TE Bvwg Beschluss 2019/3/21 W209 2206446-2

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Veröffentlicht am 21.03.2019
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Entscheidungsdatum

21.03.2019

Norm

AVG §73
B-VG Art.133 Abs4
GSVG §41

Spruch

W209 2206446-2/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Reinhard SEITZ als Einzelrichter in der Beschwerdesache der XXXX GmbH, XXXX , XXXX , betreffend Verletzung der Entscheidungspflicht der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Wien, über den Antrag vom 03.08.2017 auf Überweisung von Beiträgen zur Pflichtversicherung an den zuständigen Krankenversicherungsträger gemäß § 41 Abs. 3 Gewerbliches Sozialversicherungsgesetz (GSVG) beschlossen:

A)

Die Säumnisbeschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die gegenständliche Säumnisbeschwerde langte am 26.09.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein und wurde sodann mit Schreiben vom 26.09.2018 zuständigkeitshalber gemäß § 6 AVG an die belangte Behörde (in weiterer Folge: SVA) weitergeleitet. In der Beschwerde wird geltend gemacht, die SVA habe nicht innerhalb der gemäß § 73 AVG vorgesehenen sechsmonatigen Entscheidungsfrist über den Antrag der Beschwerdeführerin vom 03.08.2017 auf Überweisung von Beiträgen zur Pflichtversicherung an den zuständigen Krankenversicherungsträger gemäß § 41 Abs. 3 GSVG entschieden. Der Beschwerde beigeschlossen war der Antrag vom 03.08.2017, aus welchem hervorgeht, dass der Versicherte XXXX , VSNR XXXX , im Rahmen eines Verfahrens gemäß § 41a ASVG nachträglich in die Pflichtversicherung nach dem ASVG einbezogen worden sei und nunmehr gemäß § 41 Abs. 3 GSVG beantragt werde, die zu Ungebühr an die SVA entrichteten Beiträge an den für die Beitragseinhebung zuständigen Krankenversicherungsträger zu überweisen.

2. Am 25.10.2018 einlangend legte die SVA die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. In einer beigefügten Stellungnahme führte sie zusammengefasst aus, dass keine Verletzung der Entscheidungspflicht durch die Behörde vorliege, da die in Rede stehende Bestimmung lediglich die Überweisung durch die SVA vorsehe und daher kein Bescheid zu erlassen sei. Darüber hinaus sei die SVA in einem Verfahren gemäß § 41a ASVG nur beteiligt und komme ihr keine Behördenstellung und damit auch keine Entscheidungspflicht zu. Darüber hinaus begründe § 41 Abs. 3 GSVG kein Antragsrecht des Dienstgebers auf Überweisung der Beiträge an den Krankenversicherungsträger, da die Überweisung eine amtswegige Verpflichtung darstelle, die nach Übermittlung des Rückabwicklungsformulars seitens des Krankenversicherungsträgers erfüllt werde. Im Übrigen sei der geforderte Betrag mit 01.10.2018 zur Auszahlung an das Konto der Wiener Gebietskrankenkasse angewiesen worden, sodass keine Säumnis der SVA vorliege.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Verfahrensgang.

2. Beweiswürdigung:

Der im Verfahrensgang dargelegte und der Entscheidung zugrunde gelegte Sachverhalt steht aufgrund der Aktenlage als unstrittig fest.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 414 Abs. 1 ASVG kann gegen Bescheide der Versicherungsträger in Verwaltungssachen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch einen Senat vorgesehen ist. Gemäß § 194 Z 5 GSVG gelten hinsichtlich des Verfahrens zur Durchführung des GSVG die Bestimmungen des Siebenten Teiles des ASVG mit der Maßgabe, dass § 414 Abs. 2 und 3 ASVG nicht anzuwenden ist. Die im ASVG vorgesehene Möglichkeit der Antragstellung auf Entscheidung durch einen Senat kommt daher im Bereich des GSVG nicht zum Tragen, weswegen die Entscheidung jedenfalls durch einen Einzelrichter zu erfolgen hat.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Gegenständlich gelangen folgende maßgebende Rechtsvorschriften zur Anwendung:

Gemäß § 73 Abs. 1 AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen, einen Bescheid zu erlassen.

Gemäß § 8 VwGVG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

Gemäß § 41 Abs. 3 GSVG hat die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, wenn für eine Person auf Grund einer bestimmten Tätigkeit nachträglich statt der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz die Pflichtversicherung nach dem ASVG festgestellt wird, 1. keine Pflichtversicherung für den entsprechenden Zeitraum festzustellen, wenn in diesem Zeitraum keine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt wurde, andernfalls 2. die Beitragsgrundlagen nach § 26 um die auf Grund dieser Tätigkeit festgestellten Beitragsgrundlagen nach dem ASVG (allgemeine Beitragsgrundlage und Sonderzahlungen) zu vermindern. Soweit aus diesem Grund Beiträge zur Pflichtversicherung in der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung zu Ungebühr entrichtet wurden, sind diese an den für die Beitragseinhebung zuständigen Krankenversicherungsträger zu überweisen. Abs. 1 ist nicht anzuwenden. Der zuständige Versicherungsträger hat die überwiesenen Beiträge auf die ihm geschuldeten Beiträge anzurechnen. Übersteigen die anzurechnenden die dem zuständigen Versicherungsträger geschuldeten Beiträge, so ist der Überschuss der versicherten Person durch den zuständigen Versicherungsträger zu erstatten.

Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass die SVA ihre Entscheidungspflicht über einen Antrag auf Überweisung der zu Ungebühr entrichteten Beiträge gemäß § 41 Abs. 3 GSVG idF des Sozialversicherungs-Zuordnungsgesetzes, BGBl. I Nr. 125/2017, verletzt hat.

Die Zulässigkeit einer Säumnisbeschwerde setzt die Säumnis der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde voraus, deren Entscheidungspflicht geltend gemacht wird, und somit die Verpflichtung dieser Behörde, über den bei ihr eingebrachten Antrag mittels Bescheid zu entscheiden (siehe VwGH 24.05.2018, Ro 2017/07/0026; VfGH 02.07.2015, E 657/2015). Fehlt es an der Säumnis der Behörde, so ist die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen (zur Säumnis als Prozessvoraussetzung siehe VwGH 23.08.2017, Ra 2017/11/0150) (VwGH 10.12.2018, Ro 2018/12/0017).

Die Entscheidungspflicht im Sinne des § 73 Abs. 1 AVG, deren Verletzung zur Erhebung eines Devolutionsantrages (nunmehr Säumnisbeschwerde) berechtigt, setzt einen Antrag einer Partei im Verwaltungsverfahren voraus. Jede Partei des Verwaltungsverfahrens hat Anspruch auf Erlassung eines Bescheides, wenn ein Antrag oder eine Berufung offen ist (vgl. hiezu Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), Anm. 3 zu § 73 AVG, S. 1618 f, sowie die auf S. 1637 ff referierte VwGH-Rechtsprechung). Für die Begründung der Entscheidungspflicht kommt es nicht darauf an, ob das Verfahren, in welchem ein Antrag gestellt wurde, von Amts wegen einzuleiten oder fortzusetzen ist. Auch dann, wenn eine Partei einen Antrag stellt, obzwar die Behörde auch von Amts wegen vorzugehen hätte, liegt ein Antrag im Sinne des § 73 Abs. 1 AVG vor (vgl. hiezu VwGH vom 31. Jänner 1995, Zl. 93/07/0123). Vermeint die Behörde, dass keine Sachentscheidung zu fällen ist, so trifft sie dennoch eine Entscheidungspflicht insofern, als sie den Antrag bescheidförmig zurückzuweisen hat (vgl. hiezu Walter/Thienel, a. a. O., S. 1619). Dies gilt jedoch nicht in Fällen, in denen jemand ohne Rechtsanspruch und ohne rechtliches Interesse die Tätigkeit der Behörde in Anspruch nimmt (vgl. hiezu VwGH 3. März 1989, Zl. 88/11/0193) (VwGH 12.10.2007, 2007/05/0017).

§ 41 Abs. 3 GSVG wurde im Rahmen des mit 1. Juli 2017 in Kraft getretenen Sozialversicherungs-Zuordnungsgesetzes insoweit abgeändert, als die Bestimmung nunmehr vorsieht, dass es in Fällen, in denen statt der Pflichtversicherung nach dem GSVG nachträglich die Pflichtversicherung nach dem ASVG festgestellt wird, jedenfalls - also unabhängig von einer vorherigen Leistungserbringung - unter Ausschluss des Rückforderungsrechts der versicherten Person zu einer Überweisung der zu Ungebühr entrichteten Beiträge an den für die Einhebung zuständigen Krankenversicherungsträger zu kommen hat (s. Julcher in Mosler/Müller/Pfeil (Hrsg), Der SV-Komm § 69 ASVG (Stand 1.11.2018, rdb.at) § 69 ASVG Rz 30). Die Überweisung dient der internen Verrechnung zwischen den Sozialversicherungsträgern (Derntl in Sonntag (Hrsg) GSVG7 § 41 Rz 15). Allfällige Überschüsse sind vom zuständigen Versicherungsträger von Amts wegen an die versicherte Person auszuzahlen (1613 BlgNR 25. GP 2).

Ein Rechtsanspruch oder ein rechtliches Interesse des Dienstgebers des Versicherten an der Überweisung der zu Ungebühr entrichteten Beiträge lässt sich aus dem oben Gesagten nicht ableiten, zumal selbst dann, wenn ein Anspruch auf Auszahlung eines allfälligen Überschusses bestünde und dieser nur nach erfolgter Überweisung durch die SVA geltend gemacht werden könnte, die Überweisung (im Wege eines Antrages auf Erstattung des Überschusses) nur von der versicherten Person geltend gemacht werden könnte.

Die SVA hat daher keine Pflicht zur Entscheidung getroffen, sodass eine solche auch nicht verletzt werden konnte.

Damit erweist sich die vorliegende Säumnisbeschwerde als unzulässig und ist sie daher gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG mit Beschluss zurückzuweisen.

Die Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Entscheidung stützt sich auf die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Zulässigkeit von Säumnisbeschwerden (Devolutionsanträgen). Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Entscheidungspflicht, rechtliches Interesse, Rechtsanspruch,
Säumnisbeschwerde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W209.2206446.2.00

Zuletzt aktualisiert am

17.05.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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