TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/6 L525 2210271-1

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Veröffentlicht am 06.12.2018
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Entscheidungsdatum

06.12.2018

Norm

AlVG §49
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §13 Abs2
VwGVG §13 Abs5

Spruch

L525 2210271-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Johannes ZÖCHLING als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Mag. REINTHALER und STEINBOCK über die Beschwerde von DI (FH) XXXX , SVNr. XXXX , gegen den mit Spruchpunkt B verfügten Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen den Bescheid des AMS Salzburg vom 12.9.2018, nach ergangener Beschwerdevorentscheidung vom 16.10.2018, GZ: XXXX , nach Durchführung einer nichtöffentlichen Sitzung zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung

(Spruchpunkt B) wird gemäß § 13 Abs. 5 VwGVG stattgegeben und der zweite Spruchpunkt des bekämpften Bescheides ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid des AMS Salzburg vom 12.9.2018 wurde ausgesprochen, dass dem Beschwerdeführer für den Zeitraum vom 26.7.2018 bis zum 9.9.2018 kein Arbeitslosengeld zustehe (Spruchpunkt A). Zudem wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen (Spruchpunkt B).

Begründend führte die belangte Behörde zu Spruchpunkt B aus, einer aufschiebenden Wirkung würde den aus generalpräventiver Sicht im öffentlichen Interesse gelegenen Normzweck, Leistungen bei Arbeitslosigkeit nur bei gleichzeitgiert Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung zu gewähren, unterlaufen. Aus diesem Grund überwiege das öffentliche Interesse gegenüber dem mit einer Beschwerde verfolgten Einzelinteresse. Die aufschiebende Wirkung der Beschwerde sei daher auszuschließen.

Der Beschwerdeführer erhob Beschwerde und führte zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im Wesentlichen aus, dass er das Arbeitslosengeld zur Bestreitung des täglichen Lebens benötige.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 16.10.2018 wies die belangte Behörde die Beschwerde mit näherer Begründung als unbegründet ab.

Der Beschwerdeführer beantragte mit Schreiben vom 30.10.2018 die Vorlage an das Bundesverwaltungsgericht. Die belangte Behörde legte die Beschwerde und die Verfahrensakten vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

§ 13 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl I Nr. 33/2013 idgF lautet:

"Aufschiebende Wirkung

§ 13. (1) Eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat aufschiebende Wirkung.

(2) Die Behörde kann die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.

(3) Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 4 B-VG haben keine aufschiebende Wirkung. Die Behörde hat jedoch auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Bescheid zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit der sofortigen Verbindlichkeit der Weisung oder mit dem Andauern des Verhaltens der Behörde für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

(4) Die Behörde kann Bescheide gemäß Abs. 2 und 3 von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn sich der maßgebliche Sachverhalt so geändert hat, dass seine neuerliche Beurteilung einen im Hauptinhalt des Spruchs anderslautenden Bescheid zur Folge hätte.

(5) Die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs. 2 oder 3 hat keine aufschiebende Wirkung. Sofern die Beschwerde nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Behörde, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen."

Gemäß § 56 Abs. 2 AlVG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide einer regionalen Geschäftsstelle des AMS das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören. Der Tatbestand, aus dem sich die Senatszuständigkeit ableitet, stellt nur auf die bescheiderlassende Behörde und nicht etwa darauf ab, worüber sie entschieden hat. Die Regelung trägt dem Legalitätsprinzip iSd Art. 18 Abs. 1 iVm Art. 83 Abs. 2 B-VG Rechnung, wonach der Gesetzgeber insbesondere in Bezug auf die Behörden- und Gerichtszuständigkeit zu einer präzisen, strengen Prüfungsmaßstäben standhaltenden Regelung verpflichtet ist und eine Zuständigkeitsfestlegung klar und unmissverständlich sein muss. Gegenständlich ist Hauptsache die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den die aufschiebende Wirkung ausschließenden Bescheid der belangten Behörde. Auch solche Sachen sind daher im Senat zu entscheiden (vgl. dazu grundlegend das Erk. des VwGH vom 7.9.2017, Zl. Ra 2017/08/0065).

"Gefahr im Verzug" iSd § 13 Abs. 2 VwGVG bedeutet, dass den berührten öffentlichen Interessen oder den Interessen einer anderen Partei (als des Beschwerdeführers) ein derart gravierender Nachteil droht, dass die vorzeitige Vollstreckung des Bescheides dringend geboten ist. Die Annahme, dass Gefahr in Verzug vorliegt, bedingt eine sachverhaltsbezogene fachliche Beurteilung durch die Behörde (Eder/Martschin/Schmid, Verwaltungsgerichte, K10 f. zu § 13 VwGVG mH auf die Erkenntnisse des VwGH vom 24.05.2002, Zl. 2002/18/0001, und vom 22.03.1988, Zl. 87/07/0108). Die Gefahr muss konkret bestehen (Hengstschläger/Leeb, AVG zu § 64 Rz 31). Das Tatbestandsmerkmal "Gefahr im Verzug" bringt zum Ausdruck, dass der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nur das Eintreten erheblicher Nachteile für eine Partei bzw. gravierende Nachteile für das öffentliche Wohl verhindern soll. Um die vom Gesetzgeber außerdem geforderte Interessensabwägung vornehmen zu können, hat ein Notstandshilfebezieher insbesondere die nicht ohne weiters erkennbaren Umstände, die sein Interesse an einer Weitergewährung untermauern, sowie die in seiner Sphäre liegenden Umstände, die entgegen entsprechender Feststellungen des AMS für die Einbringlichkeit einer künftigen Rückforderung einer künftigen Rückforderung sprechen, spätestens in der Begründung seiner Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darzutun und zu bescheinigen, zumal das Verwaltungsgericht gemäß § 13 Abs. 5 VwGVG über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden hat (vgl. dazu grundlegend das Erk. des VwGH vom 11.4.2018, Zl. Ro 2017/08/0033).

Das Arbeitsmarktservice begründete den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung insbesondere damit, dass die aufschiebende Wirkung den aus generalpräventiver Sicht im öffentlichen Interesse gelegenen Normzweck, Leistungen bei Arbeitslosigkeit nur bei gleichzeitiger Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung zu gewähren, unterlaufen würde. Aus diesem Grund überwiege in gegenständlicher Angelegenheit das öffentliche Interesse am mit der Beschwerde verfolgten Einzelinteresse.

Soweit die belangte Behörde den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung ausschließlich auf generalpräventive Gründe stützt, verkennt sie die Rechtslage.

So ist der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung zu entnehmen, dass dem Grundsatz der faktischen Effizienz eines Rechtsbehelfes der Vorrang zukommt und dessen Einschränkung nur aus sachlich gebotenen, triftigen Gründen zulässig ist (vgl. ausdrücklich bereits VfSlg. 11195/1986) und eine Abweichung von den allgemeinen Verfahrensregelungen nur dann getroffen werden dürfen, wenn sie zur Regelung des Gegenstandes unerlässlich sind (vgl. bereits VfSlg 8945/1980). So sah im Falle des AlVG § 56 Abs. 3 (welcher mit VfSlg. 19921/2014 als verfassungswidrig aufgehoben wurde) vor, dass Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle und Vorlageanträge keine aufschiebende Wirkung haben und im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung unter näher angeführten Gründen die aufschiebende Wirkung zuerkannt werden kann. Der Verfassungsgerichtshof führte in den Gründen, die zur Aufhebung der Bestimmung führten, aus, dass eine derartige Regelung nicht zulässt die berührten öffentlichen Interessen mit den Interessen der Verfahrenspartei abzuwägen, weshalb die Bestimmung dem Rechtsstaatsprinzip widerspricht (vgl. dazu näher VfSlg. 19921/2014).

Die belangte Behörde argumentiert nun nach Dafürhalten des erkennenden Gerichtes genau wieder in diese Richtung. Die generelle Aussage, eine aufschiebende Wirkung würde den aus generalpräventiver Sicht im öffentlichen Interesse gelegenen Normzweck, Leistungen bei Arbeitslosigkeit nur bei gleichzeitiger Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung zu gewähren, unterlaufen ohne weitere Feststellungen zum Einzelfall zu treffen, lässt keinen Raum für eine Interessensabwägung im Einzelfall und muss daher als rechtswidrig erkannt werden. Nach Maßgabe des vorliegenden Sachverhaltes vermag das erkennende Gericht im konkreten Fall auch nicht davon ausgehen, dass der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist, zumal sich hierfür aus den übermittelten Verwaltungsakten keine ausreichenden Anhaltspunkte ergeben. Eine dahingehend nachvollziehbare und schlüssige Begründung, inwieweit gegenständlich die vorzeitige Vollstreckung zur Abwendung eines gravierenden Nachteils jedenfalls notwendig ist, ist dem bekämpften Bescheid nicht zu entnehmen. Das erkennende Gericht übersieht dabei insbesondere die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung in Fällen des § 10 AlVG (vgl. dazu abermals das bereits zitierte Erk. vom 11.4.2018) nicht, jedoch liegt gegenständlich kein Fall des § 10 AlVG vor und sind dem bekämpften Bescheid keinerlei Feststellungen zu entnehmen, die eine konkrete Gefahr der Nichteinbringlichkeit darlegen.

Der zweite Spruchpunkt des bekämpften Bescheides (Ausschluss der aufschiebenden Wirkung) ist daher ersatzlos aufzuheben.

Das erkennende Gericht weist ausdrücklich darauf hin, dass mit dem gegenständlichen Erkenntnis eine Entscheidung in der Hauptsache nicht vorweggenommen wird und die Entscheidung über den ersten Spruchpunkt des bekämpften Bescheides zu einem späteren Zeitpunkt gesondert erfolgt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung, ersatzlose Behebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:L525.2210271.1.00

Zuletzt aktualisiert am

16.05.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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