TE OGH 1984/10/4 8Ob605/84

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Veröffentlicht am 04.10.1984
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.

 Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17–19, 1011 Wien, wider die beklagte Partei S*****, vertreten durch Dr. Helmut Wildmoser, Rechtsanwalt in Linz, wegen Nichtigerklärung von Generalversammlungsbeschlüssen (Streitwert 625.000 S), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 6. August 1984, GZ 3a R 98/84-9, womit der Beschluss des Kreisgerichts Ried im Innkreis vom 15. Juni 1984, GZ 3 Cg 246/84-3, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung wie folgt zu lauten hat:

Der Antrag der klagenden Partei auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung des Inhalts, es werde der beklagten Partei zur Sicherung des von der klagenden Partei geltend gemachten Anspruchs auf Nichtigerklärung der Beschlüsse der 21. außerordentlichen Generalversammlung der beklagten Partei vom 2. 5. 1984, mit welchen a) Prokurist Hermann R***** ab 1. 8. 1984 auf die Dauer von 5 Jahren zum kommerziellen Geschäftsführer der beklagten Partei bestellt wurde und b) die Bezüge des Hermann R***** mit 63.000 S pro Monat (14mal jährlich) zuzüglich Tantiemen festgesetzt wurden, die Ausführung dieser Beschlüsse bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Klagsanspruch untersagt, wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei an Kosten des Provisorialverfahrens die mit 11.751,71 S bestimmten Rekurskosten (darin Umsatzsteuer von 1.068,34 S keine Barauslagen) und die mit 14.108,32 S bestimmten Kosten ihres Revisionsrekurses (darin Umsatzsteuer von 1.282,57 S keine Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist neben dem Land *****, dem Land ***** und die Firma St***** Gesellschafterin der Beklagten. Mit ihrer am 15. 6. 1984 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin unter anderem die Nichtigerklärung der Beschlüsse der 21. außerordentlichen Generalversammlung der Beklagten vom 2. 5. 1984, mit denen Prokurist Hermann R***** ab 1. 8. 1984 auf die Dauer von 5 Jahren zum kommerziellen Geschäftsführer der Beklagten bestellt wurde und seine Bezüge mit 63.000 S pro Monat (14mal jährlich) zuzüglich Tantiemen festgesetzt wurden. Gleichzeitig stellte die Klägerin den Antrag, zur Sicherung dieses Anspruchs der Beklagten mit einstweiliger Verfügung die Ausführung dieser Beschlüsse bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Anspruch zu untersagen.

Die Klägerin stützte ihr Begehren im Wesentlichem auf die Behauptung, dass die angefochtenen Beschlüsse gesetzwidrig seien, weil in der ihnen zugrundeliegenden Ausschreibung ein Alterslimit gesetzt worden sei, was der Vorschrift des § 2 Abs 3 des Bundesgesetzes über die öffentliche Ausschreibung von Funktionen in Kapitalgesellschaften, an denen Bund, Länder oder Gemeinden beteiligt sind (BGBl 1982/521; in der Folge als Ausschreibungsgesetz bezeichnet), widerspreche. Damit sei einer Reihe von befähigten Personen von vornherein die Gelegenheit einer Bewerbung genommen worden. Die Klägerin habe eine neuerliche Ausschreibung ohne Altersklausel gefordert und ihr Vertreter habe in der 21. außerordentlichen Generalversammlung gegen die beanstandeten Beschlüsse Widerspruch erhoben. Das Sicherungsbegehren sei in der Gefahr eines unwiederbringlichen Schadens der Gesellschaft begründet, falls die Beklagte mit dem neuen Geschäftsführer sofort einen Anstellungsvertrag abschließe.

Das Erstgericht erließ ohne Anhörung der Beklagten die von der Klägerin beantragte einstweilige Verfügung.

Es nahm im Wesentlichen folgenden Sachverhalt als bescheinigt an:

Das Stammkapital der Beklagten beträgt 38.000.000 S, wobei sich die übernommenen Stammeinlagen auf die Gesellschafter wie folgt verteilen:

Republik Österreich                            15.200.000 S

Land *****                            14.725.000 S

Land *****                                      6.175.000 S

Firma S*****                            1.900.000 S

Je 10.000 S der übernommenen Stammeinlagen gewähren bei Beschlussfassung eine Stimme, wobei Bruchteile unter 10.000 S nicht gezählt werden.

