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L34009 Abgabenordnung Wien;Norm
AVG §58 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des F, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W & Partner KEG in A, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Stadt Wien vom 9. September 1997, Zl. MD-VfR - D 11-13/97, betreffend Parkometerabgabe, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Magistrat der Stadt Wien schrieb dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 31. Oktober 1996 die Parkometerabgabe in der Höhe von S 138,--, mit Bescheid vom 15. November 1996 die Parkometerabgabe in der Höhe von S 240,-- und mit weiterem Bescheid vom 15. November 1996 die Parkometerabgabe in der Höhe von S 132,-- vor. In den Begründungen der Bescheide heißt es, gemäß § 1 Abs. 3 des Parkometergesetzes seien zur Entrichtung der Abgabe der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer eines PKW zur ungeteilten Hand verpflichtet. Der Beschwerdeführer sei im Zeitpunkt der Entstehung der Abgabenschuld Zulassungsbesitzer gewesen und daher ergehe an ihn die Abgabenvorschreibung.
In den gegen diese Bescheide erhobenen Berufungen brachte der Beschwerdeführer vor, er sei Inhaber eines Autovermietunternehmens. Er gab den Namen und die Adresse der Mieter der Fahrzeuge im jeweiligen Abgabenzeitraum bekannt und übermittelte die betreffenden Mietverträge in Ablichtung.
In weiteren Eingaben brachte der Beschwerdeführer vor, das Unternehmen vermiete die PKW und der Beschwerdeführer könne nicht wissen, ob die PKW in den genannten Zeiträumen auch wirklich dort gestanden hätten. Er könne nicht von den Kunden etwas einkassieren, wofür er nicht einmal einen Beweis erbracht bekommen habe. Er ersuchte um Auskunft, wie die Behörde beweise, dass die PKW dort in den in Frage kommenden Zeiträumen gestanden hätten.
In zwei der drei Fälle bestritt der vom Magistrat der Stadt Wien zur Beweiserhebung als "Zeuge" geladene Mieter des PKW in einem Schreiben die ihm "vorgehaltenen Delikte".
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gegen die Bescheide als unbegründet ab. Dies mit der Begründung, die behördlichen Feststellungen über die Abstellorte und die Abstelldauer seien vom Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellt worden. Das Vorbringen, die Abgaben den jeweiligen Lenkern vorzuschreiben, vermöge die Verpflichtung zur Entrichtung der Parkometerabgabe nicht zu beseitigen. Das Entstehen der Abgabenverpflichtung knüpfe nicht an ein Verschulden des Zulassungsbesitzers des Kraftfahrzeuges an. Die Abgabepflicht entstehe gemäß § 1 Parkometergesetz bereits auf Grund der Tatsache des Zulassungsbesitzes und des Abstellens des Kraftfahrzeuges in den gebührenpflichtigen Kurzparkzonen. Es erscheine keineswegs unbillig, wenn die Behörde den Zulassungsbesitzer zur Entrichtung der Abgabe heranziehe, selbst wenn er das Kraftfahrzeug nachweislich vermietet habe, da allein auf Grund der Tatsache der Vermietung der Lenker des Kraftfahrzeuges zum Abstellzeitpunkt keineswegs sicher sein müsse. Es stehe dem Zulassungsbesitzer selbstverständlich frei im Regressweg vom Mieter des Kraftfahrzeuges diese Abgaben einzufordern.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst vor ihm erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 2. März 1998, B 2808/97-5, ab und trat die Beschwerde mit weiterem Beschluss vom 28. April 1998, B 2808/97-7, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Nichtheranziehung zur Entrichtung der Parkometerabgabe verletzt und macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Abgabenvorschreibung erging an den Beschwerdeführer als den Zulassungsbesitzer der PKW.
Gemäß § 1 Abs. 3 des Parkometergesetzes sind zur Entrichtung der Abgabe der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet.
Demnach sind der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer Gesamtschuldner der Parkometerabgabe. Die Inanspruchnahme von Gesamtschuldnern liegt im Abgabenrecht im Ermessen des Abgabengläubigers (vgl. hg. Erkenntnis vom 17. November 1993, Zl. 93/17/0084).
Es liegt im Ermessen der Behörde, ob sie das Leistungsgebot an einen der Gesamtschuldner und an welchen Gesamtschuldner oder an mehrere oder an alle Gesamtschuldner richten will
(vgl. hg. Erkenntnis vom 30. April 1993, Zl. 91/17/0190).
Bei der Ermessensübung ist das Wesen und der Zweck von Gesamtschuldverhältnissen zu beachten, insbesondere werden daher die Intensität der Bindung und Gemeinsamkeit, die in der Folge zur Gesamtschuld führte, die jeweilige Situation, die das Gesamtschuldverhältnis auslöste, und die Besonderheiten der Tatbestandsverwirklichung, ferner das Ausmaß der Verantwortlichkeit der Einzelnen, aber auch das der Vorteile (Bereicherung), die aus den die Gesamtschuld auslösenden Gemeinsamkeiten oder den beiderseitigen Rechtsbeziehungen von den Einzelnen geschöpft wurden, von Bedeutung sein (Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar Rz 8 zu § 6, mit Zitierung Stoll, Steuerschuldverhältnis, 218).
Ermessensentscheidungen sind zu begründen. Die Begründung hat die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen soweit aufzuzeigen, als dies für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (vgl. hg. Erkenntnis vom 30. April 1993, Zl. 91/17/0121). Dies dient unter anderem dem Schutz vor Willkür und der rechtsstaatlichen Kontrolle (vgl. hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1989, Zl. 89/01/0216).
In der Beschwerde wird gerügt, die belangte Behörde habe den Beschwerdeführer mit der Gebührenentrichtung belastet, ohne auf die dem Parkometergesetz innewohnende Reihenfolge abzustellen. Nach dem Wortlaut des Gesetzes werde der Zulassungsbesitzer erst nach dem Lenker und Besitzer des Fahrzeuges genannt. Die Reihenfolge sei vom Gesetzgeber bewusst gewählt, denn primär soll der Lenker des Fahrzeuges zur Gebührenentrichtung herangezogen werden. Dieser sei nicht nur näher dem Tatgeschehen, sondern könne den maßgebenden Sachverhalt auch noch beeinflussen, in dem er eben ordnungsgemäß die Parkgebühr entrichte. Demnach gehe der Gesetzgeber davon aus, dass zunächst der Lenker eines Fahrzeuges die Parkgebühr zu entrichten habe. Nur für den Fall, dass ein solcher vom Zulassungsbesitzer nicht angegeben werden könne, sei dieser Schuldner der Abgabengebühr. Der Beschwerdeführer habe der belangten Behörde die Lenkerauskunft erteilt, so dass es ihr zumutbar gewesen wäre, die Abgabenschuld von den vom Beschwerdeführer bekannt gegebenen Lenkern einzuheben. Die Vorgangsweise der belangten Behörde widerspreche der Zielsetzung des Parkometergesetzes.
Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Ergebnis im Recht.
Die Begründung im angefochtenen Bescheid über die Heranziehung des Beschwerdeführers zur Zahlung der Abgaben läuft darauf hinaus, dass bei Autovermietungen auch aus Billigkeitsgründen stets der Zulassungsbesitzer die Abgaben zu entrichten hätte, weil - ohne dies näher prüfen zu müssen - der Lenker immer ungewiss sei. Aus dieser Begründung geht somit hervor, dass die belangte Behörde keine Ermessensentscheidung im Einzelfall trifft, sondern die Möglichkeit der Heranziehung des Lenkers, der durch das Abstellen des Fahrzeuges den Abgabentatbestand verwirklicht hat und über die Feststellungen der Behörde über Abstellort und Abstellzeit Auskunft geben kann, in den in Rede stehenden Fällen von vornherein ausschließt. Eine solche ohne auf den konkreten Einzelfall Bedacht nehmende typenbezogene Einschränkung der Ermessensübung bei der Abgabenvorschreibung nur an den vom abgabenrechtlich relevanten Vorgang weit entfernten Zulassungsbesitzer ist im Gesetz nicht vorgesehen und daher rechtswidrig.
Da die belangte Behörde von einer rechtswidrigen Ansicht bei der Ermessensübung ausgegangen ist, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 22. März 1999
Schlagworte
Begründung von ErmessensentscheidungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998170160.X00Im RIS seit
21.02.2002