TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/8 W140 2215519-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.04.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

08.04.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W140 2215519-2/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. HÖLLER als

Einzelrichterin im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl: IFA 1108343603 VZ 181084517, über die weitere Anhaltung von XXXX , geb. XXXX alias XXXX , alias XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX ,

StA. Algerien, in Schubhaft zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG idgF wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

II. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Mit Mandatsbescheid vom 13.11.2018, Regionaldirektion Niederösterreich, wurde über den Beschwerdeführer (BF) gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.03.2019, W154 2215519-1/3E, wurde gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen, und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

Das Bundesverwaltungsgericht führte u.a. Folgendes aus:

"I. Verfahrensgang und Sachverhalt

1. Der Beschwerdeführer reiste erstmals 2016 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 14.3.2016 einen Asylantrag.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 22.9.2016, Zl. 1108343603-160382183/BMI- EAST-WEST, wurde das Verfahren gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ohne in die Sache einzutreten als unzulässig zurückgewiesen und festgestellt, dass gemäß 18 Abs. 1 b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates Ungarn für das Asylverfahren zuständig ist. Am 5.12.2016 wurde der Beschwerdeführer auf dem Luftweg von Wien Schwechat nach Budapest abgeschoben. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht, welche mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.2.2017, Zl. W105 2137030-1/7E, als unbegründet abgewiesen wurde.

2. Der Beschwerdeführer stellte am 23.12.2017 erneut einen Antrag auf internationalen Schutz und erklärte, er sei im Dezember 2016 mit dem Flugzeug nach Ungarn abgeschoben worden, wo man jedoch nicht leben könne. Aus diesem Grund sei er am 21.12.2017 nach Österreich gereist. Das Verfahren wurde in weiterer Folge zugelassen.

Mit Bescheid des BFA vom 27.2.2018, Zl. 1108343603/171417624, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Algerien (Spruchpunkt II.) als unbegründet abgewiesen. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III. 1. Teil) erteilt und gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt III. 2. Teil) erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig ist (Spruchpunkt III. 3. Teil). Weiters wurde festgestellt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt IV.). Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht, welche mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.8.2018, Zl. I415 2190849-1/8E, als unbegründet abgewiesen wurde. Das Erkenntnis wurde dem bevollmächtigten Vertreter des Beschwerdeführers am 28.08.2018 ordnungsgemäß zugestellt.

3. Am 30.5.2018 wurde durch die deutschen Behörden ein Konsultationsverfahren zur Rückübernahme des Beschwerdeführers gemäß Dublin III -Verordnung eingeleitet, da der Beschwerdeführer in Deutschland einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Das BFA stimmte der Rückübernahme des Beschwerdeführers zu.

4. Am 13.11.2018 wurde der Beschwerdeführer von Deutschland kommend mittels Fluges nach Flughafen Wien Schwechat überstellt und im Anschluss zur Einbringung des in Deutschland gestellten Asylantrages an die PI XXXX überstellt. Bei der niederschriftlichen Erstbefragung am 13.11.2018, um 13:00 Uhr, gab der Beschwerdeführer im Beisein eines Dolmetschers für die arabische Sprache an, dass er seinen Asylantrag zurückziehen möchte. Das Verfahren wurde infolge gemäß § 25 Abs. 2 AsylG eingestellt.

5. Am 13.11.2018, um 16:00 Uhr, wurde nach Verständigung des BFA durch die PI XXXX der Auftrag zur Festnahme des Beschwerdeführers gemäß § 34 Abs. 1 Z. 2 BFA-VG erlassen.

