Entscheidungsdatum
29.01.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I403 2192282-1/26E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin in der Beschwerdesache der XXXX, StA. Tunesien, vertreten durch den "Verein Menschenrechte Österreich", gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.03.2018, Zl. 1159141004/171282842, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.08.2018, zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I., II. und III. des angefochtenen Bescheides wird als unbegründet abgewiesen.
II. In Erledigung der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. wird ausgesprochen, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG iVm § 9 Abs. 3 BFA-VG bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz von XXXX vom 10.12.2018 vorübergehend unzulässig ist.
III. Spruchpunkte V. und VI. des angefochtenen Bescheides werden ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin, eine tunesische Staatsbürgerin, reiste am 16.07.2017 rechtmäßig nach Österreich ein; am 15.11.2017 stellte sie einen Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz. Zu diesem Antrag wurde sie am selben Tag erstbefragt. Sie gründete ihren Antrag auf eine befürchtete Verfolgung durch ihren Vater.
2. Die Beschwerdeführerin wurde am 27.12.2017 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen. Sie gab im Wesentlichen an, dass sie in der Hoffnung auf eine Eheschließung ihrem österreichischen Freund nach Österreich gefolgt sei, dass sie sich aber getrennt haben würden. Nach Tunesien könne sie nicht zurück, weil sie Angst habe, dass ihr Vater sie wegen des Verlustes ihrer Jungfräulichkeit töten würde. Im Zuge der Einvernahme wurden ihr Länderfeststellungen zu Tunesien (Stand: 21.07.2017) zur Kenntnis gebracht.
3. Mit Bescheid des BFA vom 09.03.2018 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Tunesien (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Tunesien zulässig sei (Spruchpunkte III., IV., V.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.). Gleichzeitig wurde der Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 und 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.).
Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen damit, dass das Fluchtvorbringen der Beschwerdeführerin nicht glaubwürdig sei und die geschilderte Verfolgung durch ihren Vater eine reine Schutzbehauptung sei. Das Vorbringen finde keine Deckung in der Gesetzgebung Tunesiens; Täter von Ehrenverbrechen seien strafrechtlicher Verfolgung ausgesetzt. In Tunesien habe sich die Situation für Frauen in den letzten Jahren zusehends verbessert.
4. Gegen den Bescheid vom 09.03.2018 wendet sich die Beschwerde vom 07.04.2018. Die belangte Behörde habe ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren geführt und den verfahrensgegenständlichen Asylantrag im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass die Gründe, die zur Flucht der Beschwerdeführerin aus Tunesien geführt haben würden (sie wäre von ihrem sehr traditionell eingestellten Vater mit dem Tod bedroht worden, nachdem sie in Verdacht geraten war, vorehelichen Geschlechtsverkehr mit ihrem damaligen Freund gehabt zu haben), nicht glaubwürdig wären, weil die tunesische Rechtsordnung Frauen und Männer gleichstelle und Ehrenverbrechen gesetzlich verboten seien. Diese Argumentation besitze keinerlei Begründungswert, in Tunesien sei die Durchsetzung von Schutzrechten bzw. der Zugang zum Recht nach wie vor problematisch, insbesondere für Frauen. Die Beschwerdeführerin könne mit keinem staatlichen Schutz rechnen. Sie habe plausibel und glaubhaft Namen und Details geschildert und habe die belangte Behörde keine Widersprüche in ihrem Vorbringen aufgezeigt. Das Gesetz, welches Vergewaltigung in der Ehe verbiete, sei auch erst 2017 erlassen worden und könne nicht davon ausgegangen werden, dass dieses wirksam umgesetzt sei. Aufgrund der Bedrohung durch ihren einer traditionell arabisch-patriarchalen Weltanschauung anhängenden Vater gehöre die Beschwerdeführerin "zur sozialen Gruppe der Frauen, die sich für ein selbstbestimmtes Lebens abseits patriarchalischer Hierarchien entschieden" haben und sei ihr Asyl, in eventu zumindest jedoch subsidiärer Schutz zu gewähren. "In Ergänzung ihrer Beschwerde" stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG.
Beigelegt waren der Beschwerde Identitätsdokumente der Mutter der Beschwerdeführerin in Kopie sowie ein Schreiben der Mutter, in welchem diese von der Bedrohung der Beschwerdeführerin durch ihren Vater berichtet. Weiters wurden die folgenden Berichte und Artikel ins Verfahren eingebracht:
* Artikel der Plattform TheNewArab vom 29.6.2017: "Manufacturing Virginity: The Tunisian women choosing to 'repair their honour'"
* www.wissenbloggt.de: "Ehrenmorde im Islam"
* Hilde Heindl: Transkript eines Vortrags über tunesische Familie, 1999
* www.tagesschau.de vom 27.7.2017: "Gewalt ist keine Privatsache mehr"
5. Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt dem dazugehörigen Verfahrensakt dem Bundesverwaltungsgericht am 13.04.2018 vor. Mit Teilerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.04.2018 wurde der seitens der Beschwerdeführerin im Rahmen des Beschwerdeschriftsatzes vom 07.04.2018 eingebrachte Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG zurückgewiesen (Spruchpunkt I.), der Beschwerde jedoch von Amts wegen die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG zuerkannt (Spruchpunkt II.).
6. Am 31.07.2018 wurde dem Bundesverwaltungsgericht seitens der Beschwerdeführerin via Fax eine Vollmachtsbekanntgabe zugunsten des "Verein Menschenrechte Österreich" übermittelt. Ergänzend waren dem Fax ein Auszug aus dem Mutter-Kind-Pass der Beschwerdeführerin sowie die bereits der Beschwerde beigelegte Ausweiskopie und Erklärung der Mutter der Beschwerdeführerin beigelegt.
7. Am 07.08.2018 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Innsbruck, eine mündliche Verhandlung in Anwesenheit der Beschwerdeführerin und deren Rechtsvertreterin durchgeführt. Der frühere Partner der Beschwerdeführerin wurde als Zeuge befragt. Die Einvernahme des Ehemannes (nach islamischem Recht) der Beschwerdeführerin musste unterbleiben, da der Antrag auf Einvernahme erst in der Verhandlung erfolgte und kein entsprechender Dolmetscher zur Verfügung stand. Von Seiten der Rechtsvertretung wurde auf die Fortsetzung der mündlichen Verhandlung verzichtet, aber die Möglichkeit für eine schriftliche Stellungnahme beantragt. Seitens der Beschwerdeführerin wurden dem Bundesverwaltungsgericht in der Verhandlung folgende Unterlagen vorgelegt:
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Bestätigung über das freiwillige Engagement durch die Caritas vom 02.08.2018;
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Teilnahmebestätigung Werte- und Orientierungskurs vom 02.07.2018;
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Teilnahmebestätigung für einen Deutschkurs vom 31.07.2018 und vom 02.08.2018;
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Verschiedene Medienberichte;
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Ambulanzbericht des KH XXXX vom 06.06.2018.