Am 17. 4. 1984 erhielt die Klägerin die Ladung zur 21. außerordentlichen Generalversammlung am 2. 5. 1984 mit angeschlossener Tagesordnung, in welcher lediglich die Bestellung des kommerziellen Geschäftsführers angeführt ist.

Der außerordentlichen Generalversammlung war eine öffentliche Ausschreibung der Funktion des kommerziellen Geschäftsführers im Amtsblatt der Wiener Zeitung vom 8. 10. 1983 vorgegangen, die folgenden wesentlichen Wortlaut hat:

„Interessierte Führungskräfte mit umfassenden Kenntnissen und ebensolcher Praxis im industriellen Ein- und Verkauf, Rechnungswesen, Planung und Revision, in der Betriebswirtschaft, in Steuerfragen, im Personalwesen, in Rechtsangelegenheiten, im Liegenschaftsverkehr, im Wohnungs- und Siedlungswesen mit einschlägiger abgeschlossener Hochschul- und Fachakademieausbildung, österreichische Staatsbürger, Höchstalter 45 Jahre, sind eingeladen, ihre Bewerbungen spätestens bis 15. 11. 1983, an den Aufsichtsratsvorsitzenden der S*****, zu richten.“

Das Protokoll der 21. außerordentlichen Generalversammlung der Beklagten hat unter anderem folgenden wesentlichen Wortlaut:

„Der Vorsitzende gibt bekannt, dass auf der Tagesordnung der heutigen Generalversammlung die Bestellung eines neuen Geschäftsführers für die Gesellschaft steht und eröffnet über diesen Tagesordnungspunkt die Debatte.

Ministerialrat Dipl.-Kfm. Dr. Karl R***** (als Vertreter der Klägerin) bemängelt, dass für den neuen Geschäftsführer keine Ausschreibung im Sinne des Ausschreibungsgesetzes vorliegt.

Landeshauptmannstellvertreter Gerhard P***** führt dazu aus, dass in der 35. ordentlichen Generalversammlung, bei der das gesamte Stammkapital der Gesellschaft vertreten war, somit auch die Republik Österreich, die Ausschreibung des Geschäftsführerwechsels von allen Gesellschaftern einstimmig beschlossen wurde und ein Widerspruch zu diesem Beschluss von keinem der Gesellschafter zu Protokoll gegeben wurde. Die Ausschreibung sei daher in rechtlich korrekter Weise vor sich gegangen.

Der Vorsitzende erklärt dazu, dass er vom Bundesminister für Finanzen ein Schreiben, datiert mit 25. 4. 1984, heute erhalten habe, in dem ihn dieser ersucht, eine Neuausschreibung vorzunehmen, wobei er aber auf ein Gutachten der Finanzprokuratur verweist, das diesem Schreiben als Anlage beigeschlossen sei. Der Vorsitzende stellt jedoch fest, dass er jedoch nur den Brief, nicht aber das erwähnte Gutachten erhalten habe, das diesem Schreiben nicht beigelegen sei.

Herr Hofrat Dr. Johann S***** ergreift das Wort und gibt zu Protokoll, sich den Ausführungen von Landeshauptmannstellvertreter Gerhard P***** vollinhaltlich anzuschließen und weist darauf hin, dass auch seiner Meinung nach die Ausschreibung nicht gesetzwidrig war. Er vertrete überdies die Auffassung, dass es wohl im Interesse der Gesellschaft gelegen sei, dass es in der heutigen Generalversammlung eine Entscheidung über die Nachfolge des ausschneidenden Geschäftsführers, Kommerzialrat Emil H*****, komme.

Ministerialrat Dipl.-Kfm. Dr. Karl R***** entgegnet, dass die Stellungnahme der Finanzprokuratur sämtlichen Gesellschaftern und auch dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats mit Schreiben vom 1. 2. 1984, Geschäftszahl 722013/5–I/8/84, zugegangen sei.

Der Vorsitzende bekräftigt nochmals, dass das erwähnte Gutachten der Finanzprokuratur dem ihm zugegangen Schreiben nicht beigelegen ist.

