TE OGH 2019/4/30 1Ob64/19x

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.04.2019
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der Klägerin und gefährdeten Partei M***** H*****, vertreten durch Dr. Catharina Grau, Rechtsanwältin in Wien, gegen den Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei R***** H*****, vertreten durch Mag. Doris Perl, Dr. Gerald Perl, Rechtsanwälte in Gänserndorf, wegen einstweiligen Unterhalts (§ 382 Abs 1 Z 8 lit a EO) und Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 382 Z 8 lit c EO, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 25. Februar 2019, GZ 43 R 51/19x-17, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Donaustadt vom 6. Dezember 2018, GZ 3 C 37/18w-12, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

In Ansehung des Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung der Zahlung von Kreditraten und Versicherungsprämien (Spruchpunkt 3. des erstgerichtlichen Beschlusses) wird der außerordentliche Revisionsrekurs gemäß den §§ 402 Abs 4, 78 EO iVm § 526 Abs 2 erster Satz ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Im Übrigen (Spruchpunkte 1. und 2. des erstgerichtlichen Beschlusses) wird der Akt dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

Vor dem Erstgericht ist das Scheidungsverfahren anhängig, in dem die Klägerin die Erlassung einer einstweiligen Verfügung begehrte, mit der dem Beklagten

1. die Zahlung eines einstweiligen Unterhalts von monatlich 110 EUR,

2. die Leistung eines Prozesskostenvorschusses von 1.000 EUR und

3. die rechtzeitige Leistung von Raten für einen bestimmten Kredit sowie die Zahlung von Prämien für eine näher bezeichnete Lebensversicherung

aufgetragen werden möge.

Das Rekursgericht bestätigte die das Begehren der Klägerin zur Gänze abweisende Entscheidung des Erstgerichts und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin, über den der Oberste Gerichtshof nur zum Teil zur Entscheidung berufen ist.

Rechtliche Beurteilung

1.1 Nach den § 402 Abs 4 iVm § 78 EO sind auf Revisionsrekurse im Provisorialverfahren grundsätzlich die Vorschriften der Zivilprozessordnung anzuwenden.

1.2 Hat das Rekursgericht über mehrere Entscheidungsgegenstände entschieden, deren Werte nicht zusammenzurechnen sind, ist die Revisionszulässigkeit für jeden einzelnen Entscheidungsgegenstand gesondert zu beurteilen (§ 55 Abs 4 JN). Eine Zusammenrechnung der einzelnen Ansprüche gemäß § 55 Abs 1 Z 1 JN kommt nur in Frage, wenn diese in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen (RIS-Justiz RS0042741).

1.3 Mehrere Ansprüche stehen dann in einem tatsächlichen Zusammenhang, wenn sie alle aus demselben Sachverhalt abgeleitet werden, wenn also das für einen Anspruch erforderliche Sachvorbringen ausreicht, um auch über die anderen geltend gemachten Ansprüche entscheiden zu können (RS0042766). Ein rechtlicher Zusammenhang liegt vor, wenn die Ansprüche aus demselben Vertrag oder aus derselben Rechtsnorm abgeleitet werden und miteinander in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (RS0037648; RS0037905).

2.

1

 Der Anspruch

der Klägerin auf Unterhalt beruht wie jener auf Deckung notwendiger Prozess- und Anwaltskosten auf § 94 ABGB

. Für die Ermittlung der Revisionsrekurszulässigkeit findet daher gemäß § 55 Abs 1 Z 1 JN eine Zusammenrechnung des von der Klägerin geforderten einstweiligen Unterhalts mit ihrem Begehren auf Leistung eines Prozesskostenvorschusses statt (RS0013486 [T3]).

2.2 Demgegenüber stützte die Klägerin ihr Begehren, dem Beklagten die rechtzeitige Leistung von Raten für einen bestimmten Kredit sowie die Zahlung von Prämien für eine näher bezeichnete Lebensversicherung aufzutragen (Spruchpunkt 3. des erstgerichtlichen Beschlusses) bereits im Rekursverfahren ausschließlich auf § 382 Abs 1 Z 8 lit c zweiter Fall EO (Sicherung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse). Dieser Antrag steht in keinem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang mit ihren anderen Begehren und ist für die Revisionsrekurszulässigkeit daher getrennt zu betrachten. Für ihn gelten die §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 528 Abs 3, 505 Abs 4, 502 Abs 5 Z 1 ZPO. Der außerordentliche Revisionsrekurs kann ohne Rücksicht auf den Wert des Entscheidungsgegenstands stets erhoben werden (1 Ob 236/14h mwN).

3.1 Die Ermittlung des Werts des vom Rekursgericht behandelten Begehrens auf Leistung einstweiligen Unterhalts richtet sich nach den allgemeinen Bewertungsvorschriften der JN (§ 526 Abs 3 iVm § 500 Abs 3 ZPO) und bestimmt sich nach § 58 Abs 1 JN mit dem 36-fachen des im Rekursverfahren strittigen Unterhaltsbetrags (RS0122735 [T1; T2]; vgl RS0046543). Einschließlich des begehrten Prozesskostenvorschusses betrug der Wert des Entscheidungsgegenstands in zweiter Instanz daher 4.960 EUR.

3.2 Nach § 528 Abs 2 Z 1a ZPO (iVm § 78 EO) ist der Revisionsrekurs in familienrechtlichen Streitigkeiten nach § 49 Abs 2 Z 1 und 2 JN vorbehaltlich des § 528 Abs 2a ZPO jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand zweiter Instanz – wie hier – insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht ausgesprochen hat, dass der Revisionsrekurs nicht zulässig ist. Demnach ist eine Entscheidungskompetenz des Obersten Gerichtshofs im Zusammenhang mit den Begehren der Klägerin auf Leistung einstweiligen Unterhalts und eines Prozesskostenvorschusses nicht gegeben. Der Akt ist daher insoweit ohne Erledigung an das Erstgericht zurückzustellen, das zu beurteilen haben wird, ob es die Eingabe der Klägerin in diesem Umfang als mit einem ordentlichen Revisionsrekurs verbundenen Abänderungsantrag (§ 528 Abs 2a iVm § 508 ZPO) an das Rekursgericht oder aber als verbesserungsbedürftig ansieht.

4. Zum Antrag nach § 382 Abs 1 Z 8 lit c EO:

Gemäß §§ 402 Abs 4, 78 EO iVm §§ 528a und 510 Abs 3 ZPO kann eine Begründung entfallen. Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO zeigt die Revisionsrekurswerberin nicht auf.

Textnummer

E124996

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0010OB00064.19X.0430.000

Im RIS seit

20.05.2019

Zuletzt aktualisiert am

17.07.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten