt. Die Erhebung der gegenständlichen Beschwerde erfolgt jedenfalls binnen offener Frist, zumal sich der BF nach wie vor in Schubhaft befindet.

Die Schubhaft wurde mittels Mandatsbescheid durch das Organ (...) des BFA Regionaldirektion XXXX angeordnet. Diese Bezeichnung ergeht gemäß § 9 Abs. 4 VwGVG.

Il. Zur Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Anordnung der Schubhaft bis zum 06.03.2019

1. Sachverhalt (Kurzdarstellung)

Der BF reiste mit einem gültigen tschechischen Visum im Juni 2018 nach Österreich ein. Am 22.12.2018 verletzte er sich selbst und ist verdächtig seine Schwester mit einem Messer verletzt zu haben. Am 08.01.2019 stellte der BF einen Asylantrag bei der PI XXXX , woraufhin er in das Polizeianhaltezentrum Hernalser Gürtel gebracht wurde. Vom 09.01 2019 bis 26.02.2019 befand er sich bzgl. des mutmaßlichen Angriffes in Untersuchungshaft. Am 26.02.2019 wurde aus der Justizanstalt XXXX entlassen und am selben Tag auf Anordnung der belangten Behörde festgenommen. Er befindet sich seitdem in Schubhaft.

Beim BF handelt es sich um einen Asylwerber. Er hat nach wie vor Anspruch auf Grundversorgung. Am 06.03.2019 erließ die belangte Behörde einen neuen Schubhaftbescheid.

Die über den BF verhängte Schubhaft erweist sich aus mehreren Gründen als rechtswidrig, wie nachfolgend dargestellt wird:

2. Keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG :

Gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG darf Schubhaft nur angeordnet werden, wenn dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsberechtigten Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist.

Mit dem mit FrÄG 2018 veränderten § 76 Abs. 2 FPG soll der Haftgrund des Art. 8 Abs. 3 lit. e Aufnahme-RL in innerstaatliches Recht umgesetzt werden, weshalb in der neu konzipierten Z 1 des § 76 Abs. 2 FPG die Anordnung der Schubhaft gegen Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, dahingehend eingeschränkt werden soll, dass neben Fluchtgefahr und Verhältnismäßigkeit auch eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit als zusätzliche Haftvoraussetzung vorliegen muss. Der Begriff der Gefährdung der nationalen Sicherheit oder Ordnung in Art. 8 Abs. 3 lit e Aufnahme-RL- voraussetzt, dass eine tatsächliche, gegenwärtige und hinreichend erhebliche Gefahr vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und daher über die soziale Störung die jedem Gesetzesverstoß innewohnt, hinausgeht.

Die Prüfung, ob eine derartige Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt, hat daher nach einem äußerst strengen Maßstab zu geschehen. Mit dem Verweis auf § 67 FPG soll klargestellt werden, dass hier nur Fälle schwerer Kriminalität erfasst werden sollen und zudem der Behörde ein entsprechender Begründungsaufwand zukommt. Denn nach ständiger Rechtsprechung des VwGH zu § 67 FPG ist bei der zu treffenden Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahingehend vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen (vgl. Bsp. Ra 2014/21/0039 vom 16.10.2014)

Diesen Anforderungen genügt die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht. Aus der rechtlichen Beurteilung des angefochtenen Bescheides geht nicht hervor, womit die Behörde das Vorliegen einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit begründet. Aus den Feststellungen (S. 7f des angefochtenen Bescheids) lässt sich schließen, dass sie sich dabei auf ein offenes Strafverfahren stützen, indem der BF mutmaßlich seine Schwester mit einem Messer verletzt haben soll. Wie eine Körperverletzung ein "besonders verpöntes Verbrechen" darstellen soll, diesen Umstand zu begründen bleibt die belangte Behörde schuldig. Zudem gelingt es der Behörde nicht eine derart schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit nachzuweisen, wie sie vom neu geschaffenen § 76 Abs. 2 Z 1 FPG in Umsetzung von Art. 8 Abs. 3 lit e Aufnahme-RL verlangt wird. Eine Nichtmeldung im Bundesgebiet für einen bestimmten Zeitraum vermag der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Sinne der Z 1 jedenfalls nicht gerecht zu werden (S. 7 des angefochtenen Bescheids).

Des Weiteren unterließ es die belangte Behörde, bei Verhängung der Schubhaft, die gesetzlich vorgegebenen Ermittlungsschritte zu vollziehen. Eine Einvernahme zur beabsichtigten Schubhaftverhängung ist gänzlich ausgefallen, womit dem BF die Möglichkeit des Parteiengehörs verwehrt blieb.

Richtig ist, dass der BF von der Staatsanwaltschaft XXXX eine Anzeige erhielt und diesbezüglich auch ein Festnahmeauftrag erging, er jedoch auch wieder aus der Untersuchungshaft entlassen wurde. Ein Termin für seine Hauptverhandlung hat der BF am 24.04.2019. Hierbei handelt es sich nicht um einen Fall von schwerer Kriminalität, welcher von der Bestimmung in Zusammenschau mit § 67 FPG erfasst werden sollte, sondern ist der BF nach wie vor unbescholten. Da er auch von der Staatsanwaltschaft von der Untersuchungshaft entlassen wurde, besteht auch keine Wiederholungs- sowie Begehungsgefahr nach Ansicht der dazu ermittelnden Behörde.

Die weiteren Umstände, die den Feststellungen zufolge wohl in die lapidar begründete Gefährdungsprognose der belangten Behörde eingeflossen sind, sind nicht zutreffend: wenn die Behörde anführt, dass der BF keiner geregelten Erwerbstätig nachgehe, Österreich aus eigenem Entschluss nicht verlassen könne und er seinen Unterhalt nicht finanzieren könne (S. 7 des angefochtenen Bescheids), übersieht sie, dass es sich beim BF um einen Asylwerber im offenen Asylverfahren mit Anspruch auf Grundversorgung handelt. Der BF hatte seit Asylantragstellung noch nicht die Möglichkeit gehabt sich für die Grundversorgung anzumelden, da es zur sofortigen Inhaftierung kam. Einen Ausschluss aus der Grundversorgung muss laut Aufnahme-RL, zumindest in Bescheidform ergehen, welcher im gegenständlichen Fall nicht erlassen wurde. Somit erweisen sich die Feststellungen der belangten Behörde als absolut ungeeignet zur Erstellung der Gefährdungsprognose.

Die persönlichen Umstände des BF lassen in Gesamtschau keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erkennen, schon gar nicht in jenem schwerwiegenden Ausmaß, wie es von § 76 Abs. 2 Z 1 FPG gefordert wird.

Mangels Vorliegen einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit im erforderlich schwerwiegenden Ausmaß ist die Verhängung der Schubhaft über den BF bis zum 06.03.2019 nicht zulässig.

3. Mangelhafte Begründung der Fluchtgefahr und mangelhafte Prüfung der Anwendbarkeit gelinderer Mittel:

Neben dem Vorliegen der Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ist die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz gem. § 76 Abs. 2 Z 1 FPG nur bei zusätzlichem Vorliegen von Fluchtgefahr und Verhältnismäßigkeit zulässig.

Art. 3 Z 7 der Rückführungs-RL (Richtlinie 2008/115/EG) definiert Fluchtgefahr als Vorliegen von Gründen im Einzelfall, die auf objektiven, gesetzlich festgelegten Kriterien beruhen und zu der Annahme Anlass geben, dass sich Drittstaatsangehörige einem Rückkehrverfahren durch Flucht entziehen könnten.

Die belangte Behörde begründet das Vorliegen von Fluchtgefahr (auf Seiten 9f. des angefochtenen Bescheids) im Wesentlichen damit, dass der BF illegal nach Österreich eingereist sei und einen Asylantrag gestellt habe, er seine Schwester angeblich am Körper verletzt habe, er nicht über Barmittel verfüge, er keiner geregelten Beschäftigung nachgehe und nicht bereit sei, die bestehenden Einwanderungsvorschriften und Rechtsnormen einzuhalten. Er könne sich weder seine Ausreise noch seinen Aufenthalt finanzieren und habe keine Möglichkeit, geordnet Unterkunft zu nehmen und sei eine Zeit lang im Bundesgebiet untergetaucht. Da er bisher kein Interesse gezeigt habe, sich einem rechtsstaatlichen Verfahren zu stellen, keine ernstzunehmenden Fluchtgründe vorzuweisen habe und sich nicht gesetzestreu verhalten habe, bestehe die Gefahr des Untertauchens. Das Hauptinteresse des BF bestehe im Weiterverbleib im Bundesgebiet.