6. Mit Bescheid des BFA vom 13.11.2018, Zl. IFA 1108343603 VZ 181084517, wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm. § 57 Abs. 1 AVG die gegenständliche Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Die Entscheidung wurde dabei im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer sich dem Asylverfahren in Österreich zumindest ab dem 9.5.2018 entzogen habe, da er zu jenem Zeitpunkt Österreich in einen anderen Mitgliedstaat verlassen habe, nämlich Deutschland, und dort unter einer anderen als in Österreich angegebenen Identität einen Antrag gestellt habe. Aus den Asylverfahren in Ungarn habe sich der Beschwerdeführer zumindest zweimal entzogen, indem er nach Österreich weitergereist sei. Dabei habe er in Österreich bei seinem ersten Asylantrag behauptet, minderjährig zu sein. Er habe dies im Wissen, dadurch seine Zurückschiebungen nach Ungarn zu verunmöglichen, getan und sich so dem Verfahren in Ungarn zu entziehen. Erst durch ein Altersfeststellungsgutachten in Österreich habe die Volljährigkeit des Beschwerdeführers festgestellt und er so seinem Verfahren in Ungarn wieder zugeführt werden können. Er sei bei seinem Asylverfahren in Österreich zur Unterkunftnahme in einer Grundversorgungseinrichtung verpflichtet gewesen. Er habe diese, ohne die Behörden davon in Kenntnis zu setzen, verlassen und habe in weiterer Folge von der Grundversorgung wegen unbekannten Aufenthaltes abgemeldet werden müssen, dies noch bevor ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes zu seinem Asylverfahren ergangen sei. Diese Umstände ließen erkennen, dass der Beschwerdeführer seine Abschiebung umgehen und behindern wolle. Gegen den Beschwerdeführer bestehe eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung. Der Grad seiner sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit bzw. das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes, seien nicht gegeben. Die Behörde habe keinerlei Grund zur Annahme, dass der Beschwerdeführer sich einem Verfahren auf freiem Fuß stellen werde. Er verfüge über keine gesicherten Bindungen und sei in Österreich nicht integriert. Er habe keinen Unterstand im Bundesgebiet, sei nahezu mittellos und verweigere jegliche Kooperation mit der Behörde. Er halte an seinem illegalen Aufenthalt im Bundesgebiet fest, da er entgegen der Rechtslage nicht gewillt sei, nach Algerien zurückzukehren. Er habe bereits illegale Grenzverletzungen betreffend die Staatsgebiete der Republik Österreich und Deutschland begangen. Er versuche, die gebotene Abschiebung nach Algerien zu vereiteln, um wieder in die Illegalität abzutauchen. Im Fall des Beschwerdeführers bestehe daher ganz erhebliche Fluchtgefahr. Die Sicherung der Abschiebung sei erforderlich, da der Beschwerdeführer sich aufgrund des geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen habe. Aus seiner Wohn-und Familiensituation, aus seiner fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund seines bisherigen Verhaltens könne geschlossen werden, dass bezüglich seiner Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliege. Der Beschwerdeführer verfüge über keinen ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet, er sei nicht im Besitz eines gültigen Reisedokuments und könne daher Österreich aus eigenem Entschluss heraus nicht verlassen. Er sei nicht im Besitz von genügend Barmitteln, um sich selbstständig im Bundesgebiet erhalten zu können. Er gehe keiner legalen Beschäftigung nach, eine Änderung dieses Umstandes sei auch zukünftig nicht zu erwarten und er könne daher auf legale Art und Weise nicht zu Geld kommen. Er habe keine Verwandten im Bundesgebiet, die in unterstützen könnten. Der Beschwerdeführer sei bereits einmal untergetaucht, als er nach Deutschland weitergereist sei. Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihre Notwendigkeit ergebe daher im Fall des Beschwerdeführers, dass sein privates Interesse an der Schonung seiner persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen habe. Die Prüfung der Anordnung gelinderer Mittel habe ergeben, dass die finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund der finanziellen Situation des Beschwerdeführers schon von vornherein nicht in Betracht käme. Auch mit der Anordnung der Unterkunftnahme in bestimmten Räumlichkeiten und der periodischen Meldeverpflichtung könne im Fall des Beschwerdeführers nicht das Auslangen gefunden werden, zumal im Fall des Beschwerdeführers ein beträchtliches Risiko des Untertauchens bestünde, weshalb der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung der Abschiebung, vereitelt sei. Es liege somit eine ultima-ratio-Situation vor, die die Anordnung der Schubhaft unabdingbar erfordere und eine Verfahrensführung, während derer sich der Beschwerdeführer in Freiheit befinde, ausschließe. Die Haftfähigkeit des Beschwerdeführers sei gegeben.

