TE Bvwg Erkenntnis 2018/6/5 L518 2152316-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.06.2018
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Entscheidungsdatum

05.06.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

L518 2152319-1/51E

L518 2152316-1/45E

schriftliche ausfertigung des am 23.04.2018 mündlich verkündeten erkenntnisses

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Markus STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, vertreten durch MigrantInnnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.03.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 23.04.2018, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF und § 52 Abs. 2 Z 2, § 52 Abs. 9 iVm § 46 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Markus STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, vertreten durch MigrantInnnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.03.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 23.04.2018, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF und § 52 Abs. 2 Z 2, § 52 Abs. 9 iVm § 46 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Die beschwerdeführenden Parteien (in weiterer Folge gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch kurz als bP1 - bP2 bezeichnet), sind Staatsangehörige Georgiens und brachten nach rechtswidriger Einreise in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich am 23.06.2015 bei der belangten Behörde Anträge auf internationalen Schutz ein.

Die minderjährige bP 2 ist das leibliche Kind der bP 1.

Die bP 1 brachte erstbefragt vor, dass sie gemeinsam mit ihrem Sohn, der bP 2 und ihrem Ehegatten aus Georgien ausgereist sei. In der Türkei habe der Ehegatte einen Schlepper für die bP organisiert, für ihn selbst sei es "sich finanziell nicht mehr ausgegangen". Die bP 2 sei seit der Geburt körperlich beeinträchtigt. Die Behandlung in Georgien sei sehr kostspielig gewesen und hätten sie sich die Behandlung nicht mehr leisten können. Deshalb hätten sie sich entschlossen, nach Österreich zu reisen. Andere Gründe hätte sie nicht. Befragt zu ihren Befürchtungen im Falle der Rückkehr gab sie an, dass es in Georgien keine Arbeit gäbe. Sie würden dort verhungern. Weiters könnten sie sich die Behandlung des körperlich beeinträchtigten Sohnes (bP 2) nicht leisten.

Im Rahmen der Befragung vor der belangten Behörde führte die bP 1 zusätzlich aus, dass sie Rückenschmerzen habe und oft Krämpfe durch die Schmerzen bekomme. Sie habe chronische Kopfschmerzen und sei schon bei Ärzten in Österreich gewesen.

Die bP 1 würde in Georgien nicht verfolgt werden, aber sei nach Österreich gekommen, da ihr Kind so krank sei. In Georgien sei die bP 2 ein Einzelgänger gewesen, hätte sich nicht integrieren können und sei diskriminiert worden. Da der Ehemann bei der Nationalpartei gewesen sei, hätte man ihnen die Finanzierung der Behandlungskosten für die bP 2 nicht erstattet. Die Schwiegereltern hätten die bP 2 aufgrund der Erkrankung nicht akzeptiert und sei der Mann auf Seite der Eltern, sonst wäre er nunmehr hier in Österreich. Die bP 2 hätte erst nach Kämpfen der bP 1 einen Platz in einer öffentlichen Schule in Georgien bekommen.

Die Reise hätten sie durch den Verkauf des Autos des Vaters der bP 2 sowie eines von den Großeltern der bP 2 geschenkten Grundstücks finanziert. Bis zur Ausreise hätten die bP bei den Schwiegereltern der bP 1 gelebt. In Österreich habe die bP 2 schon viele Freunde gefunden, sie fühle sich hier sehr wohl und sei glücklich.

Die bP 1 verzichtete auf Einsichtnahme in die Länderfeststellungen.

Die bP legten Geburtsurkunden der bP 1 und bP 2, eine Heiratsurkunde, eine Bestätigung über den Gesundheitszustand der bP 2, ausgestellt von einer medizinischen Ambulanz in Georgien, Ablehnungen der Finanzierung von Rehabilitationskosten aus den Jahren 2013 und 2015 aus Georgien, Unterstützungsschreiben, medizinische Befunde der bP 2 aus Österreich, Befunde der bP 1 und eine Basisuntersuchung des Roten Kreuzes vor.

I.2. Die Anträge der bP auf internationalen Schutz wurden folglich mit Bescheiden der belangten Behörde gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurden gegen die bP Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1a bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise und wurde den Beschwerden gegen die Entscheidungen gemäß § 18 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

I.2.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde das Vorbringen der bP als nicht glaubwürdig bzw. nicht asylrelevant, da die Behandlung der bP 2 in Georgien möglich wäre.

Begründend führte das BFA insbesondere aus, aufgrund der Länderberichte ergebe sich, dass der bP 2 bei einer Rückkehr nach Georgien eine Krankenbehandlung durch das staatliche Gesundheitssystem erhalten werde. Die Gefahr einer Verweigerung der Behandlung aufgrund der Parteizugehörigkeit des Vaters des bP 2 sei nicht glaubhaft. Die bP 1 sei in der Lage, in Georgien einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Der Lebensunterhalt der revisionswerbenden Parteien in Georgien sei gesichert, zumal sie die Unterstützung ihrer in Georgien lebenden Angehörigen in Anspruch nehmen könnten.

I.2.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Georgien traf die belangte Behörde ausführliche, aktuelle Feststellungen mit nachvollziehbaren Quellenangaben.

I.2.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam.

Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK (§§ 55, 10 Abs. 2 AsylG 2005) dar.

I.3. Gegen diesen Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass im Fall einer Rückkehr aufgrund unzureichender faktischer Behandlungsmöglichkeiten unmenschliche und erniedrigende Behandlung der bP 2 gemäß Art. 3 EMRK drohe und auch eine Verletzung des Rechts auf Leben vorläge. Überdies würde die Abschiebung eine Verletzung des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK darstellen.

Die belangte Behörde habe zwar die Erkrankungen der bP 2 der Entscheidung zugrunde gelegt, aber es hätten nicht nur Feststellungen zur Verfügbarkeit der konkret von der bP 2 benötigten Behandlung getroffen werden müssen, sondern wäre auch ein Prüfung dahingehend durchzuführen gewesen, ob im konkreten Fall unter Berücksichtigung der finanziellen Möglichkeiten ein Zugang zur benötigten medizinischen Versorgung gewährleistet ist.

Die Berichte zur medizinischen Versorgung seinen aus dem Jahr 2014 und damit nicht aktuell. Es wurde beantragt, zu ermitteln, ob es hinsichtlich der infantilen Cerebralparese der bP 2 konkrete und finanziell zugängliche Behandlungsmöglichkeiten in Georgien gäbe.

Das Kriterium des Kindeswohls sei überdies nicht berücksichtigt worden.

I.4. Die belangte Behörde reichte mit Schreiben vom 06.04.2017 bei ihr nachträglich eingegangene Unterlagen (Aufenthaltsbestätigung der bP 1 im XXXX am 04.04.2017 und einen Aufruf zur Kundgebung) nach.

