TE Vwgh Erkenntnis 1999/3/22 98/10/0385

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Veröffentlicht am 22.03.1999
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Index

27/04 Sonstige Rechtspflege;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §66 Abs4;
SDG 1975 §10 Abs1 Z1 impl;
SDG 1975 §2 Abs2 Z1 lith impl;
SVDolmG 1975 §10 Abs1 Z1;
SVDolmG 1975 §2 Abs2 Z1 lith;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Toifl, über die Beschwerde des GK in Wien, vertreten durch Dr. Ruth Hütthaler-Brandauer, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Otto-Bauer-Gasse 4, gegen den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vom 22. September 1998, Zl. Jv 17.175-5b/97, betreffend Entziehung der Eigenschaft als allgemein beeideter gerichtlicher Sachverständiger, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der belangten Behörde wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war beim Handelsgericht Wien in der Liste der allgemein beeideten gerichtlichen Sachverständigen für das Fachgebiet 91,20 (Wirtschaftswerbung) eingetragen.

Mit Bescheid des Präsidenten des Handelsgerichtes Wien vom 31. Mai 1995 wurde dem Beschwerdeführer die Eigenschaft als allgemein beeideter gerichtlicher Sachverständiger entzogen, weil über sein Vermögen am 21. März 1995 der Konkurs eröffnet worden sei, womit die Voraussetzung geordneter wirtschaftlicher Verhältnisse weggefallen sei.

Der Beschwerdeführer berief.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 22. September 1998 gab die belangte Behörde der Berufung nicht Folge.

In der Begründung heißt es, über das Vermögen des Beschwerdeführers sei am 21. März 1995 das Konkursverfahren eröffnet worden. Bemühungen um einen Zwangsausgleich seien gescheitert. Mit Beschluss des Konkursgerichtes vom 15. April 1997 sei der Konkurs nach Verteilung gemäß § 139 KO aufgehoben worden. Gleichfalls seien alle die freie Verfügung des Gemeinschuldners beschränkenden Maßnahmen aufgehoben und der Masseverwalter seines Amtes enthoben worden. Nach der Schlussverteilung sei kein weiteres Konkursvermögen hervorgekommen oder freigeworden; eine Nachtragsverteilung sei daher weder vorgesehen noch erfolgt. Dem Beschwerdeführer sei es bis dato nicht gelungen, den im Verteilungsentwurf ausgewiesenen Gesamtschuldenstand von S 4,307.887,86 in außergerichtlicher Form zu begleichen. Aus einem näher bezeichneten Verlassenschaftsakt des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien betreffend den am 26. Februar 1998 verstorbenen Vater des Beschwerdeführers ergebe sich, dass der Erblasser kein namhaftes Vermögen hinterlassen habe. Hingegen schienen Forderungsanmeldungen im Gesamtbetrag von S 239.025,22 auf. Der Erblasser sei in zweiter Ehe verheiratet gewesen; er hinterlasse eine Frau und zwei volljährige Kinder. Der Beschwerdeführer sei eines von zwei Kindern aus der ersten Ehe des Erblassers. Bei dieser Sachlage könne mit der für diese Entscheidung notwendigen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer auch zur Zeit unfähig sei, seine Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen, zumal nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens keine wie immer gearteten Umstände für die Annahme geordneter wirtschaftlicher Verhältnisse vorlägen. Dies sei vom Beschwerdeführer auch in keinem Verfahrensstadium behauptet worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, in eventu Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Der Beschwerdeführer bringt vor, es sei unstrittig, dass eine Überschuldung von mehr als 4 Mio S vorliege. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens sei er aufgefordert worden, Umstände darzutun, aufgrund derer eine Konsolidierung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse zu erwarten wäre. Wie im Ermittlungsverfahren von der belangten Behörde richtig festgestellt worden sei, seien von dem am 26. Februar 1998 verstorbenen Vater des Beschwerdeführers zu Lebzeiten Häuser bzw. Liegenschaften verschenkt worden. Zumindest ergebe sich dies aus dem Verlassenschaftsakt. Danach habe der Beschwerdeführer noch das Vorhandensein von Vermögenswerten (Kunstsammlungen, Apotheke, Drogerie etc.) bekannt gegeben. Er habe bekannt gegeben, dass sowohl sein Bruder als auch sein Onkel die tatsächlichen wirtschaftlichen Hintergründe erheben würden. Es sei somit klar gewesen, dass der Beschwerdeführer einen erheblichen Pflichtteilsergänzungsklagsanspruch gegen die erblasserische Witwe, die zweite Frau seines verstorbenen Vaters, und gegebenenfalls auch gegen seine Halbgeschwister habe. Über dieses Ergebnis des Ermittlungsverfahrens habe sich der angefochtene Bescheid hinweggesetzt, indem er nur davon spreche, dass die Verlassenschaft überschuldet sei. Damit habe sich der angefochtene Bescheid über einen vermögenswerten Anspruch des Beschwerdeführers in Form einer erheblichen Forderung hinweggesetzt. Dieser Anspruch würde aber zur Konsolidierung der wirtschaftlichen Situation führen.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber Abstand genommen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 10 Abs. 1 Z. 1 des Sachverständigen- und Dolmetschergesetzes, BGBl. Nr. 137/1975 (SDG) in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 168/1998, ist die Eigenschaft als allgemein beeideter gerichtlicher Sachverständiger vom Präsidenten des Gerichtshofs I. Instanz durch Bescheid zu entziehen, wenn sich herausstellt, dass die Voraussetzungen für die Eintragung, mit Ausnahme der nach § 2 Abs. 2 Z. 2, seinerzeit nicht gegeben gewesen oder später weggefallen sind.

Zu den Voraussetzungen für die Eintragung in die Sachverständigenliste gehören nach § 2 Abs. 2 Z. 1 lit. h SDG geordnete wirtschaftliche Verhältnisse.

Zum Wesen geordneter wirtschaftlicher Verhältnisse einer Person gehört es, dass sie zur Erfüllung ihrer - gleichgültig auf welchem Titel beruhenden - Zahlungsverpflichtungen in der Lage ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 1991, 91/18/0219). Abzustellen ist dabei auf den Zeitpunkt der Erlassung des Entziehungsbescheides (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. September 1997, 95/19/1588).

Der Beschwerdeführer hat bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides seinen Gesamtschuldenstand von mehr als 4 Mio S nicht bereinigt. Dies wird von ihm auch nicht bestritten. Er meint aber, von ihm behauptete Pflichtteilsansprüche könnten zu einer Sanierung seiner finanziellen Situation führen. Dabei lässt der Beschwerdeführer außer Acht, dass entscheidend seine Situation zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides war. Zu diesem Zeitpunkt mussten geordnete wirtschaftliche Verhältnisse vorhanden sein, widrigenfalls die Eigenschaft als gerichtlich beeideter Sachverständiger zu entziehen war. Bloß behauptete Forderungen, die im Klagsweg erst eingebracht werden müssen, können die Annahme geordneter wirtschaftlicher Verhältnisse nicht begründen.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Die belangte Behörde begehrt die Zuerkennung von Aufwand für Schriftsatzaufwand und für Vorlageaufwand. Da sie aber keine Gegenschrift erstattet hat, war das über den Vorlageaufwand hinausgehende Mehrbegehren abzuweisen.

Wien, am 22. März 1999

Schlagworte

Inhalt der Berufungsentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998100385.X00

Im RIS seit

20.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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