Der Schubhaftbescheid wurde dem Beschwerdeführer zusammen mit der Verfahrensanordnung gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG, einer Verfahrensanordnung Rückkehrberatung sowie einem Formblatt zur Erlangung eines Heimreisezertifikates am 13.11.2018, um 20.30 Uhr, persönlich zugestellt. Die Schubhaft wird gegenwärtig im Polizeianhaltezentrum Wien, Hernalser Gürtel, vollzogen.

5. Am 22.11.2018 wurde der Beschwerdeführer zur Schubhaftanordnung und einer eventuellen Verhängung eines Einreiseverbotes niederschriftlich einvernommen. In der Einvernahme wurde der Beschwerdeführer zur mehrfachen Verwendung von Alias-Identitäten befragt. Dabei gestand er die Verwendung verschiedener Identitäten ein. Auf Vorhalt der Behörde, dass er dadurch völlig unglaubwürdig sei, bemerkte der Beschwerdeführer, dass dies richtig sei und er dies auch verstehe. Auf die Frage, wo sich seine persönlichen Dokumente (Reisepass, Personalausweis, Geburtsurkunde usw.) befänden, antwortete der Beschwerdeführer, dass er solche Dokumente gehabt hätte, sie jetzt aber nicht mehr habe. Beim Verlassen Algeriens habe er diese Dokumente weggeworfen. Auf Nachfrage gab er an, dass er nur einen Reisepass gehabt und diesen damals weggeworfen hätte. Der Reisepass sei ihm im Jahr 2014 vom Passamt Algier ausgestellt worden. Eine Kopie des Reisepasses würde nicht existieren. Er habe den Reisepass erhalten, nachdem er sein Familienbuch bei der Passbehörde in Vorlage gebracht habe. Dieses Familienbuch oder eine Kopie davon könne er jedoch nicht besorgen. Des Weiteren gab der Beschwerdeführer an, weder ein Aufenthaltstitel noch sonst ein Aufenthaltsrecht für Österreich oder ein anderes Land in der EU zu haben. Befragt seit wann er sich durchgehend in Europa befände, gab der Beschwerdeführer an, 2016 nach Europa gekommen zu sein. Das erste Land nach Verlassen Algeriens sei Griechenland gewesen, danach habe er sich in Ungarn, Deutschland und Österreich aufgehalten. Während seines Aufenthaltes in Österreich sei er in Bundesbetreuung untergebracht gewesen, einen anderen Wohnsitz habe er nicht gehabt. Nach Verlassen seines Heimatlandes habe er nach Deutschland nach Österreich reisen wollen. Er sei niemals festgenommen, verurteilt oder sonst in Kontakt mit der Polizei gekommen. Befragt nach seiner Erwerbstätigkeit gab der Beschwerdeführer an, lediglich in Traiskirchen im dortigen Asyllager gearbeitet zu haben. In seinem Heimatland habe er sich seinen Lebensunterhalt als Friseur finanziert. Diese Tätigkeit könne er auch im Österreich ausüben. Die Frage, ob er eine Kreditkarte oder eine Bankomatkarte besitzen würde oder sonst in Österreich legal zu Geld kommen könne, verneinte der Beschwerdeführer. Befragt nach Familienangehörigen in Europa bzw. im Bundesgebiet beantwortete der Beschwerdeführer dahin, dass er einen Onkel mütterlicherseits in Deutschland habe, sich in Österreich jedoch keine Verwandten befänden. Das Bestehen sozialer Kontakte in Österreich verneinte der Beschwerdeführer und gab an, nur ein paar Freunde zu haben, einige Österreicher bzw. Europäer, sowie einige Algerier. Zu Österreich habe er keinen Bezug. Er spreche auch nur sehr wenig Deutsch. In seinem Heimatland befänden sich sein Vater, seine Mutter und vier Geschwister sowie Onkeln, Tanten und Cousins. Er selbst sei ledig und habe keine Kinder. Seine gegenwärtigen Barmittel würden sich auf ca. € 650 belaufen. Die Unterschriftleistung unter die niederschriftliche Einvernahme vom 22.11.2018 verweigerte der Beschwerdeführer.