I.5. Mit Beschluss vom 10.04.2017 wurde den Beschwerden gegen die bekämpften Bescheide die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

I.6. Den bP wurde mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.04.2017 die bereits von der belangten Behörde verwendete und im Bescheid ohne Quelle zitierte Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 13.02.2017 zu den Behandlungsmöglichkeiten der bP 2 in Georgien mit der Aufforderung, binnen 2 Wochen ab Zustellung eine Stellungnahme abzugeben, zur Kenntnis gebracht.

Weiters wurde die bP aufgefordert, Bescheinigungsmittel vorzulegen, insbesondere was ein etwaiges Privat- und Familienleben betrifft.

I.7. Am 25.04.2017 langte um 12.47 Uhr eine erste Stellungname ein. Ausgeführt wurde, dass die bP 2 hier in Österreich mit dem erhaltenen Rollstuhl mobil sei und diese Möglichkeit in Georgien nicht gegeben gewesen sei. Die bP 2 habe auch seit 3 Wochen eine A-Schiene zu Hause, mit der sie trainieren könne. Wöchentlich werde sie in der Schule physiotherapeutisch behandelt, auch ginge sie einmal wöchentlich zur Psychotherapie und würden diesbezügliche Befunde nachgereicht.

Auch die bP 1 wäre bereist einmal zur Befundung bei einer Psychologin von Hemayat gewesen und werde auch hierzu ein Befund nachgereicht. Sie bemühe sich um die Organisation einer für sie dringend notwendigen Psychotherapie und nehme Antidepressiva ein (Rezept werde nachgereicht).

Beantragt wurde daher ein Gutachten zum psychischen Gesundheitszustand der bP 1 und Ermittlungen dazu, inwieweit die notwendige Behandlung in Georgien verfügbar und leistbar ist.

Die von der bP 1 bereits bekannt gegebenen Krampfanfälle würden sich wieder intensiver darstellen und wäre die bP 1 bemüht, eine EEGbzw. CT-Untersuchung zu erlangen.

Zitiert wurde aus einem Report der georgischen Vereinigung für Kinder und Jugendwohlfahrt, wonach von Seiten des Gemeinwesens für Kinder mit Behinderungen die Angebote unterentwickelt wären und wenn überhaupt nur in großen Städten verfügbar. Auch würden demnach behinderte Kinder in Georgien noch immer schwer stigmatisiert und diskriminiert werden.

Vorgelegt wurde weiters ein Presseartikel über eine Protestaktion vor dem Innenministerium, welche die Integration und das weitreichende soziale Umfeld der bP belege.

Um 17.28 Uhr desselben Tages langte eine weitere Stellungnahme ein. Vorgelegt wurden Zeitungsberichte zur Integration der bP 2 sowie zum Protest der SchulkollegInnen.

I.8. Am 27.04.2017 langte eine weitere Stellungnahme ein. Vorgelegt wurde eine Bestätigung von Hemayat vom 13.04.2017 über einen absolvierten Termin der bP 2 an diesem Tag mit handschriftlichem Vermerk, dass sich die bP 2 auf der Warteliste für Kinder- und Jugendlichentherapie befindet.

I.9. Am Vormittag des 09.05.2017 wurden von den bP ein Befund des Kinderspitals vom 05.05.2017 betreffend bP 2 sowie eine Scheidungsurkunde aus Georgien betreffend bP 1 übermittelt. Der Vater sei weder in der Lage noch willens, seine Vaterrolle wahrzunehmen und fürchte sich die bP 2 darüber hinaus vor dem Vater, da dieser sie misshandelt habe. Die Scheidung am XXXX 2017 stelle den Schlussstrich dar und unterstreiche die fehlende Bindung der bP zu Georgien und dem Kindesvater.

Am Nachmittag des 09.05.2017 wurden zur Integration der bP die Druckausgaben der bereits vorgelegten Online-Berichte aus den Zeitungen "Heute" und "Der Standard" sowie Fotos vom Wiener Kinderlauf im April 2017 vorgelegt.

I.10. Am 26.05.2017 wurden ein Arbeitsvorvertrag der bP 1 ( XXXX Umweltschutzorganisation) und ein Kurzbericht über die Psychotherapie der bP 2 vom 19.05.2017 (Indikation wegen Diagnosen F 43.0 und F 41.1 - besucht Termine regelmäßig) vorgelegt.

I.11. Die vom BVwG in der Folge eingeholten Anfragebeantwortungen betreffend Scheidungsverfahren bei Abwesenheit und Obsorgefeststellung vom 22.06.2017 und betreffend Verfügbarkeit eines Rollstuhles und Kosten für Hilfsmittel vom 22.06.2017 sowie ein Auszug aus dem Länderinformationsblatt Georgien von IOM wurden den bP zur Stellungnahme übermittelt.

I.12. Die entsprechende Stellungnahme langte am 17.07.2017 ein. Ausgeführt wurde im Wesentlichen, dass die Scheidung einvernehmlich durchgeführt wurde und die bP 1 keine weiteren Dokumente hierzu besitze. Aufgrund der gewaltsamen Vorerfahrungen mit dem Vater der bP 2 habe die bP 1 keinerlei Unterhalts- oder Obsorgevereinbarungen getroffen. Die bP würden in Georgien keine Unterstützungsleistungen erhalten.

Beigelegt wurde eine Schulbesuchsbestätigung, eine Bestätigung über die Teilnahme am Wiener Kinderlauf und eine Therapie-Bestätigung betreffend der bP 1 der XXXX vom XXXX .

I.13. Mit Erkenntnissen des BVwG vom 17.08.2017 wurden die Beschwerden der bP vollinhaltich abgewiesen.

I.14. Mit Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) vom 01.03.2018, Ra 2017/19/0418 und Ra 2017/19/0436-13 wurde den außerordentlichen Revisionen der bP nach Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und Gewährung der Verfahrenshilfe stattgegeben und die angefochtenen Erkenntnisse wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften behoben. Dies da trotz nicht unwesentlicher Ergänzungen der tragenden beweiswürdigenden Erwägungen keine mündliche Verhandlung durchgeführt worden ist.

I.15. Für den 23.04.2018 lud das erkennende Gericht die Verfahrensparteien zu einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.

Gemeinsam mit der Ladung wurde - in Ergänzung bzw. Wiederholung zu den bereits bei der belangten Behörde stattgefundenen Belehrungen - ua. hinsichtlich der Obliegenheit zur Mitwirkung im Verfahren manuduziert und wurden die bP aufgefordert, Bescheinigungsmittel vorzulegen.

