Entscheidungsdatum
10.01.2019Norm
AsylG 2005 §3Spruch
L508 1434790-6/3Z
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. HERZOG als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Pakistan, vertreten durch Rechtsanwälte Ecker/Embacher/Neugschwendter, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.11.2018, Zl: XXXX , beschlossen:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend: BF), ein Staatsangehöriger aus Pakistan, brachte erstmals am 11.04.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz ein. Als Begründung für das Verlassen des Herkunftsstaates brachte er im Verfahren vor der belangten Behörde vor, dass er mit der Terrororganisation "Lashkar-e-Jhanghwi" Probleme gehabt habe. Der Beschwerdeführer habe gemeinsam mit seinem Onkel ein Geschäftslokal gebaut und vermietet. Der Vorsteher der Terrororganisation habe Schutzgeld von seinem Onkel verlangt, was dieser verweigert habe. Der Onkel sei von diesem Vorsteher erschossen worden. Danach habe man vom Beschwerdeführer Schutzgeld verlangt, was dieser ebenfalls verweigert habe, woraufhin auch er mit dem Umbringen bedroht worden sei. Aus diesem Grund habe der Beschwerdeführer beschlossen, Pakistan zu verlassen.
2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.04.2013, Zl. 13 04.674-BAT, wurde der Antrag auf internationalen Schutz in Spruchteil I unter Berufung auf § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen; in Spruchteil II wurde gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan abgewiesen; in Spruchpunkt III wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Pakistan ausgewiesen.
3. Einer dagegen eingebrachten Beschwerde gab der Asylgerichthof mit Erkenntnis vom 15.05.2013, Zl. E5 434.790-1/2013/4E statt und wurde der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.
4. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.10.2013, Zl. 13 04.674-BAE, wurde der Antrag auf internationalen Schutz in Spruchteil I unter Berufung auf § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen; in Spruchteil II wurde gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan abgewiesen; in Spruchpunkt III wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Pakistan ausgewiesen. Die Erstbehörde traf darin aktuelle Feststellungen mit nachvollziehbaren Quellenangaben zur allgemeinen Lage in Pakistan. Begründend führte das Bundesasylamt im Wesentlichen aus, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er mit der Terrororganisation "Lashkar-e-Jhanghwi" Schwierigkeiten gehabt habe, unglaubwürdig sei und deshalb keine Verfolgung seiner Person erkannt werden könne. Gestützt hat das Bundesasylamt diese Annahme auf näher dargelegte, verschiedene Widersprüche bzw. Ungereimtheiten und Unplausibilitäten in den Angaben des Beschwerdeführers sowie auf den Umstand, dass der Beschwerdeführer Zeit gefunden habe, sich vor seiner Ausreise bei der italienischen Botschaft ein Visum zu besorgen. Der Beschwerdeführer verfüge weiters über ausreichende soziale bzw familiäre Anknüpfungspunkte in Pakistan und es sei ihm zuzumuten, durch eigene Arbeitsleistung für seinen Unterhalt zu sorgen. Darüber hinaus seien keine konkreten Anhaltspunkte hervorgekommen, wonach der Beschwerdeführer nicht in seiner Heimatregion leben könne. Des Weiteren würden in Pakistan keine solchen Verhältnisse herrschen, die dazu führen würden, einem realen Risiko im Sinne des Art 2 oder 3 EMRK unterworfen zu werden. Zu Art 8 EMRK wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer in Österreich keinerlei Verwandte habe und auch sonst keine Merkmale einer besonderen Integration aufweise. In einer Gesamtabwägung würden daher jedenfalls die öffentlichen Interessen an seiner Ausweisung überwiegen.