Dazu ist (erneut) Folgendes auszuführen: der BF befindet sich im offenen Asylverfahren, eine Einvernahme durch die belangte Behörde zu seinem Fluchtvorbringen ist nach wie vor ausständig. Die Beurteilung der ernstzunehmenden(!) Fluchtgründe des BF wird Gegenstand des zu führenden Asylverfahrens sein; die diesbezügliche Einschätzung der Behörde im gegenständlichen Mandatsverfahren ist verfehlt. Der BF hat somit - jedenfalls bis zum rechtskräftigen Abschluss seines Asylverfahrens - ein legitimes Interesse am Verbleib im Bundesgebiet

Der BF ist rechtlich unbescholten. Eine einmalige Nichtmeldung rechtfertigt nicht den Umstand zur Verhängung der Schubhaft im laufenden Asylverfahren. Durch die Asylantragstellung zeigte er sich gewillt mit den österreichischen Behörden zu kooperieren, sich somit seinem Asylverfahren in Österreich zu stellen.

Eine Strafanzeige stellt kein Kriterium für Fluchtgefahr dar. Aus einer strafrechtlichen Anzeige kann jedenfalls auch nicht der Schluss gezogen werden, dass sich eine Person einem behördlichen Verfahren entziehen wolle oder eine Abschiebung behindere. Auch die Befürchtung, der BF würde künftig Straftaten begehen, stellt keinen Grund für die Verhängung der Schubhaft dar. Schubhaft dient keinesfalls der Verhinderung von Straftaten (vgl. VwGH 22.12.2009, 2009/21/0185).

Soweit die belangte Behörde ausführt, dass der BF weder über eine Unterkunft verfüge, noch über ausreichend finanzielle Mittel um seinen Unterhalt zu finanzieren, lässt sie vollkommen außer Acht, dass es sich bei dem BF - wie bereits ausgeführt - um einen Asylwerber im erstinstanzlichen Verfahren handelt, welcher Anspruch auf Grundversorgung hat.

Auch die von der Behörde ins Treffen geführte fehlende soziale und familiäre Verankerung vermag im Fall des BF jedoch die Verhängung der Schubhaft nicht zu tragen, zumal es sich beim BF um einen Asylwerber handelt (vgl. VwGH 24.10.2007, 2006/21/0045).

Die Argumente mit welchen die belangte Behörde eine Fluchtgefahr begründet sind daher verfehlt. Die strafrechtliche Anzeige allein kann eine solche jedenfalls nicht begründen.

Ist daher im gegenständlichen Fall nicht ersichtlich, wieso die Behörde von Fluchtgefahr aus geht. Eine solche liegt im Fall des BF nicht vor.

Selbst bei Bestehen von Fluchtgefahr was bestritten wird ist das Vorliegen von Verhältnismäßigkeit eine weitere Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Schubhaft.

Der VwGH führt in ständiger Judikatur aus, dass sich aus dem ultima-ratio-Prinzip ergibt, dass im Bescheid nachvollziehbar darzulegen ist, inwiefern die Anordnung der Schubhaft notwendig ist, um den Sicherungszweck zu erreichen. Der VwGH hält weiters fest: "In diesem Sinne sind auch Überlegungen darüber anzustellen, ob der Sicherungszweck bereits durch die Anwendung gelinderer Mittel gemäß § 77 FrPolG 2005 erreicht werden kann." (VwGH 28.06.2007, 2006/21/0051).

Der BF befindet sich im laufenden Asylverfahren, hat Anspruch auf Grundversorgung und würde daher insbesondere das gelindere Mittel der periodischen Meldeverpflichtung gem. § 77 Abs. 3 Z 2 FPG in Betracht kommen.

Der BF hat sich bei Asylantragstellung den österreichischen Behörden gestellt, d.h. ein Untertauchen im Bundesgebiet ist daher nicht ersichtlich, da ein rechtliches Interesse am offenen Asylverfahren besteht. Gegen ihn wurde bislang kein gelinderes Mittel angeordnet und hätte damit das Auslangen finden können. Der Vollständigkeit halber ist anzuführen, dass die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegensteht und Betroffenen aufgetragen werden kann, sich für insgesamt 72 Stunden übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten (§77 Abs. 5 FPG).

Somit erweist sich die Verhängung der Schubhaft gegenüber dem BF jedenfalls auch als unverhältnismäßig.

III. Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung

Sollte das Bundesverwaltungsgericht beabsichtigen, nicht antragsgemäß zu entscheiden, wird ausdrücklich die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes insbesondere zur Gefährdungsprognose und zum Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung eines gelinderen Mittels - beantragt. Für die Einvernahme des BF wird die Beiziehung eines Dolmetschers für die mongolische Sprache beantragt.

Hinsichtlich der anzustellenden Gefährdungsprognose ist auf das Erkenntnis des VwGH zur Zahl 2015/21/0002 vom 30.06.2015 zu verweisen. In diesem wurde klargestellt, dass aufgrund der anzustellenden Gefährdungsprognose für die Verhängung eines Einreiseverbotes dem persönlichen Eindruck im Rahmen einer mündlichen Verhandlung besondere Bedeutung zukommt. Dieses Erkenntnis ist auf gegenständlichen Fall sinngemäß anzuwenden. Eine Verhandlung scheint daher zwingend geboten, zumal auch die belangte Behörde vor Verhängung der Schubhaft keine Einvernahme durchführte.

Die beweiswürdigenden Überlegungen im angefochtenen Bescheid wurden nicht ausreichend offengelegt, der festgestellte Sachverhalt wurde in der Beschwerde substantiiert bestritten. Weiters wurde die Nicht-Anwendbarkeit gelinderer Mittel, nämlich die periodische Meldeverpflichtung nicht hinreichend geprüft und nachvollziehbar begründet.(...)"

Mit Email vom 08.03.2019 teilte die Vertretung des BF mit, dass die Fortsetzung der Anhaltung nicht angefochten werde. Zudem werde auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Die Verwaltungsbehörde erstattete am 08.03.2019 nachstehende Stellungnahme:

"Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl informiert über gegenständliches Verfahren und übermittelt gleichzeitig die Stellungnahme zur dortigen Verwendung.

Verfahrensgang:

-

Der Beschwerdeführer, in weiterer Folge BF genannt, hat sich vom 13.12.2016 bis Juni 2018 in der Tschechischen Republik aufgehalten.

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Der BF befindet sich seit Juni 2018 in Österreich. Er ist illegal eingereist, da das Visum keine Gültigkeit mehr hatte und mongolische Staatsbürger keine Visa-Befreiung haben.

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Der BF wurde am 22.12.2018, nach einer Selbstverletzung, in das XXXX eingeliefert, nachdem der BF am 22.12.2018 seiner Schwester einen Messerstich im Gesäßbereich versetzt hat.

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Der BF hat am 08.01.2019 auf der PI XXXX einen Asylantrag gestellt. Der BF wurde am 08.01.2019 in das PAZ XXXX eingeliefert und im Anschluss in das PAZ XXXX überstellt. Im Zuge der Amtshandlung im Rahmen des Asylantrages konnte eruiert werden, dass gegen den BF eine Festnahmeanordnung Staatsanwaltschaft XXXX besteht.

-

Der BF wurde am 08.01.2019 um 18:20 Uhr aufgrund einer Anordnung zur Festnahme Staatsanwaltschaft XXXX im Bundesgebiet der Republik Österreich festgenommen und am 09.01.2019 um 08:50 Uhr in die Justizanstalt XXXX eingeliefert.

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Der BF wurde am 29.01.2019 von einem Beamten der PI XXXX Fremdenpolizei AGM in der Justizanstalt XXXX erstbefragt.

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Der BF hat sich vom 09.01.2019, 08:50 Uhr bis 26.02.2019, 15:30 Uhr in der Justizanstalt XXXX in Anhaltung und Untersuchungshaft befunden.

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Der BF wurde am 26.02.2019 aus der Justizanstalt XXXX entlassen.

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Der BF wurde am 26.02.2019 auf Anordnung der Behörde festgenommen und in das PAZ Wien Hernalser Gürtel eingeliefert.

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Gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG wurde über den BF am 28.02.2019 die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet.

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Am 04.03.2019 wurde durch EAST Ost ein Konsultationsverfahren mit der Tschechischen Republik eingeleitet.

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Gemäß Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung iVm § 76 Abs. 2 Z 3 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG wurde über den BF am 06.03.2019 die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Überstellungsverfahrens angeordnet.

-

Am 08.03.2019 langte die Beschwerde beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein.

Entsprechend dem bisherigen Verhaltens des BF begründeten folgende Kriterien in seinem Falle eine Fluchtgefahr und die Nichtanwendung des gelinderten Mittels:

Die Behörde hat keinerlei Grund zur Annahme, dass sich der BF einem Verfahren auf freiem Fuß stellen wird. Der BF hat sich von Juni 2018 bis Dezember 2018 untergetaucht und illegal in Österreich aufgehalten. Der BF hat den österreichischen Behörden keinen Aufenthaltsort bekannt gegeben. Der BF hat bereits illegale Grenzverletzungen betreffend die Staatsgebiete der Republik Österreich und der Tschechischen Republik begangen. Diese Umstände haben erkennen lassen, dass der BF an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nicht mitwirken wird. Der BF hat gegen das Meldegesetz verstoßen.

