TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/7 W197 2208036-4

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Veröffentlicht am 07.03.2019
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Entscheidungsdatum

07.03.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art.133 Abs4
FPG §76

Spruch

W197 2208036-4/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. SAMSINGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , nigerianischer Staatsangehöriger, vertreten durch RA Dr. XXXX und Dr. XXXX , im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl 1099955107-180857232 zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Im Überprüfungserkenntnis gem. § 22a BFA-VG vom 14.02.2019 ist das BVwG ausgegangen von nachstehendem Verfahrensgang,

Feststellungen und Beweiswürdigung:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge als BF bezeichnet) reiste zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt unrechtmäßig nach Österreich ein und stellte am 22.12.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) vom 21.02.2018 vollinhaltlich abgewiesen. Gleichzeitig wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung getroffen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist. Einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Unter einem wurde gegen den BF ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.04.2018 mit Ausnahme des ein Einreiseverbot verfügenden Spruchpunktes abgewiesen. Die Zustellung dieses Erkenntnisses an den Rechtsvertreter des BF erfolgte am 14.04.2018.

Die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde wurde mit Beschluss vom 11.06.2018 abgelehnt, die außerordentliche Revision wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 02.08.2018 zurückgewiesen.

Der BF wurde mit Wirkung vom 31.05.2018 von der Grundversorgung abgemeldet, da kein Kontakt zu ihm mehr bestand.

Das Bundesamt leitete am 08.06.2018 ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den BF bei der nigerianischen Vertretungsbehörde ein, von welcher der BF am 27.07.2018 positiv identifiziert wurde. Einer Ladung des Bundesamtes gemäß § 46 Abs. 2b Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG leistete der BF keine Folge.

Da der Aufenthaltsort des BF nicht bekannt war, erließ das Bundesamt am 27.07.2018 gemäß § 34 Abs. 1 Z. 2 BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG einen Festnahmeauftrag den BF betreffend.

Am 10.09.2018 wurde der BF in einem Reisezug von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes aufgegriffen und auf Grund des Festnahmeauftrages festgenommen. Noch am selben Tag wurde er unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Englisch von einer Landespolizeidirektion einvernommen und gab im Wesentlichen an, dass er an keinen schwerwiegenden Krankheiten leide. Er wohne bei seinem Vater an einer von ihm im Rahmen der Einvernahme genannten Adresse. Andere Personen, bei denen er während des fremdenpolizeilichen Verfahrens wohnen könne habe er in Österreich nicht. Er habe kein Geld und verfüge auch nicht über Personen, von denen er sich Geld leihen könne. Einen Asylantrag habe er nur in Österreich gestellt, den Verfahrensstand wisse er nicht. Im Falle seiner Entlassung aus der Haft werde er zum Haus seines Vaters gehen. Auf die Frage, ob es persönliche Gründe gäbe, die einer möglichen Schubhaft hinderlich entgegenstünden, gab der BF an, dass sich sein Vater freuen würde, wenn er aus der Schubhaft entlasse werde.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 10.09.2018 wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Auf Grund der vom BF gegen den Schubhaftbescheid eingebrachten Beschwerde führte das Bundesverwaltungsgericht am 25.10.2018 eine mündliche Verhandlung durch, in deren Verlauf der BF angab, nicht freiwillig nach Nigeria zurückkehren zu wollen.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.10.2018 wurde die Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.

Das Bundesamt urgierte die Ausstellung eines Heimreisezertifikates bei der nigerianischen Vertretungsbehörde am 13.09.2018 und 23.10.2018. Am 21.12.2018 wurde der BF der nigerianischen Botschaft vorgeführt um auf die Dringlichkeit der Ausstellung eines Heimreisezertifikates hinzuweisen. Auch bei diesem Vorführungstermin wurde der BF als nigerianischer Staatsbürger identifiziert, die nigerianische Vertretungsbehörde wird den Fall jedoch weiter prüfen.

Am 16.02.2019 legte das Bundesamt den Verwaltungsakt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG vor und teilte dazu mit, dass nicht genau prognostiziert werden könne, wann die Botschaft eine Heimreisezertifikat ausstellen werde. Die durchschnittliche Dauer einer Ausstellung eines Heimreisezertifikates dauere im Fall Nigerias drei bis vier Monate. Bei nicht rückkehrwilligen Personen benötige die nigerianische Vertretungsbehörde einen längeren Zeitraum zur Prüfung bzw. Ausstellung von Heimreisezertifikaten. Da der BF absolut nicht rückkehrwillig sei, verzögere er die Ausstellung eines Heimreisezertifikates, da eine freiwillige Rückkehr von der Vertretungsbehörde empfohlen werde, der BF dazu aber nicht bewegt werden könne.

Der BF nahm im Rahmen des Parteiengehörs durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter zur Aktenvorlage des Bundesamtes Stellung und führte aus, dass er sich dem vorliegenden Verwaltungsverfahren nicht entziehen werde. Er könne in der Wohnung seines Vaters und seiner Stiefmutter wohnen und von diesen finanziell unterstützt werden. Da somit keine Fluchtgefahr vorliege, ersuche der BF - erforderlichenfalls unter Bewilligung eines gelinderen Mittels - aus der Schubhaft entlassen zu werden. Der BF verfüge über keinerlei Bindungen zu Nigeria, seine Familie lebe in Österreich.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, W250 2208036-2/10E, vom 18.01.2019 stellte der zuständige Einzelrichter gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG fest, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht begründete seine Entscheidung folgendermaßen:

"II. Feststellungen

1. Zum Verfahrensgang (I.1. - I.11.)

Der unter Punkt I.1. bis I.11. geschilderte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.

2. Zur Person des BF und zu den Voraussetzungen der Schubhaft

2.1. Der BF wurde von der nigerianischen Vertretungsbehörde als nigerianischer Staatsangehöriger identifiziert, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Der BF ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. Er ist in Österreich unbescholten.

2.2. Der BF wird seit 10.09.2018 in Schubhaft angehalten.

2.3. Der BF ist haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim BF vor.

3. Zum Sicherungsbedarf und zur Fluchtgefahr

3.1. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 21.02.2018 wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung getroffen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.04.2018 abgewiesen, dieses Erkenntnis wurde dem Rechtsvertreter des BF am 14.04.2018 zugestellt. Es liegt eine rechtskräftige, durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor.

3.2. Der BF ist untergetaucht und wurde mit Wirkung vom 31.05.2018 von der Grundversorgung abgemeldet. Er hat dadurch seine Abschiebung behindert.

3.3. Einem Ladungsbescheid des Bundesamtes gemäß § 46 Abs. 2a FPG leistete der BF keine Folge.

3.4. In Österreich leben der Vater und die Stiefmutter des BF. Über weitere Familienangehörige oder ein nennenswertes soziales Netz verfügt der BF im Bundesgebiet nicht.

3.5. Der BF besitzt kein zur Sicherung seiner Existenz ausreichendes Vermögen, geht keiner Erwerbstätigkeit nach und verfügt über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz. Er hat die Möglichkeit bei seinem Vater zu wohnen und von diesem und seiner Stiefmutter finanziell unterstützt zu werden.

4. Zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft

4.1. Beim BF liegen keine Erkrankungen vor, die die Anhaltung in Schubhaft als unverhältnismäßig erscheinen lassen.

4.2. Die nigerianische Vertretungsbehörde hat den BF am 27.07.2018 und am 21.12.2018 als nigerianischen Staatsangehörigen identifiziert. Da der BF nicht ausreisewillig ist, werden von der nigerianischen Vertretungsbehörde weitere Erhebungen durchgeführt. Das Bundesamt urgiert die Ausstellung eines Heimreisezertifikates in regelmäßigen Abständen bei der nigerianischen Vertretungsbehörde, mit der Ausstellung eines Heimreisezertifikates ist weiterhin zu rechnen.

4.3. Eine Änderung der Umstände für die Verhängung der Schubhaft seit 10.09.2018 und seit der Feststellung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.10.2018, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft weiterhin vorliegen, hat sich im Verfahren nicht ergeben.