5. Eine dagegen fristgerecht eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes E5 434.790-1/2013/7E vom 10.12.2013 gemäß §§ 3, 8 Abs 1 Z 1, 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 BGBl I 2005/100 idF BGBl I 67/2012 als unbegründet abgewiesen. In diesem Erkenntnis wurde - unter näher dargelegten Gründen - ausgeführt, warum das Vorbringen nicht zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft führen könne, warum kein subsidiärer Schutz zu gewähren sei und warum die Ausweisung nach Pakistan zulässig sei. Im Wesentlichen wurde dem Vorbringen die Glaubwürdigkeit versagt. Im Rahmen einer Eventualbegründung wurde begründend ausgeführt, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers selbst bei Glaubwürdigkeitsunterstellung aufgrund der Möglichkeit staatlichen Schutzes keine Asylrelevanz beizumessen sei. Ferner wurde umfassend dargetan, warum dem Beschwerdeführer kein subsidiärer Schutz zu gewähren sei. Letztlich wurde begründend dargetan, warum die Ausweisung aus Österreich nach Pakistan zulässig sei.
6. Am 11.01.2015 brachte der BF seinen zweiten und nunmehr verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz ein. Der Beschwerdeführer brachte ihm wesentlichen vor, dass seine einstigen Fluchtgründe noch immer aufrecht seien, jedoch hätten diese sich verstärkt. Am 22.03.2014, folglich nach Abschluss des Erstverfahrens, sei auf seinen Cousin und dessen Sohn geschossen worden und seien diese dabei schwer verletzt worden. Grund für diesen Übergriff sei deren Naheverhältnis zur Mutter des BF gewesen. Auch seine Mutter sei ständig misshandelt und bedroht worden, da sie der Terrororganisation den Aufenthaltsort des BF nicht bekanntgegeben habe. Ein naher Angehöriger der Mutter sei getötet worden, da er die Mutter vor den Misshandlungen der Terrororganisation schützen habe wollen. Der BF brachte zahlreiche Beweismittel für dieses Vorbringen (Polizeiberichte und fallbezogene Zeitungsberichte) in Vorlage. Sämtliche Vorfälle ereigneten sich im Jahr 2014. Ferner sei sein Haus im September 2014 vom Hochwasser in Pakistan betroffen gewesen und sei dieses zerstört worden, weswegen er nunmehr keinen Wohnsitz mehr habe.
7. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.01.2017, Zl: XXXX hat Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag, ohne in die Sache einzutreten, gem. § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Absatz 1a FPG wurde festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe. Festgestellt wurde, dass der Antragsteller kein neues Fluchtvorbringen erstattet habe und sei kein Sachverhalt vorgebracht worden, welcher nach rechtskräftigem Abschluss des Erstverfahrens neu entstanden sei. Weiters wurde festgestellt, dass sich der Beschwerdeführer erst seit sehr kurzer Zeit in Österreich befinde und eine Abschiebung keinen Eingriff in das Privat- und Familienleben darstelle.
8. Einer dagegen eingebrachten Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 03.03.2017, Zl. L508 1434790-4/4E statt und wurde der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG iVm § 21 Abs. 3 BFA-VG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
9. In der Folge wurde der Beschwerdeführer am 19.07.2017 vom BFA niederschriftlich einvernommen. Dabei wurde er erneut zu seinen Fluchtgründen befragt. Hinsichtlich des Inhaltes des Einvernahmeprotokolls wird auf den Akteninhalt verwiesen.
10. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.02.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG 2005 erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 unter einem festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Pakistan gemäß § 46 FPG 2005 zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG 2005 bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt IV.) und wurde der Beschwerde gegen die Entscheidungen gemäß § 18 Abs. 1 Z. 6 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.)
Die belangte Behörde würdigte das Fluchtvorbringen für unglaubwürdig und führte aus, dass dem Beschwerdeführer weder der Asyl- noch der subsidiäre Schutzstatus zuzuerkennen sei. Weiters wurde festgestellt, dass sich der Beschwerdeführer erst seit sehr kurzer Zeit in Österreich befinde und eine Abschiebung keinen Eingriff in das Privat- und Familienleben darstelle. Das BFA hat sich mit der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung abermals - trotz des Auftrages hierzu in der Kassationsentscheidung vom 03.03.2017 - nicht in gehöriger Weise auseinandergesetzt und keine individuelle Interessensabwägung vorgenommen.
