TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/13 W200 2172863-1

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Veröffentlicht am 13.02.2019
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Entscheidungsdatum

13.02.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W200 2172863-1/42E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. SCHERZ als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.09.2017, Zl. 1134408704-161515246, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.02.2019, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 55, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG, und §§ 52, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die beschwerdeführende Partei führt nach eigenen Angaben den im Spruch genannten Namen, ist Staatsangehörige Afghanistans, gehört der tadschikischen Volksgruppe an, reiste am 08.11.2016 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen der Erstbefragung am 08.11.2016 gab der damals minderjährige Beschwerdeführer an, dass er im Iran geboren sei und seine Familie (Vater, Mutter, drei Schwestern, zwei Brüder) nach wie vor im Iran leben würden. Als Fluchtgrund nannte er, dass er Christ sei und im Iran 70.000.000 Muslime leben würden. Sie seien dort eine christliche Minderheit gewesen. Wenn ihn eine staatliche Behörde erwischen würde, würde er mit der Todesstrafe bestraft werden.

Am 25.12.2016 wurde eine Wegweisung und ein Betretungsverbot bei Gewalt in Wohnungen gegenüber dem Beschwerdeführer ausgesprochen, da er seine Unterkunft verwüstete und seinen Zimmerkollegen angriff.

In der Verfahrensakte aufliegend ist zudem eine Berichterstattung vom 09.03.2017, wonach der Beschwerdeführer aufgrund der Delikte aggressives Verhalten, Störung der öffentlichen Ordnung, Anstandsverletzung und Lärmerregung festgenommen wurde. Während der Sachverhalt aufgenommen wurde, fing der Beschwerdeführer laut Bericht an, mit seinen Händen massiv vor dem Gesicht des Beamten zu gestikulieren und ihn mit den Worten anzuschreien: "Alles scheiße da. Habe nichts gemacht. Ich bin kein scheiß Ausländer, ihr scheiß Österreicher!"

Ebenso findet sich eine Meldung vom 06.07.2017, wonach der Beschwerdeführer durch versuchten Widerstand gegen die Staatsgewalt in Form von Schlägen und Stoßen gegen die einschreitenden Beamten versuchte, ein bereits sichergestelltes Suchtmittel wieder zu erhalten.

Mit Schreiben vom 22.11.2017 wurde das BFA von einem verhängten Straferkenntnis gegen den Beschwerdeführer wegen aggressiven Verhaltens und ungebührlicher Lärmerregung in Kenntnis gesetzt.

Im Rahmen der Einvernahme beim BFA am 08.08.2017 wiederholte der Beschwerdeführer, dass er Christ sowie Tadschike sei und ergänzte, evangelisch zu sein. Er hätte nur einen Großvater in Afghanistan. Seine Familie lebe im Iran. Er hätte vorgestern via WhatsApp Kontakt zu ihnen gehabt. Seiner Familie gehe es ganz toll und sie hätten keine Probleme. Er hätte sechs Jahre lang die Grundschule besucht. Seine Eltern hätten ihm die Reise finanziert. Sie hätten ihm Geld über Western Union gesendet.

Befragt zum Fluchtgrund gab er an, dass er im Iran wegen seiner Religion verfolgt worden sei, nicht jedoch in Afghanistan, da er dort nicht gewesen sei. 70.000.000 Menschen im Iran seien Moslems. Er hätte Probleme wegen seiner Religion gehabt, da es gefährlich für ihn gewesen sei und er nach Europa gewollt hätte. Er hätte viele Probleme im Iran gehabt, da Afghanen es dort allgemein schwer hätten. Sie würden beleidigt und hätten sogar Messerstiche abbekommen. Wenn man abends in Parks gehe, würden die Leute Geld wollen und wenn man ihnen keines gebe, werde man geschlagen. Drei bis vier Mal sei ihm das passiert. Er sei nicht als Christ geboren worden, sondern seit ca. drei Jahren christlich. Er hätte sich schon immer über den Islam geplagt und sich Fragen gestellt. Er hätte ein Mädchen kennengelernt, die Christin gewesen sei. Sie hätte ihm angeboten, in die Kirche zu kommen und ihm zu zeigen, wie ihre Religion sei. Er hätte das Mädchen vor ca. drei Jahren in einem Park kennengelernt als er mit Freunden unterwegs gewesen sei und sie mit Freundinnen. Sie hätte gemeint, dass sie Christin sei und er hätte sich nicht gut ausgekannt und daher nachgefragt. Sie hätte ihm alles erklärt und ihn in die Kirche eingeladen. Er sei auch in der Kirche gewesen. Er sei das einzige Familienmitglied, das christlich sei. Er sei sodann mehrmals in die Kirche gegangen, wodurch sein Interesse gewachsen sei. Dann hätte er sich entschieden, zu konvertieren. Es sei ein Mann gekommen und hätte ihn gefragt, ob er sich taufen lassen wolle, woraufhin er mit "ja" geantwortet hätte. Aufgefordert, die Taufe zu beschreiben, gab er an, dass es in der Kirche gewesen sei. Ihm seien drei Fragen gestellt worden und dann hätte er ihn willkommen geheißen. Er sei gefragt worden, ob er an die Bibel glaube und ob Jesus der Sohn Gottes sei. Die dritte Frage hätte er vergessen. Damals hätten nur seine Eltern von der Konversion gewusst, nunmehr wüssten es alle. Seine Familie sei damit einverstanden. Es sei schwer gewesen, da sie am Anfang dagegen gewesen seien aber er hätte so leben wollen, woraufhin sie es langsam akzeptiert hätten.