III. Beweiswürdigung

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt, in den Akt des Bundesverwaltungsgerichtes zur Zahl 2191565-1, das Asylverfahren des BF betreffend, sowie in den Akt des Bundesverwaltungsgerichtes zur Zahl 2208036-1, das Schubhaftverfahren des BF betreffend, in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister sowie in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.

1. Zum Verfahrensgang, zur Person des BF und den Voraussetzungen der Schubhaft

1.1. Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes, dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes und den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes zu den Zahlen 2191565-1 und 2208036-1, das Asyl- und das Schubhaftverfahren des BF betreffend.

1.2. Die Feststellungen zur Identität des BF beruhen auf dem Inhalt des Verwaltungsaktes. Daraus ergibt sich, dass er von der nigerianischen Vertretungsbehörde als nigerianischer Staatsangehöriger identifiziert wurde. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt sind im Verfahren nicht hervorgekommen, ebensowenig besteht ein Zweifel an der Volljährigkeit des BF. Der Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde vollinhaltlich abgewiesen, dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen. Der BF ist daher weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. Dass er in Österreich unbescholten ist, ergibt sich aus dem Strafregister.

1.3. Dass der BF seit 10.09.2018 in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes sowie aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres. Anhaltspunkte dafür, dass er sich seit diesem Zeitpunkt außerhalb der behördlichen Gewahrsame befunden habe, sind dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen.

1.4. Es haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, wonach beim BF eine Haftunfähigkeit vorliegen würde. Eine Haftunfähigkeit wurde vom BF nicht behauptet. Auch in sämtlichen Einvernahmen gab der BF an, gesund zu sein.

2. Zum Sicherungsbedarf und zur Fluchtgefahr

2.1. Die Feststellungen zur mit Bescheid des Bundesamtes vom 21.02.2018 erlassenen aufenthaltsbeendenden Maßnahme gründen auf dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes zur Zl. 2191565-1, das Asylverfahren des BF betreffend.

2.2. Dass der BF seine Abschiebung durch Untertauchen behindert hat ergibt sich aus dem Verwaltungsakt des Bundesamtes. Darin ist insbesondere ein Auszug aus dem Grundversorgungs-Informationssystem enthalten, aus dem sich ergibt, dass der BF mit Wirkung vom 31.05.2018 aus der Grundversorgung abgemeldet wurde, da keine Kontaktaufnahme mit ihm mehr möglich war.

2.3. Dass der BF einem Ladungsbescheid des Bundesamtes keine Folge geleistet hat, gesteht er selbst in der mündlichen Verhandlung zu, indem er angibt, nicht beim Bundesamt erschienen zu sein.

2.3. Dass er außer seinem Vater und seiner Stiefmutter über keine weiteren Familienangehörigen oder ein soziales Netz in Österreich verfügt, gab der BF bei seiner Einvernahme durch eine Landespolizeidirektion am 10.09.2018 an.

2.4. Dass er kein zur Sicherung seiner Existenz ausreichendes Vermögen besitzt, keiner Erwerbstätigkeit nachgeht und über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz verfügt, ergibt sich aus der Einvernahme des BF am 10.09.2018 durch eine Landespolizeidirektion.

3. Zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft

3.1. Im Verwaltungsakt findet sich kein Hinweis auf eine Erkrankung des BF. So gab er in der Einvernahme vom 10.09.2018 an, gesund zu sein. Die im Rahmen der Schubhaft durchgeführte ärztliche Kontrolle am 01.12.2018 wurde vom BF verweigert, was wohl nicht der Fall gewesen wäre, hätten eine Erkrankung oder andere Beschwerden bestanden.

3.2. Die Feststellungen im Zusammenhang mit dem Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates beruhen auf den Stellungnahmen des Bundesamtes vom 18.12.2018 und vom 15.01.2019 sowie auf den Angaben des Vertreters des Bundesamtes in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 25.10.2018. Daraus ergibt sich insbesondere, dass der BF am 27.07.2018 sowie am 21.12.2018 als nigerianischer Staatsangehöriger identifiziert wurde und das Bundesamt regelmäßig die Ausstellung eines Heimreisezertifikates bei der nigerianischen Vertretungsbehörde urgiert. Dass weiterhin mit der Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF gerechnet werden kann steht insofern fest, als die nigerianische Vertretungsbehörde den Fall weiterhin prüft und die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF bisher nicht abgelehnt hat.