Der vorgelegte Ambulanzbericht vom 06.06.2018 aus dem KH XXXX bescheinigt hierbei eine Schwangerschaft der Beschwerdeführerin mit einem errechneten Geburtstermin vom XXXX.
8. Am 13.08.2018 wurde dem Bundesverwaltungsgericht via Fax eine Stellungnahme übermittelt, in welchem in größerer Detailliertheit auf die derzeit bestehende Beziehung zwischen der Beschwerdeführerin und einem afghanischen Asylwerber eingegangen wird. Darüber hinaus wurden der Stellungnahme diverse Teilnahmebestätigungen sowie Bestätigungen über das ehrenamtliche Engagement des Ehemannes (nach islamischem Recht) beigeschlossen. Weiters wurden in Bezug auf die Beschwerdeführerin ein Befund des Krankenhauses in XXXX, Abteilung für Frauenheilkunde und Geburtshilfe vom 25.07.2018 (unauffälliger Schwangerschaftsbefund), ein Befund des Krankenhauses in XXXX, Ambulanzzentrum für Orthopädie und Traumatologie vom 14.08.2018 (Diagnose: Muskelverspannungen), ein Befund einer Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe vom 20.08.2018 (Diagnose: "HUN rechts"), ein Ambulanzbrief der Urologischen Abteilung des LKH XXXX vom 20.08.2018 (Diagnose: Schwangerschaftshydronephrose), ein Bericht des Krankenhauses in XXXX über die stationäre Behandlung am 27.08.2018 wegen der diagnostizierten Schwangerschaftshydronephrose und ein Bericht des Psychosozialen Dienstes vom 31.08.2018 (Diagnose: Reaktion auf schwere Belastungen) vorgelegt.
9. Am XXXX wurde der Sohn der Beschwerdeführerin XXXX geboren, für den am 10.12.2018 ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde.
10. Von Seiten des Bundesverwaltungsgerichtes wurde eine Anfrage an die Staatendokumentation gestellt. Mit Anfragebeantwortung vom 28.12.2018 wurde geklärt, dass ein Kind einer tunesischen Mutter automatisch die tunesische Staatsbürgerschaft besitzt und dass einem Antrag auf Aufenthaltsgenehmigung durch einen Fremden, der Ehegatte einer tunesischen Staatsbürgerin ist, in der Regel stattgegeben wird.
11. Die standesamtliche Eheschließung zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem aus Afghanistan stammenden Ehemann fand am 12.01.2019 statt.
12. Am 22.01.2019 wurde eine mündliche Verhandlung im Verfahren des Ehemannes zu seinem Antrag auf internationalen Schutz abgehalten. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes von 29.01.2019, Zl. W109 2161412-1 wurde dessen Antrag abgewiesen und die Rückkehrentscheidung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz seines Sohnes vorübergehend für unzulässig erklärt.
13. Am 25.01.2019 langte die Stellungnahme der Beschwerdeführerin zur Anfragebeantwortung vom 28.12.2018 ein. Darin weist die Beschwerdeführerin darauf hin, dass ihr Sohn neben der tunesischen auch die afghanische Staatsbürgerschaft inne habe. Zudem wird nochmals auf das Fluchtvorbringen eingegangen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person der Beschwerdeführerin:
Die volljährige Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige Tunesiens und muslimischen Glaubens. Ihre Identität steht fest. Sie stammt aus Tunis. Die Beschwerdeführerin hat in Tunesien eine Ausbildung zur Kindergärtnerin absolviert und diesen Beruf bis April 2017 auch ausgeübt. Gelegentlich wurde sie von ihrer Mutter finanziell unterstützt.
Ihre Familie, insbesondere ihre Eltern sowie ihre Schwester, lebt in Tunesien. Vater und Mutter der Beschwerdeführerin leben getrennt. Die Schwester der Beschwerdeführerin wohnt - ebenso wie vor ihrer Ausreise die Beschwerdeführerin - bei ihrer Mutter. Der Vater arbeitet bei einem Reinigungsmittelerzeugungsunternehmen, die Mutter im Unterrichtsministerium. Die Beschwerdeführerin steht mit ihrer Mutter und ihrer Schwester in Kontakt.
Am XXXX wurde in XXXX ihr Sohn XXXX geboren. Für das Kind wurde ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt, über den vom BFA noch nicht entschieden wurde. Der Kindesvater ist ihr Ehemann, ein afghanischer Staatsbürger, dessen Antrag auf internationalen Schutz mit Bescheid des BFA vom 29.05.2017 bzw. Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29.01.2019 als unbegründet abgewiesen wurde. Das Paar ist seit 07.05.2018 nach islamischem Recht und seit XXXX standesamtlich verheiratet. Die Beziehung begann Ende 2017. Sie leben gemeinsam mit ihrem Kind in einer Flüchtlingsunterkunft. Das gemeinsame Familienleben kann in Tunesien fortgesetzt werden.
Ansonsten hat die Beschwerdeführerin in Österreich keine maßgeblichen privaten sowie keine familiären Anknüpfungspunkte. Ihre Beziehung zu XXXX, den sie im August 2016 über das Internet kennengelernt und der ihren Flug nach Österreich organisiert und eine Verpflichtungserklärung ausgestellt hatte, endete Anfang August 2017 nach einem zweiwöchigen Aufenthalt in Österreich.
Die Beschwerdeführerin hat einige Kurse absolviert und sich freiwillig für die Caritas engagiert. Sie spricht Deutsch auf A1-Niveau.
Die Beschwerdeführerin ist strafrechtlich unbescholten und bestreitet ihren Lebensunterhalt über die Grundversorgung.
Die Beschwerdeführerin litt an schwangerschaftsbedingten gesundheitlichen Komplikationen, konkret an einem Nierenstau aufgrund der Schwangerschaft. Darüber hinaus leidet sie aufgrund der momentanen Situation an Schlaflosigkeit und Ängsten, so dass ihr vom psychosozialen Dienst ein Entspannungstraining empfohlen wurde. Eine nachhaltige (über die Zeit des Mutterschutzes hinausgehende) Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit ist nicht gegeben.
1.2. Zu den Fluchtmotiven und einer etwaigen Rückkehrgefährdung der Beschwerdeführerin:
Entgegen dem Vorbringen in der Beschwerde konnte nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin in Tunesien für den Fall einer Rückkehr einer Verfolgung durch ihren eigenen Vater ausgesetzt wäre. Ihr entsprechendes Vorbringen war nicht glaubhaft. Zudem wäre, wenn man davon ausginge, dass sie tatsächlich von ihrem Vater bedroht wird, staatlicher Schutz gegeben.