6. Am 11.12.2018 wurde der Beschwerdeführer zwecks Identitätsfeststellung einer Delegation der algerischen Vertretungsbehörde in Wien vorgeführt. Dabei wurde festgestellt, dass es sich beim Beschwerdeführer wahrscheinlich um einen algerischen Staatsangehörigen handle, eine Identitätsprüfung in Algerien sei jedoch notwendig, diese werde 4-5 Monate in Anspruch nehmen.

7. Vor Ablauf der gesetzlich vorgesehenen 4- Monatsfrist (§ 22a Abs. 4 BFA-VG) legte das BFA den verfahrensgegenständlichen Akt zur Durchführung der vorgesehenen Verhältnismäßigkeitsprüfung zur Verlängerung der aufrechten Schubhaft dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Im Rahmen der Aktenvorlage erstattete das BFA eine Stellungnahme. Dabei führte das BFA zum Sachverhalt aus, dass eine Rücksprache mit der HRZ-Abteilung des BFA am 5.3.2019 ergeben habe, dass bezüglich des Verfahrens zur Erlangung eines Heimreisezertifikates laufend bei der algerischen Botschaft urgiert werde und mit einer Identifizierung des Beschwerdeführers frühestens im April 2019 zu rechnen sei. Der Beschwerdeführer befände sich seit 13.11.2018 durchgehend im Polizeianhaltezentrum Wien, Hernalser Gürtel. Zur Fluchtgefahr führte das BFA aus, dass auf die im Bescheid vom 13.11.2018 getätigten Ausführungen, insbesondere auf jene in Bezugnahme auf die bestehende Fluchtgefahr, verwiesen werde. Es werde lediglich hervorgehoben, dass der Beschwerdeführer laut Eurodac- Abgleich im Zeitraum von 9.3.2016 bis 9.5.2018 bereits dreimal in Ungarn, einmal in Österreich und einmal in Deutschland einen Asylantrag gestellt habe. Er sei bereits einmal gemäß Dublin III-Verordnung nach Ungarn rücküberstellt worden und habe sich in Österreich zuletzt zumindest ab seinem in Deutschland eingebrachten Asylantrag vom 9.5.2018 dauerhaft dem Verfahren entzogen. Der Beschwerdeführer habe wiederholt illegale Grenzverletzungen innerhalb des Schengenraumes begangen. Im Zuge seiner Verfahren habe er zumindest vier verschiedene Identitäten verwendet. Unter der Aliasidentität XXXX , geboren XXXX , Algerien, habe zum Zeitpunkt der Festnahme eine Personenfahndung zur Aufenthaltsermittlung der Staatsanwaltschaft XXXX unter GZ: XXXX bestanden. Erst durch die angeordnete Altersfeststellung habe die Volljährigkeit des Beschwerdeführers durch ein medizinisches Sachverständigengutachten vom 9.6.2016 festgestellt werden können. Aufgrund des festgehaltenen persönlichen Verhaltens erweise sich der Beschwerdeführer als nicht vertrauenswürdige und rechtschaffene Person. Es bestehe kein Grund zur Annahme, dass er seiner Verpflichtung, das Bundesgebiet auf legalem Weg zu verlassen, aus eigenem nachkommen werde. Im Hinblick auf die wiederholten Asylanträge in verschiedenen Schengen-Staaten und seine laufenden Verstöße gegen gültige Gesetze und Rechtsvorschriften sei erhebliche Fluchtgefahr gegeben, und die Fortsetzung der Anhaltung in Schubhaft jedenfalls zur Sicherung der Abschiebung dringend geboten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Allgemein:

1.1. Der Beschwerdeführer befindet sich seit 13.11.2018 in Schubhaft. Die gesetzliche Viermonatsfrist (§ 22a Abs. 4 BFA-VG) läuft am 13.03.2019 ab.

1.2. Der der laufenden Haft zugrundeliegende Schubhaftbescheid ist nicht in Beschwerde gezogen worden. Eine Änderung der Umstände für die seinerzeitige Verhängung der Schubhaft hat sich im Verfahren nicht ergeben.