Der Grad der sozialen Verankerung des BF in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes, ist nicht gegeben. Der BF verfügt über keine gesicherten Bindungen und ist in Österreich nicht integriert. Der BF hat keinen Unterstand im Bundesgebiet, ist mittellos und verweigert jegliche Kooperation mit der Behörde, da er nicht gewillt ist, einen Aufenthaltsort bekannt zu geben.

Es besteht daher Fluchtgefahr. Doch auch was die Unterkunftsnahme in bestimmten Räumlichkeiten und die periodische Meldeverpflichtung betrifft, kann im Falle des BF, wie ausführlich dargelegt, nicht das Auslangen gefunden werden.

Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Schubhaft eine ultima - ratio - Maßnahme darstellt. Es war daher zu prüfen, ob die Anordnung gelinderer Mittel gleichermaßen zur Zweckerreichung dienlich wäre. In Betracht wäre dabei das gelindere Mittel gem. § 77 FPG mit den dafür vorgesehenen Aufenthalts- und Meldepflichten bzw. der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gekommen. Dabei kam die finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund der finanziellen Situation des BF schon von vornherein nicht in Betracht.

Entsprechend dem bisherigen Verhaltens des BF begründeten folgende Kriterien eine Gefährdung für die öffentliche Ordnung und Sicherheit:

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung insbesondere auch ein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an der baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit überwiegt.

Gemäß § 67 Abs. 1 FPG ist Voraussetzung, dass das persönliche Verhalten die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

Durch das persönliches Verhalten des BF ist die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet und stellt der BF auch eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr dar, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, weil der BF durch sein Verhalten gezeigt hat, dass der BF nicht davor zurückschreckt, eine Person mit einem Messer am Körper zu verletzen.

Auch wurde das Verhalten des BF in Bezug auf den Zweck seines Aufenthalts in Österreich berücksichtigt. Der BF darf im Bundesgebiet keiner geregelten Beschäftigung nachgehen. Der BF hat sich ein halbes Jahr illegal in Österreich aufgehalten und hat es nicht der Mühe wert gefunden, sich im Bundesgebiet behördlich zu melden.

Daher liegt im Falle des BF eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit iSd §§ 67 FPG und 76 Abs. 2 Z 1 FPG vor.

Schlussfolgerung:

Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung ist erforderlich, da sich der BF aufgrund seines Verhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen hat. Es ist davon auszugehen, dass der BF auch hinkünftig nicht gewillt sein wird, die Rechtsvorschriften einzuhalten.

Aus seiner Wohn- und Familiensituation, aus seiner fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund seines bisherigen Verhaltens kann geschlossen werden, dass bezüglich seiner Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliegt.

Einem geordneten Fremdenwesen kommt im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und dem wirtschaftlichen Wohl des Staates ein hoher Stellenwert zu. Es besteht die Verpflichtung Österreichs, seinen europarechtlichen Vorgaben, als auch den Pflichten gegenüber seinen Staatsbürgern und anderen legal aufhältigen Personen nachzukommen.

Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit ergibt daher im Falle des BF, dass sein privates Interesse an der Schonung seiner persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen hat.

Wie oben ausführlich dargelegt, besteht im Falle des BF aufgrund seiner persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund seines bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Damit wäre jedoch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung, vereitelt. Es liegt somit eine ultima - ratio - Situation vor, die die Anordnung der Schubhaftverhängung unabdingbar erfordert und eine Verfahrensführung, während derer sich der BF in Freiheit befindet, ausschließt.

Es ist weiters aufgrund des Gesundheitszustandes des BF davon auszugehen, dass auch die subjektiven Haftbedingungen, wie Ihre Haftfähigkeit, gegeben sind.

Es ist aufgrund des Gesundheitszustandes des BF davon auszugehen, dass seine Haftfähigkeit gegeben ist, da sich der BF in Untersuchungshaft befunden hat.

Daher ist die Entscheidung zur Verhängung der Schubhaft auch verhältnismäßig, welches sich aus der dargelegten Sachverhaltsmanifestierungen zur Person des BF ergibt und begründet in seinem Falle die Schubhaft. Die Behörde gelangte daher zum Ergebnis, dass sowohl die gesetzlichen Formalerfordernisse vorliegen, als auch, dass die Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis steht und im Interesse des öffentlichen Wohls dringend erforderlich und geboten ist.

