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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §58 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde der R reg. Gen.m.b.H., vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in P, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 30. November 1995, Zl. 29 1552/4-V/5/95, betreffend Vorschreibung von Zinsen nach dem Bankwesengesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid schrieb die belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei für die Überschreitungen der Großveranlagungsgrenze gemäß § 27 Abs. 5 BWG in den Monaten Juli bis November 1994 bei den Großveranlagungen "H-HeizGmbH" den Betrag von S 78.647,-- zur Zahlung vor.
Die beschwerdeführende Partei bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Sie erachtet sich in ihrem Recht "nicht mit Pönalezinsen im Sinn der Bestimmung des § 97 Abs. 1 Z. 6 Bankwesengesetz in Verbindung mit § 103 Z. 21 lit. a Bankwesengesetz, BGBl. Nr. 532/1993, belastet zu werden", verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie den Antrag stellt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 97 Bankwesengesetz BGBl. Nr. 532/1993 (BWG) lautet
auszugsweise wie folgt:
"§ 97. (1) Der Bundesminister für Finanzen hat den Kreditinstituten für folgende Beträge Zinsen vorzuschreiben:
...
6. 2 v.H. bei Überschreitung der Großveranlagungsgrenzen gemäß § 27 Abs. 5, gerechnet pro Jahr, für 30 Tage;
...
(2) Die nach Abs. 1 zu zahlenden Zinsen sind an den Bund abzuführen."
Nach § 103 Z. 21 lit. a BWG dürfen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des BWG bestehende Großveranlagungen, die die geforderten Grenzen des § 27 überschreiten, nicht mehr erhöht werden; sie sind mit Ausnahmen - die hier nach der Aktenlage nicht in Betracht kommen - bis längstens 31. Dezember 1994 an die Grenzen des § 27 anzupassen. § 27 BWG regelt unter der Überschrift "Veranlagungen" das aus diesen resultierende besondere bankgeschäftliche Risiko. Die Bestimmung lautet auszugsweise wie folgt:
"(1) Kreditinstitute und Kreditinstitutsgruppen haben das besondere bankgeschäftliche Risiko einer Großveranlagung jederzeit angemessen zu begrenzen.
(2) Eine Großveranlagung liegt vor, wenn die Summe der Buchwerte der Veranlagungen nach Z. 1 bis 5 eines Kreditinstitutes bzw. einer Kreditinstitutsgruppe bei einer wirtschaftlichen Einheit 15 v.H. der anrechenbaren Eigenmittel des Kreditinstitutes bzw. der anrechenbaren konsolidierten Eigenmittel der Kreditinstitutsgruppe überschreitet und mindestens 7 Mio. Schilling beträgt:
1.
Geldforderungen,
2.
Anteilsrechte,
3.
Aktivposten aus dem Leasinggeschäft, die mit dem Barwert der diskontierten Forderungen anzusetzen sind,
4. die Hälfte der Eventualverbindlichkeiten (Anlage 2 zu § 42, Teil 1, Passiva, Posten 1 unter der Bilanz) und
5. nicht ausgenützte Kreditrahmen und nicht ausgenützte Promessen.
Für Veranlagung gemäß Z. 1 bis 4 gebildete Rückstellungen sind hievon abzuziehen. Haftet für eine der in Z. 1 bis 5 genannten Veranlagungen auch ein Dritter, so kann der Buchwert dieses Postens auch dem Dritten zugerechnet werden, sofern auf Grund einer Prüfung durch das Kreditinstitut feststeht, dass dessen Bonität nicht schlechter als die des primär Verpflichteten ist.
(3) Als wirtschaftliche Einheit gelten:
1. Rechtssubjekte;
...
(5) Eine einzelne Großveranlagung darf unbeschadet der Wirksamkeit des Rechtsgeschäftes 40 v.H. der anrechenbaren Eigenmittel eines Kreditinstitutes bzw. der anrechenbaren konsolidierten Eigenmittel einer Kreditinstitutsgruppe nicht überschreiten. Für einzelne Großveranlagungen bei Gemeinden erhöht sich dieser Hundertsatz auf das Doppelte. Die Gesamtheit aller Großveranlagungen eines Kreditinstitutes bzw. einer Kreditinstitutsgruppe darf 800 v.H. von deren jeweiligen anrechenbaren Eigenmitteln bzw. anrechenbaren konsolidierten Eigenmitteln nicht überschreiten. ..."
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. nur die bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 unter E 19 zu § 60 AVG zitierte Judikatur) muss die Begründung eines Bescheides erkennen lassen, welchen Sachverhalt die Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat, aus welchen Erwägungen sie zur Ansicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einem bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet.