1.3. Der Beschwerdeführer hatte am 11.12.2018 einen Interviewtermin bei der algerischen Botschaft zum Zweck der Ausstellung eines Heimreisezertifikates. Seitens der algerischen Botschaft wurde ausgesprochen, dass es sich beim Beschwerdeführer wahrscheinlich um einen algerischen Staatsangehörigen handle, eine Identitätsprüfung in Algerien sei jedenfalls notwendig. Mit einem Ergebnis der Identitätsprüfung ist frühestens im April 2019 zu rechnen.

1.4. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Weiterführung der Schubhaft liegen zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung weiterhin vor.

Gesundheitszustand bzw. Haftfähigkeit:

2. Der Beschwerdeführer ist gesund. Die Haftfähigkeit des Beschwerdeführers ist zum Entscheidungszeitpunkt gegeben.

Effektuierbarkeit der Außerlandesbringung (Prognose):

3.1. Mit einer Identifizierung des Beschwerdeführers ist frühestens im April 2019 zu rechnen. Nach Identifizierung des Beschwerdeführers erscheint die Erlangung eines Heimreisezertifikates sowie eine zeitnahe Außerlandesbringung des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung möglich.

3.2. Die gegenständliche Überprüfung der Verhältnismäßigkeit vor Ablauf der 4- Monatsfrist hat keine Änderungen hinsichtlich der Effektuierbarkeit der Außerlandesbringung ergeben.

Privat- und Familienleben bzw. Fluchtgefahr:

4.1. Der Beschwerdeführer hat keine Familienangehörigen im Bundesgebiet und ist in Österreich weder legal erwerbstätig noch sozialversichert. Der Beschwerdeführer hat keine Anknüpfungspunkte zu Österreich und verfügt über keinen Wohnsitz im Bundesgebiet. Er verfügt kaum über Barmittel und brachte keine identitätsbezeugenden Dokumente in Vorlage. Er ist in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig.

4.2. Der Beschwerdeführer ist nicht willig zur Kooperation mit den Behörden. Der Beschwerdeführer gab zum Zweck der Verschleierung der Identität verschiedene Namen und Geburtsdaten an. Unter anderem sollte dadurch die Erlangung eines Heimreisezertifikates zumindest verzögert bzw. verhindert werden. Der Beschwerdeführer entzog sich auch durch Untertauchen dem Zugriff der Behörden.

4.3. Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten."

Die Verwaltungsbehörde übermittelte am 04.04.2019 zum Zwecke der Überprüfung der Schubhaft im Sinne des §22a Abs. 4 BFA-VG die Verwaltungsakten womit "die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht gilt".

Mit E-Mail vom 04.04.2019 übermittelte das BFA folgende Stellungnahme:

"Verfahrensgang und Stellungnahme des zuständigen Referenten:

-

Gegen den betroffenen Fremden besteht seit 28.08.2018 eine in II.

Instanz rechtskräftige Entscheidung mit der das BFA unter Zl. IFA:

1108343603 VZ 171417624 den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Algerien als unbegründet abgewiesen hat und zugleich einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, es wurde gegen den Fremden eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass eine Abschiebung nach Algerien zulässig ist Weiters wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise von 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung zuerkannt.

-

Der betroffene Fremde wurde am 13.11.2018 gemäß der Dublin III Verordnung (...) nach Österreich überstellt. Er stellte in Deutschland einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde unmittelbar nach der Überstellung durch die PI XXXX wegen der Folgeantragstellung niederschriftlich Erstbefragt. Dabei gab der Fremde im Beisein eines Dolmetschers an, dass er seinen Asylantrag zurückziehen möchte. Durch den Permanenzdienst des BFA RD NÖ wurde am 13.11.2018, um 16:00, daraufhin die Festnahme angeordnet und der Fremde wurde im Anschluss zur Festnahme an das PAZ Wien Hernalser Gürtel überstellt.

-

Gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG, wurde über den Fremden am 13.11.2018 die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

-

Mit dem Schubhaftbescheid wurde dem Fremden das Formblatt zur Erlangung eines Heimreisezertifikates bei der algerischen Botschaft übermittelt. Selbiges wurde gemeinsam mit der unterzeichneten Schubhaftmandatsbescheid-Übernahme vom 13.11.2018, 20:30 Uhr, ausgefüllt und unterzeichnet vom Fremden an das BFA übermittelt.

-

Am 14.11.2018 wurde das bereits am 17.10.2018 bei der algerischen Botschaft beantragte Heimreisezertifikat urgiert und es wurde die Vorführung des Fremden zur Delegation der algerischen Botschaft für 11.12.2018 veranlasst.

-

Am 22.11.2018 wurde der Fremde zu seiner Schubhaftverhängung und der eventuellen Verhängung eines Einreiseverbotes im Polizeianhaltezentrum Wien Hernalser Gürtel einvernommen.

-

Die Vorführung vor die Delegation am 11.12.2018 ergab, dass es sich bei dem Fremden wahrscheinlich um einen algerischen Staatsangehörigen handelt, es aber noch einer näheren Überprüfung durch die Behörden in Algerien bedarf und diese vier bis fünf Monate in Anspruch nehmen könnte.

-

Eine Rücksprache mit der HRZ Abteilung des BFA am 05.03.2019 ergab, dass bezüglich des Verfahrens zur Erlangung eines Heimreisezertifikates laufend bei der algerischen Botschaft urgiert werde und mit einer Identifizierung frühestens im April 2019 zu rechnen ist.

-

Am 06.03.2019 wurde das Schubhaftverfahren dem BVwG gemäß § 22a

(4) BFA-VG zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Anhaltung vorgelegt.

-

Mit Erkenntnis vom 11.03.2019 des BVwG unter GZ W154 2215519-1/3E wurde gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen, und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

-

Durch die Heimreisezertifikate Abteilung des BFA wurde am 22.03.2019 am 26.03.2019 und zuletzt am 02.04.2019 bei der algerischen Botschaft betreffend der Ausstellung des Heimreisezertifikates des Betroffenen urgiert. Nach wie vor erwartet die algerische Botschaft die Identifizierung für Mitte April 2019.

-

Der Fremde befindet sich seit 13.11.2018 durchgehend im PAZ Hernalser Gürtel.

Zur Fluchtgefahr:

-Auf die im Bescheid vom 13.11.2018 getätigten Ausführungen, insbesondere auf jene in Bezugnahme auf die bestehende Fluchtgefahr, wird verwiesen.

Es darf lediglich hervorgehoben werden, dass der Fremde laut Eurodac Abgleich im Zeitraum von 09.03.2016 bis 09.05.2018 bereits dreimal in Ungarn, einmal in Österreich und einmal in Deutschland einen Asylantrag stellte. Er wurde bereits einmal gemäß Dublin III Verordnung nach Ungarn rücküberstellt und hat sich in Österreich zuletzt zumindest ab seinem in Deutschland eingebrachten Asylantrag vom 09.05.2018 dauerhaft dem Verfahren entzogen. Der Fremde hat wiederholt illegale Grenzverletzungen innerhalb des Schengen-Raumes begangen.

-

Im Zuge seiner Verfahren hat er zumindest vier verschiedene Identitäten verwendet. Unter der Aliasidentität XXXX XXXX , Algerien bestand zum Zeitpunkt der Festnahme eine Personenfahndung zur Aufenthaltsermittlung wegen Vergehens der STA XXXX unter GZ: XXXX . Erst durch die angeordnete Altersfeststellung konnte die Volljährigkeit durch ein medizinisches Sachverständigengutachtens vom 09.06.2016 festgestellt werden.

-

Aufgrund des festgehaltenen persönlichen Verhaltens erweist sich der Fremde als nicht vertrauenswürdige und rechtschaffene Person. Es besteht kein Grund zur Annahme, dass er seiner Verpflichtung das Bundesgebiet auf legalem Weg zu verlassen aus eigenem nachkommen wird. Im Hinblick auf die wiederholten Asylanträge in verschiedenen Schengen-Staaten und seinen laufenden Verstößen gegen gültige Gesetze und Rechtsvorschriften, ist erhebliche Fluchtgefahr und die Fortsetzung der Anhaltung in der Schubhaft jedenfalls zur Sicherung der Abschiebung dringend geboten

Das Bundesverwaltungsgericht wird ersucht festzustellen, dass zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist."