Die bP legten medizinische Befunde hinsichtlich der bP 1 sowie der bP 2 vor. Weiters wurden Unterstützungsschreiben, Schreiben von Hemayat, Fotos von einer Sportveranstaltung sowie weitere zur Integration der bP, ein Bericht über die Weihnachtsfeier, an der die bP 2 teilnahm, Zeitungsberichte, Auszüge aus dem Internet zur dort vorhandenen Unterstützungsliste für die bP, Unterschriftenlisten, Zeichnungen und Unterstützungsschreiben von SchulkollegInnen der bP 2, Schreiben an das BMI, diverse Unterstützungserklärungen, Einstellungszusage für bP 1 als Raumpflegerin vom XXXX 2018, Vorvertrag vom XXXX 2017 als Assistentin der Verwaltungsabteilung XXXX , Deutschkursteilnahmebestätigungen und Zertifikat B 1 der bP 1 mit nicht bestanden sowie Unterlagen zum Schulbesuch sowie Schulveranstaltungen der bP 2 vorgelegt.

Es wurden zwei Zeugen, unter anderem der nunmehrige Freund der bP 1 einvernommen. Darüber hinaus wurden die Anfragebeantwortungen (vgl. Pkt. I.11. sowie zur Behandelbarkeit von Cerebralparese und Hodenhochstand und das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Georgien - letzte Aktualisierung) erörtert.

Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung wurde das Erkenntnis des BVwG vom selben Tag mündlich verkündet.

Die Beschwerden wurden als unbegründet abgewiesen. Die Revision wurde gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.

Die bP wurden iSd § 29 Abs. 2 a VwGVG über das Recht, binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift eine Ausfertigung gemäß § 29 Abs. 4 zu verlangen bzw. darüber, dass ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 eine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision beim Verwaltungsgerichtshof und der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof darstellt, belehrt.

Nach Verkündung der Erkenntnisse wurde den bP sowie deren rechtsfreundlicher Vertretung eine Ausfertigung der Niederschrift ausgefolgt.

I.16. Am 25.04.2018 langten Anträge auf Ausfertigung der Erkenntnisse gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

II.1.1. Die beschwerdeführenden Parteien

Bei den beschwerdeführenden Parteien handelt es sich um im Herkunftsstaat der Mehrheits- und Titularethnie angehörige Georgier, welche aus einem überwiegend von Georgiern bewohnten Gebiet stammen und sich zum Mehrheitsglauben des Christentums bekennen. Die bP sind damit Drittstaatsangehörige.

Die bP1 ist eine junge, arbeitsfähige Frau mit bestehenden familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat und einer -wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich- gesicherten Existenzgrundlage. Sie hat in Georgien die Grundschule von 1995 bis 2006 besucht, hat lediglich zwei Monate als Reinigungskraft gearbeitet und hat einen Kurs für Masseure gemacht. Im Anschluss an die Geburt der bP 2 war die bP 1 Hausfrau.

Die Pflege und Obsorge der bP 2 ist durch die bP1 gesichert.

Familienangehörige, insbesondere die Eltern, ein Bruder und der Ex-Ehegatte der bP 1 und Vater der bP 2 sowie dessen Eltern leben nach wie vor im Herkunftsstaat der bP. Darüber hinaus leben noch zahlreiche Onkel und Tanten der bP 1 mit ihren Familien in Georgien. Die bP 1 wurde am XXXX .2017 von ihrem Ehegatten in Georgien, mit welchem sie seit XXXX .2006 verheiratet war und in gemeinsamen Haushalt bis zur Ausreise lebte, einvernehmlich geschieden. Die Eltern der bP leben in einem der Familie gehörenden Haus und gehen einem Handel mit Textilien nach.

Die bP 2 leidet seit der Geburt an einer infantilen Cerebralparese (Spastik re Unterarm und Hand, massive Funktionseinschränkungen der Beine), welche in Georgien diagnostiziert wurde. Weiters leidet sie an einer Fehlbildung des Hodens (Hodenhochstand, Pendelhoden). In Österreich wurde am 21.10.2015 ein Rollstuhl mit Einhandantrieb, Schuheinlagen und eine Trainingsschiene verordnet. Die bP 2 erhält in der Schule einmal wöchentlich Physiotherapie und wird ihr von einer Privatperson eine weitere wöchentliche Therapie ermöglicht. Sie wurde am XXXX .2016 stationär im Krankenhaus zur operativen Korrektur des Hodens aufgenommen. Die Reevaluation zeigte die Hoden spannungsfrei im Skrotum und wurde die bP 2 am selben Tag entlassen wobei ihr ein weiterer Operationsterim 2018 in Aussicht gestellt wurde, um die Zeugungsfähigkeit zu erhalten. Nach Zustellung der erstinstanzlichen Entscheidung äußerte die bP 2 Suizidgedanken, war deshalb zur kinderpsychiatrischen Begutachtung am 30.03.2017, hatte am 13.04.2017 eine Stunde einen Termin bei Hemayat und befindet sich seit Mai in Therapie bei Hemayat mit Diagnose F 41.1 (generalisierte Angststörung) und F 43.0 (Anpassungs- und Belastungsstörung). Von 02.05.2017 bis 05.05.2017 befand sich die bP 2 im Krankenhaus wegen Verstopfung und wurde mit ihr und der Mutter eine Ernährungsberatung sowie eine Therapie mit PEG durchgeführt. Die bP 2 wurde in Georgien wegen ihrer Erkrankungen behandelt und erhielt Physiotherapie.

Von 25.04.2018 bis 23.05.2018 wurde der bP 2 in Begleitung der bP 1 ein stationäres Rehabilitationsverfahren in Österreich bewilligt.

Die bP 1 leidet unter Rücken- und Nackenschmerzen (Lumboischialgia bilat., Cervikalsyndrom, Dorsalgie). Sie befand sich von 02.04.2017 bis jedenfalls 04.04.2017 im Krankenhaus in der 4. Medizinische Abteilung mit Gastroenterologie, Hepatologie, Endoskopie und Ambulanz des XXXX . Mit ihr wurde am 30.03.2017 nach Erhalt des negativen erstinstanzlichen Bescheides eine psychologisch-psychotherapeutische Krisenintervention durchgeführt, da sie Suizidäußerungen getätigt hat. Gemäß Schreiben vom 26.06.2017 bzw. zu diesem Zeitpunkt hat sie seit 16.06.2017 an drei Psychotherapiesitzungen teilgenommen und steht damit in psychotherapeutischer Behandlung. Sie wurde am 06.02.2018 wegen Hyperventilation im Krankenhaus behandelt. Aktuell wurden ihr Mirtabene und Levetiracetam verordnet. Ein bei der bP 1 am 10.05.2016 sowie ein im Dezember 2017 durchgeführtes EEG blieben ohne Befund. Auch ein MRT aus Dezember 2017 wegen Verdacht auf eine Läsion des Hippocampus blieb ohne Befund und konnte keine Epilepsie bei der bP 1 festgestellt werden.