Landeshauptmannstellvertreter Gerhard P***** erklärt, dass auch seitens des Gesellschafters, des Landes *****, immer Bemühungen bestanden hätten um einen Konsens für die Bestellung eines neuen Geschäftsführers zu finden, dieser Konsens aber durch Hereinbringung der angeblichen Rechtswidrigkeit der Ausschreibung in die Diskussion gescheitert sei. Seitens der Republik Österreich sei überdies ein Antrag für eine Person als Geschäftsführer gar nicht gestellt worden. Herr Landeshauptmannstellvertreter Gerhard P***** stellt daher den Antrag, Herrn Prokuristen Hermann R***** für die Dauer von fünf Jahren zum neuen Geschäftsführer zu bestellen.

Der Vorsitzende stellt diesen Antrag zur Debatte.

Herr Ministeralrat Dipl.-Kfm. Dr. Karl R***** stellt den Gegenantrag, Herrn Prokuristen Dr. Othmar K***** zum Geschäftsführer zu bestellen.

Landeshauptmannstellvertreter Gerhard P***** führt zu diesem Gegenantrag aus, dass dieser rechtlich gar nicht möglich sei, wenn von Seiten des Antragstellers überhaupt in Zweifel gezogen werde, dass die heutige Generalversammlung beschlussfähig sei.

Herr Ministerialrat Dipl.-Kfm. Dr. Karl R***** erklärt dazu, dass er einen diesbezüglichen Antrag stellen müsse, da eine Verschiebung der heutigen Generalversammlung nicht möglich war.

Landeshauptmannstellvertreter Gerhard P***** entgegnet, dass sich die Gesellschafter in der letzten Generalversammlung sowohl hinsichtlich des Termins der heutigen Generalversammlung als auch bezüglich des Umstands geeinigt haben, dass heute die endgültige Entscheidung über die Geschäftsführerbestellung zu fallen habe.

Herr Dipl.-Ing. Helmut N***** (als Vertreter der Firma S*****) führt aus, dass es in der besagten Stellungnahme der Finanzprokuratur heißt, dass das Unterschreiten einer bestimmten Altersgrenze zumindest im gegenständlichen Fall mit den Fähigkeiten und Kenntnissen des Bewerbers nichts zu tun habe, was sich schon daraus ergebe, dass gerade derjenige Bewerber, der diese Ausschreibungsvoraussetzungen nicht erfülle als der geeignetste angesehen werde. Daraus gehe hervor, dass die Aufnahme einer Altersgrenze von der Finanzprokuratur grundsätzlich nicht abgelehnt werde. Überdies stehe es der Finanzprokuratur überhaupt nicht zu, eine Aussage hinsichtlich der Eignung eines Bewerbers zu treffen. Dieses Recht stehe allein der Generalversammlung zu.

Herr Hofrat Dr. Johann S***** (als Vertreter des Landes *****) erklärt, dass er ebenso wie der Vertreter des Landes ***** einen Widerspruch darin sehe, einerseits die Ausschreibung als solche für nicht gesetzmäßig zu halten, andererseits aus dem Kreis der Bewerber, die sich aufgrund dieser Ausschreibung beworben haben, einen Vorschlag zu machen.“

Nach der anschließenden Abstimmung stellte der Vorsitzende aufgrund des Ergebnisses der Abstimmung fest, das der Antrag des Landes ***** auf Bestellung des Herrn Hermann R***** zum Geschäftsführer somit angenommen und der Antrag der Republik Österreich auf Bestellung des Herrn Dr. Othmar K***** zum Geschäftsführer abgelehnt wurde. Daran anschließend regte Landeshauptmannstellvertreter Gerhard P***** an, gleichzeitig eine Regelung bezüglich der Bezüge des neuen Geschäftsführers zu treffen und schlug hiefür einen Betrag von monatlich 63.000 S vor, worauf der Vertreter der Klägerin dazu erklärte, dass dies nicht Gegenstand der Tagesordnung sei.

Die Abstimmung über diesen Antrag brachte folgendes Ergebnis:

Es stimmten dafür das Land *****, das Land ***** und die Firma S*****; dagegen stimmte die Republik Österreich mit dem Bemerken, dass dies nicht Gegenstand der heutigen Tagesordnung sei.

Die beiden Beschlüsse wurden am 23. 5. 1984 in das Protokollbuch eingetragen.