Es wird beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge: 1. den Bescheid des BFA bestätigen, 2. Seitens der Behörde wird der Antrag gestellt, dass die gem. §35 Abs 1, 3 und 5 VwGVG der obsiegenden Partei zustehenden Aufwendungen für den Schriftsatzaufwand, in eventu einer mündlichen Verhandlung ein Ersatz des Verhandlungsaufwands, sowie sämtlicher weiteren anfallenden Gebühren im gegenständlichen Verfahren als Ersatz der Aufwendungen geltend gemacht werden."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Der BF ist Staatsangehöriger der Mongolei und nicht österreichischer Staatsangehöriger. Er hat sich vom 13.12.2016 bis Juni 2018 in der Tschechischen Republik aufgehalten und reiste im Juni 2018 nach Österreich.

Der BF wurde am 22.12.2018 - nach einer Selbstverletzung - in das Wilhelminenspital Wien eingeliefert.

Der BF stellte am 08.01.2019 auf der PI- XXXX einen Asylantrag. Im Zuge der Amtshandlung im Rahmen des Asylantrages stellte sich heraus, dass gegen den BF eine Festnahmeanordnung der Staatsanwaltschaft XXXX besteht. Der BF wurde am 08.01.2019 aufgrund einer Anordnung zur Festnahme der Staatsanwaltschaft XXXX festgenommen und am 09.01.2019 in die Justizanstalt XXXX eingeliefert. Er wurde am 29.01.2019 von einem Beamten der PI XXXX Fremdenpolizei AGM in der Justizanstalt XXXX erstbefragt.

Der BF befand sich von 09.01.2019 bis 26.02.2019 in der Justizanstalt XXXX in Untersuchungshaft. Der BF wurde am 26.02.2019 aus der Untersuchungshaft enthaftet und das Verfahren wurde am 27.02.2019 gemäß § 190 Z 1 StPO eingestellt. In weiterer Folge wurde der BF am 26.02.2019 auf Anordnung des BFA festgenommen und in das PAZ Wien Hernalser Gürtel eingeliefert.

Mit Mandatsbescheid des BFA vom 28.02.2019, Regionaldirektion XXXX , wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet.

Am 04.03.2019 wurde durch die EAST Ost ein Konsultationsverfahren mit der Tschechischen Republik eingeleitet. Mit Mandatsbescheid des BFA vom 06.03.2019, Regionaldirektion XXXX , wurde über den BF gemäß Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung iVm § 76 Abs. 2 Z 3 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Überstellungsverfahrens angeordnet.

2. Beweiswürdigung

Der angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Die Feststellungen zur Festnahme und der weiteren Anhaltung ergeben sich aus dem unstrittigen Akteninhalt und entsprechen dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes (Einsicht in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung).

Die Angaben zur Verhängung der Untersuchungshaft über den BF und seiner Entlassung aus dieser am 26.02.2019 beruhen auf dem Beschluss des Landesgerichtes XXXX vom XXXX , XXXX , zur Verhängung der Untersuchungshaft sowie dem Schreiben der Staatsanwaltschaft Korneuburg vom 13.03.2019, XXXX , wonach der BF am 26.02.2019 enthaftet wurde und das Verfahren am 27.02.2019 gemäß § 190 Z 1 StPO eingestellt wurde.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt A.I.) Schubhaftbescheid vom 28.02.2019 und Anhaltung in Schubhaft von 28.02.2019 bis 06.03.2019

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 FPG idgF lautet:

"(1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

§ 67 FPG idgF lautet:

"(1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.

(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)"

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise - wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG - erreicht werden ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig.

In seiner Entscheidung vom 06.11.2018 (Ra 2018/18/0203) führte der Verwaltungsgerichtshof aus: "In Bezug auf die für ein Einreiseverbot zu treffende Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme (hier:"schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit") gerechtfertigt ist (vgl. VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289, mwN). Dabei ist - abgesehen von der Bewertung des bisherigen Verhaltens des Revisionswerbers - darauf abzustellen, wie lange die von ihm ausgehende Gefährdung zu prognostizieren ist. Diese Prognose ist nachvollziehbar zu begründen (vgl. VwGH 30.6.2015, Ra 2015/21/0002, mwN)."

Das BFA führte im Mandatsbescheid vom 28.02.2019 Folgendes aus:

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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