Die Beschwerdeführerin befindet sich auch nicht in der realen Gefahr, in eine existenzbedrohende Notlage zu geraten.
1.3. Zur Situation in Tunesien:
Hinsichtlich der aktuellen Sicherheitslage im Herkunftsstaat der Beschwerdeführerin sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 09.03.2018 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten und wurde dies auch nicht behauptet.
Zur Situation von Frauen wird im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 21.07.2017 (welches im angefochtenen Bescheid vom 09.03.2018 zitiert und in der mündlichen Verhandlung erörtert wurde) festgehalten:
Frauen sind seit der Unabhängigkeit Tunesiens unter dem ersten Präsidenten Habib Bourguiba mit dessen Einführung des fortschrittlichen Personenstandsgesetzes von 1957 Männern rechtlich weitgehend gleichgestellt. Eine Ausnahme stellen das Erbrecht und der unzureichende Schutz vor sexueller Gewalt dar (AA 16.1.2017; GIZ 6.2017b). Die Verfassung vom Jänner 2014 garantiert den Schutz der bisher erreichten Frauenrechte und verpflichtet den Staat zu deren weiterer Entwicklung. Der Staat garantiert die Chancengleichheit zwischen Mann und Frau und wirkt auf die paritätische Vertretung von Frauen und Männern in gewählten Körperschaften sowie allgemein auf Stärkung und Ausbau der Frauenrechte hin (AA 16.1.2017; HRW 12.1.2017). Der Staat trifft weitere Maßnahmen zur Eliminierung von Gewalt gegen Frauen (AA 16.1.2017).
Frauen können die Scheidung einreichen und Unterhaltsansprüche gerichtlich geltend machen. Dies gilt auch für das Sorgerecht, allerdings mit der Einschränkung, dass minderjährige tunesische Kinder das Land nur mit ausdrücklicher Zustimmung ihres Vaters oder des Vormundschaftsgerichts verlassen können. Die Stimme einer Frau als Zeugin in einem Gerichtsverfahren hat dasselbe Gewicht wie die eines Mannes. Im Erbrecht gelten die Bestimmungen der Scharia, wonach der Mann zu zwei Drittel und die Frau zu einem Drittel erben. Nichtmuslimische Frauen können nur mit Zustimmung der muslimischen Familie des Verstorbenen erben. Diese Regelung kann durch vertragliche Übereinkunft der Ehepartner umgangen werden. Eine Änderung der diskriminierenden Bestimmungen im Erbrecht in Richtung einer Besserstellung der Frauen ist in der politischen Diskussion (AA 16.1.2017).
Obwohl Vergewaltigung, auch innereheliche, gesetzlich verboten ist, bleibt dieses Vergehen ein ernstes Problem. Innereheliche Vergewaltigung steht nicht explizit unter Strafe. Einvernehmlicher außerehelicher Geschlechtsverkehr ist illegal, aber sofern dieser zwischen Erwachsenen stattfindet, kommt es nicht zu Strafverfolgung (USDOS 3.3.2017). Vergewaltigung wird nicht durchgehend bestraft, da eine Bestimmung im Strafgesetzbuch (§ 227 bis) derzeit noch besagt, dass bei Eheschließung nach Vergewaltigung einer Frau unter 20 Jahren von der Strafverfolgung abgesehen werden kann. Dieser Paragraph ist höchst umstritten aber weiterhin in Kraft (AA 16.1.2017). Häusliche Gewalt ist ebenfalls gesetzlich verboten und darunterfallende Vergehen sind mit dem doppelten Strafmaß belegt, als wenn sie von Fremden begangen werden. Durchgesetzt wird dieses Gesetz allerdings selten und häusliche Gewalt bleibt ebenfalls ein ernstes Problem (USDOS 3.3.2017). Häusliche Gewalt gegen Frauen ist gerade in ländlichen Gebieten keine Seltenheit. Sexuelle Belästigung und Gewalt außerhalb der Familie kommen ebenfalls vor. Gesicherte Statistiken existieren nicht, viele Frauen zeigten die Täter, auch aus Angst vor familiärer und gesellschaftlicher Stigmatisierung, bisher nicht an. Fälle von weiblicher Genitalverstümmelung sind nicht bekannt (AA 16.1.2017).
Der Frauenanteil an der arbeitenden Bevölkerung liegt bei rund 25% (2009), Frauen stellen fast ein Drittel der Richter und Anwälte, im höheren Bildungsbereich sind sie überrepräsentiert (GIZ 6.2017b). Gesetzlich ist explizit gleiches Gehalt für gleiche Arbeit vorgesehen, im Staatsdienst wird das auch umgesetzt. In der Privatwirtschaft verdienen Frauen durchschnittlich um ein Viertel weniger als Männer für dieselbe Arbeit (USDOS 3.3.2017).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (16.1.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Tunesischen Republik
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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (6.2017b): Tunesien - Gesellschaft, http://liportal.giz.de/tunesien/gesellschaft/, Zugriff 19.7.2017
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HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Tunisia, http://www.ecoi.net/local_link/334720/476550_de.html, Zugriff 12.7.2017
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USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Tunisia, http://www.ecoi.net/local_link/337230/479995_de.html, Zugriff 12.7.2017
Diese Feststellungen blieben im aktualisierten Länderinformationsblatt vom 15.10.2018 unverändert, allerdings wurde - für den gegenständlichen Fall allerdings nicht entscheidungsrelevant - ergänzend darauf hingewiesen, dass das Justizministerium im September 2017 ein Dekret aufhob, das tunesischen Frauen verboten hatte, nicht-muslimische Männer zu heiraten (FH 1.2018; vgl. ÖB 10.2017, AA 23.4.2018) und dass 2017 ein Gesetz zur Verhütung von Gewalt gegen Frauen in Kraft getreten ist; dieses sieht u. a. vor, dass Vergewaltiger einer strafrechtlichen Verfolgung nicht mehr durch Heirat des Opfers entgehen können (AA 23.4.2018).
Quellen:
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AA-Auswärtiges Amt (23.4.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Tunesien, https://www.ecoi.net/en/file/local/1432981/4598_1526980268_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-tunesien-stand-dezember-2017-23-04-2018.pdf, Zugriff 2.10.2018
-FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Tunisia, http://www.ecoi.net/local_link/334720/476550_de.html, Zugriff 9.10.2018
-ÖB - Österreichische Botschaft Tunis (10.2017): Asylländerbericht Tunesien
In der Anfragebeantwortung des Austrian Centre for Country of Origin & Asylum Research and Documentation (im Folgenden: ACCORD) a-10598-1 vom 18. Mai 2018 zu "Tunesien: Vorkommen von Ehrenmorden;
Schutzeinrichtungen für betroffene Frauen (z.B. Frauenhäuser, etc.);
Schutz durch bzw. Ermittlungen der Polizei, wenn Frau von ihrem Vater aufgrund von außerehelichem Geschlechtsverkehr bedroht wird" wird Folgendes berichtet (im Folgenden unter Auslassung der englischen und französischen Originalzitate):
Vorkommen von Ehrenmorden
Die Parlamentarische Versammlung des Europarats (Council of Europe - Parliamentary Assembly, CoE-PACE) veröffentlicht im August 2010 einen Bericht zu den Maghreb-Staaten, in dem erwähnt wird, dass Tunesien 1993, 1998 und 2004 Gesetze verabschiedet habe, die Frauen bei Scheidung und Verwaltung der Haushaltsgüter die gleichen Rechte einräume, Ehrenmorde kriminalisiere und sie als vorsätzliche Tötung einstufe, sowie sexuelle Belästigung zur Straftat erkläre.
Das tunesische Nachrichtenportal Kapitalis berichtet im Jänner 2017, dass ein Mann, der seine Ehefrau und seine Tochter ermordet habe, laut eigenen Angaben am Anstand seiner Frau gezweifelt habe. Der 60-jährige Täter sei wenige Stunden nach dem von ihm in Manouba verübten Doppelmord gefasst worden und habe gestanden, seine 53-jährige Ehefrau und seine 20-jährige Tochter im Schlaf erstochen zu haben. Er habe die Tat damit erklärt, dass er seine Frau der Unsittlichkeit verdächtigt habe. Vor kurzem habe er beim Staatsanwalt einen Vaterschaftstest beantragt, da er befürchte, dass die Tochter aus einer vorherigen Beziehung der Mutter hervorgegangen sei. Der Täter habe die Ermittler gebeten, sich in seine Lage zu versetzen und zu verstehen, dass seine Tat "gerechtfertigt" sei, da seine Ehre bereits seit 20 Jahren mit Füßen getreten werde. Der Mann werde weiter in Haft gehalten, während die Ermittlungen fortgesetzt würden.
Kapitalis schreibt in einem weiteren Artikel vom September 2017, dass Houssem, ein 26¬jähriger Mann, in der Stadt Beja von seinem Onkel und seinen Cousins erstochen worden sei, da man ihn im selben Zimmer wie seine Cousine erwischt habe, in die er verliebt gewesen sei. Die Täter hätten ihren Mord als Ehrenmord bezeichnet. Das Opfer habe bereits in der Vergangenheit um die Hand seiner Cousine angehalten. Der Onkle habe dies abgelehnt. Das Paar habe sich mehrmals im Geheimen getroffen und sei überzeugt gewesen, dass sich die Meinung ihrer Familie ändern werde. Dann habe die Familie Houssem alleine mit seiner Cousine in ihrem Haus entdeckt. Sein Onkel, ein Universitätsprofessor, der vor kurzem von der Pilgerfahrt zurückgekehrt sei, habe Houssem eine Falle gestellt und ihn mithilfe seiner Söhne erstochen. Die Polizei habe den Onkel und zwei seiner Söhne festgenommen, ein dritter befinde sich auf der Flucht. Die Mutter des Opfers sei bei dem Vorfall ebenfalls angegriffen worden und habe mit 14 Stichen genäht werden müssen.
Realites, eine tunesische Nachrichtenwebsite, berichtet im September 2017 über denselben Vorfall. Hier wird erwähnt, dass der Onkel in Wut geraten sei, als er erfahren habe, dass seine Tochter vorhabe, das Vaterhaus zu verlassen und bei ihrem Cousin Houssem, mit dem sie eine Beziehung führe, einzuziehen. Er habe seine drei Söhne und weitere Verwandte angerufen, die mit Messern zu Houssems Haus gegangen seien und ihn erstochen hätten. Houssems Onkel und zwei Cousins seien festgenommen worden. Das Auto und die bei der Tat eingesetzten Waffen seien sichergestellt worden. Gegen weitere Familienmitglieder, die an der Tat beteiligt gewesen seien, werde ermittelt.
Kapitalis berichtet im November 2017 über einen Vorfall, bei dem ein Ehrenmord verhindert worden sei. Ein junger Mann habe einen anderen ca. 50 Jahre alten Mann entführt und damit gedroht ein "Ehrverbrechen" zu begehen. Der junge Mann habe, als er von der Beziehung seiner Schwester zu einem Mann aus der Nachbarschaft erfahren habe, beschlossen, Rache zu nehmen, da die Ehre der Familie beschmutzt worden sei. Mit Hilfe seines Cousins habe er den Vater des Geliebten seiner Schwester entführt und ihn in ein verlassenes Haus gebracht, wo er ihm mit dem Tod gedroht habe. Die Polizei, die alarmiert worden sei, sei rasch eingeschritten und habe das Entführungsopfer gerettet. Die zwei Entführer seien festgenommen worden und die Polizei habe Ermittlungen eingeleitet.
Die in Beirut ansässige Onlinezeitung Almodon schreibt in einem älteren Artikel vom Juni 2014, dass sich die Angriffe auf Frauen in Tunesien ausgeweitet hätten. Der Vorfall, der der tunesischen ZivilgeselIschaft jedoch bis heute vielleicht am meisten in Erinnerung bleibe, sei der eines 13-jährigen Mädchens, das von seinem Vater in Brand gesteckt worden sei, da es mit einem männlichen Schulkollegen aus der Schule zurückgekehrt sei. Die Medien und politischen Parteien hätten diesen Vorfall ignoriert, jedoch hätten Bürger einen stillen Trauermarsch veranstaltet. Ehrenmorde würden in Tunesien immer noch verübt. Obwohl nur wenige Informationen dazu publik würden, würden die meisten Frauenorganisationen deren Vorkommen, vor allem in ländlichen Gegenden, bestätigen. (Almodon, 19. Juni 2014)
Der Vorfall mit dem jungen Mädchen wird auch in folgender Quelle geschildert: Inquisitr: Father Burns 13-Year-Old Daughter To Death For Walking Home With Male Classmate, 17. Juni 2014, https://www.inquisitr.com/1303403/father-burns-13-year-old-daughter-to-death-for-walking-home-with-male-classmate/
Schutzeinrichtungen für betroffene Frauen (z.B. Frauenhäuser, etc.)
Women's eNews, eine auf Informationen zur Lage von Frauen ausgerichtete Website, die Beiträge von freischaffenden JournalistInnen veröffentlicht, berichtet im März 2013, dass im Dezember 2012 das erste staatliche Frauenhaus am Stadtrand von Tunis eröffnet habe. Laut Angaben der Frauenministerin Sihem Badi habe sich bis zur Eröffnung dieses Zentrums die Zivilgesellschaft um die Opfer häuslicher Gewalt gekümmert, nun kümmere sich zum ersten Mal der Staat. Das Frauenhaus könne 50 Frauen und deren Kinder unterbringen und stelle rechtliche und psychosoziale Unterstützung zur Verfügung. Das Haus sei von der Regierung zur Verfügung gestellt worden, die laufende Finanzierung erfolge durch das UNO-Organ UN Women. Rabia Mekki, eine Projektleiterin im Frauenhaus, habe erzählt, dass die Nachbarn zunächst ablehnend auf die Einrichtung eines Frauenhauses reagiert hätten, da sie sie gedacht hätten, dass das Zentrum Prostituierte oder ehemalige Häftlinge aufnehmen werde. Mekki koordiniere nun ein zweites dazugehöriges Zentrum in Tunis, das keine Unterkunft sondern Telefonberatung anbiete. Hier könnten sich Opfer von Spezialisten beraten lassen und würden, wenn notwendig, an das Frauenhaus verwiesen. Bis jetzt sei Hilfe für Opfer häuslicher Gewalt von unabhängigen Hilfsgruppen zur Verfügung gestellt worden, darunter von der in Tunis ansässigen Tunisian Association of Democratic Women. Die Organisation habe 1993 ein Frauenzentrum eröffnet, das kostenlose Rechtsberatung und Gespräche, aber keine Unterkunft biete.
In einem gemeinsamen Bericht zu Frauenrechten der NGOs The Advocates for Human Rights und MRA Mobilising for Rights Associates von 2016 für die allgemeine regelmäßige Überprüfung der UNO wird angeführt, dass es nicht genügend Unterbringungsmöglichkeiten und Programme für die Opfer von Gewalt gebe. Das erste staatliche Zentrum sowie eine nationale Notrufnummer für Opfer häuslicher Gewalt seien Berichten zufolge 2012 eingerichtet worden. Amnesty International habe jedoch im November 2015 berichtet, dass die Notrufnummer nicht im Einsatz sei und dass die Plätze in den drei Frauenhäusern in Tunis, Sousse und Sfax beschränkt seien. Die Häuser würden nur auf kurze Zeit eine Unterkunft bieten und zu einer Schlichtung mit dem Täter raten.
Das französische Auslandsfernsehen France 24 berichtet im Juli 2017, dass das tunesische Parlament ein Gesetz "zur Beendigung jeglicher Gewalt gegen Frauen" verabschiedet habe. Das Gesetz werde 2018 in Kraft treten und sehe vor, dass die Behörden eine Frau bei Bedarf an eine Schutzeinrichtung verweisen müssten. Laut Human Rights Watch enthalte das Gesetz jedoch keine Mechanismen, um staatliche als auch nichtstaatliche Schutzeinrichtungen für Frauen zu finanzieren. Darüber hinaus sei nicht festgelegt, dass der Staat Frauen zeitgerecht helfen und sie dabei unterstützen müsse, eine langfristige Unterkunft zu finden. Im Allgemeinen enthalte das Gesetz keine Bestimmungen zur Finanzierung der Programme und Richtlinien, die es enthalte.
Kapitalis erwähnt in einem Artikel vom November 2017, dass in Kairouan ein Frauenhaus für Opfer häuslicher Gewalt eingerichtet worden sei. Hierbei handle es sich um ein gemeinsames Projekt tunesischer staatlicher und nichtstaatlicher Organisationen sowie internationaler Partner, das sich zum Ziel gesetzt habe, Frauen, die Opfer von Gewalt geworden seien, sowie Frauen in vulnerablen Lebensumständen zu unterstützen. (Kapitalis, 22. November 2017)
Die International Development Law Organization (IDLO), eine in Rom ansässige, zwischenstaatliche Organisation, die sich für die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit einsetzt, berichtet im Dezember 2017, dass Tunesien Nachholbedarf habe, was die Mechanismen zum Schutz und zur Unterstützung von weiblichen Opfern häuslicher Gewalt, darunter Frauenhäuser, angehe. In Tunesien gebe es viele Einrichtungen, die Dienste für Frauen anbieten würden, jedoch seien diese stark auf die Zivilgesellschaft angewiesen, um weiterhin betrieben werden zu können. Frauenorganisationen und das Ministerium für Frauen, Familie und Kinder hätten die eingeschränkte Kapazität von Schutzeinrichtungen als eine der größten Herausforderungen bezeichnet, die die Eliminierung geschlechtsspezifischer Gewalt hindere.
Schutz durch bzw. Ermittlungen der Polizei, wenn Frau von ihrem Vater aufgrund von außerehelichem Geschlechtsverkehr bedroht wird
Es konnten keine Informationen zu dieser Fragestellung gefunden werden.
Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 18. Mai 2018)
• AI - Amnesty International: Assaulted and accused: Sexual and gender-based violence in Tunisia [MDE 30/2814/2015], 25. November 2015
https://www.ecoi.net/en/file/local/1094083/1830_1459952269_mde3028142015english.pdf
• Almodon: uqifu qatl an-nisa' fi tunis [Beendet das Töten von Frauen in Tunesien], 19. Juni 2014
https://www.almodon.com/media/2014/6/19/%d8%a3%d9%88%d9%82%d9%81%d9%88%d8%a7- d9%82%d8%aa%d9%84-%d8%a7%d9%84%d9%86%d8%b3%d8%a7%d8%a1-%d9%81%d9%8a-%d8%aa%d9%88%d9%86%d8%b3
• CoE-PACE - Council of Europe - Parliamentary Assembly:
Co-operation between the Council of Europe and the Maghreb countries in the field of social cohesion [Doc. 12353], 5. August 2010
https://www.ecoi.net/en/file/local/1104872/1226 1285060857 edoc12353.pdf
• France 24: Tunisia passes landmark law to 'end all violence' against women, 28. Juli 2017
http://www.france24.com/en/20170727-tunisia-violence-against-women-landmark-law
• HRC - UN Human Rights Council: Summary of stakeholders' submissions on Tunisia; Report of the Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights [A/HRC/WG.6/27/TUN/3], 20. Februar 2017
https://www.ecoi.net/en/file/local/1400657/1930 1496820601 g1703657.pdf
• IDLO - International Development Law Organization: Ending violence against women in Tunisia through shelters, 18. Dezember 2017
http://www.idlo.int/news/highlights/ending-violence-against-women-tunisia-through-shelters
• Inquisitr: Father Burns 13-Year-Old Daughter To Death For Walking Home With Male Classmate, 17. Juni 2014 https://www.inquisitr.com/1303403/father-burns-13-year-old-dauqhter-to-death-for-
walkinq-home-with-male-classmate/
• Kapitalis: Double meurtre a Manouba: le tueur invoque le crime d'honneur, 11. Jänner 2017
http://kapitalis.com/tunisie/2017/01/11/double-meurtre-a-manouba-le-tueur-invoque-le-crime-dhonneur/
• Kapitalis: Beja: Houssem (26 ans) tue pour avoir aime, 18. September 2017
http://kapitalis.com/tunisie/2017/09/18/beia-houssem-26-ans-tue-pour-avoir-aime/
• Kapitalis: "Crime d'honneur" evite: La police libere un homme enleve a Sousse, 17. November 2017
http://kapitalis.com/tunisie/2017/11/17/crime-dhonneur-evite-la-police-libere-un-homme-enleve-a-sousse/
• Kapitalis: Ouverture d'un centre pour femmes battues a Kairouan, 22. November 2017
http://kapitalis.com/tunisie/2017/11/22/ouverture-dun-centre-pour-femmes-battues-a-kairouan/
• Le Temps: "Tamkin", un espace securise et confortable pour les femmes battues, 19. März 2016
http://www.letemps.com.tn/article/96320/%C2%ABtamkin%C2%BB-un-espace-
s%C3%A9curis%C3%A9-et-confortable-pour-les-femmes-battues
• Realites: Un amoureux, victime d'un crime " d'honneur " a Beja, 18. September 2017
https://www.realites.com.tn/2017/09/un-amoureux-victime-dun-crime-dhonneur-a-beia/
• The Advocates for Human Rights / MRA Mobilising for Rights Associates: TUNISIA: Women's Rights: Joint Stakeholder Report for the United Nations Universal Periodic Review (veröffentlicht von Office of the High Commissioner for Human Rights, OHCHR), 2016 https://uprdoc.ohchr.orq/uprweb/downloadfile.aspx?filename=3703&file=EnqlishTranslation
Women's eNews: Tunisia Marks Belated First in Sheltering Women, 1. März 2013
https://womensenews.orq/2013/03/tunisia-marks-belated-first-in-shelterinq-women/
In einer ACCORD-Anfragebeantwortung a-10598-2 (10599) vom 18. Mai 2018 zu "Tunesien: Lebens- und Verdienstmöglichkeiten außerhalb von Tunis für eine alleinstehende Frau ohne familiäre Unterstützung" wurde festgestellt (wiederum unter Auslassung der fremdsprachigen Originalzitate):
Es konnten nur wenige Informationen gefunden werden, die sich auf Lebens- und Verdienstmöglichkeiten von Frauen speziell in Regionen außerhalb von Tunis beziehen. Die folgenden Quellen enthalten allgemeine Informationen zum Zugang von Frauen zum Arbeitsmarkt, sowie zur Wohnsituation alleinstehender Frauen:
Arbeitsmarkt
Die Rechercheabteilung des Immigration and Refugee Board of Canada (IRB), eines kanadischen Verwaltungsgerichts, das sich mit Fällen von Asyl und Migration befasst, veröffentlicht im Jänner 2017 eine Anfragebeantwortung zur Lage alleinstehender Frauen. Obwohl sich die Anfrage auf die Hauptstadt Tunis bezieht, enthält die Quelle auch einige allgemeine Informationen. Laut Angaben der Leiterin der tunesischen NGO Association Femmes & Leadership seien große Städte wie Tunis offener und weniger restriktiv in Bezug auf Frauen, die alleine leben würden. In Städten im Inland seien soziale Beziehungen dagegen noch sehr stark von der Tradition und patriarchalischen Strukturen beeinflusst, so eine Vertreterin des tunesischen Verbandes für Menschenrechte "Ligue tunisienne de defense des droits de l'homme" (LTDH). Die Vertreterin habe hinzugefügt, dass es Unterschiede zwischen der ländlichen Bevölkerung und den Bewohnern des Küstenstreifens gebe. Die Bemühungen hinsichtlich Infrastruktur und Investitionen würden sich auf die Küstenregion konzentrieren, daher gebe es dort bessere Arbeitsmöglichkeiten und besonders viele Leute würden in die Hauptstadt ziehen. Es sei daher für eine alleinstehende Frau einfacher, in der Hauptstadt ein Leben aufzubauen. Die Leiterin von Association Femmes & Leadership habe ebenfalls darauf hingewiesen, dass es in Tunis und der dazugehörigen Agglomeration leichter sei, da sich die Menschen weniger persönlich kennen würden und man in der Menge untergehen könne'. Was Arbeit angehe, so gebe es keine gesetzlichen Diskriminierungen gegen Frauen und auch in der Realität meistens nicht, so die Leiterin von Association Femmes & Leadership. Die Vertreterin von LTDH habe erklärt, dass Diskriminierung beim Zugang zum Arbeitsmarkt sowie bei der weiteren Karriere jedoch generell eine Problematik sei, von der Frauen betroffen seien. Man könne aber nur schwer beweisen, dass alleinstehende Frauen mit größerer Wahrscheinlichkeit scheitern würden. Sie habe hinzugefügt, dass Daten darauf hinweisen würden, dass alleinstehende Frauen mit größerer Wahrscheinlichkeit am Arbeitsplatz und darüber hinaus sexueller Belästigung ausgesetzt seien.
Das US-Außenministerium (US Department of State, USDOS) schreibt in seinem Bericht zur Menschenrechtslage vom April 2018 (Berichtszeitraum: 2017), dass das Gesetz gleichen Lohn für gleiche Arbeit vorsehe und dieses Gesetz im Allgemeinen umgesetzt worden sei. Gesellschaftliche und kulturelle Hindernisse hätten jedoch die Teilnahme von Frauen am Arbeitsmarkt eingeschränkt, insbesondere in leitenden Positionen. Im privaten Sektor hätten Frauen im Durchschnitt um ein Viertel weniger verdient als Männer in vergleichbaren Jobs. Das neue Gesetz zur geschlechtsspezifischen Gewalt enthalte Regelungen zur Eliminierung geschlechtsspezifischer Lohnunterschiede.
Das unter Aufsicht des tunesischen Entwicklungsministeriums stehende Tunesische Institut für Wettbewerbsfähigkeit und Quantitative Studien (Institut Tunisien de la Competitivite et des Etudes Quantitatives, ITCEQ) veröffentlicht 2016 eine Arbeitsmarktanalyse, die Daten und Trends von 2006 bis 2015 umfasst. Die Studie erwähnt, dass eine Chancengleichheit von Männern und Frauen auf dem Arbeitsmarkt noch lange nicht erreicht sei. Obwohl Frauen durchschnittlich bessere Abschlüsse erzielen würden, hätten sie größere Schwierigkeiten am Arbeitsmarkt. Frauen seien stärker von Arbeitslosigkeit betroffen als Männer (21,6 Prozent gegenüber 12,5 Prozent). Mehrere Faktoren seien für die zunehmende Arbeitslosigkeit von Frauen verantwortlich, darunter die steigende Anzahl arbeitssuchender Frauen, die schwache Nachfrage nach ausgebildeten weiblichen Angestellten im Privatsektor sowie die eingeschränkte Mobilität von Frauen, die sie an der Arbeitssuche in besser entwickelten Landesregionen hindere.
Die Internationale Arbeitsorganisation (International Labour Office, ILO) veröffentlicht 2015 einen Bericht über geschlechtsspezifische Unterschiede beim Zugang zum Arbeitsmarkt in Tunesien. In urbanen Gegenden seien die Unterschiede zwischen jungen Frauen und Männern nicht so groß, in ländlichen Gebieten und Gegenden mit geringerer Dynamik sei die Geschlechterkluft größer. Junge Frauen in den nördlichen und zentralen Regionen im Inland seien stärker von Arbeitslosigkeit betroffen. Im südlichen Tunesien würden Frauen öfters als "nicht auf dem Arbeitsmarkt" eingestuft. An einer anderen Stelle wird angeführt, dass verheiratete Frauen deutlich weniger in den Arbeitsmarkt integriert seien als unverheiratete Frauen.
Die Nationale Beobachtungsstelle für Beschäftigung und Ausbildung (Observatoire National de l'Emploi et des Qualifications, ONEQ) eine Abteilung des tunesischen Arbeitsministeriums schreibt in einem Bericht zur Arbeitsmarktlage vom November 2013, dass 2012 die Arbeitslosenrate für Frauen bei 25,6 Prozent gelegen habe gegenüber einer Rate von 14,6 Prozent bei Männern. Insbesondere im Südwesten (54,5 Prozent), im Südosten (48,3 Prozent) und in der westlichen Zentralregion des Landes (45,9 Prozent) sei die Arbeitslosigkeit von Frauen hoch. In der östlichen Zentralregion (Provinzen Monastir und Sousse) sowie in Cap Bon und Tunis hingegen sei die Arbeitslosigkeit von Frauen geringer, da dort die auf Export fokussierten Textilindustrien angesiedelt seien. Der Anteil junger Frauen am Arbeitsmarkt sei deutlich gestiegen. 2012 seien 47,7 Prozent der Frauen im Alter von 25 bis 29 Jahren einer Arbeit nachgegangen. Der Anstieg hänge damit zusammen, dass Frauen mittlerweile über ein höheres Bildungsniveau verfügen würden und sich ihr Stand in der Gesellschaft entwickelt habe.
Wohnungssituation
Die Anfragebeantwortung des IRB vom Jänner 2017 erwähnt, dass die Leiterin der NGO Association Femmes & Leadership angemerkt habe, dass alleinstehende Frauen, die keine Mütter seien sowie geschiedene Frauen in Tunesien ein normales Leben führen könnten. Frauen könnten alle Dienste selber in Anspruch nehmen und brauchten keinen Vormund, wenn sie älter als 18 Jahre seien. Die Vertreterin der Ligue tunisienne de defense des droits de l'homme (LTDH) habe erwähnt, dass eine steigende Anzahl tunesischer Frauen alleine lebe. Die Anforderungen eines modernen Lebens zwinge Frauen mit Abschlüssen und verschiedenen Ausbildungshintergründen dazu, Verantwortungen im privaten und öffentlichen Leben zu übernehmen. Es werde von ihnen erwartet, dass sie ohne männliche Hilfe Bankkonten eröffnen und Wohnungen mieten würden. Alleinstehende Frauen seien weiterhin Gewalt vonseiten von Nachbarn, Kollegen und Anderen ausgesetzt. In manchen Fällen könne es vorkommen, dass sie vor ihrem Haus oder im Haus angegriffen würden, da sie Freunde oder Familie eingeladen hätten, insbesondere wenn sich unter den Eingeladenen Männer befunden hätten. Die Leiterin von Association Femmes & Leadership habe jedoch angemerkt, dass Hausbesitzer Wohnungen oft nicht an alleinstehende Frauen, insbesondere an junge Frauen vermieten würden. Laut der Vertreterin der LTDH werde die Freiheit von Frauen, die alleine leben würden, weiterhin von der Familie sowie von gesellschaftlichen Einstellungen kontrolliert, insbesondere in Arbeitervierteln.
Es konnten keine weiteren Informationen zur Wohnungssituation für alleinstehende Frauen gefunden werden.
Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 18. Mai 2018)
• ILO - International Labour Office: Labour market entry in Tunisia:
the gender gap, Dezember 2015
http://www.ilo.org/wcmsp5/groups/public/---ed emp/documents/publication/wcms 440855.pdf
• IRB - Immigration and Refugee Board of Canada: Tunisia: The Situation of women who live alone, whether they are single or divorced, particularly in Tunis; incidence of their social status, level of education and financial autonomy on their situation; whether they can access employment and housing; support services available to them (2014-October 2016) [TUN105651.FE], 20. Jänner 2017 https://www.ecoi.net/de/dokument/1072074.html
• ITCEQ - Institut Tunisien de la Competitivite et des Etudes Quantitatives: Bilan de l'evolution Du marche du travail en Tunisie:
2006 - 2015, 2016
http://www.itceq.tn/wp-content/uploads/files/notes2016/bilan-evolution-marche-travail.pdf
• ONEQ - Observatoire National de l'Emploi et des Qualifications; Ministere de la Formation Professionnelle et de l'Emploi: Le marche du Travail en Tunisie, November 2013 http://www.emploi.gov.tn/uploads/tx elypublication/Rapport annuel decembre 2013.pdf
• USDOS - US Department of State: Country Report on Human Rights Practices 2017 - Tunisia, 20. April 2018 https://www.ecoi.net/de/dokument/1430358.html
In der Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 01.03.2018 wurde auf den Jahresbericht von Amnesty International zu Tunesien, 2017 verwiesen und wurden folgende Ausschnitte zitiert (abrufbar unter https://www.amnesty.de/jahresbericht/2017/tunesien; Zugriff am 23.01.2019):
Frauen und Mädchen wurden weiterhin durch Gesetze und im täglichen Leben diskriminiert und waren nur unzureichend gegen sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt geschützt. Das Strafgesetzbuch stellte Vergewaltigung in der Ehe weiterhin nicht explizit unter Strafe. Männer, die beschuldigt wurden, ein Mädchen oder eine Frau zwischen 15 und 20 Jahren vergewaltigt oder ein Mädchen unter 18 Jahren entführt zu haben, konnten weiterhin straffrei ausgehen, wenn sie ihr Opfer heirateten.
Es gab weiterhin zu wenige soziale Einrichtungen und Gesundheitsdienste, an die sich Opfer von sexuellen Übergriffen und geschlechtsspezifischer Gewalt wenden konnten. Die Angebote, die es gab, waren häufig unzureichend. Abgesehen von anderen wichtigen Aspekten der Fürsorge, war es für Vergewaltigungsopfer besonders schwierig, Verhütungsmittel und psychologische Hilfe zu bekommen. Da es an Schutzmaßnahmen wie Zufluchtsorten für von Gewalt betroffenen Frauen und Mädchen mangelte, waren sie der Gefahr weiterer Misshandlungen ausgesetzt.
Im Juli 2016 stimmte der Ministerrat einem Gesetzentwurf zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu und legte ihn dem Parlament zur Beratung vor. Der Entwurf soll Unzulänglichkeiten der bestehenden Gesetzgebung und ihrer praktischen Anwendung beheben und dafür sorgen, dass Opfer mehr Schutz und Hilfe erhalten.
Der aktuelle Jahresbericht von Amnesty International 2017/2018 (abrufbar unter
https://www.amnesty.de/jahresbericht/2018/tunesien#section-1727816, Zugriff am 23.01.2019) hält zu den Rechten von Kindern und Frauen fest: Im Juli 2017 verabschiedete das Parlament ein Gesetz zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, das eine Reihe von Garantien zum Schutz von Frauen und Mädchen vor geschlechtsspezifischer Gewalt beinhaltete. Das Gesetz hob Artikel 227 bis des Strafgesetzbuchs auf, der Männern, die angeklagt waren, eine Frau oder ein Mädchen unter 20 Jahren vergewaltigt zu haben, Straffreiheit zusicherte, wenn sie ihr Opfer heirateten.
Im August 2017 forderte Präsident Essebsi das Parlament auf, das diskriminierende Erbschaftsgesetz zu reformieren, und rief einen Ausschuss ins Leben, der Gesetzesreformen zugunsten der Geschlechtergerechtigkeit ausarbeiten sollte. Bis zum Jahresende hatte der Ausschuss noch keinen Bericht vorgelegt. Im September hob das Justizministerium eine Verordnung aus dem Jahr 1973 auf, die eine Eheschließung zwischen einer tunesischen Frau und einem nichtmuslimischen Mann verboten hatte.
Frauen waren in der Regierung weiterhin stark unterrepräsentiert. Nach einer Kabinettsumbildung im September 2017 hatten Frauen nur noch drei statt vier von insgesamt 28 Ministerposten inne.
Den in der Beschwerde enthaltenen Berichten sind folgende Feststellungen zu entnehmen:
Weibliche Sexualität bleibt in Tunesien ein Tabu. Auch wenn vorehelicher Geschlechtsverkehr in Tunesien nicht unüblich sei, werde teilweise bei der Eheschließung Jungfräulichkeit vorausgesetzt. Gerade in ländlichen Wahlsiegen nehmen konservative Werte nach dem Wahlsieg der islamistischen Ennahda-Partei im Jahr 2014 wieder zu. Die Wiederherstellung des Hymen habe in den letzten Jahren zugenommen. 43%der tunesischen Bevölkerung stimmt laut einer Studie aus dem Jahr 2013 der Aussage zu, dass Ehrenverbrechen vertretbar seien.
Quelle: TheNewArab, Alessandra Bocchi, Manufacturing Virginty: The Tunisian women choosing to "repair their honour" vom 29.06.2017, abrufbar unter
https://www.alaraby.co.uk/english/society/2017/6/29/manufacturing-virginity-tunisian-women-choosing-to-repair-their-honour, Zugriff am 23.01.2019
In der Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 25.01.2019 wurde auf einen Vortrag von Nina Scholz, "Der Jungfrauenkult im Islam und seine Auswirkungen auf Entwicklung und Rechte von Frauen und Mädchen" (Konferenzreport zu "Menschenrechte - Frauenrechte im Spannungsfeld von kultureller und religiöser Identität als Herausforderung für Schule und Gesellschaft", Diplomatische Akademie, 16.12.2013) verwiesen, in dem im Wesentlichen Folgendes erklärt wird: Beim Ehrbegriff mancher muslimischer Familien geht es im Kern um das sexuelle Wohlverhalten der Frauen und Mädchen. Um die Jungfräulichkeit als vermeintlich überprüfbares Zeichen von Ehrhaftigkeit wird ein besonderer Kult betrieben. Voreheliche Sexualität stellt nach allgemeiner theologischer Auffassung eine religiös verpönte und zu bestrafende Tat dar. Eine junge Frau, die vorehelichen Geschlechtsverkehr hatte, gilt als nicht mehr vermittelbar, wertlos und als Schande für die Familie.
Zur Möglichkeit eines gemeinsamen Familienlebens in Tunesien wurde in der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 28.12.2018 zu "Tunesierin, Niederlassung in Tunesien nach Eheschließung mit einem Afghanen und Staatsangehörigkeit des gemeinsamen Kindes" festgestellt:
Fragestellung:
1. Unter welchen Voraussetzungen kann sich der Ehemann (Eheschließung nach islamischen Ritus in Österreich) der Beschwerdeführerin legal in Tunesien niederlassen?
2. Unter welchen Voraussetzungen kann sich der Ehemann (standesamtliche rechtsgültige Eheschließung in Österreich) der Beschwerdeführerin legal in Tunesien niederlassen?
3. Welche Staatsbürgerschaft wird das Kind des Paares haben?
Quellenlage/Quellenbeschreibung:
Aufgrund der informationsspezifischen Art der Fragestellungen wurden diese an den VA der ÖB Tunis zur Recherche übermittelt. Eine Quellenbeschreibung zu österreichischen Botschaften (ÖB) bzw. deren Vertrauensanwälten (VA) findet sich auf dem Quellenblatt der Staatendokumentation auf www.staatendokumentation.at sowie in der dort ersichtlichen Methodologie der Staatendokumentation. Zur Frage der Staatsbürgerschaft, kann die Staatendokumentation lediglich auf das geltende tunesische Recht hinweisen. Aussagen darüber, welche Staatsbürgerschaft(en) das Kind tatsächlich tragen wird, können nicht getroffen werden.
Einzelquellen:
Der VA der ÖB Tunis berichtet zu Anfragepunkt 1 wie folgt:
Nach legaler Einreise nach Tunesien (afghanische Staatsangehörige sind sichtvermerkspflichtig) kann der Ehemann einen Antrag auf Aufenthaltsgenehmigung stellen. Ob diesem bei in Österreich erfolgter Eheschließung nach islamischem Ritus stattgegeben wird, kann nicht beurteilt werden (VA der ÖB Tunis (24.12.2018): Bericht des VA, übermittelt von der ÖB Tunis am 24.12.2018).
Der VA der ÖB Tunis hat den entsprechenden Gesetzestext zu Anfragepunkt 1 mitgesendet. In diesem wird festgelegt, dass laut Art. 13, Kapitel II des tunesischen Fremdenrechts, einem Ausländer in den folgenden Fällen ein Visum und ein gewöhnlicher Aufenthaltstitel ausgestellt wird, wenn:
-
Ausländer, in Tunesien geboren wurden und sich ständig in Tunesien aufgehalten haben.