Konkret nach dem fluchtauslösenden Ereignis befragt gab er an, dass es eine geheime Kirche gewesen sei. Die Behörde hätte einmal von der Kirche erfahren, woraufhin das Mädchen nach Deutschland geflüchtet sei. Wenn er gefasst worden wäre, hätten sie ihn gehängt. So hätte er beschlossen, sich in Sicherheit zu begeben. Das Mädchen hätte ihm gesagt, dass die Behörden die Kirche entdeckt hätten. Sie hätte gemeint, dass es nicht so schlimm bei ihr sei, aber er als Afghane keine Chance bekommen würde. Er hätte keinen Kontakt mehr zu dem Mädchen. Im Iran sei es normal gewesen, dass er bedroht werde, weil er Afghane sei. Probleme aufgrund der Religion hätte er aber keine gehabt. Befragt, woher die iranischen Behörden wissen hätten sollen, dass er konvertiert sei, gab er an, zum Beispiel, wenn sie ihn in der Kirche oder auf dem Weg erwischt hätten, oder wenn sie jemanden befragt hätten und er verraten worden wäre. Befragt, was genau er über das Christentum erfahren hätte, gab er an, dass es über das Leben des Jesus und die Gebete gewesen wäre. Er sei nur dort gewesen, um zu beten, damit seine Wünsche erfüllt würden. Befragt, warum er Evangelist geworden sei, gab er an, weil es eine evangelische Kirche gewesen sei. Befragt, ob er gläubiger Moslem gewesen sei, gab er an, sich nicht wohl gefühlt zu haben. Befragt nach Vergleichen der beiden Religionen, gab er an, dass Frauen mehr Freiheiten hätten und dass man Frauen nicht die Hand geben dürfe und nicht Schweinefleisch essen dürfe. Er esse Schweinefleisch, etwa Wurst. Die zehn Gebote kenne er nicht. Auch weitere Fragen hinsichtlich der Religion konnte der Beschwerdeführer kaum beantworten. Die Frage, ob er in Österreich bereits in Konflikt mit dem Gesetz geraten sei, bejahte er und gab an, dass das BFA das ohnehin schon wisse und er nicht genau darüber reden wolle. Bei einer etwaigen Rückkehr nach Afghanistan befürchte er, dass er niemanden außer einem Großvater dort hätte. Afghanistan sei auch wie der Iran. Wenn er erwischt werde, würde er auch erhängt. Er wolle keinen Kontakt zu seinem Großvater. Dieser lebe in Kunduz. Warum er keinen Kontakt zu diesem wolle, gab er nicht an, da es etwas Privates sei.

Mit Bescheid des BFA vom 01.09.2017 wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Afghanistan abgewiesen und dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei und ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen gewährt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde, die mit der Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger Beurteilung begründet wurde. Der Beschwerdeführer sei aus dem Grund seiner Konversion zum Christentum aus dem Iran geflohen. Auch in Afghanistan drohe ihm aus demselben Grund Verfolgung. Die belangte Behörde hätte fälschlicherweise festgestellt, dass sein Vorbringen nicht glaubwürdig sei. Jedenfalls sei ihm aufgrund seiner Minderjährigkeit aber der Status des subsidiär Schutzberechtigen zu gewähren gewesen. Der Großvater des Beschwerdeführers sei zudem in der Provinz Kunduz, die als äußerst gefährliche Provinz gelte.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil vom 29.01.2018 des LG für Strafsachen Wien wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 84 Absatz 4 StGB, sowie wegen des Vergehens der Körperverletzung nach §§ 15, 83 Absatz 1 StGB, des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Absatz 1 StGB, des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Absatz 2a SMG und des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Absatz 1 Ziffer 1 erster und zweite Fall Absatz 2 SMG zu einer Haftstrafte von 10 Monaten bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren verurteilt.

Am 09.05.2018 wurde beim BVwG eine Verhandlung (damals noch durch eine andere Gerichtsabteilung) anberaumt. Die Verhandlung wurde vertragt, da der Rechtsberater des Beschwerdeführers unentschuldigt nicht erschienen war und der Beschwerdeführer eine Einvernahme mit Rechtsberater wünschte. Eine neuerlich anberaumte Einvernahme am 26.06.018 musste bereits zu Beginn abgebrochen werden, da der Beschwerdeführer angab, aufgrund seines gesundheitlichen Zustandes (Kopf-, Hals-, Augen-, Ohrenschmerzen) nicht einvernahmefähig zu sein.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil vom 29.06.2018 des LG für Strafsachen Wien wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgift nach den §§ 27 Absatz 1 Ziffer 1 achter Fall, Absatz 2a, Absatz 3 und Absatz 4 Ziffer 1 SMG, 15 StGB zu einer Haftstrafe von 9 Monaten, davon 6 bedingt, bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren verurteilt. Die Probezeit wegen der ersten Verurteilung vom 29.01.2018 wurde sogleich auf 5 Jahre verlängert.

In weiterer Folge wurde ein Bericht zur Krankengeschichte des Beschwerdeführers vom 27.06.2018 durch die Justizanstalt übermittelt, wonach der Beschwerdeführer seit vier Tagen einen grippalen Infekt hätte und wieder Schlafmedikation wolle. Diese hätte er im Ramadan abgelehnt, obwohl er heute angebe, Christ zu sein. Er hätte auch nur einmal einem Mitinsassen die Schlafmedikation geben wollen, da er sie an diesem Tag nicht selbst nehmen habe wollen. Er klage über Hunger und hätte 57kg (-5 Kilogramm seit Zugang) bei 169cm.

Mit 19.12.2018 wurde die gegenständliche Rechtssache der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung zugewiesen.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil vom 07.01.2019 des LG für Strafsachen Wien wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Absatz 1 Ziffer 1 achter Fall, Absatz 2a und Absatz 3 SMG, 15 StGB zu einer Haftstrafe von 8 Monaten verurteilt. Die bedingte Strafnachsicht zum Urteil vom 29.06.2018 wurde widerrufen.

Mit Schreiben vom 28.01.2019 wurde eine Meldung betreffend eine Verständigung von einer Amtshandlung gegen den Beschwerdeführer wegen des Verdachts auf Körperverletzung nach § 83 StGB übermittelt.

Der Beschwerdeführer war laut Auskunft des Seelsorgers der Justizanstalt einmal in einer Vorhaft im Juni 2018 Teilnehmer am evangelischen Gottesdienst.

Im Rahmen der durchgeführten mündlichen Beschwerdeverhandlung des Bundesverwaltungsgerichts in den Räumlichkeiten des Landesgerichts für Strafsachen Wien am 08.02.2019 wiederholte der Beschwerdeführer in Anwesenheit seines Rechtsvertreters und eines Behördenvertreters sowie Dolmetsch für die Sprache Dari im Wesentlichen sein bisheriges Fluchtvorbringen, steigerte dieses jedoch zugleich mehrfach.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Afghanistans, Tadschike, ledig, gesund, spricht Dari als Muttersprache, reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 08.11.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Zum Antragszeitpunkt war er minderjährig. Er wurde im Iran geboren und hat dort sein gesamtes Leben bis zur Ausreise verbracht und mit seiner afghanischen Familie (Vater, Mutter, drei Schwestern, zwei Brüder) im gemeinsamen Familienverband zusammengelebt. Er ist mit den kulturellen und gesellschaftlichen Gepflogenheiten in Afghanistan vertraut und hatte überwiegend Kontakt mit Afghanen. Im Iran besuchte er sechs Jahre lang die Grundschule. Seine Familie lebt nach wie vor im Iran in Shiras. Seine Familie hat keinerlei Probleme, ihr geht es gut. In Afghanistan lebt nur sein Großvater in der Provinz Kunduz, zu dem er jedoch keinen Kontakt hat. Der Beschwerdeführer hat im Iran als Fliesenleger und im Bereich Elektronik gearbeitet und verfügt über dementsprechende Berufserfahrung.

Er hat regelmäßig Kontakt via WhatsApp zu seiner Familie im Iran. Seine Eltern haben ihm die Reise nach Europa finanziert und haben ihm regelmäßig Geld über Western Union geschickt.

Der Beschwerdeführer wurde als Moslem erzogen. Zwar gibt er an, schon im Iran zum Christentum konvertiert zu sein. Es wird aber festgestellt, dass der Beschwerdeführer keineswegs glaubhaft machen konnte, dass dies auch tatsächlich der Realität entspricht. Festgestellt wird vielmehr, dass der christliche Glaube nicht wesentlicher Bestandteil der Identität des Beschwerdeführers geworden ist. Der Beschwerdeführer würde seinem behaupteten Interesse für den christlichen Glauben im Falle der Rückkehr nach Afghanistan nicht weiter nachkommen und dieses im Falle der Rückkehr nach Afghanistan auch nicht nach außen zur Schau tragen. Die afghanischen Behörden würden von dessen behaupteten Glaubenswechsel bei einer Rückkehr nach Afghanistan keine Kenntnis erlangen. Der Beschwerdeführer würde im Falle der Rückkehr nach Afghanistan aufgrund seines behaupteten Interesses für den christlichen Glauben nicht psychischer und/oder physischer Gewalt ausgesetzt sein.

Des Weiteren droht ihm auch keine konkrete und individuelle Verfolgung aufgrund der Tatsache, dass er im Iran bzw. in Europa gelebt hat. Gleichsam wird festgestellt, dass nicht jedem afghanischen Rückkehrer aus dem Iran bzw. Europa physische und/oder psychische Gewalt in Afghanistan droht.

Der Beschwerdeführer war daher in Afghanistan keiner konkreten individuellen Verfolgung ausgesetzt und wurden von ihm asylrelevante Gründe für das Verlassen seines Heimatstaates nicht glaubhaft dargetan. Es ist nicht glaubhaft, dass dem Beschwerdeführer in Afghanistan aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung Verfolgung droht.

Im Falle einer Verbringung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat droht diesem kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (in der Folge EMRK), oder der Prot. Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention.

Dem Beschwerdeführer steht eine zumutbare innerstaatliche Flucht- bzw. Schutzalternative in den Städten Mazar-e Sharif oder Herat zur Verfügung. Er ist jung, gesund, arbeitsfähig und hat Berufserfahrung durch seine Tätigkeiten als Fliesenleger und im Elektronikbereich. Überdies wird festgestellt, dass die Angehörigen des Beschwerdeführers (im Iran), zu denen er regelmäßig Kontakt hat und die ihn auch bisher mit Geldüberweisungen mittels Western Union unterstützt haben, ihn im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan finanziell unterstützen.

Der Beschwerdeführer hält sich nachweislich seit November 2016 in Österreich auf. Im Bundesgebiet verfügt er über keine Familienangehörige und hat keine sonstigen intensiven sozialen Kontakte. Der Beschwerdeführer hat Deutschkurse besucht und verfügt über grundlegende Kenntnisse der deutschen Sprache. Er hat jedoch keine Deutschprüfung positiv absolviert und auch sonst keinerlei Integrationsunterlagen vorgelegt. Er hat bloß einmal im Juni 2018 an einem evangelischen Gottesdienst im Rahmen der JA-Seelsorge teilgenommen. Er lebt von der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Er befindet sich derzeit in Haft.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil vom 29.01.2018 des LG für Strafsachen Wien wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 84 Absatz 4 StGB, sowie wegen des Vergehens der Körperverletzung nach §§ 15, 83 Absatz 1 StGB, des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Absatz 1 StGB, des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Absatz 2a SMG und des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Absatz 1 Ziffer 1 erster und zweite Fall Absatz 2 SMG zu einer Haftstrafte von 10 Monaten bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren verurteilt.

Mit Urteil vom 29.06.2018 des LG für Strafsachen Wien wurde er wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgift nach den §§ 27 Absatz 1 Ziffer 1 achter Fall, Absatz 2a, Absatz 3 und Absatz 4 Ziffer 1 SMG, 15 StGB zu einer Haftstrafe von 9 Monaten, davon 6 bedingt, bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren verurteilt. Die Probezeit wegen der ersten Verurteilung vom 29.01.2018 wurde sogleich auf 5 Jahre verlängert.

Mit Urteil vom 07.01.2019 des LG für Strafsachen Wien wurde er wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Absatz 1 Ziffer 1 achter Fall, Absatz 2a und Absatz 3 SMG, 15 StGB zu einer Haftstrafe von 8 Monaten verurteilt. Die bedingte Strafnachsicht zum Urteil vom 29.06.2018 wurde widerrufen.

Zu Afghanistan:

Neuste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 8.1.2019, Anschlag in Kabul und Verschiebung der Präsidentschaftswahl (relevant für Abschnitt Politische Lage und Abschnitt Sicherheitslage)

Anschlag auf Regierungsgebäude in Kabul

Am 24.12.2018 detonierte vor dem Ministerium für öffentliches Bauwesen im Osten Kabuls (PD 16) eine Autobombe; daraufhin stürmten Angreifer das nahe gelegene Gebäude des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Märtyrer und Behinderte und beschossen weitere Regierungseinrichtungen in der Umgebung (ORF 24.12.2018; vgl. ZO 24.12.2018, Tolonews 25.12.2018). Nach einem mehrstündigen Gefecht zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Angreifern konnten diese besiegt werden. Quellen zufolge kamen ca. 43 Menschen ums Leben (AJ 25.12.2018; vgl. Tolonews 25.12.2018, NYT 24.12.2018). Bisher bekannte sich keine Gruppierung zum Anschlag (Tolonews 25.12.2018; vgl. AJ 25.12.2018).

Problematische Stimmenauszählung nach Parlamentswahlen und Verschiebung der Präsidentschaftswahl

Am 6.12.2018 erklärte die afghanische Wahlbeschwerdekommission (IECC) alle in der Provinz Kabul abgegebenen Stimmen für ungültig (RFE/RL 6.12.2018). Somit wurden die Stimmen von ungefähr einer Million Kabulis annulliert (Telepolis 15.12.2018; vgl. TAZ 6.12.2018). Die Gründe für die Entscheidung der IECC seien mehrere, darunter Korruption, Wahlfälschung und die mangelhafte Durchführung der Wahl durch die Unabhängige Wahlkommission (IEC) (Telepolis 15.12.2018; vgl. RFE/RL 6.12.2018). Die Entscheidung wurde von der IEC als "politisch motiviert" und "illegal" bezeichnet (Tolonews 12.12.2018). Am 8.12.2018 erklärte die IECC dennoch, die Kommission würde ihre Entscheidung revidieren, wenn sich die IEC kooperationswillig zeige (Tolonews 8.12.2018). Einer Quelle zufolge einigten sich am 12.12.2018 die beiden Wahlkommissionen auf eine neue Methode zur Zählung der abgegebenen Stimmen, welche die Transparenz und Glaubhaftigkeit dieser wahren sollte; ca. 10% der Stimmen in Kabul sollen durch diese neue Methode nochmals gezählt werden (Tolonews 12.12.2018). Die Überprüfung der Wahlstimmen in der Provinz Kabul ist weiterhin im Gange (Tolonews 7.1.2019). Dem Gesetz zufolge müssen im Falle der Annullierung der Stimmen innerhalb von einer Woche Neuwahlen stattfinden, was jedoch unrealistisch zu sein scheint (Telepolis 15.12.2018). Bisher hat die IEC die vorläufigen Ergebnisse der Wahl für 32 Provinzen veröffentlicht (IEC o.D.).

Am 30.12.2018 wurde die Verschiebung der Präsidentschaftswahl vom 20.4.2019 auf den 20.7.2019 verkündet. Als Gründe dafür werden u.a. die zahlreichen Probleme während und nach den Parlamentswahlen im Oktober genannt (WP 30.12.2018; vgl. AJ 30.12.2018, Reuters 30.12.2018).

Quellen:

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AJ - Al Jazeera (30.12.2018): Afghan presidential elections postponed until July 20: official, https:// www.aljazeera.com/news/2018/12/afghan-presidential-elections-postponed-july-20-official-181230185336213.html, Zugriff 8.1.2019

-

AJ - Al Jazeera (25.12.2018): Kabul attack: Gunmen storm government building, kill dozens, https://www.aljazeera.com/news/southasia/2018/12/gunmen-storm-kabul-government-compound-gun-battle-ensues-181224115249492.html, Zugriff 8.1.2019

-

IEC - Independent Electoral Commission (o.D.): 2018 Afghanistan Wolesi Jirga Elections, http://www.iec.org.af/results/en/home, Zugriff 17.12.2018

-

NYT - The New York Times (24.12.2018): Militants Storm Afghan Offices in Kabul, Killing Dozens, https://www.nytimes.com/2018/12/24/world/middleeast/kabul-militant-attack.html. Zugriff 8.1.2019

-

ORF - Österreichischer Rundfunk (24.12.2018): Tote bei Angriff auf Regierungsgebäude in Kabul, https://orf.at/stories/3105448/, Zugriff 8.1.2019

-

Reuters (30.12.2018): Afghanistan to delay presidential election to July: election body,

https://www.reuters.com/article/us-afghanistan-election/afghanistan-to-delay-presidential-election-to-july-election-body-idUSKCN1OT0FR.

Zugriff 8.1.2018

-

RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (6.12.2018): Afghan Commission Invalidates All Kabul Votes In October Parliamentary Election, https://www.rfer!.org/a/afghan-commission-invalidates-allkabul-votes-in-october-parliamentary-election/29640679.html. Zugriff 17.12.2018

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TAZ - Die Tageszeitung (6.12.2018): Erste Wahl, dann das Chaos, https://www.taz.de/Parlamentswahl-in-Afghanistan/!5553677/, Zugriff 17.12.2018

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Telepolis (15.12.2018): Chaos nach Parlamentswahlen, https://www.heise.de/tp/features/Chaosnach-Parlamentswahlen-4248743.html, Zugriff 17.12.2018

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Tolonews (7.1.2019) IEC Accused of Making 'Fake Result Sheets' For Polling Stations,

https://www.tolonews.com/elections-2018/%E2%80%98iec-make-fake-result-sheets-polling-stations%E2%80%99, Zugriff 8.1.2019

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Tolonews (25.12.2018): Kabul Attack Death Toll Rises To 43, https://www.tolonews.com/afghanistan/kabul-attack%C2%A0death-toll-rises-43. Zugriff 8.1.2019

-

Tolonews (12.12.2018): IEC Resumes Recounting Of Kabul Votes Under New Method,

https://www.tolonews.com/index.php/elections-2018/iec-resumes-recounting-kabul-votes-under-new-method, Zugriff 17.12.2018

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Tolonews (8.12.2018): IECC Conditions Decision To Review Kabul Votes,

https://www.tolonews.com/index.php/elections-2018/iecc-conditions%C2%A0decision%C2%A0%C2%A0review-kabul-votes. Zugriff 17.12.2018

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WP - The Washington Post (30.12.2018): Afghanistan's presidential elections delayed until July,

https://www.washingtonpost.com/world/asia_pacific/afghanistans-presidential-elections-delayed-until-julv/2018/12/30/038faea0-0c45-11e9-8f0c-6f878a26288a storv.html?noredirect=on&utm term=.07428f9afbb6, Zugriff 8.1.2019

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ZO - Zeit Online (24.12.2018): Mindestens 32 Tote bei Angriff in Kabul,

https://www.zeit.de/news/2018-12/24/mindestens-32-tote-bei-angriff-in-kabul-181224-99-340827.Zugriff 8.1.2018

KI vom 23.11.2018, Anschläge in Kabul (relevant für Abschnitt Sicherheitslage)

Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt kamen am 20.11.2018 ca. 55 Menschen ums Leben und ca. 94 weitere wurden verletzt (AJ 21.11.2018; vgl. NYT 20.11.2018, TS 21.11.2018, LE 21.11.2018). Der Anschlag fand in der Hochzeitshalle "Uranus" statt, wo sich Islamgelehrte aus ganz Afghanistan anlässlich des Nationalfeiertages zu Maulid an-Nabi, dem Geburtstag des Propheten Mohammed, versammelt hatten (AJ 21.11.2018; vgl. TS 21.11.2018, TNAE 21.11.2018, IFQ 20.11.2018, Tolonews 20.11.2018). Quellen zufolge befanden sich zum Zeitpunkt der Explosion zwischen 1.000 und 2.000 Personen, darunter hauptsächlich Islamgelehrte und Mitglieder des Ulemarates, aber auch Mitglieder der afghanischen Sufi-Gemeinschaft und andere Zivilisten, in der Hochzeitshalle (AJ 21.11.2018; vgl. LE 21.11.2018, NYT 20.11.2018, DZ 20.11.2018, IFQ 20.11.2018). Gemäß einer Quelle fand die Detonation im ersten Stock der Hochzeitshalle statt, wo sich zahlreiche Geistliche der afghanischen Sufi-Gemeinschaft versammelt hatten. Es ist nicht klar, ob das Ziel des Anschlags das Treffen der sufistischen Gemeinschaft oder das im Erdgeschoss stattfindende Treffen der Ulema und anderer Islamgelehrten war (LE 21.11.2018; vgl. TNAE 21.11.2018). Weder die Taliban noch der Islamische Staat (IS) bekannten sich zum Angriff, der dennoch von den Taliban offiziell verurteilt wurde (LE 21.11.2018; vgl. AJ 21.11.2018, IFQ 20.11.2018).

Am 12.11.2018 kamen bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt ca. sechs Personen ums Leben und 20 weitere wurden verletzt (Tolonews 12.11.2018; vgl. DZ 12.11.2018, ANSA 12.11.2018). Anlass dafür war eine Demonstration in der Nähe des "Pashtunistan Square" im Stadtzentrum, an der hunderte von Besuchern, darunter hauptsächlich Mitglieder und Unterstützer der Hazara-Gemeinschaft, teilnahmen, um gegen die während des Berichtszeitraums anhaltenden Kämpfe in den Provinzen Ghazni und Uruzgan zu demonstrieren (Tolonews 12.11.2018; vgl. DZ 12.11.2018, KP 12.11.2018). Der IS bekannte sich zum Anschlag (DZ 12.11.2018; vgl. AJ 12.11.2018).

Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt kamen am 31.10.2018 ca. sieben Personen ums Leben und weitere acht wurden verletzt (Dawn 1.11.20181; vgl. 1TV 31.10.2018, Pajhwok 31.10.2018). Unter den Opfern befanden sich auch Zivilisten (Pajhwok 31.10.2018; vgl. 1TV 31.10.2018). Die Explosion fand in der Nähe des Kabuler Gefägnisses Pul-i-Charkhi statt und hatte dessen Mitarbeiter zum Ziel (Dawn 1.11.2018; vgl. 1TV 31.10.2018, Pajhwok 31.10.2018). Der IS bekannte sich zum Anschlag (Dawn 1.11.2018, vgl. 1TV 31.10.2018).

Quellen:

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1TV (31.10.2018): Suicide attack kills seven outside Kabul prison, http://www.1tvnews.af/en/news/

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afghanistan/36271-suicide-attack-kills-seven-outside-kabul-prison? fbclid=IwAR2WADPVHTuF8LZMwm0-LYci05vz1p06BygjhELlFr-wLKNDNo8XQRLXnuQ, Zugriff 22.11.2018

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AJ - Al Jazeera (21.11.2018): 'Brutal and barbaric': Victims recount horror of Kabul attack, https://

-

www.aljazeera.com/news/2018/11/barbaric-victims-recount-horror-kabul-attack- 181121162807917.html, Zugriff 22.11.2018

-

AJ - Al Jazeera (12.11.2018): Kabul: Suicide bomber targets protesters demanding security,

https://www.aljazeera.com/news/2018/11/afghanistan-suicide-bomber-targets-protesters-kabul-181112094659291.html, Zugriff 22.11.2018

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ANSA - Agenzia Nazionale Stampa Associata (12.11.2018):

Afghanistan: 67 morti in 24 ore, http://www.ansa.it/sito/notizie/topnews/2018/11/12/afghanistan-67-morti-in-24-ore_71bfd73c-c68f-4182-a798-34b9ace3ae65.html, Zugriff 22.11.2018

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Dawn (1.11.2018): Seven killed in suicide attack near Kabul prison,

https://www.dawn.com/news/1442782/seven-killed-in-suicide-attack-near-kabul-prison, Zugriff 22.11.2018

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DZ - Die Zeit (20.11.2018): Mehr als 50 Tote bei Anschlag in Kabul,

https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-11/afghanistan-kabul-explosion-anschlagattentat-ulema-rat-versammlung-tote, Zugriff 22.11.2018

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DZ - Die Zeit (12.11.2018): Mehrere Tote bei Anschlag nahe Anti-Taliban-Demo,

https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-11/kabul-anschlag-explosion-demonstration-talibanregierungstruppen-ghasni, Zugriff 12.11.2018

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IFQ - Il Fatto Quotidiano (20.11.2018): Afghanistan, attacco kamikaze a Kabul durante incontro religioso: almeno 50 morti e 80 feriti gravi,

https://www.ilfattoquotidiano.it/2018/11/20/afghanistanattacco-kamikaze-a-kabul-durante-incontro-religioso-almeno-40-morti-e-80-feriti/4779194/, Zugriff 22.11.2018

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KP - Khaama Press (12.11.2018): Protesters gather near Presidential Palace in Kabul over recent wave of violence, https://www.khaama.com/protesters-gather-near-presidential-palace-in-kabulover-recent-wave-of-violence-02722/?fbclid=IwAR2cNyRcLjWNmzaEoWNieBq37J1eVAKL2aT_4yCqbU9HdYKpr30O1NoXe-g, Zugriff 22.11.2018

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LE - L'Express (21.11.2018): Attentat à Kaboul : la lecture de verset du Coran soudain interrompue, raconte un blessé, https://www.lexpress.fr/actualites/1/monde/attentat-a-kaboul-lalecture-de-versets-du-coran-soudain-interrompue-raconte-un-blesse_2049660.html, Zugriff 22.11.2018

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NYT - New York Times (20.11.2018): At Leas 55 Killed in Bombing of Afghan Religious Gathering,

https://www.nytimes.com/2018/11/20/world/asia/afghanistan-wedding-hall-bombing.html, Zugriff 22.11.2018

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Pajhwok Afghan News (31.10.2018): Suicide blast in front of Pul-i-Charhi prison leave 6 people dead, https://www.pajhwok.com/en/2018/10/31/suicide-blast-front-pul-i-charkhi-prison-leave-6-people-dead, Zugriff 22.11.2018

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SS - Stars and Stripes (20.11.2018): Suicide bomb attack in Kabul kills at least 43, wounds 83,

https://www.stripes.com/news/suicide-bomb-attack-in-kabul-kills-at-least-43-wounds-83-1.557397, Zugriff 22.11.2018

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TNAE - The National (21.11.2018): Kabul reels in grief after wedding hall attack,

https://www.thenational.ae/world/asia/kabul-reels-in-grief-after-wedding-hall-attack-1.794365, Zugriff 22.11.2018

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Tolonews (20.11.2018): Death Toll Rises To 50 In Kabul Wedding Hall Explosion,

https://www.tolonews.com/afghanistan/40-killed-80-wounded-kabul-wedding-hall-blast, Zugriff 22.11.2018

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Tolonews (12.11.2018): MoI Confirms 6 Death In Kabul Explosion, https://www.tolonews.com/afghanistan/casualties-feared-explosion-rocks-kabul, Zugriff 22.11.2018

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TS - Tagesschau (21.11.2018): Deutschland verurteilt Anschlag

1. Sicherheitslage

Wegen einer Serie von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen in städtischen Zentren, die von regierungsfeindlichen Elementen ausgeführt wurden, erklärten die Vereinten Nationen (UN) im Februar 2018 die Sicherheitslage für sehr instabil (UNGASC 27.2.2018).

Für das Jahr 2017 registrierte die Nichtregierungsorganisation INSO (International NGO Safety Organisation) landesweit 29.824 sicherheitsrelevante Vorfälle. Im Jahresvergleich wurden von INSO 2016 landesweit 28.838 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert und für das Jahr 2015 25.288. Zu sicherheitsrelevanten Vorfällen zählt INSO Drohungen, Überfälle, direkter Beschuss, Entführungen, Vorfälle mit IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und andere Arten von Vorfällen (INSO o.D.).

Für das Jahr 2017 registrierte die UN insgesamt 23.744 sicherheitsrelevante Vorfälle in Afghanistan (UNGASC 27.2.2018); für das gesamte Jahr 2016 waren es 23.712 (UNGASC 9.3.2017). Landesweit wurden für das Jahr 2015 insgesamt 22.634 sicherheitsrelevanter Vorfälle registriert (UNGASC 15.3.2016).

Im Jahr 2017 waren auch weiterhin bewaffnete Zusammenstöße Hauptursache (63%) aller registrierten sicherheitsrelevanten Vorfälle, gefolgt von IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und Luftangriffen. Für das gesamte Jahr 2017 wurden 14.998 bewaffnete Zusammenstöße registriert (2016: 14.977 bewaffnete Zusammenstöße) (USDOD 12.2017). Im August 2017 stuften die Vereinten Nationen (UN) Afghanistan, das bisher als "Post-Konflikt-Land" galt, wieder als "Konfliktland" ein; dies bedeute nicht, dass kein Fortschritt stattgefunden habe, jedoch bedrohe der aktuelle Konflikt die Nachhaltigkeit der erreichten Leistungen (UNGASC 10.8.2017).

Die Zahl der Luftangriffe hat sich im Vergleich zum Jahr 2016 um 67% erhöht, die gezielter Tötungen um 6%. Ferner hat sich die Zahl der Selbstmordattentate um 50% erhöht. Die östlichen Regionen hatten die höchste Anzahl an Vorfällen zu verzeichnen, gefolgt von südlichen Regionen. Diese beiden Regionen zusammen waren von 55% aller sicherheitsrelevanten Vorfälle betroffen (UNGASC 27.2.2018). Für den Berichtszeitraum 15.12.2017 - 15.2.2018 kann im Vergleich zum selben Berichtszeitraum des Jahres 2016, ein Rückgang (-6%) an sicherheitsrelevanten Vorfällen verzeichnet werden (UNGASC 27.2.2018).

Afghanistan ist nach wie vor mit einem aus dem Ausland unterstützten und widerstandsfähigen Aufstand konfrontiert. Nichtsdestotrotz haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Entschlossenheit und wachsenden Fähigkeiten im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand gezeigt. So behält die afghanische Regierung auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren (USDOD 12.2017). Zwar umkämpften die Taliban Distriktzentren, sie konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt; vgl. AAN 6.6.2018) bedrohen - ein signifikanter Meilenstein für die ANDSF (USDOD 12.2017; vgl. UNGASC 27.2.2018); diesen Meilenstein schrieben afghanische und internationale Sicherheitsbeamte den intensiven Luftangriffen durch die afghanische Nationalarmee und der Luftwaffe sowie verstärkter Nachtrazzien durch afghanische Spezialeinheiten zu (UNGASC 27.2.2018).

Die von den Aufständischen ausgeübten öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe in städtischen Zentren beeinträchtigten die öffentliche Moral und drohten das Vertrauen in die Regierung zu untergraben. Trotz dieser Gewaltserie in städtischen Regionen war im Winter landesweit ein Rückgang an Talibanangriffen zu verzeichnen (UNGASC 27.2.2018). Historisch gesehen gehen die Angriffe der Taliban im Winter jedoch immer zurück, wenngleich sie ihre Angriffe im Herbst und Winter nicht gänzlich einstellen. Mit Einzug des Frühlings beschleunigen die Aufständischen ihr Operationstempo wieder. Der Rückgang der Vorfälle im letzten Quartal 2017 war also im Einklang mit vorangegangenen Schemata (LIGM 15.2.2018).

Anschläge bzw. Angriffe und Anschläge auf hochrangige Ziele

Die Taliban und weitere aufständische Gruppierungen wie der Islamische Staat (IS) verübten auch weiterhin "high-profile"-Angriffe, speziell im Bereich der Hauptstadt, mit dem Ziel, eine Medienwirksamkeit zu erlangen und damit ein Gefühl der Unsicherheit hervorzurufen und so die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben (USDOD 12.2017; vgl. SBS 28.2.2018, NZZ 21.3.2018, UNGASC 27.2.2018). Möglicherweise sehen Aufständische Angriffe auf die Hauptstadt als einen effektiven Weg, um das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung zu untergraben, anstatt zu versuchen, Territorium in ländlichen Gebieten zu erobern und zu halten (BBC 21.3.2018).

Die Anzahl der öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe hatte sich von 1.6. - 20.11.2017 im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Vorjahres erhöht (USDOD 12.2017). In den ersten Monaten des Jahres 2018 wurden verstärkt Angriffe bzw. Anschläge durch die Taliban und den IS in verschiedenen Teilen Kabuls ausgeführt (AJ 24.2.2018; vgl. Slate 22.4.2018). Als Antwort auf die zunehmenden Angriffe wurden Luftangriffe und Sicherheitsoperationen verstärkt, wodurch Aufständische in einigen Gegenden zurückgedrängt wurden (BBC 21.3.2018); auch wurden in der Hauptstadt verstärkt Spezialoperationen durchgeführt, wie auch die Bemühungen der US-Amerikaner, Terroristen zu identifizieren und zu lokalisieren (WSJ 21.3.2018).

Landesweit haben Aufständische, inklusive der Taliban und des IS, in den Monaten vor Jänner 2018 ihre Angriffe auf afghanische Truppen und Polizisten intensiviert (TG 29.1.2018; vgl. BBC 29.1.2018); auch hat die Gewalt Aufständischer gegenüber Mitarbeiter/innen von Hilfsorganisationen in den letzten Jahren zugenommen (The Guardian 24.1.2018). Die Taliban verstärken ihre Operationen, um ausländische Kräfte zu vertreiben; der IS hingegen versucht, seinen relativ kleinen Einflussbereich zu erweitern. Die Hauptstadt Kabul ist in diesem Falle für beide Gruppierungen interessant (AP 30.1.2018).

Angriffe auf afghanische Sicherheitskräfte und Zusammenstöße zwischen diesen und den Taliban finden weiterhin statt (AJ 22.5.2018; AD 20.5.2018).

Registriert wurde auch eine Steigerung öffentlichkeitswirksamer gewalttätiger Vorfälle (UNGASC 27.2.2018), von denen zur Veranschaulichung hier auszugsweise einige Beispiele wiedergegeben werden sollen (Anmerkung der Staatendokumentation: Die folgende Liste enthält öffentlichkeitswirksame (high-profile) Vorfälle sowie Angriffe bzw. Anschläge auf hochrangige Ziele und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit).

* Selbstmordanschlag vor dem Ministerium für ländliche Rehabilitation und Entwicklung (MRRD) in Kabul: Am 11.6.2018 wurden bei einem Selbstmordanschlag vor dem Eingangstor des MRRD zwölf Menschen getötet und 30 weitere verletzt. Quellen zufolge waren Frauen, Kinder und Mitarbeiter des Ministeriums unter den Opfern (AJ 11.6.2018). Der Islamische Staat (IS) bekannte sich zum Angriff (Reuters 11.6.2018; Gandhara 11.6.2018).

* Angriff auf das afghanische Innenministerium (MoI) in Kabul: Am 30.5.2018 griffen bewaffnete Männer den Sitz des MoI in Kabul an, nachdem vor dem Eingangstor des Gebäudes ein mit Sprengstoff geladenes Fahrzeug explodiert war. Bei dem Vorfall kam ein Polizist ums Leben. Die Angreifer konnten nach einem zweistündigen Gefecht von den Sicherheitskräften getötet werden. Der Islamische Staat (IS) bekannte sich zum Angriff (CNN 30.5.2018; vgl. Gandhara 30.5.2018)

* Angriff auf Polizeistützpunkte in Ghazni: Bei Taliban-Anschlägen auf verschiedene Polizeistützpunkte in der afghanischen Provinz Ghazni am 21.5.2018 kamen mindestens 14 Polizisten ums Leben (AJ 22.5.2018).

* Angriff auf Regierungsbüro in Jalalabad: Nach einem Angriff auf die Finanzbehörde der Provinz Nangarhar in Jalalabad kamen am 13.5.2018 mindestens zehn Personen, darunter auch Zivilisten, ums Leben und 40 weitere wurden verletzt (Pajhwok 13.5.2018; vgl. Tolonews 13.5.2018). Die Angreifer wurden von den Sicherheitskräften getötet (AJ 13.5.2018). Quellen zufolge bekannte sich der Islamische Staat (IS) zum Angriff (AJ 13.5.2018).

* Angriff auf Polizeireviere in Kabul: Am 9.5.2018 griffen bewaffnete Männer jeweils ein Polizeirevier in Dasht-e-Barchi und Shar-i-Naw an und verursachten den Tod von zwei Polizisten und verwundeten sechs Zivilisten. Auch wurden Quellen zufolge zwei Attentäter von den Sicherheitskräften getötet (Pajhwok 9.5.2018). Der IS bekannte sich zum Angriff (Pajhwok 9.5.2018; vgl. Tolonews 9.5.2018).

* Selbstmordangriff in Kandahar: Bei einem Selbstmordanschlag auf einen Konvoi der NATO-Truppen in Haji Abdullah Khan im Distrikt Daman der Provinz Kandahar sind am 30.4.2018 elf Kinder ums Leben gekommen und 16 weitere Menschen verletzt worden; unter den Verletzten befanden sich u.a. rumänische Soldaten (Tolonews 30.4.2018b; vgl. APN 30.4.2018b, Focus 30.4.2018, IM 30.4.2018). Weder der IS noch die Taliban reklamierten den Anschlag für sich (Spiegel 30.4.2018; vgl. Tolonews 30.4.2018b).

* Doppelanschlag in Kabul: Am 30.4.2018 fand im Bezirk Shash Der

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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