11. Einer dagegen eingebrachten Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 19.03.2018, Zl. L508 1434790-5/4Z statt und wurde der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG iVm § 21 Abs. 3 BFA-VG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
12. In der Folge wurde der Beschwerdeführer am 04.10.2018 vom BFA niederschriftlich einvernommen. Dabei wurde er erneut zu seinen Fluchtgründen befragt. Hinsichtlich des Inhaltes des Einvernahmeprotokolls wird auf den Akteninhalt verwiesen.
13. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.11.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Pakistan gemäß § 46 FPG 2005 zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG 2005 bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.) und wurde der Beschwerde gegen die Entscheidungen gemäß § 18 Abs. 1 Z. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.)
Die belangte Behörde würdigte das Fluchtvorbringen für unglaubwürdig und führte aus, dass dem Beschwerdeführer weder der Asyl- noch der subsidiäre Schutzstatus zuzuerkennen sei. Weiters wurde festgestellt, dass sich der Beschwerdeführer erst seit sehr kurzer Zeit in Österreich befinde und eine Abschiebung keinen Eingriff in das Privat- und Familienleben darstelle. Das BFA hat sich mit der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung abermals - trotz des Auftrages hierzu in der Kassationsentscheidung vom 03.03.2017 - nicht in gehöriger Weise auseinandergesetzt und keine individuelle Interessensabwägung vorgenommen.
14. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde. Mit der Beschwerde wird auch ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß §18 Absatz 1 BFA-VG gestellt. Hinsichtlich des Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.
15. Die Beschwerdevorlage langte am 04.01.2019 beim Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Linz, ein.
16. Der vorstehende Verfahrensgang ergibt sich zweifelsfrei aus den vorgelegten Verwaltungsakten und ist unstrittig.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu A)
1. Verfahrensbestimmungen
1.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.
1.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.
Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 28 Absatz 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Zu A) Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde
I.1. Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.
Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten. Vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben der Beschwerdeführerin als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen. (vgl. in diesem Zusammenhang zum Konzept der "offensichtlichen Unbegründetheit" als Grund für die (verfahrensrechtliche) Zurückweisung der Beschwerde durch den EGMR; Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention; München/Wien 2003, S 93).
Nach herrschender Literatur ist hier auch Art. 8 EMRK maßgeblich (Vogl/Taucher/Bruckner/Marth/Doskozil, Fremdenrecht 6.Anm. zur - analogen - Regelung des § 37 Abs. 1 AsylG, 155, Frank/Anerinhof/Filzwieser AsylG 2005, K3 zu § 37 Abs. 1 AsylG, 512 und K8 zu § 38 AsylG, 522f; vgl auch Fahrner/Premiszl, "Das Fristensystem im "Dublin-Verfahren" nach dem Asylgesetz 2005, Migralex 2/06, 69f).
Im Sinne einer Grobprüfung - nur um eine solche kann es sich bei der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung handeln - kann jedoch im Hinblick auf den vorliegende Sachverhalt nicht ausgeschlossen werden, dass es sich dabei um vertretbare Behauptungen im Sinne des Artikel 3 und 8 EMRK handelt, respektive kann nicht ohne detaillierte Überprüfung von der Rechtmäßigkeit der seitens des BFA getroffenen Entscheidung ausgegangen werden.
Im vorliegenden Fall kann eine Entscheidung über die dem Bundesverwaltungsgericht vorliegende Beschwerde innerhalb der relativ kurzen Frist des § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht getroffen werden. Bei einer Grobprüfung des Beschwerdevorbringens kann derzeit nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass es sich hierbei nicht um "vertretbare Behauptungen" handelt.
Alledem zufolge kann eine Gefährdung des Beschwerdeführers im Sinne des § 18 Abs. 5 BFA-VG derzeit nicht mit der in diesem Zusammenhang erforderlichen Sicherheit von vornherein ausgeschlossen werden, sodass spruchgemäß zu entscheiden war.
Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG entfallen.
Zu B) Zum Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Asylverfahren, aufschiebende Wirkung, Menschenrechtsverletzungen,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:L508.1434790.6.00Zuletzt aktualisiert am
16.05.2019