Rechtlich führte das Erstgericht im Wesentlichen aus, gemäß § 41 GesmbH könne die Nichtigerklärung eines Gesellschafterbeschlusses unter anderem dann verlangt werden, wenn der Beschluss durch seinen Inhalt zwingende Vorschriften des Gesetzes verletze. Gemäß § 2 Abs 3 Ausschreibungsgesetz habe die Ausschreibung jene besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten zu enthalten, die im Hinblick auf die Erfüllung der mit der ausgeschriebenen Funktion verbundenen Aufgaben von den Bewerbern erwartet werden. Sie habe ferner über die Tätigkeiten und Aufgabenbereiche des Inhabers der ausgeschriebenen Funktion Aufschluss zu geben. Die zwingenden Inhaltserfordernisse der Ausschreibung sollten gewährleisten, sämtliche Bewerber, die jene besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten hätten oder zu haben glaubten, in die Lage zu versetzen, sich um die ausgeschriebene Funktion zu bewerben. Eine Verletzung dieser Bestimmung könne daher sowohl dadurch, dass erforderliche Kenntnisse und Fähigkeiten in der Ausschreibung nicht enthalten seien, als auch dadurch, dass nicht erforderliche Kenntnisse und Fähigkeiten enthalten seien, erfolgen. Dass für die im vorliegenden Fall ausgeschriebene Funktion in abstracto nur Personen bis zu einem Alter von höchstens 45 Jahren befähigt seien, können – wollte man das Alter als Fähigkeit des Bewerbers verstehen – ernstlich nicht behauptet werden. Schon aus diesem Grund verstoße die Aufnahme des Höchstalters in die Ausschreibung gegen die angeführte Bestimmung. Tatsächlich sei aber das Alter begrifflich weder den Kenntnissen noch den Fähigkeiten zuzuordnen. Durch die Anführung des Höchstalters verstoße die Ausschreibung aber gleichwohl gegen die angeführte Bestimmung, weil dadurch bewirkt werde, dass Personen mit den geforderten Kenntnissen und Fähigkeiten von der Bewerbung ausgeschlossen seien. Über derartige aus welchen Gründen immer wünschenswerte vom Bewerber zusätzlich mitzubringende Voraussetzungen zu entscheiden, müsse vielmehr dann aufgrund der vorliegenden Bewerbungen dem Willensbildungsprozess und letztlich dem Abstimmungsergebnis in der Generalversammlung vorbehalten bleiben.

Da somit die Ausschreibung gegen die zwingenden Bestimmungen des Ausschreibungsgesetzes verstoße, habe die Klägerin ihren Anspruch auf Nichtigerklärung der von ihr beanständeten Gesellschafterbeschlüsse bescheinigt. Der Beklagten drohe ein unwiederbringlicher Schaden dadurch, dass sie bei Bestellung eines anderen kommerziellen Geschäftsführers aufgrund einer gesetzmäßigen Ausschreibung dem bereits jetzt bestellten Geschäftsführer im Falle einer zwischenzeitig geschlossenen besoldungsrechtlichen Vereinbarung Entschädigungsleistungen erbringen müsste.

Dem gegen diese Entscheidung gerichteten Rekurs der Beklagten gab das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluss Folge. Es hob den Beschluss des Erstgerichts unter Rechtskraftvorbehalt auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung auf. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands, über den es entschieden hat, 300.000 S übersteigt.

Das Rekursgericht führte rechtlich im Wesentlichen aus, es sei dem Erstgericht darin beizupflichten, dass eine derart tief angesetzte Beschränkung des Höchstalters für potenzielle Bewerber den Bestimmungen der §§ 1, 2 Abs 3 und 4 des Ausschreibungsgesetzes widerspreche. Die Auswahl eines Geschäftsführers solle nach diesem Gesetz nämlich ausschließlich aufgrund seiner Eignung und nicht vordergründig nach Alterskriterien erfolgen. Der Einwand der Beklagten, der von der Klägerin vorgeschlagene (offenbar ältere) Bewerber habe ohnehin an der Ausschreibung teilgenommen und er sei auch gehört worden, übersehe, dass dessen Bewerbung von den Vertretern der Länder ***** und ***** als ausschreibungswidrig angesehen worden sei und dass es völlig offen geblieben sei, ob sich bei fehlender Altersklausel nicht auch andere (ältere) Bewerber mit besonderen Fähigkeiten und Kenntnissen für die Funktion eines Geschäftsführers interessiert hätten. Sollte lediglich die Wahrung einer gewissen Kontinuität in der Führung des Unternehmens im Vordergrund stehen, hätte man sich eine öffentliche Ausschreibung ersparen können. Es bedürfe keiner weiteren Erörterung, dass auch von einem Geschäftsführer, der älter als 45 Jahre sei, noch eine Dienstleistung von mindestens 10 Jahren erwartet werden könne.

