TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/6 G310 2215438-1

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Veröffentlicht am 06.03.2019
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Entscheidungsdatum

06.03.2019

Norm

BFA-VG §18 Abs3
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art.133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3

Spruch

G310 2215438-1/2E

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Gaby WALTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. am XXXX, StA. Serbien, vertreten durch Mag. Bernhard MAIER, LL.M., Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.01.2019, Zl. XXXX, betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides) zu Recht erkannt:

A) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung

zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids

wird Folge gegeben und dieser Spruchpunkt ersatzlos behoben.

C) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer (BF) hält sich seit XXXX.2004 im Bundesgebiet auf, einzig vom XXXX.2010 bis XXXX.2010 ist er melderechtlich nicht erfasst. Seit Mai 2012 ist der BF im Bundesgebiet unselbstständig und seit Oktober 2017 selbstständig erwerbstätig. Ihm wurde am 22.05.2017 eine Aufenthaltskarte als Angehöriger eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers ausgestellt mit einem Gültigkeitsdatum bis 22.05.2022. Zuvor war er seit 2012 Inhaber einer Rot-Weiß-Rot - Karte plus.

In Österreich leben die Ehegattin des BF, eine kroatische Staatsbürgerin, sowie seine im Jahr 2012 geborene Tochter sowie sein im Jahr 2015 geborener Sohn. Mit ihnen lebt der BF in einem gemeinsamen Haushalt in XXXX. Auch seine Mutter und seine zwei Schwestern leben in XXXX.

Der BF wurde in Österreich bislang dreimal strafgerichtlich verurteilt. 2007 wurde vom Landesgericht XXXX wegen Vermögensdelikten eine dreimonatige, für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe verhängt, die 2013 endgültig nachgesehen wurde. 2010 wurde der BF vom Landesgericht XXXX wegen Körperverletzungsdelikten sowie strafbaren Handlungen gegen die Freiheit zu einer zehnmonatigen, ebenfalls für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt, die 2014 endgültig nachgesehen wurde. Zuletzt wurde der BF vom Landesgericht XXXX wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels und des Vergehens der Entziehung von Energie zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 24 Monaten verurteilt, wobei 18 Monate unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurden. Mildernd gewertet wurden das Geständnis sowie sein Beitrag zur Wahrheitsfindung. Erschwerend hingegen waren die zwei einschlägigen, jedoch lange zurückliegenden Vorstrafen sowie das Zusammentreffen mehrerer Straftaten. Am XXXX.2018 wurde der BF aus der Strafhaft entlassen.

Mit dem oben angeführten Bescheid wurde gegen den BF gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein fünfjähriges Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), ihm gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.). Es hätten sich keine Gründe ergeben, die gegen die sofortige Umsetzung des Aufenthaltsverbotes sprächen. Die sofortige Umsetzung des Aufenthaltsverbotes sei geboten, weil der BF durch sein "oben geschildertes" Verhalten die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde. Sein Verhalten stelle auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine erhebliche Gefahr dar, die ein Grundinteresse der Gesellschaft, nämlich jenes an Ruhe, Ordnung und Sicherheit, berühre. Die Abwägung ergebe, dass aufgrund dieses Verhaltens sein Interesse an einem Aufenthalt in Österreich hinter das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit zurücktrete.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde mit den Anträgen, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und den angefochtenen Bescheid zur Gänze zu beheben, in eventu, die Dauer des Aufenthaltsverbots herabzusetzen, in eventu, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Verwaltungssache zur Verfahrensergänzung an die Behörde zurückverweisen sowie einen Durchsetzungsaufschub zu gewähren. Hinsichtlich der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wird ausgeführt, dass vom BF keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausgehe und sei nicht davon auszugehen, dass dieser bei einem Weiterverbleib im Bundesgebiet weiterhin strafbare Handlungen begehen werde, weshalb eine sofortige Ausreise des BF nicht im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit liege. Die Scheinbegründungen der Behörde würden nicht ausreichen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) legte dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, wo diese am 04.03.2019 einlangten.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich ohne entscheidungsrelevante Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt der Verwaltungsakten des BFA und des Gerichtsakts des BVwG, insbesondere auf den Abfragen im Zentralen Melderegister, im Fremdenregister und im Strafregister sowie auf der vorgelegten Urteilsausfertigung und dem Versicherungsdatenauszug in Zusammenschau mit den Angaben des BF in seiner Stellungnahme und in der Beschwerde samt den dazu vorgelegten Urkunden.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Aufgrund der in § 18 Abs. 5 BFA-VG nunmehr auch ausdrücklich angeordneten amtswegigen Prüfung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG ist der Antrag des BF, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weder notwendig noch zulässig und daher zurückzuweisen (vgl VwGH 13.09.2016, Fr 2016/01/0014, 19.06.2017, Fr 2017/19/0023 und 0024, und 27.07.2017, Fr 2017/18/0022).

