Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Pflegschaftssache der mj Ed*****, geboren am *****, und des mj Er*****, geboren am *****, infolge Revisionsrekurses der ehelichen Mutter E*****, Diplomkrankenschwester, *****, gegen den Beschluss des Kreisgerichts Korneuburg als Rekursgericht vom 17. April 1984, GZ 5 R 113/84-53, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Mistelbach vom 7. März 1984, GZ P 17/83-45, bestätigt wurde, folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die am ***** geborene Ed***** und der am ***** geborene Er***** sind eheliche Kinder des in M***** wohnhaften Ö*****-Bediensteten K***** und der nunmehr in W***** wohnenden Diplomkrankenschwester E*****, geschiedene K*****. Die Ehe der Eltern der Kinder wurde mit Urteil des Kreisgerichts Korneuburg vom 1. Februar 1983 (AZ 2 Cg 15/83) aus beiderseitigem gleichteiligen Verschulden der Ehegatten geschieden. Der im Zuge des Scheidungsverfahrens geschlossene Vergleich, wonach die mj Ed***** zum Vater und der mj Er***** zur Mutter kommen sollte und die Eltern sich verpflichteten, jeweils dem beim anderen Elternteil befindlichen Kind Unterhalt zu gewähren, wurde bisher pflegschaftsbehördlich noch nicht genehmigt. Die beiden Kinder befinden sich jedoch faktisch in Pflege des Vaters in M*****.
Mit Beschluss vom 7. März 1984 bestellte das Bezirksgericht Mistelbach auf Antrag des Vaters der Minderjährigen die Bezirkshauptmannschaft M*****-Jugendamt gemäß § 22 JWG, § 271 ABGB zum besonderen Sachwalter für die beiden mj Kinder zur Geltendmachung und Hereinbringung des Unterhalts (ON 45 dA). Da der Vater mit der Geltendmachung und Hereinbringung des Unterhalts Schwierigkeiten hätte und das Bezirksjugendamt M***** sich mit der Bestellung zum besonderen Sachwalter einverstanden erklärt habe, seien die gesetzlichen Voraussetzungen für die Bestellung des Jugendamts zum besonderen Sachwalter gegeben.
Das Gericht zweiter Instanz gab dem von der Mutter gegen diesen Beschluss erhobenen Rekurs nicht Folge. Es erachtete die gesetzlichen Voraussetzungen für die beantragte Bestellung des Jugendamts zum besonderen Sachwalter ebenfalls als gegeben. Die beiden Minderjährigen befänden sich faktisch in Pflege und Erziehung des Vaters, der den Antrag gestellt habe, die Mutter ab 1. Jänner 1984 für den Sohn zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 2.400 S zu verpflichten. Die Mutter habe jedoch einer Ladung des Erstgerichts nicht Folge geleistet und anlässlich einer Rechtshilfevernehmung die Leistung des geforderten Unterhaltsbeitrags verweigert. Die Mutter habe auch beantragt, ihre Unterhaltsleistung für die mj Ed***** herabzusetzen, welchem Antrag der Unterhaltssachwalter entgegengetreten sei. Es bestehe somit eine offenkundige Meinungsverschiedenheit der Eltern der Kinder bzw des Sachwalters über Verteilung und Höhe der Unterhaltspflichten, so dass sich die Mutter auf den Inhalt des Scheidungsvergleichs nicht berufen könne. Unter diesen Umständen sei es zum Wohl der Kinder dringend erforderlich, die Bezirksverwaltungsbehörde zum Unterhaltssachwalter zu bestellen, zumal die vom Vater dafür ins Treffen geführte Begründung, er könne sich aufgrund seines unregelmäßigen Dienstes als Triebfahrzeugführer der Ö***** dem gerichtlichen Unterhaltsfeststellungsverfahren nicht mit der nötigen Intensität widmen, zutreffe.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diesen rekursgerichtlichen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Mutter, der unzulässig ist.
Da das Rekursgericht den Beschluss des Erstgerichts bestätigte, ist der Revisionsrekurs nur wegen offenbarer Gesetzwidrigkeit, Aktenwidrigkeit oder Nichtigkeit zulässig (§ 16 AußStrG). Keiner dieser Anfechtungsgründe ist gegeben.
Die Mutter der Minderjährigen wendet sich in ihrem Revisionsrekurs gegen die Annahme der gesetzlichen Voraussetzungen für die Bestellung eines besonderen Sachwalters nach § 22 JWG durch die Vorinstanzen.
§ 22 Abs 2 JWG sieht die Bestellung der Bezirksverwaltungsbehörde als besonderer Sachwalter eines minderjährigen ehelichen Kindes zur Durchsetzung des Unterhaltsanspruchs (auch ohne deren Zustimmung) ua dann vor, wenn die Ehe der Eltern geschieden worden ist und das Einschreiten der Bezirksverwaltungsbehörde wegen der Schwierigkeit der Rechtsverfolgung zur Wahrung des Kindeswohls notwendig ist. Wann solche Schwierigkeiten der Rechtsverfolgung vorliegen, wird im Gesetz nicht gesagt; die Beurteilung dieser Voraussetzung ist daher dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts überlassen. Da eine offenbare Gesetzwidrigkeit nur dann vorliegt, wenn die für die Entscheidung maßgebende Frage im Gesetz ausdrücklich und so klar geregelt ist, dass an der Absicht des Gesetzgebers nicht gezweifelt werden kann und trotzdem anders entschieden wurde (SZ 46/98 und die dort angeführte Rechtsprechung; EFSlg 32.616, 37.388, 42.327 uva), wird von der Revisionsrekurswerberin dieser Anfechtungsgrund nicht aufgezeigt.
Insoweit die Revisionsrekurswerberin das Unterbleiben einer Beschlussfassung des Gerichts über die pflegschaftsbehördliche Genehmigung des im Scheidungsverfahren geschlossenen Vergleichs und über die Pflege und Erziehung, Vermögensverwaltung und Vertretung der Minderjährigen vor der Bestellung der Bezirksverwaltungsbehörde zur Vertretung der Minderjährigen zur Geltendmachung und Hereinbringung des Unterhalts rügt, macht sie einen Verfahrensmangel geltend, der im Rahmen eines außerordentlichen Revisionsrekurses nur dann geltend gemacht werden könnte, wenn ihm das Gewicht einer Nullität zukäme. Inwiefern dies hier der Fall sein sollte, ist aber nicht erkennbar.
Da somit kein im § 16 AußStrG genannter Anfechtungsgrund vorliegt, musste der Revisionsrekurs zurückgewiesen werden.
Textnummer
E125021European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1984:0080OB00585.840.0906.000Im RIS seit
21.05.2019Zuletzt aktualisiert am
21.05.2019