Die durch die Vorgangsweise der Beklagten verletzten Bestimmungen des Ausschreibungsgesetzes dienten dem Interesse der Allgemeinheit und seien daher als öffentliches Recht zwingend. Durch Parteienvereinbarung könne zwingendes Recht nicht abgeändert werden. Die ursprüngliche Zustimmung der Klägerin zur Altersklausel in der Ausschreibung sei daher bedeutungslos.

Die in Frage stehenden Beschlüsse hätten im Sinne des § 41 Abs 1 Z 2 GesmbHG durch ihren Inhalt zwingende Vorschriften des Gesetzes verletzt. Damit erweise sich der mittels Anfechtungsklage erhobene Rechtsgestaltungsanspruch der Klägerin als begründet. Ebenso sei auch der aus der ungehemmten Ausführung der als nichtig angefochtenen Gesellschafterbeschlüsse drohende unwiederbringliche Nachteil für die Gesellschafter bescheinigt; der Dienstvertrag mit dem neuen Geschäftsführer würde auch bei Nichtigkeit der bezüglichen Generalversammlungsbeschlüsse nicht wirkungslos.

Allerdings sei dem maßgeblichen Protokoll über die 21. außerordentliche Generalversammlung der Beklagten nicht zu entnehmen, dass die Klägerin gegen die von ihr beanständeten Beschlüsse im Sinne des § 41 Abs 2 GesmbHG Widerspruch erhoben habe. Die Klägerin habe sich zur Bescheinigung ihrer Behauptung, es sei tatsächlich Widerspruch erhoben worden, nicht nur auf das Protokoll über die 21. außerordentliche Generalversammlung, sondern auch auf die Vernehmung des Dkfm. Dr. R***** berufen. Das Erstgericht werde daher diese von der Klägerin stellig zu machende Auskunftsperson noch darüber zu vernehmen haben, ob der Vertreter der Klägerin in der außerordentlichen Generalversammlung ausdrücklich einen Widerspruch oder doch so deutlich seine Rechtsverwahrung erklärt habe, dass diese Erklärung als Widerspruch aufzufassen sei. Sei auch nicht sinngemäß ein Widerspruch erfolgt, dann sei das Sicherungsbegehren mangels Klageberechtigung nach § 41 Abs 2 GesmbHG abzuweisen. Seien aber die Erklärungen des Vertreters der Klägerin, auch wenn sie nicht im Protokoll festgehalten seien, als Widerspruch zu werten, dann sei die einstweilige Verfügung neuerlich zu erlassen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, dass der Antrag der Klägerin auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung abgewiesen werde.

Die Klägerin hat eine Rekursbeantwortung mit dem Antrag erstattet, dem Rechtsmittel der Beklagten nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Beklagten ist zulässig und auch sachlich berechtigt.

Die Beklagte unterliegt gemäß § 1 Ausschreibungsgesetz den Bestimmungen dieses Gesetzes.

Der von der Klägerin und den Vorinstanzen vertretenen Rechtsmeinung, dass die Aufnahme einer Altersklausel in die Stellenausschreibung der Beklagten, aufgrund welcher die nunmehr von der Klägerin bemängelten Gesellschafterbeschlüsse gefasst wurden, zwingenden Bestimmungen des Ausschreibungsgesetzes widerspreche, kann nicht beigetreten werden.

§ 2 Abs 3 des Ausschreibungsgesetzes ordnet an:

„Die Ausschreibung hat jene besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten zu enthalten, die im Hinblick auf die Erfüllung der mit der ausgeschriebenen Funktion verbundenen Aufgaben von den Bewerbern erwartet werden. Sie hat ferner über die Tätigkeiten und Aufgabenbereiche des Inhabers der ausgeschriebenen Funktion Aufschluß zu geben.“

Dem Wortlaut dieser Gesetzesstelle ist nicht zu entnehmen, dass eine Ausschreibung nur die dort umschriebenen Angaben enthalten dürfe; insbesondere kann daraus nicht abgeleitet werden, dass nicht schon in der Ausschreibung auf ein bestimmtes Mindest- oder Höchstalter von Bewerbern hingewiesen werden dürfte, wenn das zur Bestellung zuständige Organ derartige Voraussetzungen für einen Erfolg der Bewerbung erforderlich hält.

Derartiges ergibt sich auch nicht aus der erkennbaren Absicht des Gesetzgebers oder dem Gesetzeszweck.

Aus den Gesetzesmaterialien (Bericht des Verfassungsausschusses 1226 BlgNR XV, GP; Bericht des Rechtsausschusses 2566 BlgBR) geht hervor, dass mit dem Ausschreibungsgesetz ausschließlich bezweckt wurde, sicherzustellen, dass die zu bestellenden Leitungsfunktionen ohne Berücksichtigung einer allfälligen Parteizugehörigkeit von Bewerber ausschließlich aufgrund ihrer Eignung vergeben werden. Eine Beschränkung der zur Bestellung zuständigen Gesellschaftsorgane in der Auswahl der für die Bestellung als maßgeblich angesehenen Kriterien in der Richtung, dass sie nicht ein bestimmtes Mindest- oder Höchstalter von Bewerbern für erforderlich erachten dürften, ist diesem Gesetzeszweck nicht zu entnehmen. Dies ergibt sich insbesondere aus den Bestimmungen des § 4 des Ausschreibungsgesetzes. Wenn dort ausgeführt wird, dass das zur Bestellung zuständige Organ die Funktion ausschließlich aufgrund der Eignung der Bewerber zu vergeben hat und dass diese Eignung insbesonders aufgrund fachlicher Vorbildung und bisheriger Berufserfahrung der Bewerber, ihrer Fähigkeit zur Menschenführung und ihrer organisatorischen Fähigkeiten sowie aufgrund ihrer persönlichen Zuverlässigkeit festzustellen ist, wobei, soweit internationale Erfahrungen für die betreffende Funktion erforderlich sind, darauf besonders Bedacht zu nehmen ist, so ergibt sich daraus eindeutig, dass es sich hier nur um eine demonstrative Aufzählung handelt, die das bestellende Organ in keiner Weise hindert, auch andere für die Beurteilung der Eignung von Bewerbern als maßgeblich angesehene sachliche Entscheidungskriterien heranzuziehen. Wenn nun die Gesellschafter einer Gesellschaft mbH ein bestimmtes Mindest- oder Höchstalter eines Geschäftsführers für erforderlich halten, so liegt dies im Rahmen des den Gesellschaftern bei der Unternehmensleitung einzuräumenden Ermessensspielraums und kann darin (zumindest solange, als es sich nicht um eine für die in Betracht kommende Funktion aus sachlichen Gründen nicht zu rechtfertigende Altersgrenze handelt, was im vorliegenden Fall nicht zutrifft) die Heranziehung einer unsachlichen Entscheidungsgrundlage für die Beurteilung der Eignung von Bewerbern im Sinne des § 4 des Ausschreibungsgesetzes nicht erblickt werden. Ist dies aber der Fall, dann besteht, wie dargestellt, weder nach dem Wortlaut noch nach dem Sinn dieses Ausschreibungsgesetzes ein gesetzliches Verbot, eine derartige Altersbeschränkung bereits in die Ausschreibung aufzunehmen, wie dies im vorliegenden Fall (im Übrigen mit ausdrücklicher Zustimmung der Klägerin) geschehen ist.

Unter diesen Umständen mangelt es aber an jeder Bescheinigung dafür, dass durch den Inhalt der von der Klägerin bemängelten Gesellschafterbeschlüsse der Beklagten vom 2. 5. 1984 gefasst wurden, im Sinne des § 41 Abs 1 Z 2 GesmbHG zwingende Gesetzesvorschriften verletzt worden wären. Nach ständiger Rechtsprechung (E MGA EO11 § 390/1) kann der völlige Mangel einer Bescheinigung des behaupteten Anspruchs auch nicht durch Sicherheitsleistung ersetzt werden.

Der Antrag der Klägerin auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung iSd § 42 Abs 4 GesmbHG ist daher abzuweisen, ohne dass weitere Erhebungen darüber erforderlich wären, ob der Vertreter der Klägerin gemäß § 41 Abs 2 GesmbHG in der Generalversammlung vom 2. 5. 1984 Widerspruch gegen die nunmehr bekämpften Gesellschafterbeschlüsse erhoben hat.

Es war daher in Stattgebung des Revisionsrekurses der Beklagten wie im Spruch zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 402, 78 EO, 41, 50 ZPO.

Textnummer

E125024

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0080OB00605.840.1004.000

Im RIS seit

21.05.2019

Zuletzt aktualisiert am

21.05.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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