Der hier zu beurteilende Bescheid der belangten Behörde lautet in seinem Spruch wie folgt:
"Ihren Meldungen an die Oesterreichische Nationalbank für Juli bis November 1994 ist zu entnehmen, dass es bei den Großveranlagungen 'H-HeizGmbH' zu einer Überschreitung der Großveranlagungsgrenze gemäß § 27 Abs. 5 Bankwesengesetz, BGBl. Nr. 532/1993, iVm § 103 Z. 21 lit. a leg. cit. in der Höhe von TS 47.188,-- gekommen ist.
Das Bundesministerium für Finanzen hat unter Anwendung der §§ 27 Abs. 1 iVm 103 Z. 21 lit. a und 97 Abs. 1 Z. 6 Bankwesengesetz, BGBl. Nr. 532/1993, für die Überschreitung in der Höhe von TS 47.188,-- Pönalezinsen in der Höhe von S 78.647,-- ermittelt (Pönalezinssatz 2 v.H.).
Für die Überschreitung der Großveranlagungsgrenze gemäß der §§ 27 Abs. 5 iVm § 103 Z. 21 lit. a Bankwesengesetz, BGBl. Nr. 532/1993, bei den Großveranlagungen 'H-HeizGmbH' in den Monaten Juli bis November 1994 werden somit gemäß § 97 Abs. 1 Z. 6 leg. cit. S 78.647,--
(Schilling achtundsiebzigtausendsechshundertvierzigsieben) zur Zahlung vorgeschrieben. Dieser Betrag ist innerhalb von
zwei Wochen ..."
In der Begründung verweist die belangte Behörde auf die Regelung des § 27 Abs. 5 erster Satz des Bankwesengesetzes, die Übergangsbestimmung des § 103 Z. 21 lit. a leg. cit. und auf § 97 Abs. 1 Z. 6 BWG; ein unter diese Bestimmungen zu subsumierender oder sonst festgestellter Sachverhalt ist der Begründung nicht zu entnehmen.
Damit entspricht aber der Bescheid der belangten Behörde nicht den vom Gesetz aufgestellten Erfordernissen für eine ordnungsgemäße Begründung. Abgesehen davon, dass er auf Parteienvorbringen nicht weiter eingeht (nach den Behauptungen der beschwerdeführenden Partei wurden ihre Meldungen an die Oesterreichische Nationalbank berichtigt) ist im Hinblick auf die oben dargestellte Rechtslage nicht zu entnehmen, von welchen anrechenbaren Eigenmitteln die belangte Behörde ausgegangen ist und welche Überschreitung der Großveranlagungsgrenze sie im Einzelfall angenommen hat. Ist aber die Mangelhaftigkeit der Begründung eines vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides wesentlich, das heißt ist durch sie - wie im Beschwerdefall - die Partei des Verwaltungsverfahrens über die von der belangten Behörde angestellten Erwägungen nicht unterrichtet und dadurch an der Verfolgung ihres Rechtsanspruches behindert worden und ist auch die Prüfung des angefochtenen Bescheides auf die Rechtmäßigkeit seines Inhaltes unmöglich, dann kann die Nachholung dieser unterlassenen Begründung in der Gegenschrift die der angefochtenen Entscheidung anhaftende Mangelhaftigkeit nicht beheben (vgl. nur die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 533 angeführte Rechtsprechung). Darüber hinaus wurde auch in der Gegenschrift nicht dargelegt, aus welchen Gründen die belangte Behörde die (erst) dort angeführten Daten - und nicht andere - dem bekämpften Bescheid zugrunde gelegt hat. Wenngleich in wirtschaftlicher Hinsicht eine Zusammenrechnung der Überschreitungen bei mehreren Großveranlagungen zur Bemessung der zu entrichtenden Zinsen ausreichen mag, ist doch eine dem Gesetz entsprechende Aufschlüsselung betreffend jede einzelne Großveranlagung für die rechtliche Überprüfung des Bescheides unerlässlich.
Aus den oben genannten Gründen war der bekämpfte Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Bei diesem Ergebnis war auf das weitere Beschwerdevorbringen - zur Frage der Anwendung des VStG vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1999, Zl. 96/17/0006; zur weiteren Frage der (allfälligen) Anwendung des § 103 Z. 21 lit. a BWG sowie der dann vorzunehmenden Berechnung der "Pönalezinsen" vgl. das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 96/17/0070 - nicht weiter einzugehen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 22. März 1999
Schlagworte
Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher VerfahrensmangelBegründung BegründungsmangelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1996170038.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
23.07.2015