TE OGH 1984/10/17 8Ob589/84

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Veröffentlicht am 17.10.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hilda S*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Mayr, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Helmut S*****, vertreten durch Dr. Peter Weidisch, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Ehescheidung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 3. Mai 1984, GZ 1 R 113/84-20, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 2. Februar 1984, GZ 7 Cg 657/82-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit 3.193,50 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin die Barauslagen von 240 S und die USt von 268,50 S) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin begehrte mit der am 3. 10. 1973 eingebrachten Klage die Scheidung ihrer mit dem Beklagten am 20. 4. 1963 vor dem Standesamt Salzburg geschlossenen Ehe nach § 49 EheG. Sie lastete dem Beklagten Trunksucht, Misshandlungen, Beschimpfungen, Drohungen, Verletzung der Unterhaltspflicht, ehewidrige Beziehungen, unbegründete Eifersucht, Verweisung aus dem ehelichen Schlafzimmer und Verweigerung des ehelichen Verkehrs an. Sie selbst habe keine Eheverfehlungen begangen.

Der Beklagte beantragte, das Scheidungsbegehren abzuweisen. Er habe sich die von der Klägerin behaupteten Eheverfehlungen nicht zuschulden kommen lassen. Für den Fall der Scheidung stellte er den Antrag, die überwiegende Mitschuld der Klägerin auszusprechen. Die Gattin bereite ihm kein Essen, hetze die ehelichen Kinder gegen ihn auf, äußere sich zu ihm lieblos, habe unbegründet das eheliche Schlafzimmer verlassen und verweigere ihm jeglichen Anteil an den Einkünften aus der gemeinsamen Liegenschaft.

Das Erstgericht schied die Ehe aus dem Alleinverschulden des Beklagten und wies, wenn auch ohne ausdrückliche Anführung im Urteilsspruch, den Mitschuldantrag des Mannes ab. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:

Aus der Ehe der am 20. 9. 1945 geborenen Klägerin und des am 10. 6. 1941 geborenen Beklagten stammten die am 27. 2. 1965 geborene Waltraud, die am 13. 5. 1967 geborene Andrea und der am 26. 2. 1972 geborene Helmut. Die Ehe verlief in der ersten Zeit harmonisch. Die Streitteile betrieben eine Landwirtschaft, wobei hauptsächlich die Klägerin auf dem Hof arbeitete. Sie sind je hinsichtlich eines Hälfteanteils Liegenschaftseigentümer, wobei sich aus Vermietungen und Verpachtungen monatliche Einnahmen („Einkünfte“) von etwa 30.000 S ergeben. Der Ehemann war bis etwa 1967/68 an einem Hochofen tätig und arbeitet seit 1973 mit einem monatlichen Nettoeinkommen von ungefähr 7.000 S in einer Zinngießerei.

Der Beklagte neigt dem Trunk zu. Er zog sich dadurch einen Leber- und Drüsenschaden zu. Wegen Lenkens eines Kraftfahrzeugs in durch Alkohol beeinträchtigtem Zustand wurde ihm dreimal die Lenkerberechtigung entzogen. Er verhielt sich zur Klägerin und zu den Kindern häufig aggressiv mit Tätlichkeiten und groben Beschimpfungen. Er stieß die Klägerin am 1. 11. 1978 gegen eine Treppe, wobei sie sich verletzte. Im Oktober 1981 schlug er die Tochter Andrea und in der Folge wiederum grundlos die Klägerin. Am 28. 11. 1982 riss er die Gattin an den Haaren und schlug dann auf die Töchter ein. Am 29. 12. 1983 ohrfeigte er grundlos Andrea und sodann die Klägerin. Er war bei diesen Tätlichkeiten meist alkoholisiert. Er provozierte jedes Mal mit der Ehefrau einen Streit, indem er ihr vorwarf, sie unterhalte Beziehungen zu anderen Männern, sie entnehme unberechtigt Eier aus dem landwirtschaftlichen Betrieb oder sie vernachlässige ihn und wolle in verhungern lassen. Die Streitigkeiten nahmen an Stärke ständig zu und endeten meistens mit Misshandlungen, welche auch leichte Verletzungen der Ehefrau und der Töchter bewirkten. Durch dieses Verhalten des Beklagten wurde die Ehe zunehmend zerrüttet. Im Oktober 1981 verwies der Mann die Gattin mit der grundlosen Äußerung, er wolle mit einer solchen Hure nichts zu tun haben, aus dem gemeinsamen Schlafzimmer. Seither kam es zwischen den Streitteilen zu keinen geschlechtlichen Beziehungen mehr.

Es war nicht erweislich, dass sich die Klägerin ehewidrige Beziehungen zu anderen Männern habe zuschulden kommen lassen, dass sie die Kinder gegen den Beklagten aufhetze oder dass sie grundlos die Versorgung des Ehemannes verweigerte.

Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, dass der Beklagte die Ehe tiefgreifend und unheilbar zerrüttet habe, weil er oft alkoholisiert gewesen sei, in diesem Zusammenhang mit grundlosen Anschuldigungen Streit gesucht und schließlich die Ehefrau sowie die Kinder verprügelt und beschimpft habe. Was den Mitschuldenantrag betreffe, seien Eheverfehlungen der Klägerin nicht nachgewiesen worden. Dass sie aufgrund der ständigen Beschimpfungen und Misshandlungen durch den Beklagten zuletzt ablehnend reagiert habe, sei ihr nicht vorwerfbar. Die Ehe sei daher gemäß § 49 EheG aus dem Alleinverschulden des Mannes zu scheiden gewesen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten, der den Ausspruch des gleichteiligen Verschuldens der Klägerin an der Zerrüttung der Ehe anstrebte und beantragte, die Ehe aus dem gleichteiligen Verschulden der Klägerin zu scheiden, nicht Folge. Das Gericht zweiter Instanz verwies darauf, dass nach dem Beweisverfahren keine Eheverfehlungen der Klägerin feststellbar gewesen seien. Nach § 60 Abs 3 EheG sei für den Ausspruch einer Mitschuld Voraussetzung, dass der Beklagte an sich Scheidung verlangen könnte. Im Gegenstande sei ein Fehlverhalten der Klägerin jedoch in keiner Richtung als bewiesen festgestellt. Demnach habe das Erstgericht mit Recht den Mitschuldantrag abgewiesen.

Gegen die Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz richtet sich die Revision des Beklagten, die er auf den Anfechtungsgrund des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO stützt und in der er beantragt, dass ein Mitverschulden der Klägerin an der Ehescheidung festgestellt werden möge.

Die Klägerin beantragt dagegen, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Beklagte wendet sich in seinem Rechtsmittel bloß dagegen, dass das Gericht zweiter Instanz – entsprechend der Rechtsprechung, wonach der Mitschuldantrag erfolglos bleiben muss, wenn der Beklagte nicht selbst auf Scheidung wegen Verschuldens klagen kann (5 Ob 241/70; 3 Ob 515, 516/84 ua) – nicht berücksichtigt habe, dass entsprechende Feststellungen darüber fehlten. Dies ist jedoch nicht richtig. Auch die Feststellung, dass ein Sachverhalt nicht als erwiesen angenommen werden kann, ist eine Feststellung und als solche der irrevisiblen Tatsachengrundlage zuzurechnen. Da die Vorinstanzen keinen Anhaltspunkt für die Annahme eines Fehlverhaltens der Klägerin gegenüber dem Beklagten fanden, ist die im Grund eine Bekämpfung der Beweiswürdigung der Untergerichte darstellende Rüge, es fehlten Feststellungen über die Klagemöglichkeit des Beklagten, nicht als stichhältig zu erachten.

Der Revision war der Erfolg zu versagen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Textnummer

E125015

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0080OB00589.840.1017.000

Im RIS seit

21.05.2019

Zuletzt aktualisiert am

21.05.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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