Ein von der bP 1 im Jahr 2012 gestellter Antrag auf Finanzierung einer Rehabilitationsbehandlung der bP 2 wurde mit Schreiben des georgischen Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Sozialschutz vom XXXX .2013 abgelehnt. Der vom Vater der bP 2 2014 in Georgien gestellte Antrag auf Finanzierung einer Rehabilitationsbehandlung der bP 2 wurde mit Schreiben des georgischen Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Sozialschutz vom XXXX .2015 abgelehnt.

Sowohl die körperlichen als auch die psychischen Erkrankungen der bP 1 und 2 erreichen kein iSd Art. 3 EMRK relevantes, lebensbedrohendes Niveau und können in Georgien behandelt werden.

Die bP haben über die im gegenständlichen Erkenntnis genannten Mitglieder der Kernfamilie hinausgehend keine relevanten familiären Anknüpfungspunkte in Österreich.

Die bP verfügen in Österreich über keine eigenen, den Lebensunterhalt deckenden Mittel. Sie leben von der Grundversorgung und ist die bP 1 in Österreich in dem Seniorenheim, in welchem sie untergebracht ist, in der Wäscherei für einige Stunden im Rahmen der Asylwerberbeschäftigung sowie auch zeitweise freiwillig tätig. Zwei Einstellungszusagen liegen vor. Die bP 1 hat einen irakischen Freund, welchem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist. Sie leben in keinem gemeinsamen Haushalt.

Die bP sind in Österreich in keinem Verein oder einer sonstigen Organisation Mitglied und verfügen über einen Bekanntenkreis in Österreich. Die bP 1 ist im Elternverein der Schule der bP 2.

Die bP 2 hat in Georgien über Intervention der bP1 die allgemeine, öffentliche Schule besucht und besucht nunmehr seit Herbst 2015 in Österreich eine integrative Schule. Die bP 2 nimmt an schulischen Veranstaltungen teil und ist an drei Tagen pro Woche seit September 2016 im Hortbetrieb.

Die bP 1 hat an Deutschkursen teilgenommen und spricht etwas Deutsch. Die bP sprechen Georgisch, die bP 2 hat aufgrund des Schulbesuches für die Alltagsverwendung ausreichende Deutschkenntnisse.

Für die bP 2 wurde vom Elternverein der Schule eine Kundgebung vor dem Innenministerium organisiert und wurde eine 300 Namen umfassende Unterschriftenliste überreicht.

Die Identität der bP 1 steht fest. Die Identität der bP 2 konnte mangels entsprechendem Ausweises nicht festgestellt werden.

Die bP sind strafrechtlich unbescholten.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass eine Abschiebung in den Herkunftsstaat gemäß § 46 FPG unzulässig wäre.

II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat Georgien

Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es sich bei Georgien um einen sicheren Herkunftsstaat gem. § 19 BFA-VG handelt.

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Georgien werden folgende Feststellungen getroffen:

KI vom 15.11.2017, Gemeinde- und Bürgermeisterwahlen (relevant für Abschnitt 2/ Politische Lage)

Am 21.10. und 12.11.2017 fanden Gemeinde- und Bürgermeisterwahlen statt. In der ersten Runde am 21.10.2017 gewann die Regierungspartei, Georgischer Traum, in allen Wahlkreisen und sicherte sich 63 von 64 Bürgermeisterämter, darunter in der Hauptstadt Tiflis (RFE/RL 12.11.2017). Das Parteienbündnis des Georgischen Traums erhielt landesweit im Durchschnitt 55,7% der Wählerstimmen. Die führende Oppositionspartei, die Vereinte Nationale Bewegung, erhielt als zweitstärkste Kraft 17,1%. Die Wahlbeteiligung fiel mit 45,6% verhältnismäßig schwach aus (GA 23.10.2017). Bei der Bügermeisterstichwahl am 12.11.2017 gewannen in fünf der sechs ausstehenden Städte ebenfalls die Kandidaten des Georgischen Traums. Nur in Ozurgeti siegte ein unabhängiger Kandidat (Civil.ge 13.11.2017).

Laut der OSCE-Wahlbeobachtungsmission untergrub zwischen den beiden Wahlrunden die hohe Zahl von Beschwerden, die aus verfahrensrechtlichen oder formalistischen Gründen abgewiesen wurden, das Recht der Kandidaten und Wähler auf wirksame Rechtsmittel und somit das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Streitbeilegung. Der Wahltag verlief reibungslos und professionell, wobei die Stimmabgabe, die Auszählung und das Wahlermittlungsverfahren von Beobachtern positiv beurteilt wurden, obwohl Hinweise auf mögliche Einschüchterungen und Druck auf die Wähler Anlass zur Besorgnis gaben (OSCE 13.11.2017).

Quellen:

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Civil.ge (13.11.2017): GDDG Wins Most Mayoral Runoff Races, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=30622, Zugriff 15.11.2017

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Georgien Aktuelle (23.10.2017): Regierungsbündnis "Georgischer Traum" setzt sich bei Regionalwahlen durch, http://georgien-aktuell.info/de/politik/innenpolitik/article/13321-regionalwahlen, Zugriff 15.11.2017

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OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-Operation in Europe/ Office for Democratic Institutions and Human Rights (13.11.2017):

Election Observation Mission Georgia, Local Elections, Second Round, 12 November 2017,

http://www.osce.org/odihr/elections/georgia/356146?download=true, Zugriff 15.11.2017

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Radio Free Europe/Radio Liberty (12.11.2017): Georgians In Six Municipalities Vote In Local Election Runoffs, https://www.rferl.org/a/georgia-local-elections-second-round/28849358.html, Zugriff 15.11.2017

Politische Lage

In Georgien leben mit Stand 1.1.2016 laut georgischem Statistikamt 3,72 Mio. Menschen. 2014 waren es noch rund 4,49 Mio. Menschen auf

69.700 km² (GeoStat 2017).

Georgien ist eine demokratische Republik. Das politische System hat sich durch die Verfassungsreform 2013 von einer semi-präsidentiellen zu einer parlamentarischen Demokratie gewandelt, (AA 11.2016a). Staatspräsident ist seit 17.11.2013 Giorgi Margvelashvili (RFE/RL 17.11.2013). Regierungschef ist seit dem überraschenden Rücktritt von Irakli Garibaschwili Giorgi Kvirikashvili (seit 29.12.2015) (RFE/RL 29.12.2015). Beide gehören der Partei bzw. dem Parteienbündnis "Georgischer Traum" an.

Georgien besitzt ein Einkammerparlament mit 150 Sitzen, das durch eine Kombination aus Verhältnis- und Mehrheitswahlrecht für vier Jahre gewählt wird. Am 8.10. und 30.10.2016 fanden Parlamentswahlen in Georgien statt. Die bislang regierende Partei, "Georgischer Traum", sicherte sich die Verfassungsmehrheit, indem sie 115 der 150 Sitze im Parlament gewann. Die "Vereinigte Nationale Bewegung" (UNM) des Expräsidenten Mikheil Saakashvili errang 27 und die "Allianz der Patrioten Georgiens" (APG) sechs Sitze (RFE/RL 1.11.2016). Mit der APG, die im ersten Wahlgang am 8.10.2016 knapp die Fünf-Prozent-Hürde schaffte, ist erstmals eine pro-russische Partei im Parlament vertreten. In der notwendigen Stichwahl am 30.10.2016 in 50 Wahlkreisen, die nach dem Mehrheitswahlrecht bestimmt werden, gewann der "Georgische Traum" 48 Wahlkreise (Standard 31.10.2016). Die übrigen zwei Sitze gingen jeweils an einen unabhängigen Kandidaten und einen Vertreter der "Partei der Industriellen" (VK 31.10.2016).

Die Wahlbeobachtungsmission der OSZE bewertete gemeinsam mit anderen internationalen Beobachtern die Stichwahl als kompetitiv und in einer Weise administriert, die die Rechte der Kandidaten und Wähler respektierte. Allerdings wurde das Prinzip der Transparenz sowie das Recht auf angemessene Rechtsmittel bei der Untersuchung und Beurteilung von Disputen durch die Wahlkommissionen und Gerichte oft nicht respektiert (OSCE/ODIHR u.a. 30.10.2016). Transparency International - Georgia beurteilte den Wahlgang als ruhig. Obgleich 70 relativ ernsthafte prozedurale Verstöße festgestellt wurden, hatten diese keinen entscheidenden Einfluss auf den Wahlausgang (TI-G 31.10.2016).

Die Opposition warf dem Regierungslager Wahlmanipulationen vor. Unter anderem sollen Wähler unter Druck gesetzt und Stimmen gekauft worden (Standard 31.10.2016, vgl. CK 31.10.2016).

Bei der Präsidentschaftswahl im Oktober 2013 konnte sich der Kandidat von "Georgischer Traum", Georgi Margwelaschwili, mit klarer Mehrheit bereits im ersten Wahldurchgang gegen den Wunschkandidaten des amtierenden Präsidenten Michail Saakaschwili (Vereinte Nationale Bewegung), durchsetzen. Saakaschwili, zuletzt umstritten, durfte nach zwei Amtszeiten laut Verfassung nicht mehr zur Wahl antreten. Diese Wahl brachte den ersten demokratischen Machtwechsel an der georgischen Staatsspitze seit dem Zerfall der Sowjetunion (FAZ 27.10.2013).

Die Regierungspartei "Georgischer Traum" sicherte sich infolge eines überwältigenden Sieges bei den Gemeinderatswahlen im Sommer 2014 die Kontrolle über die lokalen Selbstverwaltungskörperschaften. Medien und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) berichteten, dass es im Vorwahlkampf angeblich Druck auf oppositionelle Kandidaten gab, ihre Kandidatur zurückzuziehen. Überdies sei es zu Störungen von Versammlungen der Opposition und zu etlichen Vorfällen von Gewalt gegen Wahlaktivisten gekommen. Obschon diese den Behörden bekannt waren, blieb eine amtliche Verfolgung aus (HRW 29.1.2015).

Am 27.6.2014 unterzeichneten die EU und Georgien ein Assoziierungsabkommen. Das Abkommen soll Georgien in den Binnenmarkt integrieren, wobei die Prioritäten in der Zusammenarbeit in Bereichen wie Außen- und Sicherheitspolitik sowie Justiz und Sicherheit liegen. Russland sah sich hierdurch veranlasst, seinen Druck auf die Regierung in Tiflis zu erhöhen. Am 24. November 2014 unterzeichneten Russland und das abtrünnige georgische Gebiet Abchasien eine Vereinbarung über eine "strategische Partnerschaft", mit der Moskau seine militärische und wirtschaftliche Kontrolle in Abchasien erheblich ausweitete (EP 5.12.2014).

Die EU würdigte im Juni 2016 im Rahmen ihrer Globalen Strategie zur Europäischen Außen- und Sicherheitspolitik die Rolle Georgiens als friedliche und stabile Demokratie in der Region. Am 1.7.2016 trat das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Georgien in Kraft, wodurch laut der EU die politische Assoziierung und wirtschaftliche Integration zwischen Georgien und der Union merkbar gestärkt werden. Georgien hat seine Demokratie und Rechtsstaatlichkeit konsolidiert und die Respektierung der Menschenrechte, der Grundfreiheiten sowie der Anti-Diskriminierung gestärkt (EC 25.11.2016).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (11.2016a): Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Georgien/Innenpolitik_node.html, Zugriff 20.3.2017

* CK - Caucasian Knot (31.10.2016): In Georgia, "UNM" Party claims mass violations at elections,

http://www.eng.kavkaz-uzel.eu/articles/37376/, Zugriff 21.2.2017

* Der Standard (31.10.2016): Regierungspartei kann Georgien im Alleingang regieren,

http://derstandard.at/2000046738001/Wahlsieg-von-Regierungspartei-in-Georgien-in-zweiter-Runde-bestaetigt, Zugriff 21.2.2017

* EC - European Commission (25.11.2016): Association Implementation Report on Georgia [SWD (2016) 423 final], https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/1_en_jswd_georgia.pdf, Zugriff 21.2.2017

* EP - Europäisches Parlament (5.12.2014): Assoziierungsabkommen EU-Georgien,

http://www.europarl.europa.eu/EPRS/EPRS-AaG-542175-EU-Georgia-Association-Agreement-DE.pdf, Zugriff 21.2.2017

* FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (27.10.2013): Georgi Margwelaschwili gewinnt mit klarer Mehrheit, http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/europa/praesidentschaftswahl-in-georgien-georgi-margwelaschwili-gewinnt-mit-klarer-mehrheit-12636443.html, Zugriff 21.2.2017

* GeoStat - National Statistics Office of Georgia (2017):

population,

http://www.geostat.ge/index.php?action=page&p_id=473&lang=eng, Zugriff 21.2.2017

* HRW - Human Rights Watch (29.1.2015): World Report 2015 - Georgia, http://www.ecoi.net/local_link/295489/430521_de.html, Zugriff 21.2.2017

* IFES - International Foundation for Electoral Systems (9.3.2015a):

Election Guide, Democracy Assistance & Elections News - Georgia, http://www.electionguide.org/elections/id/2287/, Zugriff 10.11.2015

* OSCE/ODIHR u.a. - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights, European Parliament, OSCE Parliamentary Assembly, Parliamentary Assembly of the Council of Europe (30.10.2016): International Election Observation Mission, Georgia - Parliamentary Elections, Second Round - Statement of Preliminary Findings and Conclusions, Preliminary Conclusions,

http://www.osce.org/odihr/elections/georgia/278146?download=true, Zugriff 21.2.2017

* RFE/RL - Radio Free Europe / Radio Liberty (17.11.2013):

Margvelashvili Sworn In As Georgia's New President, http://www.rferl.org/content/georgia-president-inauguration/25170650.html, Zugriff 21.2.2017

