TE OGH 2019/4/3 1Nc3/19k

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Veröffentlicht am 03.04.2019
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der beim Landesgericht Innsbruck zu AZ 10 Cg 114/18g anhängigen Rechtssache der klagenden Partei Mag. A***** S*****, vertreten durch Dr. Ehrenfried Falk, Rechtsanwalt in Bozen (Einvernehmensanwalt Mag. Bernhard Weber, Rechtsanwalt in Wien), gegen die beklagte Partei Rechtsanwaltskammer Tirol, *****, wegen 170.000 EUR sA und Feststellung, über die Ablehnung von Richtern den

Beschluss

gefasst:

Spruch

I. Die Ablehnung aller Richter des Oberlandesgerichts Innsbruck wird zurückgewiesen.

II. Der Delegierungsantrag wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Zu I.: Der Kläger macht mit der beim Landesgericht Innsbruck eingebrachten Klage Amtshaftungsansprüche wegen eines angeblich rechtswidrigen Berufsverbots geltend. Er lehnt alle im Sprengel des Oberlandesgerichts Innsbruck tätigen Richter als befangen ab. Zur Begründung verweist er darauf, dass zwischen dem Oberlandesgericht Innsbruck und der von ihm als Beklagte in Anspruch genommenen Rechtsanwaltskammer eine sehr enge Verflechtung bestehe. Das ergebe sich zum einen schon zwangsweise aus den einschlägigen Gesetzesbestimmungen, zum anderen aus den soziologisch unabdingbaren, zahlreichen gemeinsamen Veranstaltungen.

Rechtliche Beurteilung

Die Ablehnung der Richter des Oberlandesgerichts Innsbruck ist zurückzuweisen.

1. Wird ein Gerichtshof durch eine Ablehnung beschlussunfähig, so entscheidet über diese Ablehnung nach § 23 JN der zunächst übergeordnete Gerichtshof. Im vorliegenden Fall wurde das Oberlandesgericht Innsbruck, das als übergeordnetes Gericht über die (erkennbare) Ablehnung aller Richter des vom Kläger angerufenen Landesgerichts Innsbruck zu entscheiden hat, durch die Ablehnung auch aller seiner Richter ebenfalls beschlussunfähig. Zur Entscheidung über die Ablehnung ist daher insoweit der Oberste Gerichtshof berufen (2 Nc 34/18z; RIS-Justiz RS0109137 [T2]).

2. Nach § 19 Z 2 JN kann ein Richter in bürgerlichen Rechtssachen abgelehnt werden, wenn nach objektiver Prüfung und Beurteilung ein zureichender Grund vorliegt, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Die Ablehnung eines ganzen Gerichts ist nur bei Ablehnung jedes einzelnen seiner Richter unter Angabe konkreter Ablehnungsgründe möglich (RIS-Justiz RS0045983 [T6]; RS0046005 [T1]). Dem Kläger ist zwar zuzugestehen, dass eine Anführung der individuellen Befangenheitsgründe bei jedem einzelnen einer Mehrheit von abgelehnten Richtern dann nicht zu verlangen ist, wenn die dargelegten Gründe offenkundig auf sämtliche Abgelehnten gleichermaßen zutreffen (RIS-Justiz RS0045983 [T10, T11, T23]). Allerdings muss es sich bei diesen Gründen um solche handeln, die den Anschein einer persönlichen, auf den erkennenden Richter bezogenen Befangenheit (Voreingenommenheit) begründen (RIS-Justiz RS0046005 [T2, T4, T16]) und deren Tatsachengehalt zumindest eine Überprüfung auf ihre sachliche Berechtigung zulässt (RIS-Justiz RS0045983 [T23]; RS0046005 [T25]). Dazu fehlt im vorliegenden Fall konkretes Vorbringen. Aus der Tatsache, dass zwischen dem Oberlandesgericht Innsbruck als Institution und der beklagten, in dessen Sprengel tätigen Rechtsanwaltskammer zahlreiche – berufliche – Berührungspunkte bestehen, kann keinesfalls die persönliche Befangenheit aller Richter dieses Gerichts abgeleitet werden.

3. Da die Ablehnungserklärung nicht ausreichend substantiiert ist, bedarf es keiner Äußerung der abgelehnten Richter (RIS-Justiz RS0045983 [T14]); auch eine Anhörung der Gegenseite ist nicht erforderlich (2 Nc 34/18z mwN).

4. Die Ablehnung der Richter des Oberlandesgerichts Innsbruck ist daher zurückzuweisen. Dadurch ist dieses Gericht nun in der Lage, über die (ebenfalls pauschale) Ablehnung der Richter des Landesgerichts Innsbruck („Befangenheitsantrag ... gegen sämtliche Richter des OLG Sprengel Innsbruck“) zu entscheiden.

Zu II.: In der Klage stellt der Kläger weiters den Antrag auf „Überweisung in den zweckmäßigen OLG Sprengel Wien“, weil der Einvernehmensanwalt seinen Kanzleisitz in Wien habe.

Der Delegierungsantrag des Klägers, in dem im Übrigen das Gericht, an das delegiert werden soll, genau zu bezeichnen gewesen wäre (RIS-Justiz RS0118473), ist abzuweisen, weil die in § 31 JN genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind (vgl zur Unmaßgeblichkeit des Kanzleisitzes des Rechtsvertreters RIS-Justiz RS0046333 [T13]; RS0046455 [T4]; RS0046540 [T1, T14, T20]; RS0065225 [T1, T2]).

Textnummer

E124925

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0010NC00003.19K.0403.000

Im RIS seit

19.05.2019

Zuletzt aktualisiert am

19.05.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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