3.3. Eine Änderung der Umstände für die Verhängung der Schubhaft seit 10.09.2018 ist dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen. Gegenteiliges ist auch im durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

1.2. Der Beschwerdeführer (BF) ist seit 10.09.2018 in Schubhaft. Die Behörde legte die Akten entgegen der gesetzlichen Bestimmungen erst einen Tag vor Ablauf der Entscheidungsfrist des BVwG am 06.03.2018 vor und beantragte Sicherungsbedarf und Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft zu bestätigen. Die Behörde führte weiters aus, dass bei der am Vorlagetag durchgeführten Prüfung bezüglich der Notwendigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft gegen die VP keine Umstände ermittelt werden konnten, die gegen eine Aufrechterhaltung der Schubhaft sprechen würden. Im Übrigen brachte die Behörde vor wie bisher. Insbesondere wiese die Behörde darauf hin, dass im Hinblick auf das bisherige Gesamtverhalten des BF keinesfalls davon ausgegangen werden könne, dass der BF an seiner Abschiebung mitwirken werde und im Hinblick auf seine erhebliche Ausreiseunwilligkeit und seiner Bereitschaft unterzutauchen davon ausgegangen werden müsse, dass er sich dem Verfahren entziehen werde. Der BF sei absolut nicht Rückkehrwillig.

Zur Erlangung eines HRZ von Nigeria führte die Behörde wie bisher aus, dass nicht genau prognostiziert werden könne, wann die Botschaft ein Heimreisezertifikat ausstellen werde. Die durchschnittliche Dauer einer Ausstellung eines Heimreisezertifikates dauere im Fall Nigerias drei bis vier Monate. Bei nicht rückkehrwilligen Personen benötige die nigerianische Vertretungsbehörde einen längeren Zeitraum zur Prüfung bzw. Ausstellung von Heimreisezertifikaten. Da der BF absolut nicht rückkehrwillig sei, verzögere er die Ausstellung eines Heimreisezertifikates, da eine freiwillige Rückkehr von der Vertretungsbehörde empfohlen werde, der BF dazu aber nicht bewegt werden könne. Die Behörde verwies in diesem Zusammenhang auf die Bestimmung des § 80 Abs. 4 Z. 2 FPG.

1.3. Dem Rechtsvertreter wurde die Äußerungen der Behörde zur Aktenvorlage mit der Möglichkeit zur Stellungnahme zur Kenntnis gebracht. Der Rechtsvertreter führte dazu im Wesentlichen wie bisher aus:

Der Verfahrenspartei ist seit 10.09.2018 in Schubhaft. Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit ergibt daher im gegenständlichen Fall, dass das private Interesse an der Schonung der persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintan zustehen hat So ist eine verfassungsrechtlich gebotene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen (VfGH 24.6.2006, B362/06). Im konkreten Fall besteht aufgrund der persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund des bisherigen Verhaltens kein Risiko des Untertauchens. Zur Sicherung der Abschiebung ist daher die Schubhaft über den Zeitraum von 6 Monaten aufrecht zu halten, nicht Verhältnismäßig.

Privat- und Familienleben bzw. Fluchtgefahr:

Die Verfahrenspartei hat Familienangehörigen im Bundesgebiet und kann überdies in der Wohnung bei seinem Vater und bei seiner Stiefmutter in 5222 Munderling wohnen. Bezüglich der in Österreich geknüpften sozialen Kontakte und Integration ist auszuführen, dass der Verfahrenspartei in der Praxis über Deutschkenntnisse verfügt sowie einen Freundeskreis in Österreich bereits aufgebaut hat, sowie lebt und arbeitet sein Vater Isaak seit über 15 Jahren in Österreich. Die Verfahrenspartei hat Anknüpfungspunkte zu Österreich und verfügt über einen Wohnsitz im Bundesgebiet. Der Verfahrenspartei wird von diesen auch unterstützt, weshalb er dem österreichischen Staat während seines Verfahrens auch nicht zur Last fallen wird. Die Verfahrenspartei wurde in Österreich nie straffällig. Die Verfahrenspartei hat immer bei seinem Vater gewohnt. Dass die Behörde Ihn abgemeldet hat bedeutet nicht, dass er nicht weiterhin bei seinem Vater gelebt hat. Da er keine Identitätskarte mehr vorweisen kann, war es ihm nicht möglich sich ordnungsgemäß wieder anzumelden. Es war sohin nie seine Absicht unterzutauchen und liegt somit auch kein Anhaltepunkt für eine Fluchtgefahr vor. Die belangte Behörde brachte selbst vor, dass durchschnittliche Verfahrens für HRZ 3 bis 4 Monate beträgt, dieser Zeitraum ist bei weitem überschritten. Es kann eine Verfahrenspartei nicht angelastet werden kann, dass er kein Leben außerhalb Österreich mit seiner Familie vorstellen kann. Da somit keine Fluchtgefahr vorliegt wird ersucht das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl möge den Antragsteller aus der Schubhaft entlassen und/oder die Möglichkeit des gelinderen Mittels gern. §76 f FPG bewilligen (z.B. tägliche Meldung bei einer Polizeiinspektion). Wie bereits ausgeführt wurde, verfügt der Beschwerdeführer über keinerlei Bindungen zu Nigeria, sondern lebt seine Familie in Österreich. Um antragsgemäße Erledigung wird höflich ersucht.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

I. Feststellungen:

1.1. Die zitierten Feststellungen der Vorentscheidungen werden übernommen und zu Feststellungen in der gegenständlichen Entscheidung erhoben.

1.2. Der BF ist im Hinblick auf sein bisheriges Verhalten nicht vertrauenswürdig, es besteht höchste Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf. Der BF hat sich dem Verfahren zu seiner Außerlandesbringung durch Untertauchen entzogen. Der BF ist nach wie vor nicht bereit, freiwillig in den Herkunftsstaat zurückzukehren und am Verfahren zu seiner Außerlandebringung mitzuwirken.

1.3. Die Behörde hat rechtzeitig und zielführend Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats für den BF eingeleitet und fortgeführt. Die Erlangung eines Heimreisezertifikats hinsichtlich des Herkunftsstaates Nigerias ist möglich. Da er nicht in den Herkunftsstaat zurückkehren will, dauert das Verfahren der nigerianischen Behörden zur Ausstellung eines HRZ länger, als wenn der BF freiwillig zurückkehren würde. Im Hinblick auf sein Verhalten ist der BF selbst ursächlich für die Dauer der Schubhaft. Der BF wurde von der nigerianischen Vertretungsbehörde als nigerianischer Staatsangehöriger identifiziert.

1.4. Der BF ist haftfähig, es sind keine Umstände hervorgekommen, dass die weitere Inschubhaftnahme unverhältnismäßig wäre.

1.5. Festgestellt wird, dass ein dringendes öffentliches Interesse besteht, rechtsgrundlos im Bundesgebiet aufhältige Fremde außer Landes zu bringen.

1.6. Eine Änderung der entscheidungswesentlichen Sachverhaltes hat sich seit dem Überprüfungserkenntnisses vom 14.02.2019 im Verfahren nicht ergeben.

2. Beweiswürdigung:

2.1 Verfahrensgang, die entscheidungswesentlichen Feststellungen und die Haftfähigkeit des BF ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde, dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts und der Stellungnahme des Rechtsvertreters. Von der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung konnte daher wegen geklärten Sachverhalts abgesehen werden.

2.2. Behörde und Rechtsvertreter brachten im Verfahren insbesondere hinsichtlich der Fluchtgefahr, des Sicherungsbedarfs, der Weigerung freiwillig in den Herkunftsstaat zurückzukehren, der Integration und der Wohnmöglichkeit vor wie im letzten Überprüfungsverfahren, sodass diesbezüglich auch die Beweiswürdigung des Vorerkenntnisses der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt wird. Im Hinblick auf die getroffenen Feststellungen liegen auch die Voraussetzungen für die Anordnung eines gelinderen Mittels nicht vor.

2.3. Es sind keine Umstände hevorgekommen, wonach die Ausstellung eines HRZ durch Nigeria inzwischen innerhalb des gesetzlichen Rahmens nicht mehr möglich ist, dies wurde vom Rechtsvertreter auch nicht behauptet. Die Behörde wies im Verfahre darauf hin, dass die durchschnittliche Dauer einer Ausstellung eines Heimreisezertifikates im Fall Nigerias drei bis vier Monate in Anspruch nähme. Bei nicht rückkehrwilligen Personen benötige die nigerianische Vertretungsbehörde einen längeren Zeitraum zur Prüfung bzw. Ausstellung von Heimreisezertifikaten. Da der BF absolut nicht rückkehrwillig sei, verzögere er die Ausstellung eines Heimreisezertifikates. Hinsichtlich der Dauer der Schubhaft wies die Behörde zutreffend auf § 80 Abs. 4 Z. 2 FPG hin, wonach die Dauer der Schubhaft höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden könne. Die Behörde wird allerdings auch künftig in regelmäßigen Abständen bei den nigerianischen Vertretungsbehörden die Ausstellung eines HRZ zu urgieren haben.

2.4. Der BF ist haftfähig, die Schubhaft ist auch im Hinblick auf die Stellungnahme des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers und unter Berücksichtigung aller Umstände verhältnismäßig. Der BF hat insbesondere keine Umstände vorgebracht, dass die Dauer der Haft für ihn ein besonderes Unbill darstellen würde, solche können auch nicht festgestellt werden.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt A. - Fortsetzung der Schubhaft

3.1. Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

3.2. Gemäß § 76 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn 1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder 2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen. Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit. n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird.

3.3. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig. Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann. Die Verhängung der Schubhaft darf stets nur ultima ratio sein.

3.4. Hinsichtlich der Dauer der Schubhaft bestimmt § 80 Abs. 4 FPG wie folgt:

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

1. die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum

Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokuments, nicht möglich ist,

2. eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates

nicht vorliegt,

3. der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt ( §13)

widersetzt, oder

4. die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren

entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat,

gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhaltes abweichend von Abs 2 Z 2 und

Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

Im vorliegendem Fall ist die gesetzlich mögliche Dauer der Frist bei weitem nicht ausgeschöpft, zumal die sonstigen Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung des BF in Schubhaft gegeben sind.

3.5. Die Behörde hat im Sinne der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen zu Recht die Schubhaft wegen Fluchtgefahr angeordnet, weil aus dem vergangenen Verhalten des Beschwerdeführers mit Sicherheit geschlossen werden kann, dass der Beschwerdeführer seine Abschiebung mit allen Mitteln zu verhindern oder jedenfalls zu behindern beabsichtigt. Die Behörde hat im Hinblick auf das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers und seine unzureichende Verankerung im Bundesgebiet zu Recht eine hohe Fluchtgefahr und akuten Sicherungsbedarf angenommen. Der Beschwerdeführer hat keine berücksichtigungswürdigen Umstände dargetan, wonach die Schonung seiner Freiheit das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung überwiegen würde, die Schubhaft ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände auch verhältnismäßig. Das Verhalten des Beschwerdeführers in der Vergangenheit schließt auch die Anordnung gelinderer Mittel aus. Es besteht ein grundsätzliches öffentliches Interesse am effizienten Vollzug des Fremdenrechts. In diesem Sinne hat die Behörde sichergestellt, dass das Abschiebeverfahren zeitnah und zweckmäßig durchgeführt wird.

3.6. Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Zu Spruchpunkt

B - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie ausgeführt, sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in allen Spruchpunkten nicht zuzulassen.

Schlagworte

Fluchtgefahr, Interessenabwägung, öffentliche Interessen, Schubhaft,
Verhältnismäßigkeit, Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W197.2208036.4.00

Zuletzt aktualisiert am

20.05.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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