* RFE/RL - Radio Free Europe / Radio Liberty (29.12.2015): Giorgi Kvirikashvili Confirmed As Georgia's New Premier, http://www.rferl.org/content/georgian-parliament-vote-kvirikashvili-government-december-29/27454801.html, Zugriff 21.2.2017

* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (1.11.2016): Georgia's Ruling Party Wins Constitutional Majority, http://www.rferl.org/a/georgia-elections-second-round-georgian-dream-super-majority/28085474.html, Zugriff 21.2.2017

* TI-G - Transparency International - Georgia (31.10.2016):

Assessment of the 2016 Parliamentary runoff elections, http://www.transparency.ge/en/blog/assessment-2016-parliamentary-runoff-elections, Zugriff 21.2.2017

* Vestnik Kavkaza (31.10.2016): Georgian Dream wins 48 districts out of 50,

http://vestnikkavkaza.net/news/Georgian-Dream-wins-48-districts-out-of-50.html, Zugriff 21.2.2017

Sicherheitslage

Die Lage in Georgien ist - mit Ausnahme der Konfliktgebiete Abchasien und Südossetien - insgesamt ruhig. Beide genannte Gebiete befinden sich nicht unter der Kontrolle der Regierung in Tiflis. In den Gebieten und an ihren Verwaltungsgrenzen sind russische Truppen stationiert (AA 20.3.2017a).

Im Zuge der Auflösung der UdSSR erhöhten sich die Spannungen innerhalb Georgiens in den Gebieten Abchasien und Südossetien, als der autonome Status der Provinzen von georgischen Nationalisten in Frage gestellt wurde. Nach der georgischen Unabhängigkeit führten heftige Auseinandersetzungen mit der Zentralregierung 1992 zu Unabhängigkeitserklärungen Südossetiens und Abchasiens, die aber von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt wurden. Der Einfluss des nördlichen Nachbarlandes wuchs kontinuierlich, unter anderem durch Ausgabe russischer Pässe an die abchasische und südossetische Bevölkerung. Nach zahlreichen blutigen Zwischenfällen und Provokationen aller Seiten eskalierte der Konflikt um Südossetien am 7. August 2008 nach einem Vorstoß georgischer Truppen in die südossetische Hauptstadt Tskhinvali zu einem georgisch-russischen Krieg, der nach fünf Tagen durch einen von der EU vermittelten Waffenstillstand beendet wurde. Am 26. August 2008 erkannte Russland Abchasien und Südossetien, einseitig und unter Verletzung des völkerrechtlichen Prinzips der territorialen Integrität Georgiens, als unabhängige Staaten an und schloss wenig später mit diesen Freundschaftsverträge ab, die auch die Stationierung russischer Truppen in den Gebieten vorsehen. Infolge des Krieges wurden nach Schätzungen internationaler Hilfsorganisationen bis zu 138.000 Personen vorübergehend zu Vertriebenen und Flüchtlingen. Etwa 30.000 Georgier aus Südossetien konnten bis heute nicht in ihre Heimat zurückkehren. Die zivile EU-Beobachtermission EUMM nahm Anfang Oktober 2008 in Georgien ihre Arbeit auf. Das OSZE-Mandat lief Ende 2008 aus, UNOMIG endete im Juni 2009. EUMM ist damit die einzige verbliebene internationale Präsenz zur Stabilisierung in Georgien (AA 11.2016b).

Ein wichtiges diplomatisches Instrument zur Deeskalation des Konflikts sind die sogenannten "Geneva International Discussions - GID" (Genfer Internationale Gespräche). Diese finden seit 2008 unter Beteiligung der involvierten Konfliktparteien unter dem gemeinsamen Vorsitz von Vertretern der Vereinten Nationen, der Europäischen Union und der OSZE statt. Aus den Genfer Gesprächen resultierte der "Incident Prevention and Response Mechanism (IPRM)" sowie die Involvierung der EUMM, sodass die lokalen Sicherheitsbehörden der Konfliktparteien vor Ort in Kontakt treten können bzw. ihnen die Möglichkeit zum Dialog eröffnet wird (OSCE 6.11.2014).

Abchasien und Südossetien bleiben außerhalb der Kontrolle der Zentralregierung und werden von mehreren tausend russischen Truppen und Grenzpolizisten unterstützt. Russische Grenzschutzbeamte beschränken die Bewegung der örtlichen Bevölkerung. Die Behörden beschränken die Rechte, vor allem von ethnischen Georgiern, am politischen Prozess teilzuhaben, in Eigentumsfragen oder bei der Registrierung von Unternehmen. Überdies ist die Reisefreiheit eingeschränkt. Die südossetischen Behörden verweigern den meisten ethnischen Georgien, die während und nach dem Krieg von 2008 vertrieben wurden, nach Südossetien zurückzukehren. Die Behörden erlauben den meisten internationalen Organisationen keinen regelmäßigen Zugang zu Südossetien, um humanitäre Hilfe zu leisten. Die Russische "Grenzziehung" der administrativen Grenzen der besetzten Gebiete setzte sich während des Jahres fort, trennte die Bewohner aus ihren Gemeinden und untergrub ihren Lebensunterhalt (USDOS 3.3.2017).

Die Vereinten Nationen zeigten sich Ende Jänner 2017 besorgt darüber, dass die angekündigten Schließungen von Grenzübertrittsstellen seitens der abchasischen Behörden negative Konsequenzen für die Bevölkerung beidseits der administrativen Grenze haben werden. Für die Menschen in Abchasien wird es schwieriger sein, auf grundlegende Dienstleistungen wie Gesundheitswesen und Bildung in Georgien zurückzugreifen und an Wirtschaftsaktivitäten und gesellschaftlichen Veranstaltungen jenseits der Grenze teilzunehmen. Auch wird der Zugang zu Schulbildung für Kinder mit georgischer Muttersprache, die aus Abchasien kommend die Grenze nach Georgien überqueren, behindert (UN 26.1.2017).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (20.3.2017a): Georgien, Reise- und Sicherheitshinweise,

http://www.auswaertiges-amt.de/sid_8108DEE44ECFAF67827A2F89BA2ACDB3/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/GeorgienSicherheit_node.html, Zugriff 20.3.2017

* AA - Auswärtiges Amt (11.2016b): Staatsaufbau/Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Georgien/Innenpolitik_node.html, Zugriff 20.3.2017

* OSCE - Organization for Security and Co-operation in Europe (6.11.2014): Geneva International Discussions remain unique and indispensable forum, Co-chairs tell OSCE Permanent Council, http://www.osce.org/cio/126442, Zugriff 21.2.2017

* UN - United Nations in Georgia (27.1.2017): Statement of Niels Scott, Resident Coordinator, on behalf of the United Nations Country Team regarding announced closure of crossing points along the Inguri River,

http://www.ungeorgia.ge/eng/news_center/media_releases?info_id=507, Zugriff 22.2.2017

* USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016,

http://www.ecoi.net/local_link/337143/466903_en.html, 17.3.2017

Rechtsschutz / Justizwesen

Georgien unternimmt Anstrengungen, sich bei der Rechtsreform und der Wahrung der Menschen- und Minderheitenrechte den Standards des Europarats anzupassen. 1996 wurde ein Verfassungsgericht eingerichtet, 1997 die Todesstrafe abgeschafft und 2007 die Abschaffung der Todesstrafe in der Verfassung verankert. In den Jahren seit der "Rosenrevolution" 2003/2004 hat Georgien anerkennenswerte Fortschritte bei der Polizeireform, dem erfolgreichen Kampf gegen die "Kleine Korruption" (Korruption im alltäglichen Umgang), der Reform der Steuergesetzgebung und der Verbesserung der Investitionsbedingungen erzielt. Im Rahmen der Justizreform wurde der Instanzenzug neu geregelt und eine radikale Verjüngung der Richterschaft durchgesetzt (AA 11.2016b).

Fortschritte sind insbesondere im Justizwesen und Strafvollzug zu erkennen, wo inzwischen eine unmenschliche Behandlung (auch Folter), die in der Vergangenheit durchaus systemisch vorhanden war, in aller Regel nicht mehr festgestellt werden kann. Der Aufbau eines unabhängigen und nach rechtsstaatlichen Grundsätzen handelnden Justizwesens gehört zu den wichtigsten Zielen der aktuellen Regierung. Zwei Reformwellen wurden bereits durchgeführt, die dritte Reformwelle steht seit einiger Zeit bevor. Sie betrifft insbesondere die unparteiische Zuteilung von Rechtsfällen an Richter und die Ernennung von Richtern aufgrund von Qualifikation und Eignung in einem transparenten Verfahren. Sehr aktive NGOs und der unabhängige Ombudsmann beobachten diesen Prozess aufmerksam (AA 10.11.2016).

Das dritte Paket an Gesetzesänderungen, das den anhaltenden Mangel an Transparenz im Justiz-Management bereinigen soll, wozu auch die Rechenschaftspflicht des Hohen Rates der Justiz sowie die zufällige Zuweisung von Fällen gehören, konnte laut Europäischer Kommission zwar Fortschritte verzeichnen, ist jedoch noch nicht vollständig angenommen worden. Die Begründungen für das Abhalten von geschlossenen oder öffentlichen Anhörungen werden nicht immer richtig kommuniziert. Die Transparenz bei der Zuteilung von Fällen, bei der Auswahl der Richteranwärter und der Gerichtsverwalter ist nicht vollständig gewährleistet. Der Umgang mit Disziplinarverfahren erfordert eine Stärkung. Die Mehrheit der Richter hat keine dauerhafte Amtszeit und die umstrittene dreijährige Probezeit für Richter besteht weiterhin. Die Justiz ist immer noch ernsthaft unterbesetzt und der Aktenrückstand steigt (EC 25.11.2016).

Kritisch betrachtet werden muss weiterhin die starke Neigung von Politikern, Richtern bei Gerichtsentscheidungen in brisanten Fällen eine vorrangig politische Motivation zu unterstellen und ggf. gesetzliche Änderungen vorzuschlagen. Politisch motivierte Strafverfolgung war bis 2012 erkennbar und erfolgte in der Regel durch Vorwürfe von Korruption, Amtsmissbrauch oder Steuervergehen. Nach dem Regierungswechsel wurden 190 in Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft als politische Gefangene erklärte Häftlinge entlassen. Seit 2012 laufende Ermittlungen und teilweise schon mit rechtskräftigen Urteilen abgeschlossene Strafverfahren gegen hochrangige Mitglieder und nachgeordnete Mitarbeiter der ehemaligen Regierung werden aus Sicht des [deutschen] Auswärtigen Amtes nicht als politisch motiviert eingeschätzt, sondern sind Teil der erforderlichen juristischen Aufarbeitung der rechtswidrigen bzw. strafrechtlich relevanten Handlungen der Vorgängerregierung. Die Tatsache, dass Gerichte hierbei nicht immer den Anträgen der Staatsanwaltschaft folgen, zeigt eine wachsende Unabhängigkeit der Justiz und deutliche Grenzen für eine etwaige politische Zielsetzung der Verfahren (AA 10.11.2016).

Freedom House bewertete Anfang 2016 die Einmischung der Regierung und der Legislative in die Justiz weiterhin als erhebliches Problem, obwohl sich die gerichtliche Transparenz und die Rechenschaftspflicht in den letzten Jahren verbessert haben, letztere zum Teil aufgrund des verstärkten Medienzugangs zu den Gerichtssälen. Menschenrechtsorganisationen haben konsequent die Praxis der Staatsanwaltschaft kritisiert, wiederholt neue Anklagen gegen Gefangene einzureichen, um ihre Zeit in der Untersuchungshaft zu verlängern, eine Vorgehensweise, die durch eine Diskrepanz zwischen dem Strafgesetzbuch und der Verfassung möglich gemacht wird. Im September 2015 allerdings befand das Verfassungsgericht im Fall des ehem. Bürgermeisters von Tiflis, Ugulava, diese Praxis der Verlängerung der Untersuchungshaft als verfassungswidrig, weil die verfassungsmäßige Grenze von neun Monaten nicht überschritten werden darf. Ugulava gehörte zu zahlreichen ehemaligen UNM-Vertretern, die seit 2012 mit Strafprozessen konfrontiert wurden, was Fragen über den politischen Einflussnahme auf den Staatsanwalt aufwarf (FH 27.1.2016).

Während viele der Richter bemerkenswerte Anstrengungen unternahmen, ihr Niveau dadurch zu verbessern, indem sie ihren Entscheidungen mehr Substanz verliehen, besonders bei hochkarätigen Fällen, bleibt die Staatsanwaltschaft das schwächste Glied im Justizbereich. Bis 2012 war die Staatsanwaltschaft ein Teil der Exekutive, und die Gerichte waren bis zu einem gewissen Grad von der Exekutive abhängig. Die Staatsanwälte haben sich mittlerweile daran gewöhnt, ihren Vorbringen eine adäquate Qualität zu verleihen. Nur bei wenigen Gelegenheiten scheinen sie zurückhaltend zu sein. Nach der Trennung der Staatsanwaltschaft vom Justizministerium wurde allerdings keine Aufsichtsbehörde für die Staatsanwaltschaft institutionalisiert. Dieser Umstand beschädigt potentiell den Ruf des gesamten Justizsystems. Die Staatsanwaltschaft hat mehr als 4.000 Anträge von Opfern angeblicher Folter, unmenschlicher Behandlung oder Zwang erhalten, sowie von Personen, welche gezwungen wurden, ihr Eigentum während der Herrschaft von Mikheil Saakaschwili aufzugeben. Seit 2012 stellt der Umfang der Strafverfahren gegen die ehemalige Führung eine Herausforderung für die aktuelle Regierung dar. Ihr wird vorgeworfen, politisch motivierte Untersuchungen einzuleiten bzw. Gerichtsprozesse zu führen. Gleichzeitig wird die Staatsanwaltschaft oft kritisiert, weil sie nicht die Fälle von Beamten untersucht hat, die ihre Befugnisse überschritten haben, oder von Polizisten, die gegen das Gesetz verstoßen haben oder von Menschen, die behaupten, im Gefängnis misshandelt worden zu sein. Als Reaktion auf diese Situation hat die Staatsanwaltschaft ihre Absicht bekundet, eine neue Abteilung zu schaffen, die im Rahmen von Gerichtsverfahren begangene Straftaten untersuchen wird (BTI 1.2016).