Das Bundesverwaltungsgericht hat von Amts wegen erwogen:

1. Feststellungen:

Der angeführte Verfahrensgang und die zitierten Feststellungen der Vorentscheidung werden übernommen und zu Feststellungen in der gegenständlichen Entscheidung erhoben; ebenso die von der Verwaltungsbehörde in ihrer Stellungnahme anlässlich der Aktenvorlage getätigten Ausführungen (u.a. zum Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates).

Auf der Tatsachenebene liegt keine Änderung - die Fluchtgefahr betreffend - vor.

Der BF ist haftfähig, es sind keine Umstände hervorgekommen, dass die weitere Inschubhaftnahme unverhältnismäßig wäre.

2. Beweiswürdigung:

Verfahrensgang, die getroffenen Feststellungen und die Haftfähigkeit des BF ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt der Behörde und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes, insbesondere der zitierten Vorentscheidung. Auch die Feststellungen der Vorentscheidung werden der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt.

Im Besonderen ist hervorzuheben, dass die Behörde dargetan hat, dass sie sich im vorliegenden Fall um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates bemüht. Der Beschwerdeführer wurde am 11.12.2018 der algerischen Botschaft vorgeführt. Überprüfungen zur Identität des Beschwerdeführers sind bei den algerischen Behörden im Laufen. Nach den Erfahrungswerten ist davon auszugehen, dass ein Heimreisezertifikat von der algerischen Botschaft erlangt werden kann.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. - Fortsetzung der Schubhaft

Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG idgF die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

Gemäß § 76 Abs 1 FPG idgF können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

Die Schubhaft darf gemäß § 76 Abs 2 FPG idgF nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

§ 76 Abs. 3 FPG idgF lautet:

Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise - wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG - erreicht werden ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig.

§ 80 FPG idgF lautet:

(1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich

1. drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;

2. sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

1. die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2. eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,

3. der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder

4. die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.

Zur Judikatur:

Insbesondere ist in diesem Zusammenhang auf Art 1 Abs. 3 PersFrSchG 1988 hinzuweisen, aus dem sich das für alle Freiheitsentziehungen geltende Gebot der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit ergibt, deren Prüfung im Einzelfall eine entsprechende Interessenabwägung verlangt. Für die Schubhaft ergibt sich das im Übrigen auch noch aus der Wendung "... wenn dies notwendig ist, um ..." in Art 2 Abs. 1 Z 7 PersFrSchG 1988. Dementsprechend hat der VfGH - nachdem er bereits in seinem Erkenntnis vom 24.06.2006, B 362/06, die Verpflichtung der Behörden betont hatte, von der Anwendung der Schubhaft jedenfalls Abstand zu nehmen, wenn sie im Einzelfall nicht notwendig und verhältnismäßig ist - in seinem Erkenntnis vom 15.06.2007, B 1330/06 und B 1331/06, klargestellt, dass die Behörden in allen Fällen des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 unter Bedachtnahme auf das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit verpflichtet sind, eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen. Der VwGH hat dazu beginnend mit dem Erkenntnis vom 30.08.2007, 2007/21/0043, mehrfach festgehalten, dass die Schubhaft auch dann, wenn sie auf einen der Tatbestände des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 gestützt werden soll, stets nur ultima ratio sein dürfe." (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Eine Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann stets nur dann rechtens sein, wenn eine Abschiebung auch tatsächlich infrage kommt. Die begründete Annahme, dass eine Aufenthaltsbeendigung erfolgen wird, ist dabei ausreichend. Dass die Effektuierung mit Gewissheit erfolgt, ist nicht erforderlich (vgl. dazu etwa VwGH 07.02.2008, Zl. 2006/21/0389; VwGH 25.04.2006, Zl. 2006/21/0039). Steht hingegen von vornherein fest, dass diese Maßnahme nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden. Anderenfalls erwiese sich die Schubhaft nämlich als für die Erreichung des Haftzweckes (der Abschiebung) "nutzlos". Umgekehrt schadet es - wie sich aus den Verlängerungstatbeständen des § 80 FPG ergibt - nicht, wenn der ins Auge gefassten Abschiebung zeitlich befristete Hindernisse entgegenstehen. Den erwähnten Verlängerungstatbeständen liegt freilich zugrunde, dass die infrage kommenden Hindernisse längstens innerhalb der zulässigen Schubhaftdauer beseitigt werden. Ist hingegen bereits bei Beginn der Schubhaft absehbar, dass das Abschiebehindernis nicht binnen dieser Frist zu beseitigen ist, so soll die Schubhaft nach den Vorstellungen des Gesetzgebers von Anfang an nicht verhängt werden. Dasselbe gilt, wenn während der Anhaltung in Schubhaft Umstände eintreten, aus denen erkennbar ist, dass die Abschiebung nicht in der restlichen noch zur Verfügung stehenden Schubhaftdauer bewerkstelligt werden kann. (vgl. VwGH 11.06.2013, Zl. 2013/21/0024, zum Erfordernis einer Prognosebeurteilung, ob die baldige Ausstellung eines Heimreisezertifikates trotz wiederholter Urgenzen durch das Bundesministerium für Inneres angesichts der Untätigkeit der Vertretungsbehörde des Herkunftsstaates zu erwarten ist; vgl. VwGH 18.12.2008, Zl. 2008/21/0582, zur rechtswidrigen Aufrechterhaltung der Schubhaft trotz eines ärztlichen Gutachtens, wonach ein neuerlicher Versuch einer Abschiebung des Fremden in den nächsten Monaten aus medizinischen Gründen nicht vorstellbar sei).