Zu Spruchteil B):

Das BVwG hat über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 BFA-VG (oder gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheids) gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu entscheiden (vgl VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).

Gemäß § 58 Abs. 2 AVG sind Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird. Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Dem gesetzlichen Gebot, Bescheide zu begründen, ist als Ausdruck eines rechtsstaatlichen Verwaltungsverfahrens besondere Bedeutung beizumessen. Ein Begründungsmangel kann eine wesentliche Mangelhaftigkeit darstellen (Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 Rz 417 ff).

Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann (ua) bei begünstigten Drittstaatsangehörigen die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist. Die Aberkennung bedarf - insbesondere angesichts der weitreichenden damit verbundenen Konsequenzen - einer entsprechend sorgfältigen, einzelfallbezogenen Begründung. Sie darf nicht ausschließlich darauf gestützt werden, dass die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots erfüllt sind. Die Behörde muss vielmehr nachvollziehbar darlegen, warum darüber hinaus die sofortige Ausreise des BF geboten ist.

Das BFA begründete die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung hier nicht fallspezifisch, sondern begnügte sich mit allgemein gehaltenen Textbausteinen, ohne auf den vorliegenden Einzelfall Bezug zu nehmen. Dabei blieb insbesondere unberücksichtigt, dass der BF bereits seit 2004 im Inland wohnt und arbeitet, weswegen auch nicht davon auszugehen ist, dass sein Lebensmittelpunkt noch in Serbien liegt. Aus der dreimaligen Verurteilung zu bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafen bzw. einer teilweise bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe kann - insbesondere ohne Feststellung des konkreten Verhaltens, das dazu führte - nicht ohne weiteres abgeleitet werden, dass sein Leben von fortgesetzter Kriminalität bestimmt wird, zumal die ersten beiden Straftaten schon mehrere Jahre zurückliegen und die Strafen bereits endgültig nachgesehen werden konnten. Durch das regelmäßige Erwerbseinkommen des BF ist die Wiederholungsgefahr in Bezug auf Vermögensdelikte aktuell reduziert. Da seine Lebensverhältnisse als stabil zu bezeichnen sind, ist die sofortige Durchsetzbarkeit des Aufenthaltsverbots nicht im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich. Angesichts der spezialpräventiven Wirkung des Strafvollzugs ist nicht davon auszugehen, dass der BF nach seiner Haftentlassung gleich wieder Straftaten begehen wird. Mangels Erfüllung der Voraussetzungen für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG ist Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids ersatzlos aufzuheben.

Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der in diesem Teilerkenntnis behandelte Spruchteil des angefochtenen Bescheids aufzuheben ist.

Zu Spruchteil C):

Die Revision ist wegen der Einzelfallbezogenheit dieser Entscheidung, die keine grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG begründet, nicht zuzulassen.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G310.2215438.1.00

Zuletzt aktualisiert am

20.05.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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