Das georgische Strafrecht mit dem ursprünglichen Ansatz einer "zero tolerance policy" zeigte eine enorm hohe Verurteilungsrate von 99%, mitunter wegen konstruierter Straftaten, sowie hohe Haftstrafen. Mit dem Regierungswechsel 2012/13 erfolgte eine kontinuierliche Liberalisierung des Strafrechts durch Reduzierung der Strafmaße, aber auch eine erkennbar geringere Verurteilungsrate; diese ist auf eine stärkere Emanzipierung der Richterschaft von den Anträgen der Staatsanwaltschaft zurückzuführen, aber auch auf eine Stärkung der Rechte der Verteidigung im Strafprozess (AA 10.11.2016).

Am 12.1.2016 präsentierte der Menschenrechtskommissar des Europarats, Nils Muižnieks, seine Beobachtungen zur Menschenrechtslage in Georgien. Mehrere Gesprächspartner wiesen auf die Mängel bei der Auswahl, Ernennung und Versetzung von Richtern hin. Versetzungen und Beförderungen von Richtern scheinen nicht durch spezifische Regeln und Kriterien reguliert zu sein, was die diesbezüglichen Entscheidungen als willkürlich erscheinen lässt und folglich das öffentliche Vertrauen in die Justiz untergräbt. Der Menschenrechtskommissar empfahl die diesbezügliche Umsetzung der Empfehlungen der Venediger Kommission und des Direktorats für Menschenrechte des Europarats (DHR) aus dem Jahr 2014. Überdies empfahl er, dass die Gerichtsfälle nach dem Zufallsprinzip den Richtern zugeteilt werden. Denn es gab Befürchtungen, dass prominente Fälle Richtern zugeteilt wurden, die als loyal zur Regierung gelten. Überdies sah der Menschenrechtskommissar die geltende dreijährige Probezeit für Richter als bedenklich an, weil letztere hierdurch anfälliger gegenüber einer möglichen Druckausübung sind. Auch in diesem Punkt empfahl Muižnieks die Umsetzung der Empfehlungen der Venediger Kommission und des DHR, welche die Abschaffung der Probezeit für Richter vorsahen. Dem Menschenrechtskommissar wurden Berichte zuteil, wonach es wiederholt zu Drohungen und Einschüchterungen von Verfassungsrichtern kam. So beispielsweise im Fall "Ugulava [ehem. Bürgermeister von Tiflis] gegen das Parlament Georgiens". Richter und deren Familienmitglieder wurden von Bürgern bedrängt, die sich vor den Privathäusern der Richter versammelten und u.a. mit physischer Gewalt drohten (CoE-CommHR 12.1.2016).

Am 21.7.2016 erklärte der Vorsitzende des Verfassungsgerichts, dass einige Richter des Gerichtshofes von den Behörden unter Druck gesetzt worden seien, in mehreren hochkarätigen Fällen Urteile zu verschieben oder zugunsten Angeklagten zu entscheiden. Staatsanwälte haben am 1.8.2016 darauf reagiert und eine Untersuchung zu den Vorwürfen eingeleitet (AI 22.2.2017).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (10.11.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

* AA - Auswärtiges Amt (11.2016b): Staatsaufbau/Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Georgien/Innenpolitik_node.html, Zugriff 20.3.2017

* AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Georgia, http://www.ecoi.net/local_link/336488/466107_en.html, Zugriff 27.2.2017

* BTI - Bertelsmann Stiftung (1.2016), BTI 2016 - Georgia Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Georgia.pdf, Zugriff 24.2.2017

* CoE-CommHR - Commissioner for Human Rights of the Council of Europe (12.1.2016): Observations on the human rights situation in Georgia: An update on justice reforms, tolerance and non-discrimination [CommDH(2016)2], https://rm.coe.int/CoERMPublicCommonSearchServices/DisplayDCTMContent?coeReference=CommDH(2016)2, Zugirff 27.2.2017

* EC - European Commission (25.11.2016): Association Implementation Report on Georgia [SWD (2016) 423 final], https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/1_en_jswd_georgia.pdf, Zugriff 24.2.2017

* FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World 2016 - Georgia, http://www.ecoi.net/local_link/327696/454796_en.html, Zugriff 27.2.2017

Sicherheitsbehörden

Umfangreicher Personalaustausch insbesondere in den Behördenleitungen, die begonnene juristische Aufarbeitung sowie Reformen in Polizei und erkennbare Verbesserungen im Strafvollzug, inklusive radikaler Veränderungen im Gefängnismanagement, haben Vorfälle von Gewaltanwendung überaus deutlich reduziert, ein systemischer Charakter ist nicht mehr feststellbar. Ombudsmann und zivilgesellschaftliche Organisationen sprechen bekannt werdende Vorfälle von Gewaltanwendung und ggf. unzureichend betriebene Ermittlungen öffentlich an (AA 10.11.2016).

Im Verlaufe des Jahres 2016 gab es keine Berichte, dass Mitglieder der Sicherheitskräfte unter Straflosigkeit Missbrauch begangen haben. Der Ombudsmann dokumentierte Fälle von übermäßigem Einsatz von Gewalt durch die Polizei. Laut Innenministerium wurden zwischen Jänner und Juli 2016 rund 1.300 Disziplinarverfahren eingeleitet. 23 Fälle sind dem Generalstaatsanwalt zu Ermittlungen überreicht worden, wobei zehn Fälle mit einer Verurteilung endeten (USDOS 3.3.2017).

Angesichts der Sorge in Bezug auf Folter, Misshandlungen und andere Missbräuche durch die Strafverfolgungsbeamten hat die Regierung keine Gesetzgebung geschaffen, die einen unabhängigen Untersuchungsmechanismus für Menschenrechtsverletzungen vorsieht, die von Strafverfolgungsbehörden begangen wurden (AI 22.2.2017).

Dem Menschenrechtskommissar des Europarates wurden alarmierende Fälle von Polizeigewalt im Speziellen au

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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