Aufgrund der zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat die Behörde nach § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakten zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung, welche über die Viermonatsfrist gehen solle, vorzulegen. Dabei hat sie darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig wäre. Es ist Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und hat sich im Rahmen dieser Überprüfung auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose für das Gericht ergeben, dass eine weitere Anhaltung weiter als verhältnismäßig angesehen werden kann.

Der Verwaltungsgerichthof führte in seiner Entscheidung vom 30.08.2018 (Ra 2018/21/0111) Folgendes aus: "In einem gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG 2014 ergangenen Erkenntnis wird entsprechend dem Wortlaut der genannten Bestimmung (nur) ausgesprochen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist. Diese Entscheidung stellt - ebenso wie ein Ausspruch nach § 22a Abs. 3 BFA-VG 2014 - einen neuen Hafttitel dar. Über vor oder nach der Entscheidung liegende Zeiträume wird damit nicht abgesprochen. Ein Erkenntnis nach § 22a Abs. 4 BFA-VG 2014 steht daher einer Beschwerde nach § 22a Abs. 1 BFA-VG 2014, mit der die Überprüfung der Rechtmäßigkeit von vor oder nach der Erlassung des Erkenntnisses liegenden Haftzeiten begehrt wird, nicht entgegen."

Aufgrund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z 1, Z 3 und Z 9 FPG liegt weiterhin Fluchtgefahr vor und ist auch Sicherungsbedarf gegeben. Insbesondere zu berücksichtigen ist, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert. Die Schubhaft ist jedenfalls wegen Fluchtgefahr aufrechtzuerhalten, weil aus dem vergangenen und aktuellen Verhalten des Beschwerdeführers mit Sicherheit geschlossen werden kann, dass der Beschwerdeführer seine Abschiebung zu verhindern oder jedenfalls zu behindern beabsichtigt.

Der Beschwerdeführer hatte keine berücksichtigungswürdigen Umstände dargetan, wonach die Schonung seiner Freiheit das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung überwiegen würde. Die Schubhaft ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände und vor dem Hintergrund - dass sich die Behörde um ein Heimreisezertifikat bemüht, Überprüfungen zur Identität des Beschwerdeführers sind bei den algerischen Behörden im Laufen - auch verhältnismäßig.

Das Verhalten des Beschwerdeführers in der Vergangenheit schließt auch die Anordnung gelinderer Mittel aus.

Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges keine - die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft - ändernden Umstände erkennen.

Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Zu Spruchpunkt II. - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie ausgeführt, sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Fluchtgefahr, Fortsetzung der Schubhaft, Identität,
Mitwirkungspflicht, öffentliche Interessen, Schubhaft,
Sicherungsbedarf, Überprüfung, Untertauchen, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W140.2215519.2.00

Zuletzt aktualisiert am

20.05.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten